Pflanzen sind weiß, so lang sie nicht dem Lichte ausgesetzt werden; erst durch dieses wird aus ihnen Sauerstoffgas entwickelt, und ihnen die Farbe gegeben. Der innere Theil eines Baumstammes, wohin das Licht nicht dringt, ist weiß; Schimmel, der an einem dunkeln Orte wächst, ist weiß, und färbt sich erst am Lichte. Die Blätter, wenn sie zuerst ausbrechen, die im Kelche noch eingewickelten Blumen sind weiß, ehe sie an das Licht kommen. Das Tuch ist, wenn es aus der Indigoküpe kömmt, grün, und wird erst an der Luft blau, indem es Sauerstoff verliert. Mit verdünnter übersaurer Kochsalzsäure wird es wieder grün, und an der Luft wieder blau. Gießt man stärkere unverdünnte übersanre Kochsalzsäure auf, wodurch sehr viel Sauerstoff mit der Indigofarbe verbunden wird, so wird sie gelb, und läßt sich nachher nicht wieder blau machen. Vegetabilische Aufgüsse und Decocte nehmen in der Luft eine dunklere Farbe an. Die Oelfarben der Gemälde sind weit heller, wenn sie frisch sind, und werden dunkler, wenn man sie der Luft aussetzt.
Alles dieses hängt vom Sauerstoffe in der Atmosphäre ab. Körper, mit denen dieser eine stärkere Verwandtschaft hat, als mit dem Wärmestoff, nehmen Sauerstoff auf, und werden heller von Farbe. Körper hingegen, mit welchen der Sauerstoff eine geringere Verwandtschaft hat, als mit dem Wärmestoff, verlieren ihren Sauerstoff, und werden dunkler an Farbe.
Auch die Farbe des Bluts verändert sich durch den Sauerstoff, der beym Athmen durch Zersetzung des Sauerstoffgas der Atmosphäre frey wird. Ein Theil desselben verbindet sich mit dem venösen Blute, und verwandelt seine dunkle Farbe in eine hellrothe, s. den Zusatz des Art. Athmen (oben S. 65 u. f.).
Noch mehrere merkwürdige Anwendungen der Lehre vom Sauerstoff auf Physiologie und Pathologie sind von Hrn. Beddoes(Observ. on the nature and cure of calculus, sea-scurvy, consumption, catarrh and fever; together with conjectures upon several other subjects of Physiology and Pathology. By Thomas Beddoes M. D. London, 1793.
Pflanzen ſind weiß, ſo lang ſie nicht dem Lichte ausgeſetzt werden; erſt durch dieſes wird aus ihnen Sauerſtoffgas entwickelt, und ihnen die Farbe gegeben. Der innere Theil eines Baumſtammes, wohin das Licht nicht dringt, iſt weiß; Schimmel, der an einem dunkeln Orte waͤchſt, iſt weiß, und faͤrbt ſich erſt am Lichte. Die Blaͤtter, wenn ſie zuerſt ausbrechen, die im Kelche noch eingewickelten Blumen ſind weiß, ehe ſie an das Licht kommen. Das Tuch iſt, wenn es aus der Indigokuͤpe koͤmmt, gruͤn, und wird erſt an der Luft blau, indem es Sauerſtoff verliert. Mit verduͤnnter uͤberſaurer Kochſalzſaͤure wird es wieder gruͤn, und an der Luft wieder blau. Gießt man ſtaͤrkere unverduͤnnte uͤberſanre Kochſalzſaͤure auf, wodurch ſehr viel Sauerſtoff mit der Indigofarbe verbunden wird, ſo wird ſie gelb, und laͤßt ſich nachher nicht wieder blau machen. Vegetabiliſche Aufguͤſſe und Decocte nehmen in der Luft eine dunklere Farbe an. Die Oelfarben der Gemaͤlde ſind weit heller, wenn ſie friſch ſind, und werden dunkler, wenn man ſie der Luft ausſetzt.
Alles dieſes haͤngt vom Sauerſtoffe in der Atmoſphaͤre ab. Koͤrper, mit denen dieſer eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, nehmen Sauerſtoff auf, und werden heller von Farbe. Koͤrper hingegen, mit welchen der Sauerſtoff eine geringere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, verlieren ihren Sauerſtoff, und werden dunkler an Farbe.
Auch die Farbe des Bluts veraͤndert ſich durch den Sauerſtoff, der beym Athmen durch Zerſetzung des Sauerſtoffgas der Atmoſphaͤre frey wird. Ein Theil deſſelben verbindet ſich mit dem venoͤſen Blute, und verwandelt ſeine dunkle Farbe in eine hellrothe, ſ. den Zuſatz des Art. Athmen (oben S. 65 u. f.).
Noch mehrere merkwuͤrdige Anwendungen der Lehre vom Sauerſtoff auf Phyſiologie und Pathologie ſind von Hrn. Beddoes(Obſerv. on the nature and cure of calculus, ſea-ſcurvy, conſumption, catarrh and fever; together with conjectures upon ſeveral other ſubjects of Phyſiology and Pathology. By Thomas Beddoes M. D. London, 1793.
