Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Haare, Speichel, oder irgend eine thierische Substanz, auf die Platte gelegt wurden.

Die Versuche über Erzeugung des Lichts durchs Reiben wurden durch bloßes Aneinanderreiben zweyer Stücke von einerley Art im Dunkeln angestellt. Alle Körper, die Hr. Wegdwood versuchte, mit wenigen Ausnahmen, leuchteten nach dieser Behandlung. Das Licht war weiß, oder mehr und weniger röthlich. Diese Arten des Phosphorescirens fanden nicht blos in respirabler Luft, sondern in allen Luftarten, und selbst unter dem Wasser, ftatt.

Auch die Elektricität ist ein kräftiges Mittel, die Phosphorescenz in den meisten Körpern zu erwecken, indem man nahe über ihrer Oberfläche die Entladung einer leidner Flasche im Finstern veranstaltet. Hierüber hat Hr Kortum in Warschau (Gothaisches Magaz. IX. B. 2tes St. S. 1 u. f.) eine Reihe schöner Versuche angestellt.

Der Kunkelische oder Harnphosphor, S. 481--485 ist für die neuere Chemie ein ungemein wichtiger Gegenstand geworden. Die Phänomene seiner Verbrennung in atmosphärischer oder dephlogistisirter Luft geben dem antiphlogistischen System eine seiner vornehmsten Stützen, und beweisen mit unwiderleglicher Gewißheit, daß bey den Verbrennungen der Grundtheil der Lebensluft mit dem brennenden Körper vereiniget werde. Und da hiebey, wenn Phosphor genug vorhanden ist, die reine Lebensluft gänzlich, und ohne den mindesten gasförmigen Rückstand, verschwindet (s. den Zusatz des Art. Verbrennung), so wird dadurch die Behauptung des alten phlogistischen Systems, daß das aus dem brennenden Körper gehende Phlogiston in der Luft bleibe, und sie zu phlogistisirter Luft mache, völlig niedergeschlagen.

Allein, wenn gleich diese Erscheinungen hinreichen, das bisherige phlogistische System umzustoßen, so sind sie doch bey weitem noch nicht zulänglich, das antiphlogistische zu erweisen. Es folgt aus ihnen noch nicht, daß der Phosphor bey seinem Verbrennen gar nichts hergebe; denn es bleibt die Möglichkeit übrig, daß das, was er hergiebt, ein imponderabler und durch die Wände der Gefäße dringender


Haare, Speichel, oder irgend eine thieriſche Subſtanz, auf die Platte gelegt wurden.

Die Verſuche uͤber Erzeugung des Lichts durchs Reiben wurden durch bloßes Aneinanderreiben zweyer Stuͤcke von einerley Art im Dunkeln angeſtellt. Alle Koͤrper, die Hr. Wegdwood verſuchte, mit wenigen Ausnahmen, leuchteten nach dieſer Behandlung. Das Licht war weiß, oder mehr und weniger roͤthlich. Dieſe Arten des Phosphoreſcirens fanden nicht blos in reſpirabler Luft, ſondern in allen Luftarten, und ſelbſt unter dem Waſſer, ftatt.

Auch die Elektricitaͤt iſt ein kraͤftiges Mittel, die Phosphoreſcenz in den meiſten Koͤrpern zu erwecken, indem man nahe uͤber ihrer Oberflaͤche die Entladung einer leidner Flaſche im Finſtern veranſtaltet. Hieruͤber hat Hr Kortum in Warſchau (Gothaiſches Magaz. IX. B. 2tes St. S. 1 u. f.) eine Reihe ſchoͤner Verſuche angeſtellt.

