Grüften der obergebirgischen Lande des Marggr. Bayreuth. Nürnberg, 1774. gr. Fol.) besteht die Gailenreuther Höhle aus mehrern meist durch enge Oefnungen verbundenen Gewölbern von Kalkstein, die von dem von der Decke herabtröpfelnden Wasser voller Tropfstein sind. Man findet darinn Kohlenstaub und ganze Stücken Kohle, auch im vordern Theile Trümmer von Urnen, überdieses eine beträchtliche Menge Erde, die offenbar aus Verwesung thierischer Körper entstanden ist. Zwischen dieser Erde liegen die Knochen, ganz und zertrümmert, und so unordentlich durch einander, daß sich gar nicht daran denken läßt, zusammengehörige zu finden, oder ein ganzes Gerippe daraus zusammenzusetzen. Sie sind theils sehr groß, theils ganz klein. Man findet auch ansehnliche Massen von Tropfstein ganz voll von solchen Knochen und Trümmern derselben. Esper fand acht- bis neunerley Arten von Zähnen darunter, konnte aber die Thierart, der sie gehören, nicht bestimmen, und ist geneigt, alles von der Sündfluth herzuleiten, bey der sich die Thiere hier zu ihrer Rettung versammelt hätten. Er beschreibt übrigens noch mehr kleinere Höhlen in Franken, mit Knochen und thierischen Versteinerungen.
In einer neuern Abhandlung (Reise zu den Gailenreuther Osteolithen-Höhlen, in den Schriften der berliner Gesellschaft naturforschender Freunde, V. Band. S. 56.) schreibt Esper diese Knochen dem Seebäre (Vrsus maritimus Linn.) zu, und sucht dieses durch Vergleichung eines in der Höhle gefundenen Schedels mit den Kinnladen und Zähnen des Seebärs zu bestätigen. Herr M. Rosenmüller, Prosector am hiesigen anatomischen Theater, der selbst die bayreuthischen Höhlen sehr genau kennet, hat in seiner akademischen Probschrift (Diss. de ossibus fossilibus animalis cuiusdam etc. Lips. 1794. 4.) den Schedel des Thieres abgebildet, und durch Vergleichung mit den Beschreibungen des Seebärs und Polarbärs (Vrsus Arctos L.) seine Verschiedenheit von beyden dargethan. Er hält es für eine Bärenart, die entweder untergegangen oder ausgeartet sey, und glaubt, die Thiere haben ehedem die Gegend|bewohnt, und von Menschen vertrieben sich in diese Höhlen zurückgezogen.
Gruͤften der obergebirgiſchen Lande des Marggr. Bayreuth. Nuͤrnberg, 1774. gr. Fol.) beſteht die Gailenreuther Hoͤhle aus mehrern meiſt durch enge Oefnungen verbundenen Gewoͤlbern von Kalkſtein, die von dem von der Decke herabtroͤpfelnden Waſſer voller Tropfſtein ſind. Man findet darinn Kohlenſtaub und ganze Stuͤcken Kohle, auch im vordern Theile Truͤmmer von Urnen, uͤberdieſes eine betraͤchtliche Menge Erde, die offenbar aus Verweſung thieriſcher Koͤrper entſtanden iſt. Zwiſchen dieſer Erde liegen die Knochen, ganz und zertruͤmmert, und ſo unordentlich durch einander, daß ſich gar nicht daran denken laͤßt, zuſammengehoͤrige zu finden, oder ein ganzes Gerippe daraus zuſammenzuſetzen. Sie ſind theils ſehr groß, theils ganz klein. Man findet auch anſehnliche Maſſen von Tropfſtein ganz voll von ſolchen Knochen und Truͤmmern derſelben. Eſper fand acht- bis neunerley Arten von Zaͤhnen darunter, konnte aber die Thierart, der ſie gehoͤren, nicht beſtimmen, und iſt geneigt, alles von der Suͤndfluth herzuleiten, bey der ſich die Thiere hier zu ihrer Rettung verſammelt haͤtten. Er beſchreibt uͤbrigens noch mehr kleinere Hoͤhlen in Franken, mit Knochen und thieriſchen Verſteinerungen.
