[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen herum gehen, sondern sich den entlegen-sten Ort zu seinem Aufenthalte, und zur Reue über seine Schandthat aussuchen wollte. Er bat, daß wir ihm Marianen nicht möchten wieder sehen lassen. Die- se war auch schon in unsrer Wohnung; denn Dormund hatte ein Haus allein be- zogen. Wir hatten nun genug an Ma- rianen zu trösten, und konnten Dormun- den in zween Tagen nicht besuchen. Doch hörten wir, daß es sich besserte. Mein Mann gieng den dritten Tag zu ihm. Al- lein Dormund war fort, und hatte folgen- den Brief an ihn zurück gelassen: Jch gehe, so weit als mich die Rache häufen
Leben der Schwediſchen herum gehen, ſondern ſich den entlegen-ſten Ort zu ſeinem Aufenthalte, und zur Reue über ſeine Schandthat ausſuchen wollte. Er bat, daß wir ihm Marianen nicht möchten wieder ſehen laſſen. Die- ſe war auch ſchon in unſrer Wohnung; denn Dormund hatte ein Haus allein be- zogen. Wir hatten nun genug an Ma- rianen zu tröſten, und konnten Dormun- den in zween Tagen nicht beſuchen. Doch hörten wir, daß es ſich beſſerte. Mein Mann gieng den dritten Tag zu ihm. Al- lein Dormund war fort, und hatte folgen- den Brief an ihn zurück gelaſſen: Jch gehe, ſo weit als mich die Rache häufen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="122"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Leben der Schwediſchen</hi></fw><lb/> herum gehen, ſondern ſich den entlegen-<lb/> ſten Ort zu ſeinem Aufenthalte, und zur<lb/> Reue über ſeine Schandthat ausſuchen<lb/> wollte. Er bat, daß wir ihm Marianen<lb/> nicht möchten wieder ſehen laſſen. Die-<lb/> ſe war auch ſchon in unſrer Wohnung;<lb/> denn Dormund hatte ein Haus allein be-<lb/> zogen. Wir hatten nun genug an Ma-<lb/> rianen zu tröſten, und konnten Dormun-<lb/> den in zween Tagen nicht beſuchen. Doch<lb/> hörten wir, daß es ſich beſſerte. Mein<lb/> Mann gieng den dritten Tag zu ihm. Al-<lb/> lein Dormund war fort, und hatte folgen-<lb/> den Brief an ihn zurück gelaſſen:</p><lb/> <p>Jch gehe, ſo weit als mich die Rache<lb/> des Himmels kommen läßt. Mariane<lb/> ſoll mich nicht wieder ſehen. O Gott,<lb/> wozu kann einen nicht die Liebe verleiten!<lb/> Der Schatten meines ermordeten Freun-<lb/> des wird mich auf allen Schritten verfol-<lb/> gen: Doch ich will lieber alles ausſtehen,<lb/> als dieſen Mord durch einen Selbſtmord<lb/> <fw place="bottom" type="catch">häufen</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0122]
Leben der Schwediſchen
herum gehen, ſondern ſich den entlegen-
ſten Ort zu ſeinem Aufenthalte, und zur
Reue über ſeine Schandthat ausſuchen
wollte. Er bat, daß wir ihm Marianen
nicht möchten wieder ſehen laſſen. Die-
ſe war auch ſchon in unſrer Wohnung;
denn Dormund hatte ein Haus allein be-
zogen. Wir hatten nun genug an Ma-
rianen zu tröſten, und konnten Dormun-
den in zween Tagen nicht beſuchen. Doch
hörten wir, daß es ſich beſſerte. Mein
Mann gieng den dritten Tag zu ihm. Al-
lein Dormund war fort, und hatte folgen-
den Brief an ihn zurück gelaſſen:
Jch gehe, ſo weit als mich die Rache
des Himmels kommen läßt. Mariane
ſoll mich nicht wieder ſehen. O Gott,
wozu kann einen nicht die Liebe verleiten!
Der Schatten meines ermordeten Freun-
des wird mich auf allen Schritten verfol-
gen: Doch ich will lieber alles ausſtehen,
als dieſen Mord durch einen Selbſtmord
häufen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/122 |
Zitationshilfe: | [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/122>, abgerufen am 16.02.2025. |