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Pflanzen ſind weiß, ſo lang ſie nicht dem Lichte ausgeſetzt werden; erſt durch dieſes wird aus ihnen Sauerſtoffgas entwickelt, und ihnen die Farbe gegeben. Der innere Theil eines Baumſtammes, wohin das Licht nicht dringt, iſt weiß; Schimmel, der an einem dunkeln Orte waͤchſt, iſt weiß, und faͤrbt ſich erſt am Lichte. Die Blaͤtter, wenn ſie zuerſt ausbrechen, die im Kelche noch eingewickelten Blumen ſind weiß, ehe ſie an das Licht kommen. Das Tuch iſt, wenn es aus der Indigokuͤpe koͤmmt, gruͤn, und wird erſt an der Luft blau, indem es Sauerſtoff verliert. Mit verduͤnnter uͤberſaurer Kochſalzſaͤure wird es wieder gruͤn, und an der Luft wieder blau. Gießt man ſtaͤrkere unverduͤnnte uͤberſanre Kochſalzſaͤure auf, wodurch ſehr viel Sauerſtoff mit der Indigofarbe verbunden wird, ſo wird ſie gelb, und laͤßt ſich nachher nicht wieder blau machen. Vegetabiliſche Aufguͤſſe und Decocte nehmen in der Luft eine dunklere Farbe an. Die Oelfarben der Gemaͤlde ſind weit heller, wenn ſie friſch ſind, und werden dunkler, wenn man ſie der Luft ausſetzt.</p><p>Alles dieſes haͤngt vom Sauerſtoffe in der Atmoſphaͤre ab. Koͤrper, mit denen dieſer eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, nehmen Sauerſtoff auf, und werden heller von Farbe. Koͤrper hingegen, mit welchen der Sauerſtoff eine geringere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, verlieren ihren Sauerſtoff, und werden dunkler an Farbe.</p><p>Auch die Farbe des Bluts veraͤndert ſich durch den Sauerſtoff, der beym Athmen durch Zerſetzung des Sauerſtoffgas der Atmoſphaͤre frey wird. Ein Theil deſſelben verbindet ſich mit dem venoͤſen Blute, und verwandelt ſeine dunkle Farbe in eine hellrothe, ſ. den Zuſatz des Art. <hirendition="#b">Athmen</hi> (oben S. 65 u. f.).</p><p>Noch mehrere merkwuͤrdige Anwendungen der Lehre vom Sauerſtoff auf Phyſiologie und Pathologie ſind von Hrn. <hirendition="#b">Beddoes</hi><hirendition="#aq">(Obſerv. on the nature and cure of calculus, ſea-ſcurvy, conſumption, catarrh and fever; together with conjectures upon ſeveral other ſubjects of Phyſiology and Pathology. By <hirendition="#i">Thomas Beddoes</hi> M. D. London, 1793.<lb/></hi></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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Pflanzen ſind weiß, ſo lang ſie nicht dem Lichte ausgeſetzt werden; erſt durch dieſes wird aus ihnen Sauerſtoffgas entwickelt, und ihnen die Farbe gegeben. Der innere Theil eines Baumſtammes, wohin das Licht nicht dringt, iſt weiß; Schimmel, der an einem dunkeln Orte waͤchſt, iſt weiß, und faͤrbt ſich erſt am Lichte. Die Blaͤtter, wenn ſie zuerſt ausbrechen, die im Kelche noch eingewickelten Blumen ſind weiß, ehe ſie an das Licht kommen. Das Tuch iſt, wenn es aus der Indigokuͤpe koͤmmt, gruͤn, und wird erſt an der Luft blau, indem es Sauerſtoff verliert. Mit verduͤnnter uͤberſaurer Kochſalzſaͤure wird es wieder gruͤn, und an der Luft wieder blau. Gießt man ſtaͤrkere unverduͤnnte uͤberſanre Kochſalzſaͤure auf, wodurch ſehr viel Sauerſtoff mit der Indigofarbe verbunden wird, ſo wird ſie gelb, und laͤßt ſich nachher nicht wieder blau machen. Vegetabiliſche Aufguͤſſe und Decocte nehmen in der Luft eine dunklere Farbe an. Die Oelfarben der Gemaͤlde ſind weit heller, wenn ſie friſch ſind, und werden dunkler, wenn man ſie der Luft ausſetzt.
Alles dieſes haͤngt vom Sauerſtoffe in der Atmoſphaͤre ab. Koͤrper, mit denen dieſer eine ſtaͤrkere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, nehmen Sauerſtoff auf, und werden heller von Farbe. Koͤrper hingegen, mit welchen der Sauerſtoff eine geringere Verwandtſchaft hat, als mit dem Waͤrmeſtoff, verlieren ihren Sauerſtoff, und werden dunkler an Farbe.
Auch die Farbe des Bluts veraͤndert ſich durch den Sauerſtoff, der beym Athmen durch Zerſetzung des Sauerſtoffgas der Atmoſphaͤre frey wird. Ein Theil deſſelben verbindet ſich mit dem venoͤſen Blute, und verwandelt ſeine dunkle Farbe in eine hellrothe, ſ. den Zuſatz des Art. Athmen (oben S. 65 u. f.).
Noch mehrere merkwuͤrdige Anwendungen der Lehre vom Sauerſtoff auf Phyſiologie und Pathologie ſind von Hrn. Beddoes (Obſerv. on the nature and cure of calculus, ſea-ſcurvy, conſumption, catarrh and fever; together with conjectures upon ſeveral other ſubjects of Phyſiology and Pathology. By Thomas Beddoes M. D. London, 1793.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 807. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/819>, abgerufen am 22.11.2024.
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