Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Sehr groß ist die Anzahl topischer Beschreibungen einzelner Mondländer, und merkwürdiger zufälliger Veränderungen, welche darinn wahrgenommen werden. Die Bergketten sind eben so, wie bey uns, mit auslaufenden Adern verbunden; nur sind die Kerne, von denen die Adern ausgehen, nicht die höchsten Berge oder die höchsten Rücken des Landes, sondern die Aeste laufen zuweilen durch sehr tief eingesenkte Flecken fort. Einen vorzüglichen Gegenstand, in den Hr. S. sehr tief eindringt, machen die fast unzählbaren dicht in einander gedrängten einförmigen Einsenkungen oder Wallgebirge aus, von 30 deutschen Meilen bis zu einer halben Viertelmeile im Durchmesser, die sich mit nichts anderm, als mit eingetieften, manchmal zum Theil wieder ausgefüllten Cratern, vergleichen lassen. Die tiefste nicht weit vom nordwestlichen Mondrande über dem Mare Crisium und dem Cleomedes gelegne, die Hr. S. Bernoulli nennt, hat 3 1/2 deutsche Meilen im Durchmesser und mehr als 3000 Toisen Tiefe (fast soviel, als des Chimboraco Höhe). Schon der Augenschein lehrt, daß diese eingesenkten Becken mit den Ringgebirgen, die sie umgeben, zugleich, durch einerley von innen heraus wirkende Kraft entstanden sind; aber Hr. S. hat sogar durch Experimente mit Modellen auf der Wagschale dargethan, daß die Ringgebirge genau hinreichen, den Crater auszufüllen, daß also der Ring eben die Masse ist, die vorher den Raum des Craters einnahm. Dies bringt es fast zur Gewißheit, daß sie durch Eruption, nicht durch Einsturz, entstanden sind. Bey den großen Mondcratern scheint der ganze Wall auf einmal entstanden zu seyn; die kleinern zum Theil auf jene aufgesetzten Cratergebirge lassen eine allmähliche Aufthürmung, wie bey unsern Vulkanen, deutlich vermuthen. Aehnliche Muthmaßungen über die Natur der Mondflecken hatten Aepinus und Lichtenberg (Art. S. 285.), und lange zuvor D. Hook (Micrographia. 1665.) vorgetragen; neuerlich auch Hr. Kant (Berl. Monatsschr. März 1793.).
Sehr groß iſt die Anzahl topiſcher Beſchreibungen einzelner Mondlaͤnder, und merkwuͤrdiger zufaͤlliger Veraͤnderungen, welche darinn wahrgenommen werden. Die Bergketten ſind eben ſo, wie bey uns, mit auslaufenden Adern verbunden; nur ſind die Kerne, von denen die Adern ausgehen, nicht die hoͤchſten Berge oder die hoͤchſten Ruͤcken des Landes, ſondern die Aeſte laufen zuweilen durch ſehr tief eingeſenkte Flecken fort. Einen vorzuͤglichen Gegenſtand, in den Hr. S. ſehr tief eindringt, machen die faſt unzaͤhlbaren dicht in einander gedraͤngten einfoͤrmigen Einſenkungen oder Wallgebirge aus, von 30 deutſchen Meilen bis zu einer halben Viertelmeile im Durchmeſſer, die ſich mit nichts anderm, als mit eingetieften, manchmal zum Theil wieder ausgefuͤllten Cratern, vergleichen laſſen. Die tiefſte nicht weit vom nordweſtlichen Mondrande uͤber dem Mare Criſium und dem Cleomedes gelegne, die Hr. S. Bernoulli nennt, hat 3 1/2 deutſche Meilen im Durchmeſſer und mehr als 3000 Toiſen Tiefe (faſt ſoviel, als des Chimboraço Hoͤhe). Schon der Augenſchein lehrt, daß dieſe eingeſenkten Becken mit den Ringgebirgen, die ſie umgeben, zugleich, durch einerley von innen heraus wirkende Kraft entſtanden ſind; aber Hr. S. hat ſogar durch Experimente mit Modellen auf der Wagſchale dargethan, daß die Ringgebirge genau hinreichen, den Crater auszufuͤllen, daß alſo der Ring eben die Maſſe iſt, die vorher den Raum des Craters einnahm. Dies bringt es faſt zur Gewißheit, daß ſie durch Eruption, nicht durch Einſturz, entſtanden ſind. Bey den großen Mondcratern ſcheint der ganze Wall auf einmal entſtanden zu ſeyn; die kleinern zum Theil auf jene aufgeſetzten Cratergebirge laſſen eine allmaͤhliche Aufthuͤrmung, wie bey unſern Vulkanen, deutlich vermuthen. Aehnliche Muthmaßungen uͤber die Natur der Mondflecken hatten Aepinus und Lichtenberg (Art. S. 285.), und lange zuvor D. Hook (Micrographia. 1665.) vorgetragen; neuerlich auch Hr. Kant (Berl. Monatsſchr. Maͤrz 1793.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0663" xml:id="P.5.651" n="651"/><lb/> gravitiren, als unſere Koͤrper auf der Erdflaͤche (ſ. den Art. <hi rendition="#b">Mond,</hi> S. 278.), ſo konnten jene dadurch faſt 5mal hoͤher emporgehoben werden.