Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Auf den Bergen erscheint das Blau des Himmels gewöhnlich desto dunkler, je höher sie sind, und Hr. von Saussure glaubt den Grad dieser Dunkelheit oder Tiefe als den Maaßstab für die Menge undurchsichtiger Dünste (vapeurs concretes), welche in der Luft schweben, ansehen zu dürfen, s. den Zusatz zum Art. Himmel (oben S. 491.). Dieses veranlaßte ihn, ein Mittel zu suchen, wodurch man eine Reihe von gleichen Gradationen oder Nuancen erhielte, die von Weiß, oder der gänzlichen Abwesenheit des Blauen, bis zum dunkelsten möglichen Blau, und selbst bis zum Schwarz, vollkommen bestimmt wären. Er versuchte zuerst, ein bestimmtes blaues Pigment mit verhältnißmäßig wachsenden Quantitäten Wasser oder Weiß zergehen zu lassen: allein es ward schwer, die Intensität des primitiven Blau gehörig zu bestimmen, und überdies erhielt er auf diese Art keine regelmäßige Folge, weil die Abnahme der Tinten nicht mehr dieselbe Progression befolgte, sobald man über einen gewissen Grad der Verdünnung hinauskam. Am Ende schien sich der Unterschied der Tiefe oder Höhe zweyer Nuancen nicht besser bestimmen zu lassen, als vermittelst der Entfernung, in der man sie nicht weiter von einander unterscheiden konnte. Aber diese Entfernung ist wieder bey mehrern Personen nach der Güte und Weite ihres Gesichts, und nach der Stärke des Lichts, das diese Farben erhellet, verschieden. Um alle Ungewißheit zu vermeiden, nimmt Hr. de Saussure zu dieser Entfernung nicht eine bestimmte Größe, sondern die Weite an, bey der das Auge des Beobachters einen schwarzen Kreis von bestimmter Größe auf einem weißen Grunde nicht weiter zu unterscheiden vermag. Wenn dieser Kreis den Farbennüancen zur Seite unter eben dieselbe Beleuchtung gestellt wird, so giebt seine Größe, wenn er in derselben Distanz verschwindet, in welcher sich auch der Unterschied der beyden Farben verliert, ein Maaß der Verschiedenheit dieser Farben. Je größer der Kreis zu dieser Absicht seyn muß, desto mehr sind die Farben verschieden, und umgekehrt.
Auf den Bergen erſcheint das Blau des Himmels gewoͤhnlich deſto dunkler, je hoͤher ſie ſind, und Hr. von Sauſſure glaubt den Grad dieſer Dunkelheit oder Tiefe als den Maaßſtab fuͤr die Menge undurchſichtiger Duͤnſte (vapeurs concretes), welche in der Luft ſchweben, anſehen zu duͤrfen, ſ. den Zuſatz zum Art. Himmel (oben S. 491.). Dieſes veranlaßte ihn, ein Mittel zu ſuchen, wodurch man eine Reihe von gleichen Gradationen oder Nuancen erhielte, die von Weiß, oder der gaͤnzlichen Abweſenheit des Blauen, bis zum dunkelſten moͤglichen Blau, und ſelbſt bis zum Schwarz, vollkommen beſtimmt waͤren. Er verſuchte zuerſt, ein beſtimmtes blaues Pigment mit verhaͤltnißmaͤßig wachſenden Quantitaͤten Waſſer oder Weiß zergehen zu laſſen: allein es ward ſchwer, die Intenſitaͤt des primitiven Blau gehoͤrig zu beſtimmen, und uͤberdies erhielt er auf dieſe Art keine regelmaͤßige Folge, weil die Abnahme der Tinten nicht mehr dieſelbe Progreſſion befolgte, ſobald man uͤber einen gewiſſen Grad der Verduͤnnung hinauskam. Am Ende ſchien ſich der Unterſchied der Tiefe oder Hoͤhe zweyer Nuancen nicht beſſer beſtimmen zu laſſen, als vermittelſt der Entfernung, in der man ſie nicht weiter von einander unterſcheiden konnte. Aber dieſe Entfernung iſt wieder bey mehrern Perſonen nach der Guͤte und Weite ihres Geſichts, und nach der Staͤrke des Lichts, das dieſe Farben erhellet, verſchieden. Um alle Ungewißheit zu vermeiden, nimmt Hr. de Sauſſure zu dieſer Entfernung nicht eine beſtimmte Groͤße, ſondern die Weite an, bey der das Auge des Beobachters einen ſchwarzen Kreis von beſtimmter Groͤße auf einem weißen Grunde nicht weiter zu unterſcheiden vermag. Wenn dieſer Kreis den Farbennuͤancen zur Seite unter eben dieſelbe Beleuchtung geſtellt wird, ſo giebt ſeine Groͤße, wenn er in derſelben Diſtanz verſchwindet, in welcher ſich auch der Unterſchied der beyden Farben verliert, ein Maaß der Verſchiedenheit dieſer Farben. Je groͤßer der Kreis zu dieſer Abſicht ſeyn muß, deſto mehr ſind die Farben verſchieden, und umgekehrt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0551" xml:id="P.5.539" n="539"/><lb/> oft auch die blaue Farbe ſelbſt, bezeichnet; daher Kyanometer ſoviel, als Maaß der Blaͤue, bedeutet.