Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Herr von Humboldt (Aphorismi ex doctrina physiologiae chemicae plantarum §. 11. in s. Florae Fribergensis Specimen. Berol. 1793. 4. F. A. von Humboldt Aphorismen aus der chemischen Physiologie der Pflanzen, aus d. Lat. von Gotth. Fischer. Leipz. 1794. 8. p. 105. ff.) nimmt als Stoffe, womit sich alle Pflanzen nähren, Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff an. So lange der vegetabilische Körper Lebenskraft besitzt, scheinen Wasser und Kohlenstoffgas von ihm in ihre Bestandtheile zerlegt zu werden, davon der größere Theil an die Gefäße selbst tritt, der kleinere hingegen abgeschieden und mittelst der Blätter und Würzelchen verdünstet wird. Diese drey Stoffe findet man in allen Vegetabilien; Erde fehlt in mehreren, wiewohl andere Ueberfluß an Kalkerde haben. Die Schwämme, welche vorzüglich nur durch Wasser ernährt werden, enthalten in großer Menge den Wasserstoff. Einige Stücke vom Agaricus campestris sahe Herr von H. Tag und Nacht Wasserstoff aushauchen; und sie verdarben das Sauerstoffgas so, daß man es mit einem Knalle entzünden konnte. Eine Unze und 5 Drachmen von diesem Schwamme lieferte in dem Grade der Hitze, bey welchem sich aus dem Salpeter Sauerstoffgas entbindet, 49 rheinl. Cubikzoll Luft (Duodecimalmaaß), wovon 32,7 Wasserstoffgas, 16,3 kohlensaures Gas waren. Der Rückstand, eine mit sehr wenig Kohlenstoff gemischte Kalkerde, wog 66 Gran. Zwar hat Herr Succow (in Crells chem. Ann. 1789. S. 291.) gefunden, daß der Agaricus deliciosus, welcher unter dem Wasser am Sonnenlichte kohlengesäuertes Gas und Wasserstoffgas giebt, das letztere nicht aus sich selbst hergebe, sondern durch Zerlegung des Wassers hervorbringe, weil man aus ihm, wenn er sich nicht unter Wasser befindet, kein Wasserstoffgas erhält. Allein aus dem Agaricus campestris erhielt Hr. von Humboldt auch bey trockner Behandlung eine Menge Wasserstoffgas, und schloß daraus, daß es den Schwämmen selbst, und nicht dem zerlegten Wasser, zuzuschreiben sey. Man werde vielleicht, sagt Hr. v. H., gegen die Ernährung der Pflanzen durch Zersetzung der Kohlensäure einwenden, es finde sich in der Natur nicht eine so große Menge Herr von Humboldt (Aphoriſmi ex doctrina phyſiologiae chemicae plantarum §. 11. in ſ. Florae Fribergenſis Specimen. Berol. 1793. 4. F. A. von Humboldt Aphoriſmen aus der chemiſchen Phyſiologie der Pflanzen, aus d. Lat. von Gotth. Fiſcher. Leipz. 1794. 8. p. 105. ff.) nimmt als Stoffe, womit ſich alle Pflanzen naͤhren, Sauerſtoff, Waſſerſtoff, Kohlenſtoff an. So lange der vegetabiliſche Koͤrper Lebenskraft beſitzt, ſcheinen Waſſer und Kohlenſtoffgas von ihm in ihre Beſtandtheile zerlegt zu werden, davon der groͤßere Theil an die Gefaͤße ſelbſt tritt, der kleinere hingegen abgeſchieden und mittelſt der Blaͤtter und Wuͤrzelchen verduͤnſtet wird. Dieſe drey Stoffe findet man in allen Vegetabilien; Erde fehlt in mehreren, wiewohl andere Ueberfluß an Kalkerde haben. Die Schwaͤmme, welche vorzuͤglich nur durch Waſſer ernaͤhrt werden, enthalten in großer Menge den Waſſerſtoff. Einige Stuͤcke vom Agaricus campeſtris ſahe Herr von H. Tag und Nacht Waſſerſtoff aushauchen; und ſie verdarben das Sauerſtoffgas ſo, daß man es