</p> <p>Sehr groß iſt die Anzahl topiſcher Beſchreibungen einzelner Mondlaͤnder, und merkwuͤrdiger zufaͤlliger Veraͤnderungen, welche darinn wahrgenommen werden. Die Bergketten ſind eben ſo, wie bey uns, mit auslaufenden Adern verbunden; nur ſind die Kerne, von denen die Adern ausgehen, nicht die hoͤchſten Berge oder die hoͤchſten Ruͤcken des Landes, ſondern die Aeſte laufen zuweilen durch ſehr tief eingeſenkte Flecken fort. Einen vorzuͤglichen Gegenſtand, in den Hr. S. ſehr tief eindringt, machen die faſt unzaͤhlbaren dicht in einander gedraͤngten <hi rendition="#b">einfoͤrmigen Einſenkungen</hi> oder <hi rendition="#b">Wallgebirge</hi> aus, von 30 deutſchen Meilen bis zu einer halben Viertelmeile im Durchmeſſer, die ſich mit nichts anderm, als mit eingetieften, manchmal zum Theil wieder ausgefuͤllten Cratern, vergleichen laſſen. Die tiefſte nicht weit vom nordweſtlichen Mondrande uͤber dem <hi rendition="#aq">Mare Criſium</hi> und dem Cleomedes gelegne, die Hr. S. <hi rendition="#b">Bernoulli</hi> nennt, hat 3 1/2 deutſche Meilen im Durchmeſſer und mehr als 3000 Toiſen Tiefe (faſt ſoviel, als des Chimboraço Hoͤhe). Schon der Augenſchein lehrt, daß dieſe eingeſenkten Becken mit den Ringgebirgen, die ſie umgeben, zugleich, durch einerley von innen heraus wirkende Kraft entſtanden ſind; aber Hr. S. hat ſogar durch Experimente mit Modellen auf der Wagſchale dargethan, daß die Ringgebirge genau hinreichen, den Crater auszufuͤllen, daß alſo der Ring eben die Maſſe iſt, die vorher den Raum des Craters einnahm. Dies bringt es faſt zur Gewißheit, daß ſie durch Eruption, nicht durch Einſturz, entſtanden ſind.</p> <p>Bey den großen Mondcratern ſcheint der ganze Wall auf einmal entſtanden zu ſeyn; die kleinern zum Theil auf jene aufgeſetzten Cratergebirge laſſen eine allmaͤhliche Aufthuͤrmung, wie bey unſern Vulkanen, deutlich vermuthen. Aehnliche Muthmaßungen uͤber die Natur der Mondflecken hatten <hi rendition="#b">Aepinus</hi> und <hi rendition="#b">Lichtenberg</hi> (Art. S. 285.), und lange zuvor <hi rendition="#b">D. Hook</hi> <hi rendition="#aq">(Micrographia. 1665.)</hi> vorgetragen; neuerlich auch Hr. <hi rendition="#b">Kant</hi> (Berl. Monatsſchr. Maͤrz 1793.).<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [651/0663]
gravitiren, als unſere Koͤrper auf der Erdflaͤche (ſ. den Art. Mond, S. 278.), ſo konnten jene dadurch faſt 5mal hoͤher emporgehoben werden.
Sehr groß iſt die Anzahl topiſcher Beſchreibungen einzelner Mondlaͤnder, und merkwuͤrdiger zufaͤlliger Veraͤnderungen, welche darinn wahrgenommen werden. Die Bergketten ſind eben ſo, wie bey uns, mit auslaufenden Adern verbunden; nur ſind die Kerne, von denen die Adern ausgehen, nicht die hoͤchſten Berge oder die hoͤchſten Ruͤcken des Landes, ſondern die Aeſte laufen zuweilen durch ſehr tief eingeſenkte Flecken fort. Einen vorzuͤglichen Gegenſtand, in den Hr. S. ſehr tief eindringt, machen die faſt unzaͤhlbaren dicht in einander gedraͤngten einfoͤrmigen Einſenkungen oder Wallgebirge aus, von 30 deutſchen Meilen bis zu einer halben Viertelmeile im Durchmeſſer, die ſich mit nichts anderm, als mit eingetieften, manchmal zum Theil wieder ausgefuͤllten Cratern, vergleichen laſſen. Die tiefſte nicht weit vom nordweſtlichen Mondrande uͤber dem Mare Criſium und dem Cleomedes gelegne, die Hr. S. Bernoulli nennt, hat 3 1/2 deutſche Meilen im Durchmeſſer und mehr als 3000 Toiſen Tiefe (faſt ſoviel, als des Chimboraço Hoͤhe). Schon der Augenſchein lehrt, daß dieſe eingeſenkten Becken mit den Ringgebirgen, die ſie umgeben, zugleich, durch einerley von innen heraus wirkende Kraft entſtanden ſind; aber Hr. S. hat ſogar durch Experimente mit Modellen auf der Wagſchale dargethan, daß die Ringgebirge genau hinreichen, den Crater auszufuͤllen, daß alſo der Ring eben die Maſſe iſt, die vorher den Raum des Craters einnahm. Dies bringt es faſt zur Gewißheit, daß ſie durch Eruption, nicht durch Einſturz, entſtanden ſind.
Bey den großen Mondcratern ſcheint der ganze Wall auf einmal entſtanden zu ſeyn; die kleinern zum Theil auf jene aufgeſetzten Cratergebirge laſſen eine allmaͤhliche Aufthuͤrmung, wie bey unſern Vulkanen, deutlich vermuthen. Aehnliche Muthmaßungen uͤber die Natur der Mondflecken hatten Aepinus und Lichtenberg (Art. S. 285.), und lange zuvor D. Hook (Micrographia. 1665.) vorgetragen; neuerlich auch Hr. Kant (Berl. Monatsſchr. Maͤrz 1793.).
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