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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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V. Buch/ Cap. VIII.

§. 9. Demnechst kan ein Richter aus solcher That Erzehlung
kluge zur Sachen gehörige Fragestücke versammlen/ die entweder
Falschheit/ unerweißliche Nichtigkeit/ oder Unmöglichkeit der Ant-
wort/ einführen können. Also kan man Beklagten fragen: wo er
zween oder drey Tage vor oder nach begangener That Zeit gewesen?
an welchem Ort und mit wem er gespeiset/ gespielet/ geschlaffen/ und
was er folgenden Tages verrichtet? darauff er ohne Fürsprecher/ viel-
weniger in Schrifften zu antworten/ gehalten ist/ jedoch mag er eines
erfahrnen Advocaten Raths pflegen; soll aber zuvor kürtzlich auff die
Articuln antworten/ und also den Krieg befestigen. Hernach kan er de-
ren Anzeigungen Copie begehren/ sonst wäre zu befürchten/ daß er sich
aus deren Communicirung informiren und listiglich anschicken möch-
Beklagten
Verläugnens
Uberzeugung.
te/ ist ihm auch niemahln eine Antwort an seiner Verthädigung nach-
theilig oder schädlich. Wann nun Beklagter zu läugnen bereitwil-
lig/ mag er leicht Lügen überzeuget werden/ so man dieselben/ die er be-
nennet/ wegen besagten Umgangs Warheit vernehmen lässet/ welches
im Beyseyn des Richters/ zween Schöpffen und öffentlichen Schrei-
bers ihm fürzuhalten/ auch mag dergleichen kein Adelicher Richter/
noch andere Obrigkeit/ aus Nachläßigkeit oder Ubereylung/ durch ihre
Schreiber oder Schulmeister verzeichnen lassen.

L. 12. & pen. §. 1 ff. de publ. Judic. L. unic. C. de litis contest. P. H. O. art. 46.
Beklagten
Antwort
Zwang-Recht.

§. 10. Wann aber ein peinlich Angeklagter gar nicht zu ant-
worten willens/ soll es vom Schreiber angemercket/ und mag Beklag-
ter in geringern Verbrechen durch Pfand- oder Geld-Straffe dazu ge-
zwungen/ oder in grössern also bedrohet werden/ daß er/ als ungehor-
sam nicht zu antworten/ für bekannt soll gehalten seyn/ ob schon sonst
dieses in eigentlicher peinlichen Sache zur ordentlichen Hals-Straffe
nicht genung wäre/ sondern Beklagter bey Vermeldung andern schärf-
fern Verordnungen auff die Articul antworten solle/ worinnen jedoch
keine zweiffelhaffte Worte statt finden mögen/ sondern er soll alles mit
klaren vollständlichen Worten anzeigen/ oder dunckele Reden/ ehe denn
er fortfähret/ auch weiter erklären/ auff daß dabey kein Betrug erdacht
werden möge; Und wofern Beklagter die Warheit zu bekennen ange-
fangen/ soll der Richter gar keines weges aufhalten noch verziehen/ son-
Richters Fleiß
bey Bekäntniß
dern ferner anhalten/ was möglich/ biß die Warheit frey ausgesagt/
auch nicht deßfalls ansehen Mittags- oder Abend-Mahlzeit/ vielwe-
niger Schlaff und andere Hinderniß/ maßen offt erfunden/ daß also
durch solche unterbrochene und zerstöhrete Bekäntniß/ nach geholten

är-
V. Buch/ Cap. VIII.

§. 9. Demnechſt kan ein Richter aus ſolcher That Erzehlung
kluge zur Sachen gehoͤrige Frageſtuͤcke verſammlen/ die entweder
Falſchheit/ unerweißliche Nichtigkeit/ oder Unmoͤglichkeit der Ant-
wort/ einfuͤhren koͤnnen. Alſo kan man Beklagten fragen: wo er
zween oder drey Tage vor oder nach begangener That Zeit geweſen?
an welchem Ort und mit wem er geſpeiſet/ geſpielet/ geſchlaffen/ und
was er folgenden Tages verrichtet? darauff er ohne Fuͤrſprecher/ viel-
weniger in Schrifften zu antworten/ gehalten iſt/ jedoch mag er eines
erfahrnen Advocaten Raths pflegen; ſoll aber zuvor kuͤrtzlich auff die
Articuln antworten/ und alſo den Krieg befeſtigen. Hernach kan er de-
ren Anzeigungen Copie begehren/ ſonſt waͤre zu befuͤrchten/ daß er ſich
aus deren Communicirung informiren und liſtiglich anſchicken moͤch-
Beklagten
Verlaͤugnens
Uberzeugung.
te/ iſt ihm auch niemahln eine Antwort an ſeiner Verthaͤdigung nach-
theilig oder ſchaͤdlich. Wann nun Beklagter zu laͤugnen bereitwil-
lig/ mag er leicht Luͤgen uͤberzeuget werden/ ſo man dieſelben/ die er be-
nennet/ wegen beſagten Umgangs Warheit vernehmen laͤſſet/ welches
im Beyſeyn des Richters/ zween Schoͤpffen und oͤffentlichen Schrei-
bers ihm fuͤrzuhalten/ auch mag dergleichen kein Adelicher Richter/
noch andere Obrigkeit/ aus Nachlaͤßigkeit oder Ubereylung/ durch ihre
Schreiber oder Schulmeiſter verzeichnen laſſen.