In einer neuern Abhandlung (Reiſe zu den Gailenreuther Oſteolithen-Hoͤhlen, in den Schriften der berliner Geſellſchaft naturforſchender Freunde, V. Band. S. 56.) ſchreibt Eſper dieſe Knochen dem Seebaͤre (Vrſus maritimus Linn.) zu, und ſucht dieſes durch Vergleichung eines in der Hoͤhle gefundenen Schedels mit den Kinnladen und Zaͤhnen des Seebaͤrs zu beſtaͤtigen. Herr M. Roſenmuͤller, Proſector am hieſigen anatomiſchen Theater, der ſelbſt die bayreuthiſchen Hoͤhlen ſehr genau kennet, hat in ſeiner akademiſchen Probſchrift (Diſſ. de oſſibus foſſilibus animalis cuiusdam etc. Lipſ. 1794. 4.) den Schedel des Thieres abgebildet, und durch Vergleichung mit den Beſchreibungen des Seebaͤrs und Polarbaͤrs (Vrſus Arctos L.) ſeine Verſchiedenheit von beyden dargethan. Er haͤlt es fuͤr eine Baͤrenart, die entweder untergegangen oder ausgeartet ſey, und glaubt, die Thiere haben ehedem die Gegend|bewohnt, und von Menſchen vertrieben ſich in dieſe Hoͤhlen zuruͤckgezogen.
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Gruͤften der obergebirgiſchen Lande des Marggr. Bayreuth. Nuͤrnberg, 1774. gr. Fol.) beſteht die Gailenreuther Hoͤhle aus mehrern meiſt durch enge Oefnungen verbundenen Gewoͤlbern von Kalkſtein, die von dem von der Decke herabtroͤpfelnden Waſſer voller Tropfſtein ſind. Man findet darinn Kohlenſtaub und ganze Stuͤcken Kohle, auch im vordern Theile Truͤmmer von Urnen, uͤberdieſes eine betraͤchtliche Menge Erde, die offenbar aus Verweſung thieriſcher Koͤrper entſtanden iſt. Zwiſchen dieſer Erde liegen die Knochen, ganz und zertruͤmmert, und ſo unordentlich durch einander, daß ſich gar nicht daran denken laͤßt, zuſammengehoͤrige zu finden, oder ein ganzes Gerippe daraus zuſammenzuſetzen. Sie ſind theils ſehr groß, theils ganz klein. Man findet auch anſehnliche Maſſen von Tropfſtein ganz voll von ſolchen Knochen und Truͤmmern derſelben. Eſper fand acht- bis neunerley Arten von Zaͤhnen darunter, konnte aber die Thierart, der ſie gehoͤren, nicht beſtimmen, und iſt geneigt, alles von der Suͤndfluth herzuleiten, bey der ſich die Thiere hier zu ihrer Rettung verſammelt haͤtten. Er beſchreibt uͤbrigens noch mehr kleinere Hoͤhlen in Franken, mit Knochen und thieriſchen Verſteinerungen.
In einer neuern Abhandlung (Reiſe zu den Gailenreuther Oſteolithen-Hoͤhlen, in den Schriften der berliner Geſellſchaft naturforſchender Freunde, V. Band. S. 56.) ſchreibt Eſper dieſe Knochen dem Seebaͤre (Vrſus maritimus Linn.) zu, und ſucht dieſes durch Vergleichung eines in der Hoͤhle gefundenen Schedels mit den Kinnladen und Zaͤhnen des Seebaͤrs zu beſtaͤtigen. Herr M. Roſenmuͤller, Proſector am hieſigen anatomiſchen Theater, der ſelbſt die bayreuthiſchen Hoͤhlen ſehr genau kennet, hat in ſeiner akademiſchen Probſchrift (Diſſ. de oſſibus foſſilibus animalis cuiusdam etc. Lipſ. 1794. 4.) den Schedel des Thieres abgebildet, und durch Vergleichung mit den Beſchreibungen des Seebaͤrs und Polarbaͤrs (Vrſus Arctos L.) ſeine Verſchiedenheit von beyden dargethan. Er haͤlt es fuͤr eine Baͤrenart, die entweder untergegangen oder ausgeartet ſey, und glaubt, die Thiere haben ehedem die Gegend|bewohnt, und von Menſchen vertrieben ſich in dieſe Hoͤhlen zuruͤckgezogen.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/515>, abgerufen am 24.11.2024.
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