Diese Zerstörung ist ein langsames Verbrennen, wobey man auch ein wellenförmiges Licht auf der Oberfläche bemerkt. Luft, Wasser und Oele wirken nicht auf das Reißbley. Die reinen feuerbeständigen Laugensalze aber zerlegen es in der Schmelzhitze, werden dadurch mild oder luftsauer, und entbinden eine Menge brennbarer Luft. Der Salpeter verpufft damit im Glühen lebhaft, wobey sich Luftsäure entwickelt, und auch das rückständige Laugensalz des verpufften Gemisches sich luftsauer zeigt.
Diesen Eigenschaften zufolge hatte man im phlogistischen System das Reißbley für eine Mischung von Luftsäure und Phlogiston angenommen, und das Eisen, das sich jederzeit dabey findet, für eine fremde zufällige Beymischung angesehen. Hr. Gren (Syst. Handb. der gesammt. Chemie. II. B. 2 Th. 1790. §. 1970.) setzte zu diesen Bestandtheilen noch einen unbekannten sauren Grundtheil, in der Folge aber (Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.) noch etwas Eisen, als ein wesentliches Ingrediens, hinzu.
Das antiphlogistische System erklärt die Eigenschaften des Reißbleyes sehr glücklich, indem es diesen Körper als eine Verbindung des Eisens mit dem Kohlenstoff, als ein gekohltes Eisen (Carbure de fer) betrachtet. Dieses gekohlte Eisen wird bey einer hohen Temperatur an der Luft zersetzt; sein Kohlenstoff verfliegt mit Wärmestoff und Sauerstoff, als Luftsäure, und läßt etwas gesäuertes Eisen in Gestalt einer Eisenhalbsäure zurück. Von 100 Theilen Reißbley bleiben nur 10 Theile Eisenhalbsäure übrig. Die Lösung der Laugensalze im Wasser zerlegt das gekohlte Eisen gleichfalls, der Sauerstoff des Wassers verbindet sich mit dem Kohlenstoff zu Luftsäure, die sich mit dem Laugensalze vereiniget; der Wasserstoff bildet mit dem Wärmestoff brennbare Luft oder Wasserstoffgas.
Gren Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.
Girtanner Anfangsgründe der antiphlogistischen Chemie, Berl. 1792. S. 346.
Dieſe Zerſtoͤrung iſt ein langſames Verbrennen, wobey man auch ein wellenfoͤrmiges Licht auf der Oberflaͤche bemerkt. Luft, Waſſer und Oele wirken nicht auf das Reißbley. Die reinen feuerbeſtaͤndigen Laugenſalze aber zerlegen es in der Schmelzhitze, werden dadurch mild oder luftſauer, und entbinden eine Menge brennbarer Luft. Der Salpeter verpufft damit im Gluͤhen lebhaft, wobey ſich Luftſaͤure entwickelt, und auch das ruͤckſtaͤndige Laugenſalz des verpufften Gemiſches ſich luftſauer zeigt.
Dieſen Eigenſchaften zufolge hatte man im phlogiſtiſchen Syſtem das Reißbley fuͤr eine Miſchung von Luftſaͤure und Phlogiſton angenommen, und das Eiſen, das ſich jederzeit dabey findet, fuͤr eine fremde zufaͤllige Beymiſchung angeſehen. Hr. Gren (Syſt. Handb. der geſammt. Chemie. II. B. 2 Th. 1790. §. 1970.) ſetzte zu dieſen Beſtandtheilen noch einen unbekannten ſauren Grundtheil, in der Folge aber (Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.) noch etwas Eiſen, als ein weſentliches Ingrediens, hinzu.
Das antiphlogiſtiſche Syſtem erklaͤrt die Eigenſchaften des Reißbleyes ſehr gluͤcklich, indem es dieſen Koͤrper als eine Verbindung des Eiſens mit dem Kohlenſtoff, als ein gekohltes Eiſen (Carbure de fer) betrachtet. Dieſes gekohlte Eiſen wird bey einer hohen Temperatur an der Luft zerſetzt; ſein Kohlenſtoff verfliegt mit Waͤrmeſtoff und Sauerſtoff, als Luftſaͤure, und laͤßt etwas geſaͤuertes Eiſen in Geſtalt einer Eiſenhalbſaͤure zuruͤck. Von 100 Theilen Reißbley bleiben nur 10 Theile Eiſenhalbſaͤure uͤbrig. Die Loͤſung der Laugenſalze im Waſſer zerlegt das gekohlte Eiſen gleichfalls, der Sauerſtoff des Waſſers verbindet ſich mit dem Kohlenſtoff zu Luftſaͤure, die ſich mit dem Laugenſalze vereiniget; der Waſſerſtoff bildet mit dem Waͤrmeſtoff brennbare Luft oder Waſſerſtoffgas.
Gren Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.
Girtanner Anfangsgründe der antiphlogiſtiſchen Chemie, Berl. 1792. S. 346.
