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Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.

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Von peinlichem Gerichts-Proceß.

§. 6. So nun der Beklagte auff eingebracht- und genugsamPeinlichen Ge-
richts-Kosten
Abtrag-Recht/
wann Beklag-
ter nicht über-
wunden.

erfundenen Argwohn/ durch peinliche Frage gemartert/ dennoch aber
mit eigener Bekäntniß oder angeklagten Missethat Beweisung nicht
überwunden wird/ so haben Richter und Ankläger/ obgemeldten ordent-
lichen im Recht zuläßigen Mittels halben/ keine Straffe verwürcket/
maßen bösen Verdachts Anzeigunge der geschehenen Frage Entschul-
digungs Ursachen gegeben/ weilen man sich/ nach Sage der Rechten/
nicht allein vor Ubelthaten Vollbringung/ sondern auch für allem bö-
sen Schein und Ubels Gestalt/ oder bösem Leumuth hüten soll/ wer nun
das nicht thut/ wird deßhalben seiner Beschwerden selbst Ursacher ge-
halten/ und soll deßfalls Ankläger allen Kosten/ Beklagter ingleichen
seinen Unterhalt entrichten/ auch die Obrigkeit übrige Gerichts-Kosten
für Nachrichter und andere Gerichts-Diener/ oder Gefängniß halben/
selbsten abtragen.

§. 7. So aber Beklagter nach genugsamer Beweisung nichtPeinl. Beklag-
ten Recht/ er
sey überwiesen
und habe be-
kannt oder
nicht.

bekennen will/ soll ihm angezeiget werden/ daß er der Missethat überwie-
sen/ ob man dadurch sein Bekäntniß desto eher erlangen könte/ und wo-
fern er nachmahls darüber noch beständig verleugnete/ soll er nichts de-
stoweniger/ der überwiesenen Missethat nach/ ohne einige peinliche Fra-
ge verurtheilet werden; Wann aber Beklagter nicht genugsam über-
wiesen/ und doch rechtliche Vermuthungen gegen ihn streiten/ als we-
gen Schuld/ Aberglauben oder böser Gesellschafft/ so mag er mit aus-
serordentlicher willkührlicher Straffe angesehen seyn in geringerm
Verbrechen/ oder gar gepeiniget werden/ oder es mag ihm etwa der
Reinigungs-Eyd anbefohlen seyn.

P. H. O. art. 69.

§. 8. So nun Bekäntniß aus oder ohne Marter geschehen/ als-Beklagten Aus-
sage und Be-
käntniß Er-
kundigung
Recht.

dann soll der Richter an Ort und Ende hinschicken/ nach denen Um-
ständen/ die der Gefragte der bekannten Missethat wegen erzehlet/ so
viel zur Gewißheit dienlich/ fleißigst erkundigen/ ob es sich also War-
heit gemäß verhält/ wann nun angezeigte Maße also erfunden/ und
daraus zu mercken daß ers gethan/ weilen kein Unschuldiger solches
wissen kan/ alsdann ist es ungezweiffelter Weise beständig zu glauben/
und nach Gestalt der Sachen peinliche Straffe darauff zu urtheilen;
jedoch soll man das jenige/ was in der Tortur bekannt/ nicht für gewiß
halten/ sondern nur obenhin auffschreiben lassen/ biß es etliche Tage
nach vergangenem Schmertzen dem Gefangenen wieder fürgehalten/
und darauff hin und wieder nachgeforschet worden/ wann er alsdann

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Von peinlichem Gerichts-Proceß.

§. 6. So nun der Beklagte auff eingebracht- und genugſamPeinlichen Ge-
richts-Koſten
Abtꝛag-Recht/
wann Beklag-
ter nicht uͤber-
wunden.

erfundenen Argwohn/ durch peinliche Frage gemartert/ dennoch aber
mit eigener Bekaͤntniß oder angeklagten Miſſethat Beweiſung nicht
uͤberwunden wird/ ſo haben Richter und Anklaͤger/ obgemeldten ordent-
lichen im Recht zulaͤßigen Mittels halben/ keine Straffe verwuͤrcket/
maßen boͤſen Verdachts Anzeigunge der geſchehenen Frage Entſchul-
digungs Urſachen gegeben/ weilen man ſich/ nach Sage der Rechten/
nicht allein vor Ubelthaten Vollbringung/ ſondern auch fuͤr allem boͤ-
ſen Schein und Ubels Geſtalt/ oder boͤſem Leumuth huͤten ſoll/ wer nun
das nicht thut/ wird deßhalben ſeiner Beſchwerden ſelbſt Urſacher ge-
halten/ und ſoll deßfalls Anklaͤger allen Koſten/ Beklagter ingleichen
ſeinen Unterhalt entrichten/ auch die Obrigkeit uͤbrige Gerichts-Koſten
fuͤr Nachrichter und andere Gerichts-Diener/ oder Gefaͤngniß halben/
ſelbſten abtragen.

§. 7. So aber Beklagter nach genugſamer Beweiſung nichtPeinl. Beklag-
ten Recht/ er
ſey uͤberwieſen
und habe be-
kannt oder
nicht.

bekennen will/ ſoll ihm angezeiget werden/ daß er der Miſſethat uͤberwie-
ſen/ ob man dadurch ſein Bekaͤntniß deſto eher erlangen koͤnte/ und wo-
fern er nachmahls daruͤber noch beſtaͤndig verleugnete/ ſoll er nichts de-
ſtoweniger/ der uͤberwieſenen Miſſethat nach/ ohne einige peinliche Fra-
ge verurtheilet werden; Wann aber Beklagter nicht genugſam uͤber-
wieſen/ und doch rechtliche Vermuthungen gegen ihn ſtreiten/ als we-
gen Schuld/ Aberglauben oder boͤſer Geſellſchafft/ ſo mag er mit auſ-
ſerordentlicher willkuͤhrlicher Straffe angeſehen ſeyn in geringerm
Verbrechen/ oder gar gepeiniget werden/ oder es mag ihm etwa der
Reinigungs-Eyd anbefohlen ſeyn.

P. H. O. art. 69.

§. 8. So nun Bekaͤntniß aus oder ohne Marter geſchehen/ als-Beklagtẽ Aus-
ſage und Be-
kaͤntniß Er-
kundigung
Recht.

dann ſoll der Richter an Ort und Ende hinſchicken/ nach denen Um-
ſtaͤnden/ die der Gefragte der bekannten Miſſethat wegen erzehlet/ ſo
viel zur Gewißheit dienlich/ fleißigſt erkundigen/ ob es ſich alſo War-
heit gemaͤß verhaͤlt/ wann nun angezeigte Maße alſo erfunden/ und
daraus zu mercken daß ers gethan/ weilen kein Unſchuldiger ſolches
wiſſen kan/ alsdann iſt es ungezweiffelter Weiſe beſtaͤndig zu glauben/
und nach Geſtalt der Sachen peinliche Straffe darauff zu urtheilen;
jedoch ſoll man das jenige/ was in der Tortur bekannt/ nicht fuͤr gewiß
halten/ ſondern nur obenhin auffſchreiben laſſen/ biß es etliche Tage
nach vergangenem Schmertzen dem Gefangenen wieder fuͤrgehalten/
und darauff hin und wieder nachgeforſchet worden/ wann er alsdann

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[673/0680] Von peinlichem Gerichts-Proceß. §. 6. So nun der Beklagte auff eingebracht- und genugſam erfundenen Argwohn/ durch peinliche Frage gemartert/ dennoch aber mit eigener Bekaͤntniß oder angeklagten Miſſethat Beweiſung nicht uͤberwunden wird/ ſo haben Richter und Anklaͤger/ obgemeldten ordent- lichen im Recht zulaͤßigen Mittels halben/ keine Straffe verwuͤrcket/ maßen boͤſen Verdachts Anzeigunge der geſchehenen Frage Entſchul- digungs Urſachen gegeben/ weilen man ſich/ nach Sage der Rechten/ nicht allein vor Ubelthaten Vollbringung/ ſondern auch fuͤr allem boͤ- ſen Schein und Ubels Geſtalt/ oder boͤſem Leumuth huͤten ſoll/ wer nun das nicht thut/ wird deßhalben ſeiner Beſchwerden ſelbſt Urſacher ge- halten/ und ſoll deßfalls Anklaͤger allen Koſten/ Beklagter ingleichen ſeinen Unterhalt entrichten/ auch die Obrigkeit uͤbrige Gerichts-Koſten fuͤr Nachrichter und andere Gerichts-Diener/ oder Gefaͤngniß halben/ ſelbſten abtragen. Peinlichen Ge- richts-Koſten Abtꝛag-Recht/ wann Beklag- ter nicht uͤber- wunden. §. 7. So aber Beklagter nach genugſamer Beweiſung nicht bekennen will/ ſoll ihm angezeiget werden/ daß er der Miſſethat uͤberwie- ſen/ ob man dadurch ſein Bekaͤntniß deſto eher erlangen koͤnte/ und wo- fern er nachmahls daruͤber noch beſtaͤndig verleugnete/ ſoll er nichts de- ſtoweniger/ der uͤberwieſenen Miſſethat nach/ ohne einige peinliche Fra- ge verurtheilet werden; Wann aber Beklagter nicht genugſam uͤber- wieſen/ und doch rechtliche Vermuthungen gegen ihn ſtreiten/ als we- gen Schuld/ Aberglauben oder boͤſer Geſellſchafft/ ſo mag er mit auſ- ſerordentlicher willkuͤhrlicher Straffe angeſehen ſeyn in geringerm Verbrechen/ oder gar gepeiniget werden/ oder es mag ihm etwa der Reinigungs-Eyd anbefohlen ſeyn. Peinl. Beklag- ten Recht/ er ſey uͤberwieſen und habe be- kannt oder nicht. P. H. O. art. 69. §. 8. So nun Bekaͤntniß aus oder ohne Marter geſchehen/ als- dann ſoll der Richter an Ort und Ende hinſchicken/ nach denen Um- ſtaͤnden/ die der Gefragte der bekannten Miſſethat wegen erzehlet/ ſo viel zur Gewißheit dienlich/ fleißigſt erkundigen/ ob es ſich alſo War- heit gemaͤß verhaͤlt/ wann nun angezeigte Maße alſo erfunden/ und daraus zu mercken daß ers gethan/ weilen kein Unſchuldiger ſolches wiſſen kan/ alsdann iſt es ungezweiffelter Weiſe beſtaͤndig zu glauben/ und nach Geſtalt der Sachen peinliche Straffe darauff zu urtheilen; jedoch ſoll man das jenige/ was in der Tortur bekannt/ nicht fuͤr gewiß halten/ ſondern nur obenhin auffſchreiben laſſen/ biß es etliche Tage nach vergangenem Schmertzen dem Gefangenen wieder fuͤrgehalten/ und darauff hin und wieder nachgeforſchet worden/ wann er alsdann end- Beklagtẽ Aus- ſage und Be- kaͤntniß Er- kundigung Recht. Q q q q

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Zitationshilfe: Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/680>, abgerufen am 22.11.2024.