zu besitzen, so daß er sich mit ihm verbinden und durch den Beytritt des Wärmestoffs ihn in einen gasförmigen Zustand versetzen könne -- eine Aeußerung, welche mit Hrn. Göttlings Erklärung der Stickluft fast wörtlich übereinstimmt. Freylich giebt es auch Antiphlogistiker, welche, wie Herr Girtanner, das Daseyn eines eignen Lichtstoffs bezweifeln, und das Licht für eine bloße Modification des Wärmestoffs halten; diese Behauptung aber gehört nicht dem System zu, sie ist nur einzelnen Anhängern desselben eigen.
Dagegen bringt nun Hr. Göttling den Lichtstoff mit in die Zusammensetzung der meisten Körper, die die Antiphlogistiker für einfach halten. Daß das Licht luftförmigen Substanzen ihre Flüßigkeit gebe (ihr fluidum deferens ganz oder zum Theil ausmache), ist auch die Vermuthung des Herrn de Luc, in dessen System es die Feuermaterie flüßig macht, ihr die Kraft ertheilt, wieder andere Körper flüßig zu machen, und so die Ursache aller Flüßigkeit wird. Herrn Göttlings Lichtstoffluft gäbe also ein neues Beyspiel zur Bestätigung des de Lucschen Systems.
So vortreflich und wichtig übrigens die Göttlingischen Versuche sind, und so verdienstlich es seyn mag, sie mit einer neuen Theorie begleitet zu haben, so bleibt doch diese Theorie immer nur hypothetisch, und ist in dieser Rücksicht mit den Thatsachen, welche die Versuche enthalten, nicht zu vermengen. Die Versuche selbst sind von mehrern Chemikern, nicht ganz mit übereinstimmendem Erfolg, wiederholt worden. Hr. Eimbke in Kiel (Grens Journal der Phys. B. VIII. S. 366 u. f.) bemerkte gar kein Leuchten des Phosphors im Stickgas, die Herren Jäger und Scherer in Jena (ebend. S. 369 u. f.) bemerkten es nur unter gewissen Umständen, aus denen sich allemal auf Zutritt von Lebensluft schließen ließ: dagegen haben Hr. Göttling selbst und die Herren Lempe und Lampadius in Freyberg (Grens Neues Journal der Physik. I. B. 1. Heft S. 1 u. f. S. 16 u. f.) bey der Wiederholung die vorigen Resultate bestätigt gefunden. Aber bey aller Richtigkeit der Versuche bleibt doch gewiß, daß sie sich auf mehrere Arten erklären lassen. Man wird unten in dem Zusatze zu dem Artikel Phospho-
zu beſitzen, ſo daß er ſich mit ihm verbinden und durch den Beytritt des Waͤrmeſtoffs ihn in einen gasfoͤrmigen Zuſtand verſetzen koͤnne — eine Aeußerung, welche mit Hrn. Goͤttlings Erklaͤrung der Stickluft faſt woͤrtlich uͤbereinſtimmt. Freylich giebt es auch Antiphlogiſtiker, welche, wie Herr Girtanner, das Daſeyn eines eignen Lichtſtoffs bezweifeln, und das Licht fuͤr eine bloße Modification des Waͤrmeſtoffs halten; dieſe Behauptung aber gehoͤrt nicht dem Syſtem zu, ſie iſt nur einzelnen Anhaͤngern deſſelben eigen.
Dagegen bringt nun Hr. Goͤttling den Lichtſtoff mit in die Zuſammenſetzung der meiſten Koͤrper, die die Antiphlogiſtiker fuͤr einfach halten. Daß das Licht luftfoͤrmigen Subſtanzen ihre Fluͤßigkeit gebe (ihr fluidum deferens ganz oder zum Theil ausmache), iſt auch die Vermuthung des Herrn de Luc, in deſſen Syſtem es die Feuermaterie fluͤßig macht, ihr die Kraft ertheilt, wieder andere Koͤrper fluͤßig zu machen, und ſo die Urſache aller Fluͤßigkeit wird. Herrn Goͤttlings Lichtſtoffluft gaͤbe alſo ein neues Beyſpiel zur Beſtaͤtigung des de Lucſchen Syſtems.
