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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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den Extractivstoff des Harns mehr aufzulösen, gießt das Gemenge auf ein Filtrum von Leinwand, läßt das Wasser ablaufen, und macht aus dem Rückstande, der phosphorsaures Bley ist, mit Kohlenstaube einen Brey, den man nachher in einem kupfernen Kessel trocknet. Man schüttet das getrocknete Gemenge in eine Retorte und destillirt es. Anfangs entbindet sich ölichtes flüchtiges Alkali und hernach etwas empyrevmatisches Oel, die beyde vom Harne herrühren, wovon man das phosphorsaure Bley nur mit Mühe ganz befreyen kan. Man wechselt dann die Vorlage, bringt eine andere mit Wasser vor (oder reiniget lieber, nach Herrn Grens Vorschlage den Harn vorher sorgfältig von seinem natürlichen Bodensatze, ehe man die Bleysolution zugießt, damit man bey der Destillation selbst diesen unbequemen Wechsel der Vorlagen gar nicht nöthig habe), und vermehrt die Hitze stark. Der Phosphor erscheint manchmal in einer halben Stunde, und man kan ohne Mühe binnen 8 Stunden eine Operation vollenden, die 14 Unzen Phosphorus gewährt. Wenn der Bleykalk völlig mit Phosphorsäure gesättiget, und das phosphorsaure Bley vollkommen ausgesüßt ist, so geben 100 Theile desselben 14--18 Theile Phosphorus. Der Bleykalk findet sich reducirt auf dem Boden der Retorte.

Der Phosphor vereinigt sich mit dem Sauerstoff des Sauerstoffgas (der Lebensluft), d. h. er entzündet sich, bey einer Temperatur von 52 Grad Reaum. oder 104 Grad Fahrenh. Ein Gran Phosphor braucht, um zu verbrennen, drey Cubikzolle Sauerstoffgas, oder 1 1/2 Gran Sauerstoff: daher geben 100 Gran Phosphor 250 bis 254 Gran feste Phosphorsäure.

Da das antiphlogistische System die Quelle des Lichts bey der Verbrennung blos in die Luft setzt, so haben seine Anhänger bisher auch das Leuchten des kunkelischen Phosphors und aller Phosphoren überhaupt für eine Zersetzung der Luft, oder für eine schwache Verbrennung, angenommen, wiewohl sie überhaupt die Erscheinungen des Lichts nur sehr unvollkommen zu erklären wissen. Die phlogistischen Systeme nahmen den Satz, daß das Leuchten ein schwaches Verbrennen


den Extractivſtoff des Harns mehr aufzuloͤſen, gießt das Gemenge auf ein Filtrum von Leinwand, laͤßt das Waſſer ablaufen, und macht aus dem Ruͤckſtande, der phosphorſaures Bley iſt, mit Kohlenſtaube einen Brey, den man nachher in einem kupfernen Keſſel trocknet. Man ſchuͤttet das getrocknete Gemenge in eine Retorte und deſtillirt es. Anfangs entbindet ſich oͤlichtes fluͤchtiges Alkali und hernach etwas empyrevmatiſches Oel, die beyde vom Harne herruͤhren, wovon man das phosphorſaure Bley nur mit Muͤhe ganz befreyen kan. Man wechſelt dann die Vorlage, bringt eine andere mit Waſſer vor (oder reiniget lieber, nach Herrn Grens Vorſchlage den Harn vorher ſorgfaͤltig von ſeinem natuͤrlichen Bodenſatze, ehe man die Bleyſolution zugießt, damit man bey der Deſtillation ſelbſt dieſen unbequemen Wechſel der Vorlagen gar nicht noͤthig habe), und vermehrt die Hitze ſtark. Der Phosphor erſcheint manchmal in einer halben Stunde, und man kan ohne Muͤhe binnen 8 Stunden eine Operation vollenden, die 14 Unzen Phosphorus gewaͤhrt. Wenn der Bleykalk voͤllig mit Phosphorſaͤure geſaͤttiget, und das phosphorſaure Bley vollkommen ausgeſuͤßt iſt, ſo geben 100 Theile deſſelben 14—18 Theile Phosphorus. Der Bleykalk findet ſich reducirt auf dem Boden der Retorte.