Der Kunkeliſche oder Harnphosphor, S. 481—485 iſt fuͤr die neuere Chemie ein ungemein wichtiger Gegenſtand geworden. Die Phaͤnomene ſeiner Verbrennung in atmoſphaͤriſcher oder dephlogiſtiſirter Luft geben dem antiphlogiſtiſchen Syſtem eine ſeiner vornehmſten Stuͤtzen, und beweiſen mit unwiderleglicher Gewißheit, daß bey den Verbrennungen der Grundtheil der Lebensluft mit dem brennenden Koͤrper vereiniget werde. Und da hiebey, wenn Phosphor genug vorhanden iſt, die reine Lebensluft gaͤnzlich, und ohne den mindeſten gasfoͤrmigen Ruͤckſtand, verſchwindet (ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung), ſo wird dadurch die Behauptung des alten phlogiſtiſchen Syſtems, daß das aus dem brennenden Koͤrper gehende Phlogiſton in der Luft bleibe, und ſie zu phlogiſtiſirter Luft mache, voͤllig niedergeſchlagen.

Allein, wenn gleich dieſe Erſcheinungen hinreichen, das bisherige phlogiſtiſche Syſtem umzuſtoßen, ſo ſind ſie doch bey weitem noch nicht zulaͤnglich, das antiphlogiſtiſche zu erweiſen. Es folgt aus ihnen noch nicht, daß der Phosphor bey ſeinem Verbrennen gar nichts hergebe; denn es bleibt die Moͤglichkeit uͤbrig, daß das, was er hergiebt, ein imponderabler und durch die Waͤnde der Gefaͤße dringender