So vortreflich und wichtig uͤbrigens die Goͤttlingiſchen Verſuche ſind, und ſo verdienſtlich es ſeyn mag, ſie mit einer neuen Theorie begleitet zu haben, ſo bleibt doch dieſe Theorie immer nur hypothetiſch, und iſt in dieſer Ruͤckſicht mit den Thatſachen, welche die Verſuche enthalten, nicht zu vermengen. Die Verſuche ſelbſt ſind von mehrern Chemikern, nicht ganz mit uͤbereinſtimmendem Erfolg, wiederholt worden. Hr. Eimbke in Kiel (Grens Journal der Phyſ. B. VIII. S. 366 u. f.) bemerkte gar kein Leuchten des Phosphors im Stickgas, die Herren Jaͤger und Scherer in Jena (ebend. S. 369 u. f.) bemerkten es nur unter gewiſſen Umſtaͤnden, aus denen ſich allemal auf Zutritt von Lebensluft ſchließen ließ: dagegen haben Hr. Goͤttling ſelbſt und die Herren Lempe und Lampadius in Freyberg (Grens Neues Journal der Phyſik. I. B. 1. Heft S. 1 u. f. S. 16 u. f.) bey der Wiederholung die vorigen Reſultate beſtaͤtigt gefunden. Aber bey aller Richtigkeit der Verſuche bleibt doch gewiß, daß ſie ſich auf mehrere Arten erklaͤren laſſen. Man wird unten in dem Zuſatze zu dem Artikel Phospho-
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zu beſitzen, ſo daß er ſich mit ihm verbinden und durch den Beytritt des Waͤrmeſtoffs ihn in einen gasfoͤrmigen Zuſtand verſetzen koͤnne — eine Aeußerung, welche mit Hrn. Goͤttlings Erklaͤrung der Stickluft faſt woͤrtlich uͤbereinſtimmt. Freylich giebt es auch Antiphlogiſtiker, welche, wie Herr Girtanner, das Daſeyn eines eignen Lichtſtoffs bezweifeln, und das Licht fuͤr eine bloße Modification des Waͤrmeſtoffs halten; dieſe Behauptung aber gehoͤrt nicht dem Syſtem zu, ſie iſt nur einzelnen Anhaͤngern deſſelben eigen.
Dagegen bringt nun Hr. Goͤttling den Lichtſtoff mit in die Zuſammenſetzung der meiſten Koͤrper, die die Antiphlogiſtiker fuͤr einfach halten. Daß das Licht luftfoͤrmigen Subſtanzen ihre Fluͤßigkeit gebe (ihr fluidum deferens ganz oder zum Theil ausmache), iſt auch die Vermuthung des Herrn de Luc, in deſſen Syſtem es die Feuermaterie fluͤßig macht, ihr die Kraft ertheilt, wieder andere Koͤrper fluͤßig zu machen, und ſo die Urſache aller Fluͤßigkeit wird. Herrn Goͤttlings Lichtſtoffluft gaͤbe alſo ein neues Beyſpiel zur Beſtaͤtigung des de Lucſchen Syſtems.
So vortreflich und wichtig uͤbrigens die Goͤttlingiſchen Verſuche ſind, und ſo verdienſtlich es ſeyn mag, ſie mit einer neuen Theorie begleitet zu haben, ſo bleibt doch dieſe Theorie immer nur hypothetiſch, und iſt in dieſer Ruͤckſicht mit den Thatſachen, welche die Verſuche enthalten, nicht zu vermengen. Die Verſuche ſelbſt ſind von mehrern Chemikern, nicht ganz mit uͤbereinſtimmendem Erfolg, wiederholt worden. Hr. Eimbke in Kiel (Grens Journal der Phyſ. B. VIII. S. 366 u. f.) bemerkte gar kein Leuchten des Phosphors im Stickgas, die Herren Jaͤger und Scherer in Jena (ebend. S. 369 u. f.) bemerkten es nur unter gewiſſen Umſtaͤnden, aus denen ſich allemal auf Zutritt von Lebensluft ſchließen ließ: dagegen haben Hr. Goͤttling ſelbſt und die Herren Lempe und Lampadius in Freyberg (Grens Neues Journal der Phyſik. I. B. 1. Heft S. 1 u. f. S. 16 u. f.) bey der Wiederholung die vorigen Reſultate beſtaͤtigt gefunden. Aber bey aller Richtigkeit der Verſuche bleibt doch gewiß, daß ſie ſich auf mehrere Arten erklaͤren laſſen. Man wird unten in dem Zuſatze zu dem Artikel Phospho-
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/469>, abgerufen am 22.11.2024.
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