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Dieſe Zerſtoͤrung iſt ein langſames Verbrennen, wobey man auch ein wellenfoͤrmiges Licht auf der Oberflaͤche bemerkt. Luft, Waſſer und Oele wirken nicht auf das Reißbley. Die reinen feuerbeſtaͤndigen Laugenſalze aber zerlegen es in der Schmelzhitze, werden dadurch mild oder <hirendition="#b">luftſauer,</hi> und entbinden eine Menge brennbarer Luft. Der Salpeter verpufft damit im Gluͤhen lebhaft, wobey ſich Luftſaͤure entwickelt, und auch das ruͤckſtaͤndige Laugenſalz des verpufften Gemiſches ſich luftſauer zeigt.</p><p>Dieſen Eigenſchaften zufolge hatte man im phlogiſtiſchen Syſtem das Reißbley fuͤr eine Miſchung von Luftſaͤure und Phlogiſton angenommen, und das Eiſen, das ſich jederzeit dabey findet, fuͤr eine fremde zufaͤllige Beymiſchung angeſehen. Hr. <hirendition="#b">Gren</hi> (Syſt. Handb. der geſammt. Chemie. <hirendition="#aq">II.</hi> B. 2 Th. 1790. §. 1970.) ſetzte zu dieſen Beſtandtheilen noch einen unbekannten ſauren Grundtheil, in der Folge aber (Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.) noch etwas Eiſen, als ein weſentliches Ingrediens, hinzu.</p><p>Das antiphlogiſtiſche Syſtem erklaͤrt die Eigenſchaften des Reißbleyes ſehr gluͤcklich, indem es dieſen Koͤrper als eine Verbindung des Eiſens mit dem Kohlenſtoff, als ein <hirendition="#b">gekohltes Eiſen</hi> (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">Carbure de fer</hi></hi>) betrachtet. Dieſes gekohlte Eiſen wird bey einer hohen Temperatur an der Luft zerſetzt; ſein Kohlenſtoff verfliegt mit Waͤrmeſtoff und Sauerſtoff, als Luftſaͤure, und laͤßt etwas geſaͤuertes Eiſen in Geſtalt einer Eiſenhalbſaͤure zuruͤck. Von 100 Theilen Reißbley bleiben nur 10 Theile Eiſenhalbſaͤure uͤbrig. Die Loͤſung der Laugenſalze im Waſſer zerlegt das gekohlte Eiſen gleichfalls, der Sauerſtoff des Waſſers verbindet ſich mit dem Kohlenſtoff zu Luftſaͤure, die ſich mit dem Laugenſalze vereiniget; der Waſſerſtoff bildet mit dem Waͤrmeſtoff brennbare Luft oder Waſſerſtoffgas.</p><p><hirendition="#b">Gren</hi> Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.</p><p><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Girtanner</hi> Anfangsgründe der antiphlogiſtiſchen Chemie, Berl. 1792. S. 346.</hi><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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Dieſe Zerſtoͤrung iſt ein langſames Verbrennen, wobey man auch ein wellenfoͤrmiges Licht auf der Oberflaͤche bemerkt. Luft, Waſſer und Oele wirken nicht auf das Reißbley. Die reinen feuerbeſtaͤndigen Laugenſalze aber zerlegen es in der Schmelzhitze, werden dadurch mild oder luftſauer, und entbinden eine Menge brennbarer Luft. Der Salpeter verpufft damit im Gluͤhen lebhaft, wobey ſich Luftſaͤure entwickelt, und auch das ruͤckſtaͤndige Laugenſalz des verpufften Gemiſches ſich luftſauer zeigt.
Dieſen Eigenſchaften zufolge hatte man im phlogiſtiſchen Syſtem das Reißbley fuͤr eine Miſchung von Luftſaͤure und Phlogiſton angenommen, und das Eiſen, das ſich jederzeit dabey findet, fuͤr eine fremde zufaͤllige Beymiſchung angeſehen. Hr. Gren (Syſt. Handb. der geſammt. Chemie. II. B. 2 Th. 1790. §. 1970.) ſetzte zu dieſen Beſtandtheilen noch einen unbekannten ſauren Grundtheil, in der Folge aber (Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.) noch etwas Eiſen, als ein weſentliches Ingrediens, hinzu.
Das antiphlogiſtiſche Syſtem erklaͤrt die Eigenſchaften des Reißbleyes ſehr gluͤcklich, indem es dieſen Koͤrper als eine Verbindung des Eiſens mit dem Kohlenſtoff, als ein gekohltes Eiſen (Carbure de fer) betrachtet. Dieſes gekohlte Eiſen wird bey einer hohen Temperatur an der Luft zerſetzt; ſein Kohlenſtoff verfliegt mit Waͤrmeſtoff und Sauerſtoff, als Luftſaͤure, und laͤßt etwas geſaͤuertes Eiſen in Geſtalt einer Eiſenhalbſaͤure zuruͤck. Von 100 Theilen Reißbley bleiben nur 10 Theile Eiſenhalbſaͤure uͤbrig. Die Loͤſung der Laugenſalze im Waſſer zerlegt das gekohlte Eiſen gleichfalls, der Sauerſtoff des Waſſers verbindet ſich mit dem Kohlenſtoff zu Luftſaͤure, die ſich mit dem Laugenſalze vereiniget; der Waſſerſtoff bildet mit dem Waͤrmeſtoff brennbare Luft oder Waſſerſtoffgas.
Gren Grundriß der Naturl. 1793. §. 443.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/777>, abgerufen am 25.11.2024.
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