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0722" xml:id="P.5.710" n="710"/><lb/>
Haare, Speichel, oder irgend eine thieri&#x017F;che Sub&#x017F;tanz, auf die Platte gelegt wurden.</p>
              <p>Die Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber Erzeugung des Lichts durchs <hi rendition="#b">Reiben</hi> wurden durch bloßes Aneinanderreiben zweyer Stu&#x0364;cke von einerley Art im Dunkeln ange&#x017F;tellt. Alle Ko&#x0364;rper, die Hr. <hi rendition="#b">Wegdwood</hi> ver&#x017F;uchte, mit wenigen Ausnahmen, leuchteten nach die&#x017F;er Behandlung. Das Licht war weiß, oder mehr und weniger ro&#x0364;thlich. Die&#x017F;e Arten des Phosphore&#x017F;cirens fanden nicht blos in re&#x017F;pirabler Luft, &#x017F;ondern in allen Luftarten, und &#x017F;elb&#x017F;t unter dem Wa&#x017F;&#x017F;er, ftatt.</p>
              <p>Auch die <hi rendition="#b">Elektricita&#x0364;t</hi> i&#x017F;t ein kra&#x0364;ftiges Mittel, die Phosphore&#x017F;cenz in den mei&#x017F;ten Ko&#x0364;rpern zu erwecken, indem man nahe u&#x0364;ber ihrer Oberfla&#x0364;che die Entladung einer leidner Fla&#x017F;che im Fin&#x017F;tern veran&#x017F;taltet. Hieru&#x0364;ber hat Hr <hi rendition="#b">Kortum</hi> in War&#x017F;chau (Gothai&#x017F;ches Magaz. <hi rendition="#aq">IX.</hi> B. 2tes St. S. 1 u. f.) eine Reihe &#x017F;cho&#x0364;ner Ver&#x017F;uche ange&#x017F;tellt.</p>
              <p>Der <hi rendition="#b">Kunkeli&#x017F;che</hi> oder <hi rendition="#b">Harnphosphor,</hi> S. 481&#x2014;485 i&#x017F;t fu&#x0364;r die neuere Chemie ein ungemein wichtiger Gegen&#x017F;tand geworden. Die Pha&#x0364;nomene &#x017F;einer Verbrennung in atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;cher oder dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Luft geben dem antiphlogi&#x017F;ti&#x017F;chen Sy&#x017F;tem eine &#x017F;einer vornehm&#x017F;ten Stu&#x0364;tzen, und bewei&#x017F;en mit unwiderleglicher Gewißheit, daß bey den Verbrennungen der Grundtheil der Lebensluft mit dem brennenden Ko&#x0364;rper vereiniget werde. Und da hiebey, wenn Phosphor genug vorhanden i&#x017F;t, die reine Lebensluft ga&#x0364;nzlich, und ohne den minde&#x017F;ten gasfo&#x0364;rmigen Ru&#x0364;ck&#x017F;tand, <hi rendition="#b">ver&#x017F;chwindet</hi> (&#x017F;. den Zu&#x017F;atz des Art. <hi rendition="#b">Verbrennung</hi>), &#x017F;o wird dadurch die Behauptung des alten phlogi&#x017F;ti&#x017F;chen Sy&#x017F;tems, daß das aus dem brennenden Ko&#x0364;rper gehende Phlogi&#x017F;ton in der Luft bleibe, und &#x017F;ie zu phlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Luft mache, vo&#x0364;llig niederge&#x017F;chlagen.</p>
              <p>Allein, wenn gleich die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen hinreichen, das bisherige phlogi&#x017F;ti&#x017F;che Sy&#x017F;tem umzu&#x017F;toßen, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie doch bey weitem noch nicht zula&#x0364;nglich, das antiphlogi&#x017F;ti&#x017F;che zu erwei&#x017F;en. Es folgt aus ihnen noch nicht, daß der Phosphor bey &#x017F;einem Verbrennen <hi rendition="#b">gar nichts</hi> hergebe; denn es bleibt die Mo&#x0364;glichkeit u&#x0364;brig, daß das, was er hergiebt, ein imponderabler und durch die Wa&#x0364;nde der Gefa&#x0364;ße dringender<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[710/0722] Haare, Speichel, oder irgend eine thieriſche Subſtanz, auf die Platte gelegt wurden. Die Verſuche uͤber Erzeugung des Lichts durchs Reiben wurden durch bloßes Aneinanderreiben zweyer Stuͤcke von einerley Art im Dunkeln angeſtellt. Alle Koͤrper, die Hr. Wegdwood verſuchte, mit wenigen Ausnahmen, leuchteten nach dieſer Behandlung. Das Licht war weiß, oder mehr und weniger roͤthlich. Dieſe Arten des Phosphoreſcirens fanden nicht blos in reſpirabler Luft, ſondern in allen Luftarten, und ſelbſt unter dem Waſſer, ftatt. Auch die Elektricitaͤt iſt ein kraͤftiges Mittel, die Phosphoreſcenz in den meiſten Koͤrpern zu erwecken, indem man nahe uͤber ihrer Oberflaͤche die Entladung einer leidner Flaſche im Finſtern veranſtaltet. Hieruͤber hat Hr Kortum in Warſchau (Gothaiſches Magaz. IX. B. 2tes St. S. 1 u. f.) eine Reihe ſchoͤner Verſuche angeſtellt. Der Kunkeliſche oder Harnphosphor, S. 481—485 iſt fuͤr die neuere Chemie ein ungemein wichtiger Gegenſtand geworden. Die Phaͤnomene ſeiner Verbrennung in atmoſphaͤriſcher oder dephlogiſtiſirter Luft geben dem antiphlogiſtiſchen Syſtem eine ſeiner vornehmſten Stuͤtzen, und beweiſen mit unwiderleglicher Gewißheit, daß bey den Verbrennungen der Grundtheil der Lebensluft mit dem brennenden Koͤrper vereiniget werde. Und da hiebey, wenn Phosphor genug vorhanden iſt, die reine Lebensluft gaͤnzlich, und ohne den mindeſten gasfoͤrmigen Ruͤckſtand, verſchwindet (ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung), ſo wird dadurch die Behauptung des alten phlogiſtiſchen Syſtems, daß das aus dem brennenden Koͤrper gehende Phlogiſton in der Luft bleibe, und ſie zu phlogiſtiſirter Luft mache, voͤllig niedergeſchlagen. Allein, wenn gleich dieſe Erſcheinungen hinreichen, das bisherige phlogiſtiſche Syſtem umzuſtoßen, ſo ſind ſie doch bey weitem noch nicht zulaͤnglich, das antiphlogiſtiſche zu erweiſen. Es folgt aus ihnen noch nicht, daß der Phosphor bey ſeinem Verbrennen gar nichts hergebe; denn es bleibt die Moͤglichkeit uͤbrig, daß das, was er hergiebt, ein imponderabler und durch die Waͤnde der Gefaͤße dringender

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/722
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 710. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/722>, abgerufen am 22.11.2024.