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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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Von peinlichem Gerichts-Proceß.

§. 11. Ja sonst/ auff erfundene redliche Anzeigung/ einer Misse-Richters
Pflicht wegen
peinl. Straffe.

that halben/ mag peinliche Frage fürgenommen/ auch auff des Beklag-
ten Bekäntniß möglichst fleißige Erkundigung geschehen/ ob in dersel-
ben bekannten That solche Warheit befunden/ die kein Unschuldiger
also hätte sagen und wissen können/ alsdann ist ja solche Geständniß
ungezweiffelt beständiger Weise zu glauben/ und gestalten Sachen
nach darauff peinliche Straffe zu urtheilen; Wann nemlich jemand/
allgemeinen beschriebenen Rechten nach/ durch eine Mißhandlung das
Leben verwürcket/ soll man nach gewöhnlicher guten Ordnung eines
Rechts verständigen Richters/ so deren Ubelthat Aergerniß und Gele-
genheit ermessen kan/ derselben Proceß Art und Weise förmlich hal-
ten. Jn Fällen aber/ darinnen keine Todes-Straffe angesetzt/ son-
dern nur rechtliche Leibes- oder Glieder-Straffe zugelassen/ daß die
Gestrafften beym Leben bleiben/ die auch nach der Zeit und Landes
Gelegenheit unbequem/ und dem Buchstaben gemäß/ etwa eines theils
nicht wohl zu gebrauchen wären/ noch die Rechte einer jeden peinlichen
Straffe gehörige Maße anzeigen/ deren billige Erkäntniß wird Rich-
terlicher Willkühr/ zu Liebe der Gerechtigkeit/ und um gemeinen Nu-
tzens willen/ anzuordnen heimgestellt; insonderheit aber ist zu mercken/
daß/ worinnen das Recht keinerley peinliche Straffe am Leben/ Ehre/
Leib oder Gliedern verhänget/ auch kein Richter jemand darwider zum
Tode oder sonst peinlich verurtheilen soll/ sondern/ dafern er solcher
Rechten ungelehrt/ mag er Vernunfft-mäßigen Unterrichtung pflegen/
und sich guten Raths erholen; Darum/ in allen peinlichen Verkla-
gungs-Fällen/ allwo die Straffe nicht genugsam erkläret und verstän-
diget/ soll jedoch der Rechten Ordnung möglichst gemäß gehandelt/ und
zu guter Folge geurtheilet werden/ ob schon nicht alle zufällige Straffe
und Erkäntniß mögen erdacht oder beschrieben seyn; dervwegen bey
ungewöhnlichem Rechtens-Vorfall/ Raths zu bedienen/ dem Richter
frey vergönnet wird.

P. H. O. art. 60. 149. It. art. 104. 105.

§. 12. Wann dann in peinlichen Sachen grosser Fleiß gehö-Peinl. Urtheils
Raths Erhoh-
lungs-Recht.

ret/ als welche zu Zeiten gar subtilen Unterschied haben/ so dem gemei-
nen Mann/ der beym Gericht sitzet/ nicht verständig oder begreifflich
genug gemacht werden können/ sondern deren Ermäßigung in Rechts-
verständiger Leute Vernunfft bestehet/ es sey gleich/ daß die Obrigkeit
wider einen Mißhändler/ auff peinlichen Anklägers Handlung/ oder
von Amts wegen verfähret/ so sollen die Richter/ wofern ihnen Zweif-

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Q q q q 2
Von peinlichem Gerichts-Proceß.

§. 11. Ja ſonſt/ auff erfundene redliche Anzeigung/ einer Miſſe-Richters
Pflicht wegen
peinl. Straffe.

that halben/ mag peinliche Frage fuͤrgenommen/ auch auff des Beklag-
ten Bekaͤntniß moͤglichſt fleißige Erkundigung geſchehen/ ob in derſel-
ben bekannten That ſolche Warheit befunden/ die kein Unſchuldiger
alſo haͤtte ſagen und wiſſen koͤnnen/ alsdann iſt ja ſolche Geſtaͤndniß
ungezweiffelt beſtaͤndiger Weiſe zu glauben/ und geſtalten Sachen
nach darauff peinliche Straffe zu urtheilen; Wann nemlich jemand/
allgemeinen beſchriebenen Rechten nach/ durch eine Mißhandlung das
Leben verwuͤrcket/ ſoll man nach gewoͤhnlicher guten Ordnung eines
Rechts verſtaͤndigen Richters/ ſo deren Ubelthat Aergerniß und Gele-
genheit ermeſſen kan/ derſelben Proceß Art und Weiſe foͤrmlich hal-
ten. Jn Faͤllen aber/ darinnen keine Todes-Straffe angeſetzt/ ſon-
dern nur rechtliche Leibes- oder Glieder-Straffe zugelaſſen/ daß die
Geſtrafften beym Leben bleiben/ die auch nach der Zeit und Landes
Gelegenheit unbequem/ und dem Buchſtaben gemaͤß/ etwa eines theils
nicht wohl zu gebrauchen waͤren/ noch die Rechte einer jeden peinlichen
Straffe gehoͤrige Maße anzeigen/ deren billige Erkaͤntniß wird Rich-
terlicher Willkuͤhr/ zu Liebe der Gerechtigkeit/ und um gemeinen Nu-
tzens willen/ anzuordnen heimgeſtellt; inſonderheit aber iſt zu mercken/
daß/ worinnen das Recht keinerley peinliche Straffe am Leben/ Ehre/
Leib oder Gliedern verhaͤnget/ auch kein Richter jemand darwider zum
Tode oder ſonſt peinlich verurtheilen ſoll/ ſondern/ dafern er ſolcher
Rechten ungelehrt/ mag er Vernunfft-maͤßigen Unterrichtung pflegen/
und ſich guten Raths erholen; Darum/ in allen peinlichen Verkla-
gungs-Faͤllen/ allwo die Straffe nicht genugſam erklaͤret und verſtaͤn-
diget/ ſoll jedoch der Rechten Ordnung moͤglichſt gemaͤß gehandelt/ und
zu guter Folge geurtheilet werden/ ob ſchon nicht alle zufaͤllige Straffe
und Erkaͤntniß moͤgen erdacht oder beſchrieben ſeyn; dervwegen bey
ungewoͤhnlichem Rechtens-Vorfall/ Raths zu bedienen/ dem Richter
frey vergoͤnnet wird.