Der Phosphor vereinigt ſich mit dem Sauerſtoff des Sauerſtoffgas (der Lebensluft), d. h. er entzuͤndet ſich, bey einer Temperatur von 52 Grad Reaum. oder 104 Grad Fahrenh. Ein Gran Phosphor braucht, um zu verbrennen, drey Cubikzolle Sauerſtoffgas, oder 1 1/2 Gran Sauerſtoff: daher geben 100 Gran Phosphor 250 bis 254 Gran feſte Phosphorſaͤure.

Da das antiphlogiſtiſche Syſtem die Quelle des Lichts bey der Verbrennung blos in die Luft ſetzt, ſo haben ſeine Anhaͤnger bisher auch das Leuchten des kunkeliſchen Phosphors und aller Phosphoren uͤberhaupt fuͤr eine Zerſetzung der Luft, oder fuͤr eine ſchwache Verbrennung, angenommen, wiewohl ſie uͤberhaupt die Erſcheinungen des Lichts nur ſehr unvollkommen zu erklaͤren wiſſen. Die phlogiſtiſchen Syſteme nahmen den Satz, daß das Leuchten ein ſchwaches Verbrennen

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[712/0724] den Extractivſtoff des Harns mehr aufzuloͤſen, gießt das Gemenge auf ein Filtrum von Leinwand, laͤßt das Waſſer ablaufen, und macht aus dem Ruͤckſtande, der phosphorſaures Bley iſt, mit Kohlenſtaube einen Brey, den man nachher in einem kupfernen Keſſel trocknet. Man ſchuͤttet das getrocknete Gemenge in eine Retorte und deſtillirt es. Anfangs entbindet ſich oͤlichtes fluͤchtiges Alkali und hernach etwas empyrevmatiſches Oel, die beyde vom Harne herruͤhren, wovon man das phosphorſaure Bley nur mit Muͤhe ganz befreyen kan. Man wechſelt dann die Vorlage, bringt eine andere mit Waſſer vor (oder reiniget lieber, nach Herrn Grens Vorſchlage den Harn vorher ſorgfaͤltig von ſeinem natuͤrlichen Bodenſatze, ehe man die Bleyſolution zugießt, damit man bey der Deſtillation ſelbſt dieſen unbequemen Wechſel der Vorlagen gar nicht noͤthig habe), und vermehrt die Hitze ſtark. Der Phosphor erſcheint manchmal in einer halben Stunde, und man kan ohne Muͤhe binnen 8 Stunden eine Operation vollenden, die 14 Unzen Phosphorus gewaͤhrt. Wenn der Bleykalk voͤllig mit Phosphorſaͤure geſaͤttiget, und das phosphorſaure Bley vollkommen ausgeſuͤßt iſt, ſo geben 100 Theile deſſelben 14—18 Theile Phosphorus. Der Bleykalk findet ſich reducirt auf dem Boden der Retorte. Der Phosphor vereinigt ſich mit dem Sauerſtoff des Sauerſtoffgas (der Lebensluft), d. h. er entzuͤndet ſich, bey einer Temperatur von 52 Grad Reaum. oder 104 Grad Fahrenh. Ein Gran Phosphor braucht, um zu verbrennen, drey Cubikzolle Sauerſtoffgas, oder 1 1/2 Gran Sauerſtoff: daher geben 100 Gran Phosphor 250 bis 254 Gran feſte Phosphorſaͤure. Da das antiphlogiſtiſche Syſtem die Quelle des Lichts bey der Verbrennung blos in die Luft ſetzt, ſo haben ſeine Anhaͤnger bisher auch das Leuchten des kunkeliſchen Phosphors und aller Phosphoren uͤberhaupt fuͤr eine Zerſetzung der Luft, oder fuͤr eine ſchwache Verbrennung, angenommen, wiewohl ſie uͤberhaupt die Erſcheinungen des Lichts nur ſehr unvollkommen zu erklaͤren wiſſen. Die phlogiſtiſchen Syſteme nahmen den Satz, daß das Leuchten ein ſchwaches Verbrennen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/724>, abgerufen am 22.11.2024.