mit einem Knalle entzuͤnden konnte. Eine Unze und 5 Drachmen von dieſem Schwamme lieferte in dem Grade der Hitze, bey welchem ſich aus dem Salpeter Sauerſtoffgas entbindet, 49 rheinl. Cubikzoll Luft (Duodecimalmaaß), wovon 32,7 Waſſerſtoffgas, 16,3 kohlenſaures Gas waren. Der Ruͤckſtand, eine mit ſehr wenig Kohlenſtoff gemiſchte Kalkerde, wog 66 Gran. Zwar hat Herr Succow (in Crells chem. Ann. 1789. S. 291.) gefunden, daß der Agaricus delicioſus, welcher unter dem Waſſer am Sonnenlichte kohlengeſaͤuertes Gas und Waſſerſtoffgas giebt, das letztere nicht aus ſich ſelbſt hergebe, ſondern durch Zerlegung des Waſſers hervorbringe, weil man aus ihm, wenn er ſich nicht unter Waſſer befindet, kein Waſſerſtoffgas erhaͤlt. Allein aus dem Agaricus campeſtris erhielt Hr. von Humboldt auch bey trockner Behandlung eine Menge Waſſerſtoffgas, und ſchloß daraus, daß es den Schwaͤmmen ſelbſt, und nicht dem zerlegten Waſſer, zuzuſchreiben ſey. Man werde vielleicht, ſagt Hr. v. 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Herr von Humboldt (Aphoriſmi ex doctrina phyſiologiae chemicae plantarum §. 11. in ſ. Florae Fribergenſis Specimen. Berol. 1793. 4. F. A. von Humboldt Aphoriſmen aus der chemiſchen Phyſiologie der Pflanzen, aus d. Lat. von Gotth. Fiſcher. Leipz. 1794. 8. p. 105. ff.) nimmt als Stoffe, womit ſich alle Pflanzen naͤhren, Sauerſtoff, Waſſerſtoff, Kohlenſtoff an. So lange der vegetabiliſche Koͤrper Lebenskraft beſitzt, ſcheinen Waſſer und Kohlenſtoffgas von ihm in ihre Beſtandtheile zerlegt zu werden, davon der groͤßere Theil an die Gefaͤße ſelbſt tritt, der kleinere hingegen abgeſchieden und mittelſt der Blaͤtter und Wuͤrzelchen verduͤnſtet wird. Dieſe drey Stoffe findet man in allen Vegetabilien; Erde fehlt in mehreren, wiewohl andere Ueberfluß an Kalkerde haben. Die Schwaͤmme, welche vorzuͤglich nur durch Waſſer ernaͤhrt werden, enthalten in großer Menge den Waſſerſtoff. Einige Stuͤcke vom Agaricus campeſtris ſahe Herr von H. Tag und Nacht Waſſerſtoff aushauchen; und ſie verdarben das Sauerſtoffgas ſo, daß man es mit einem Knalle entzuͤnden konnte. Eine Unze und 5 Drachmen von dieſem Schwamme lieferte in dem Grade der Hitze, bey welchem ſich aus dem Salpeter Sauerſtoffgas entbindet, 49 rheinl. Cubikzoll Luft (Duodecimalmaaß), wovon 32,7 Waſſerſtoffgas, 16,3 kohlenſaures Gas waren. Der Ruͤckſtand, eine mit ſehr wenig Kohlenſtoff gemiſchte Kalkerde, wog 66 Gran. Zwar hat Herr Succow (in Crells chem. Ann. 1789. S. 291.) gefunden, daß der Agaricus delicioſus, welcher unter dem Waſſer am Sonnenlichte kohlengeſaͤuertes Gas und Waſſerſtoffgas giebt, das letztere nicht aus ſich ſelbſt hergebe, ſondern durch Zerlegung des Waſſers hervorbringe, weil man aus ihm, wenn er ſich nicht unter Waſſer befindet, kein Waſſerſtoffgas erhaͤlt. Allein aus dem Agaricus campeſtris erhielt Hr. von Humboldt auch bey trockner Behandlung eine Menge Waſſerſtoffgas, und ſchloß daraus, daß es den Schwaͤmmen ſelbſt, und nicht dem zerlegten Waſſer, zuzuſchreiben ſey.
Man werde vielleicht, ſagt Hr. v. H., gegen die Ernaͤhrung der Pflanzen durch Zerſetzung der Kohlenſaͤure einwenden, es finde ſich in der Natur nicht eine ſo große Menge
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