P. H. O. art. 60. 149. It. art. 104. 105.

§. 12. Wann dann in peinlichen Sachen groſſer Fleiß gehoͤ-Peinl. Uꝛtheils
Raths Erhoh-
lungs-Recht.

ret/ als welche zu Zeiten gar ſubtilen Unterſchied haben/ ſo dem gemei-
nen Mann/ der beym Gericht ſitzet/ nicht verſtaͤndig oder begreifflich
genug gemacht werden koͤnnen/ ſondern deren Ermaͤßigung in Rechts-
verſtaͤndiger Leute Vernunfft beſtehet/ es ſey gleich/ daß die Obrigkeit
wider einen Mißhaͤndler/ auff peinlichen Anklaͤgers Handlung/ oder
von Amts wegen verfaͤhret/ ſo ſollen die Richter/ wofern ihnen Zweif-

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[675/0682] Von peinlichem Gerichts-Proceß. §. 11. Ja ſonſt/ auff erfundene redliche Anzeigung/ einer Miſſe- that halben/ mag peinliche Frage fuͤrgenommen/ auch auff des Beklag- ten Bekaͤntniß moͤglichſt fleißige Erkundigung geſchehen/ ob in derſel- ben bekannten That ſolche Warheit befunden/ die kein Unſchuldiger alſo haͤtte ſagen und wiſſen koͤnnen/ alsdann iſt ja ſolche Geſtaͤndniß ungezweiffelt beſtaͤndiger Weiſe zu glauben/ und geſtalten Sachen nach darauff peinliche Straffe zu urtheilen; Wann nemlich jemand/ allgemeinen beſchriebenen Rechten nach/ durch eine Mißhandlung das Leben verwuͤrcket/ ſoll man nach gewoͤhnlicher guten Ordnung eines Rechts verſtaͤndigen Richters/ ſo deren Ubelthat Aergerniß und Gele- genheit ermeſſen kan/ derſelben Proceß Art und Weiſe foͤrmlich hal- ten. Jn Faͤllen aber/ darinnen keine Todes-Straffe angeſetzt/ ſon- dern nur rechtliche Leibes- oder Glieder-Straffe zugelaſſen/ daß die Geſtrafften beym Leben bleiben/ die auch nach der Zeit und Landes Gelegenheit unbequem/ und dem Buchſtaben gemaͤß/ etwa eines theils nicht wohl zu gebrauchen waͤren/ noch die Rechte einer jeden peinlichen Straffe gehoͤrige Maße anzeigen/ deren billige Erkaͤntniß wird Rich- terlicher Willkuͤhr/ zu Liebe der Gerechtigkeit/ und um gemeinen Nu- tzens willen/ anzuordnen heimgeſtellt; inſonderheit aber iſt zu mercken/ daß/ worinnen das Recht keinerley peinliche Straffe am Leben/ Ehre/ Leib oder Gliedern verhaͤnget/ auch kein Richter jemand darwider zum Tode oder ſonſt peinlich verurtheilen ſoll/ ſondern/ dafern er ſolcher Rechten ungelehrt/ mag er Vernunfft-maͤßigen Unterrichtung pflegen/ und ſich guten Raths erholen; Darum/ in allen peinlichen Verkla- gungs-Faͤllen/ allwo die Straffe nicht genugſam erklaͤret und verſtaͤn- diget/ ſoll jedoch der Rechten Ordnung moͤglichſt gemaͤß gehandelt/ und zu guter Folge geurtheilet werden/ ob ſchon nicht alle zufaͤllige Straffe und Erkaͤntniß moͤgen erdacht oder beſchrieben ſeyn; dervwegen bey ungewoͤhnlichem Rechtens-Vorfall/ Raths zu bedienen/ dem Richter frey vergoͤnnet wird. Richters Pflicht wegen peinl. Straffe. P. H. O. art. 60. 149. It. art. 104. 105. §. 12. Wann dann in peinlichen Sachen groſſer Fleiß gehoͤ- ret/ als welche zu Zeiten gar ſubtilen Unterſchied haben/ ſo dem gemei- nen Mann/ der beym Gericht ſitzet/ nicht verſtaͤndig oder begreifflich genug gemacht werden koͤnnen/ ſondern deren Ermaͤßigung in Rechts- verſtaͤndiger Leute Vernunfft beſtehet/ es ſey gleich/ daß die Obrigkeit wider einen Mißhaͤndler/ auff peinlichen Anklaͤgers Handlung/ oder von Amts wegen verfaͤhret/ ſo ſollen die Richter/ wofern ihnen Zweif- fel Peinl. Uꝛtheils Raths Erhoh- lungs-Recht. Q q q q 2

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/682>, abgerufen am 22.11.2024.