L. 12. & pen. §. 1 ff. de publ. Judic. L. unic. C. de litis conteſt. P. H. O. art. 46.
Beklagten
Antwort
Zwang-Recht.

§. 10. Wann aber ein peinlich Angeklagter gar nicht zu ant-
worten willens/ ſoll es vom Schreiber angemercket/ und mag Beklag-
ter in geringern Verbrechen durch Pfand- oder Geld-Straffe dazu ge-
zwungen/ oder in groͤſſern alſo bedrohet werden/ daß er/ als ungehor-
ſam nicht zu antworten/ fuͤr bekannt ſoll gehalten ſeyn/ ob ſchon ſonſt
dieſes in eigentlicher peinlichen Sache zur ordentlichen Hals-Straffe
nicht genung waͤre/ ſondern Beklagter bey Vermeldung andern ſchaͤrf-
fern Verordnungen auff die Articul antworten ſolle/ worinnen jedoch
keine zweiffelhaffte Worte ſtatt finden moͤgen/ ſondern er ſoll alles mit
klaren vollſtaͤndlichen Worten anzeigen/ oder dunckele Reden/ ehe denn
er fortfaͤhret/ auch weiter erklaͤren/ auff daß dabey kein Betrug erdacht
werden moͤge; Und wofern Beklagter die Warheit zu bekeñen ange-
fangen/ ſoll der Richter gar keines weges aufhalten noch verziehen/ ſon-
Richters Fleiß
bey Bekaͤntniß
dern ferner anhalten/ was moͤglich/ biß die Warheit frey ausgeſagt/
auch nicht deßfalls anſehen Mittags- oder Abend-Mahlzeit/ vielwe-
niger Schlaff und andere Hinderniß/ maßen offt erfunden/ daß alſo
durch ſolche unterbrochene und zerſtoͤhrete Bekaͤntniß/ nach geholten

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[684/0691] V. Buch/ Cap. VIII. §. 9. Demnechſt kan ein Richter aus ſolcher That Erzehlung kluge zur Sachen gehoͤrige Frageſtuͤcke verſammlen/ die entweder Falſchheit/ unerweißliche Nichtigkeit/ oder Unmoͤglichkeit der Ant- wort/ einfuͤhren koͤnnen. Alſo kan man Beklagten fragen: wo er zween oder drey Tage vor oder nach begangener That Zeit geweſen? an welchem Ort und mit wem er geſpeiſet/ geſpielet/ geſchlaffen/ und was er folgenden Tages verrichtet? darauff er ohne Fuͤrſprecher/ viel- weniger in Schrifften zu antworten/ gehalten iſt/ jedoch mag er eines erfahrnen Advocaten Raths pflegen; ſoll aber zuvor kuͤrtzlich auff die Articuln antworten/ und alſo den Krieg befeſtigen. Hernach kan er de- ren Anzeigungen Copie begehren/ ſonſt waͤre zu befuͤrchten/ daß er ſich aus deren Communicirung informiren und liſtiglich anſchicken moͤch- te/ iſt ihm auch niemahln eine Antwort an ſeiner Verthaͤdigung nach- theilig oder ſchaͤdlich. Wann nun Beklagter zu laͤugnen bereitwil- lig/ mag er leicht Luͤgen uͤberzeuget werden/ ſo man dieſelben/ die er be- nennet/ wegen beſagten Umgangs Warheit vernehmen laͤſſet/ welches im Beyſeyn des Richters/ zween Schoͤpffen und oͤffentlichen Schrei- bers ihm fuͤrzuhalten/ auch mag dergleichen kein Adelicher Richter/ noch andere Obrigkeit/ aus Nachlaͤßigkeit oder Ubereylung/ durch ihre Schreiber oder Schulmeiſter verzeichnen laſſen. Beklagten Verlaͤugnens Uberzeugung. L. 12. & pen. §. 1 ff. de publ. Judic. L. unic. C. de litis conteſt. P. H. O. art. 46. §. 10. Wann aber ein peinlich Angeklagter gar nicht zu ant- worten willens/ ſoll es vom Schreiber angemercket/ und mag Beklag- ter in geringern Verbrechen durch Pfand- oder Geld-Straffe dazu ge- zwungen/ oder in groͤſſern alſo bedrohet werden/ daß er/ als ungehor- ſam nicht zu antworten/ fuͤr bekannt ſoll gehalten ſeyn/ ob ſchon ſonſt dieſes in eigentlicher peinlichen Sache zur ordentlichen Hals-Straffe nicht genung waͤre/ ſondern Beklagter bey Vermeldung andern ſchaͤrf- fern Verordnungen auff die Articul antworten ſolle/ worinnen jedoch keine zweiffelhaffte Worte ſtatt finden moͤgen/ ſondern er ſoll alles mit klaren vollſtaͤndlichen Worten anzeigen/ oder dunckele Reden/ ehe denn er fortfaͤhret/ auch weiter erklaͤren/ auff daß dabey kein Betrug erdacht werden moͤge; Und wofern Beklagter die Warheit zu bekeñen ange- fangen/ ſoll der Richter gar keines weges aufhalten noch verziehen/ ſon- dern ferner anhalten/ was moͤglich/ biß die Warheit frey ausgeſagt/ auch nicht deßfalls anſehen Mittags- oder Abend-Mahlzeit/ vielwe- niger Schlaff und andere Hinderniß/ maßen offt erfunden/ daß alſo durch ſolche unterbrochene und zerſtoͤhrete Bekaͤntniß/ nach geholten aͤr- Richters Fleiß bey Bekaͤntniß

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 684. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/691>, abgerufen am 17.07.2024.