</p> <p>Auf den Bergen erſcheint das Blau des Himmels gewoͤhnlich deſto dunkler, je hoͤher ſie ſind, und Hr. <hi rendition="#b">von Sauſſure</hi> glaubt den Grad dieſer Dunkelheit oder Tiefe als den Maaßſtab fuͤr die Menge undurchſichtiger Duͤnſte <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(vapeurs concretes),</hi></hi> welche in der Luft ſchweben, anſehen zu duͤrfen, ſ. den Zuſatz zum Art. <hi rendition="#b">Himmel</hi> (oben S. 491.). Dieſes veranlaßte ihn, ein Mittel zu ſuchen, wodurch man eine Reihe von gleichen Gradationen oder Nuancen erhielte, die von Weiß, oder der gaͤnzlichen Abweſenheit des Blauen, bis zum dunkelſten moͤglichen Blau, und ſelbſt bis zum Schwarz, vollkommen beſtimmt waͤren. Er verſuchte zuerſt, ein beſtimmtes blaues Pigment mit verhaͤltnißmaͤßig wachſenden Quantitaͤten Waſſer oder Weiß zergehen zu laſſen: allein es ward ſchwer, die Intenſitaͤt des primitiven Blau gehoͤrig zu beſtimmen, und uͤberdies erhielt er auf dieſe Art keine regelmaͤßige Folge, weil die Abnahme der Tinten nicht mehr dieſelbe Progreſſion befolgte, ſobald man uͤber einen gewiſſen Grad der Verduͤnnung hinauskam.</p> <p>Am Ende ſchien ſich der Unterſchied der Tiefe oder Hoͤhe zweyer Nuancen nicht beſſer beſtimmen zu laſſen, als vermittelſt der Entfernung, in der man ſie nicht weiter von einander unterſcheiden konnte. Aber dieſe Entfernung iſt wieder bey mehrern Perſonen nach der Guͤte und Weite ihres Geſichts, und nach der Staͤrke des Lichts, das dieſe Farben erhellet, verſchieden. Um alle Ungewißheit zu vermeiden, nimmt Hr. <hi rendition="#b">de Sauſſure</hi> zu dieſer Entfernung nicht eine beſtimmte Groͤße, ſondern die Weite an, bey der das Auge des Beobachters einen ſchwarzen Kreis von beſtimmter Groͤße auf einem weißen Grunde nicht weiter zu unterſcheiden vermag. Wenn dieſer Kreis den Farbennuͤancen zur Seite unter eben dieſelbe Beleuchtung geſtellt wird, ſo giebt ſeine Groͤße, wenn er in derſelben Diſtanz verſchwindet, in welcher ſich auch der Unterſchied der beyden Farben verliert, ein Maaß der Verſchiedenheit dieſer Farben. Je groͤßer der Kreis zu dieſer Abſicht ſeyn muß, deſto mehr ſind die Farben verſchieden, und umgekehrt.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [539/0551]
oft auch die blaue Farbe ſelbſt, bezeichnet; daher Kyanometer ſoviel, als Maaß der Blaͤue, bedeutet.
Auf den Bergen erſcheint das Blau des Himmels gewoͤhnlich deſto dunkler, je hoͤher ſie ſind, und Hr. von Sauſſure glaubt den Grad dieſer Dunkelheit oder Tiefe als den Maaßſtab fuͤr die Menge undurchſichtiger Duͤnſte (vapeurs concretes), welche in der Luft ſchweben, anſehen zu duͤrfen, ſ. den Zuſatz zum Art. Himmel (oben S. 491.). Dieſes veranlaßte ihn, ein Mittel zu ſuchen, wodurch man eine Reihe von gleichen Gradationen oder Nuancen erhielte, die von Weiß, oder der gaͤnzlichen Abweſenheit des Blauen, bis zum dunkelſten moͤglichen Blau, und ſelbſt bis zum Schwarz, vollkommen beſtimmt waͤren. Er verſuchte zuerſt, ein beſtimmtes blaues Pigment mit verhaͤltnißmaͤßig wachſenden Quantitaͤten Waſſer oder Weiß zergehen zu laſſen: allein es ward ſchwer, die Intenſitaͤt des primitiven Blau gehoͤrig zu beſtimmen, und uͤberdies erhielt er auf dieſe Art keine regelmaͤßige Folge, weil die Abnahme der Tinten nicht mehr dieſelbe Progreſſion befolgte, ſobald man uͤber einen gewiſſen Grad der Verduͤnnung hinauskam.
Am Ende ſchien ſich der Unterſchied der Tiefe oder Hoͤhe zweyer Nuancen nicht beſſer beſtimmen zu laſſen, als vermittelſt der Entfernung, in der man ſie nicht weiter von einander unterſcheiden konnte. Aber dieſe Entfernung iſt wieder bey mehrern Perſonen nach der Guͤte und Weite ihres Geſichts, und nach der Staͤrke des Lichts, das dieſe Farben erhellet, verſchieden. Um alle Ungewißheit zu vermeiden, nimmt Hr. de Sauſſure zu dieſer Entfernung nicht eine beſtimmte Groͤße, ſondern die Weite an, bey der das Auge des Beobachters einen ſchwarzen Kreis von beſtimmter Groͤße auf einem weißen Grunde nicht weiter zu unterſcheiden vermag. Wenn dieſer Kreis den Farbennuͤancen zur Seite unter eben dieſelbe Beleuchtung geſtellt wird, ſo giebt ſeine Groͤße, wenn er in derſelben Diſtanz verſchwindet, in welcher ſich auch der Unterſchied der beyden Farben verliert, ein Maaß der Verſchiedenheit dieſer Farben. Je groͤßer der Kreis zu dieſer Abſicht ſeyn muß, deſto mehr ſind die Farben verſchieden, und umgekehrt.
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