Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Vielleicht könnte man hieraus auch von den merkwürdigen Versuchen Rechenschaft geben, welche Hr. Prof. Göttling über das Leuchten des Phosphors in Sticklust angestellt hat, s. den Zusatz des Art. Gas, phlogistisirtes (oben S. 454 u. f.). Herr Göttling, der mit den Antiphlogistikern die Säure aus der Luft ableitet, ist dadurch veranlasset worden, den Sauerstoff auch in der Stickluft zu suchen, und sie demzufolge aus Sauerstoff und Lichtstoff zusammenzusetzen, wiewohl er auch einen Theil des Lichts aus dem Phosphor kommen läßt, den er ebenfalls als einen zusammengesetzten Körper betrachtet, von welchem Phosphorstoff und Lichtstoff die Bestandtheile ausmachen. Dieses ersordert beträchtliche Abänderungen im antiphlogistischen System. Wenn man aber mit Herrn Gren Licht und Säure aus dem Phosphor herleitet, und denselben als eine Zusammensetzung von phosphorsaurer Grundlage und Lichtbasis betrachtet, so kan man sich die Möglichkeit denken, daß schon bey geringern Temperaturen die Anziehung der Lichtbasis gegen den Wärmestoff der Stickluft stark genug werden kan, um dem Stickstoffe von Zeit zu Zeit so viel Wärmestoff zu entreißen, als zu Hervorbringung des Leuchtens ohne Wärme nöthig ist, wodurch denn die Stickluft nach und nach zersetzt werden, und ihre Grundlage sich mit der phosphorsauren Basis verbinden muß. Hingegen kan bey der Lebensluft eine höhere Temperatur erforderlich seyn, wenn der Brennstoff des Phosphors ihrer Grundlage den Wärmestoff entreißen soll: es kan aber diese Zersetzung, wenn sie einmal angefangen hat, weit heftiger und schneller, als bey der Stickluft, vor sich gehen, und die starke Anziehung der phosphorsauren Grundlage gegen die Basis der Lebensluft kan den Wärmestoff so häufig und plötzlich entbinden, daß außer dem Theile, der sich mit dem Brennstoff zu Licht vereiniget, noch eine ansehnliche Menge davon frey wird, und daher eine wahre mit Hitze und Licht begleitete Verbrennung entsteht. Ich weiß nicht, ob Herr Gren diese Phänomene wirklich eben so zu erklären geneigt ist; ich selbst aber würde dieses
Vielleicht koͤnnte man hieraus auch von den merkwuͤrdigen Verſuchen Rechenſchaft geben, welche Hr. Prof. Goͤttling uͤber das Leuchten des Phosphors in Stickluſt angeſtellt hat, ſ. den Zuſatz des Art. Gas, phlogiſtiſirtes (oben S. 454 u. f.). Herr Goͤttling, der mit den Antiphlogiſtikern die Saͤure aus der Luft ableitet, iſt dadurch veranlaſſet worden, den Sauerſtoff auch in der Stickluft zu ſuchen, und ſie demzufolge aus Sauerſtoff und Lichtſtoff zuſammenzuſetzen, wiewohl er auch einen Theil des Lichts aus dem Phosphor kommen laͤßt, den er ebenfalls als einen zuſammengeſetzten Koͤrper betrachtet, von welchem Phosphorſtoff und Lichtſtoff die Beſtandtheile ausmachen. Dieſes erſordert betraͤchtliche Abaͤnderungen im antiphlogiſtiſchen Syſtem. Wenn man aber mit Herrn Gren Licht und Saͤure aus dem Phosphor herleitet, und denſelben als eine Zuſammenſetzung von phosphorſaurer Grundlage und Lichtbaſis betrachtet, ſo kan man ſich die Moͤglichkeit denken, daß ſchon bey geringern Temperaturen die Anziehung der Lichtbaſis gegen den Waͤrmeſtoff der Stickluft ſtark genug werden kan, um dem Stickſtoffe von Zeit zu Zeit ſo viel Waͤrmeſtoff zu entreißen, als zu Hervorbringung des Leuchtens ohne Waͤrme noͤthig iſt, wodurch denn die Stickluft nach und nach zerſetzt werden, und ihre Grundlage ſich mit der phosphorſauren Baſis verbinden muß. Hingegen kan bey der Lebensluft eine hoͤhere Temperatur erforderlich ſeyn, wenn der Brennſtoff des Phosphors ihrer Grundlage den Waͤrmeſtoff entreißen ſoll: es kan aber dieſe Zerſetzung, wenn ſie einmal angefangen hat, weit heftiger und ſchneller, als bey der Stickluft, vor ſich gehen, und die ſtarke Anziehung der phosphorſauren Grundlage gegen die Baſis der Lebensluft kan den Waͤrmeſtoff ſo haͤufig und ploͤtzlich entbinden, daß außer dem Theile, der ſich mit dem Brennſtoff zu Licht vereiniget, noch eine anſehnliche Menge davon frey wird, und daher eine wahre mit Hitze und Licht begleitete Verbrennung entſteht. Ich weiß nicht, ob Herr Gren dieſe Phaͤnomene wirklich eben ſo zu erklaͤren geneigt iſt; ich ſelbſt aber wuͤrde dieſes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0727" xml:id="P.5.715" n="715"/><lb/> mit einer ſchwachen Zerſetzung der reſpirabeln Luft begleitet waͤren.