Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703.I. Buch/ Cap. VII. Zeugen Ent-schuldigung wegen Unge- horsam.einem rechtschaffenen Zeugen erweißlich/ solches ist eine halbe Bewei- sung/ welche genugsam redlichen Verdacht giebt/ gründlich mehr zu befragen; wann sonsten Zeugen durch feindliche/ von Pest- und andern Seuchen angesteckte Oerter reisen müssen/ mögen sich dieselbe wegen Orts Unsicherheit für Ungehorsam entschuldigen. Puncten bey Mordthaten. §. 44. Bey Mordthat-Fällen soll man alle der Sachen erweißli- verbotene Zeu- gen wann zu- gelassen. §. 45. Wann auch Lasters Grausamkeit und Beweißthums L. 12. & seq. ff. de quaest. Arg. L. 7. ff. ad L. jul. Majest. L. 7. & L. 21. §. 2. L. 3. §. 2. ff. de Test. L. 8. §. servis, C. de repud. gezwungen. §. 46. Weilen auch das Zeugen-Amt eine öffentliche Pflicht ist/ so Arg. L. 19. C. de Testibus. L. 4. ff. Eod. c. 5. X. hoc tit. c. quisque c. 11. q. 3. c. 1. X. de crim. falsi. Clem. fin. de test. arg. a contrario. §. 47. De-
I. Buch/ Cap. VII. Zeugen Ent-ſchuldigung wegen Unge- horſam.einem rechtſchaffenen Zeugen erweißlich/ ſolches iſt eine halbe Bewei- ſung/ welche genugſam redlichen Verdacht giebt/ gruͤndlich mehr zu befragen; wann ſonſten Zeugen durch feindliche/ von Peſt- und andern Seuchen angeſteckte Oerter reiſen muͤſſen/ moͤgen ſich dieſelbe wegen Orts Unſicherheit fuͤr Ungehorſam entſchuldigen. Puncten bey Mordthaten. §. 44. Bey Mordthat-Faͤllen ſoll man alle der Sachen erweißli- verbotene Zeu- gen wann zu- gelaſſen. §. 45. Wann auch Laſters Grauſamkeit und Beweißthums L. 12. & ſeq. ff. de quæſt. Arg. L. 7. ff. ad L. jul. Majeſt. L. 7. & L. 21. §. 2. L. 3. §. 2. ff. de Teſt. L. 8. §. ſervis, C. de repud. gezwungen. §. 46. Weilen auch das Zeugen-Amt eine oͤffentliche Pflicht iſt/ ſo Arg. L. 19. C. de Teſtibus. L. 4. ff. Eod. c. 5. X. hoc tit. c. quisque c. 11. q. 3. c. 1. X. de crim. falſi. Clem. fin. de teſt. arg. à contrario. §. 47. De-
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I. Buch/ Cap. VII.
einem rechtſchaffenen Zeugen erweißlich/ ſolches iſt eine halbe Bewei-
ſung/ welche genugſam redlichen Verdacht giebt/ gruͤndlich mehr zu
befragen; wann ſonſten Zeugen durch feindliche/ von Peſt- und andern
Seuchen angeſteckte Oerter reiſen muͤſſen/ moͤgen ſich dieſelbe wegen
Orts Unſicherheit fuͤr Ungehorſam entſchuldigen.
Zeugen Ent-
ſchuldigung
wegen Unge-
horſam.
§. 44. Bey Mordthat-Faͤllen ſoll man alle der Sachen erweißli-
cher maſſen kuͤndige Zeugen verhoͤren/ ob ſie den Ermordeten von Ge-
ſichts Geſtalt erkennen/ wer er ſey? Ob ſie wiſſen/ daß er von einem
andern umgebracht/ und woher ihnen ſolches bekandt? Item, wer ihn
getoͤdtet? Ob ſie nicht auff jemand Argwohn haͤtten/ und welche ih-
res Verdachts Urſachen ſeyn? Ob ſie nicht wiſſen/ durch was fuͤr Mittel
und Wege der Thaͤter auszuforſchen? Ob ihnen nicht bewuſt/ daß zwi-
ſchen dem Entleibeten und einem andern einige Feindſchafft geweſen/
und was ihnen endlich anders von der Sache bekandt ſey.
§. 45. Wann auch Laſters Grauſamkeit und Beweißthums
Schwuͤrigkeit zuſammen kommen/ ſoll man auch ſonſt untuͤchtige oder
verbotene Zeugen zulaſſen/ und ſtehet einem Knecht oder andern gar
gering geachteten Standes-Perſon zu glauben/ ob ſchon nicht voͤllig
genugſam Beweiß/ jedoch zur peinlichen Frage Anzeigen zu machen/
wann ihrer viele ſind/ maſſen derer Zeugen Anzahl ſo wohl als Wuͤr-
de/ Anſehen und Ubereinſtimmung der Sachen/ Glauben beſtaͤrcken/
bevorab in verborgenen und grauſamen Ubelthaten die Warheit zu
gemeinem Beſten zu erfahren.
L. 12. & ſeq. ff. de quæſt. Arg. L. 7. ff. ad L. jul. Majeſt. L. 7. & L. 21. §. 2. L. 3. §. 2. ff.
de Teſt. L. 8. §. ſervis, C. de repud.
§. 46. Weilen auch das Zeugen-Amt eine oͤffentliche Pflicht iſt/ ſo
moͤgen in groſſen Verbrechen die ſonſt befreyete Perſonen/ allwo man
anders keine Warheit haben kan/ beruffen/ und zum Zeugniß gezwun-
gen werden; es ſey denn/ daß ſie ſich von Rechts wegen davon entſchul-
digen moͤchten/ hierinn aber gilt kein Abſchlag/ daß jemand etwas zu
offenbaren ſich eydlich verbunden/ welches die Warheit verhaͤlet/ alſo
frey zu brechen/ ohne deſſen Entledigung/ maſſen der Eyd einer Falſch-
heit und Ungerechtigkeit Band waͤre/ vielmehr ſoll man die Zeugen
im Nothfall uͤber die Articuln vermittelſt Eydes noch einſten verhoͤren/
und deren Ausſage wiederholen laſſen/ auch in peinlichem Streit gar
keinem unbeeydigten Zeugen Glauben beymeſſen/ ſondern muß iedes-
mahl der Eyd vorhergehen/ und die Ausſage nachfolgen.
Eydliche Ver-
pflichtung
wann unguͤl-
tig.
Arg. L. 19. C. de Teſtibus. L. 4. ff. Eod. c. 5. X. hoc tit. c. quisque c. 11. q. 3. c. 1. X. de
crim. falſi. Clem. fin. de teſt. arg. à contrario.
§. 47. De-
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Zitationshilfe: | Geise, Heinrich Anton: Teutsches Corpus Juris. Hannover, 1703, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geise_corpus_1703/67>, abgerufen am 15.08.2024. |