</p> <p>Vielleicht koͤnnte man hieraus auch von den merkwuͤrdigen Verſuchen Rechenſchaft geben, welche Hr. Prof. <hi rendition="#b">Goͤttling</hi> uͤber das Leuchten des Phosphors in Stickluſt angeſtellt hat, ſ. den Zuſatz des Art. <hi rendition="#b">Gas, phlogiſtiſirtes</hi> (oben S. 454 u. f.). Herr <hi rendition="#b">Goͤttling,</hi> der mit den Antiphlogiſtikern die Saͤure aus der Luft ableitet, iſt dadurch veranlaſſet worden, den Sauerſtoff auch in der Stickluft zu ſuchen, und ſie demzufolge aus Sauerſtoff und Lichtſtoff zuſammenzuſetzen, wiewohl er auch einen Theil des Lichts aus dem Phosphor kommen laͤßt, den er ebenfalls als einen zuſammengeſetzten Koͤrper betrachtet, von welchem Phosphorſtoff und Lichtſtoff die Beſtandtheile ausmachen. Dieſes erſordert betraͤchtliche Abaͤnderungen im antiphlogiſtiſchen Syſtem. Wenn man aber mit Herrn <hi rendition="#b">Gren</hi> Licht und Saͤure aus dem Phosphor herleitet, und denſelben als eine Zuſammenſetzung von phosphorſaurer Grundlage und Lichtbaſis betrachtet, ſo kan man ſich die Moͤglichkeit denken, daß ſchon bey geringern Temperaturen die Anziehung der Lichtbaſis gegen den Waͤrmeſtoff der Stickluft ſtark genug werden kan, um dem Stickſtoffe von Zeit zu Zeit ſo viel Waͤrmeſtoff zu entreißen, als zu Hervorbringung des Leuchtens ohne Waͤrme noͤthig iſt, wodurch denn die Stickluft nach und nach zerſetzt werden, und ihre Grundlage ſich mit der phosphorſauren Baſis verbinden muß. Hingegen kan bey der Lebensluft eine hoͤhere Temperatur erforderlich ſeyn, wenn der Brennſtoff des Phosphors ihrer Grundlage den Waͤrmeſtoff entreißen ſoll: es kan aber dieſe Zerſetzung, wenn ſie einmal angefangen hat, weit heftiger und ſchneller, als bey der Stickluft, vor ſich gehen, und die ſtarke Anziehung der phosphorſauren Grundlage gegen die Baſis der Lebensluft kan den Waͤrmeſtoff ſo haͤufig und ploͤtzlich entbinden, daß außer dem Theile, der ſich mit dem Brennſtoff zu Licht vereiniget, noch eine anſehnliche Menge davon frey wird, und daher eine wahre mit Hitze und Licht begleitete Verbrennung entſteht.</p> <p>Ich weiß nicht, ob Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> dieſe Phaͤnomene wirklich eben ſo zu erklaͤren geneigt iſt; ich ſelbſt aber wuͤrde dieſes<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [715/0727]
mit einer ſchwachen Zerſetzung der reſpirabeln Luft begleitet waͤren.
Vielleicht koͤnnte man hieraus auch von den merkwuͤrdigen Verſuchen Rechenſchaft geben, welche Hr. Prof. Goͤttling uͤber das Leuchten des Phosphors in Stickluſt angeſtellt hat, ſ. den Zuſatz des Art. Gas, phlogiſtiſirtes (oben S. 454 u. f.). Herr Goͤttling, der mit den Antiphlogiſtikern die Saͤure aus der Luft ableitet, iſt dadurch veranlaſſet worden, den Sauerſtoff auch in der Stickluft zu ſuchen, und ſie demzufolge aus Sauerſtoff und Lichtſtoff zuſammenzuſetzen, wiewohl er auch einen Theil des Lichts aus dem Phosphor kommen laͤßt, den er ebenfalls als einen zuſammengeſetzten Koͤrper betrachtet, von welchem Phosphorſtoff und Lichtſtoff die Beſtandtheile ausmachen. Dieſes erſordert betraͤchtliche Abaͤnderungen im antiphlogiſtiſchen Syſtem. Wenn man aber mit Herrn Gren Licht und Saͤure aus dem Phosphor herleitet, und denſelben als eine Zuſammenſetzung von phosphorſaurer Grundlage und Lichtbaſis betrachtet, ſo kan man ſich die Moͤglichkeit denken, daß ſchon bey geringern Temperaturen die Anziehung der Lichtbaſis gegen den Waͤrmeſtoff der Stickluft ſtark genug werden kan, um dem Stickſtoffe von Zeit zu Zeit ſo viel Waͤrmeſtoff zu entreißen, als zu Hervorbringung des Leuchtens ohne Waͤrme noͤthig iſt, wodurch denn die Stickluft nach und nach zerſetzt werden, und ihre Grundlage ſich mit der phosphorſauren Baſis verbinden muß. Hingegen kan bey der Lebensluft eine hoͤhere Temperatur erforderlich ſeyn, wenn der Brennſtoff des Phosphors ihrer Grundlage den Waͤrmeſtoff entreißen ſoll: es kan aber dieſe Zerſetzung, wenn ſie einmal angefangen hat, weit heftiger und ſchneller, als bey der Stickluft, vor ſich gehen, und die ſtarke Anziehung der phosphorſauren Grundlage gegen die Baſis der Lebensluft kan den Waͤrmeſtoff ſo haͤufig und ploͤtzlich entbinden, daß außer dem Theile, der ſich mit dem Brennſtoff zu Licht vereiniget, noch eine anſehnliche Menge davon frey wird, und daher eine wahre mit Hitze und Licht begleitete Verbrennung entſteht.
Ich weiß nicht, ob Herr Gren dieſe Phaͤnomene wirklich eben ſo zu erklaͤren geneigt iſt; ich ſelbſt aber wuͤrde dieſes
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |