hat. Man hielt dieses Leuchten sonst für ein schwaches Verbrennen, und glaubte daher, es müsse sich in Lebensluft stärker, als in gemeiner Luft, und im Stickgas gar nicht zeigen. Allein Hr. Göttling fand, daß der Phosphor in reiner Lebensluft gar nicht, im Stickgas dagegen desto lebhafter leuchte. Die Versuche nöthigen ihn sogar zu schließen, daß selbst in atmosphärischer Luft das Leuchten nur in sofern statt finde, als sie Stickluft enthält. In der aus dem Salpeter gezognen dephlogistisirten Luft leuchtete der Phosphor ein wenig, blos weil sie unrein und mit einem Antheil Stickluft vermischt war. Merkwürdig ist es hiebey, daß das Leuchten in atmosphärischer Luft mit Wärme verbunden, also wirklich ein schwaches Verbrennen, in Stickluft hingegen, wo es sich doch weit stärker zeigt, ohne alle Wärme ist -- eine neue Bestätigung des Satzes, daß das Licht nicht die unmittelbare Ursache der Wärme seyn kan.
Noch unerwarteter war die Entdeckung, daß durch dieses Leuchten der Phosphor sowohl, als die Stickluft, vermindert, und eine Säure hervorgebracht ward. Ließ man nemlich den Phosphor eine Zeitlang in der Stickluft hängen, so ward das Leuchten nach und nach schwächer, und hörte endlich gar auf; zuglelch ward der Phosphor mit einer Feuchtigkeit umgeben. Befreyte man ihn davon mit einem Papiere, und brachte ihn dann wieder in die vorige Stickluft, so fieng er wieder an zu leuchten, und überzog sich aufs neue mit Feuchtigkeit. Das Papier, womit man ihn abwischte, bekam einen sehr sauern Geschmack. Wenn Hr. Göttling ein solches Glas unter Wasser öfnete, so trat etwas Wasser hinein. Reinigte er hierauf den Phosphor|von der Feuchtigkeit, brachte ihn wieder in das Glas, und ließ ihn leuchten, bis er aufhörte, so stieg nun nach dem Oefnen unter Wasser noch mehr Wasser hinein. Nachdem er dieses Verfahren einige Wochen lang fortgesetzt hatte, so hatte sich nach und nach das Glas über die Hälfte mit Wasser gefüllt, und in dem noch übrigen Luftraume leuchtete der Phosphor noch eben so gut, als vorher. Osfenbar muß so die ganze Stickluft nach und nach zersetzt werden. Die übrige Luft war reine Stickluft; das Wasser im Glase hatte einen sauern Geschmack,
hat. Man hielt dieſes Leuchten ſonſt fuͤr ein ſchwaches Verbrennen, und glaubte daher, es muͤſſe ſich in Lebensluft ſtaͤrker, als in gemeiner Luft, und im Stickgas gar nicht zeigen. Allein Hr. Goͤttling fand, daß der Phosphor in reiner Lebensluft gar nicht, im Stickgas dagegen deſto lebhafter leuchte. Die Verſuche noͤthigen ihn ſogar zu ſchließen, daß ſelbſt in atmoſphaͤriſcher Luft das Leuchten nur in ſofern ſtatt finde, als ſie Stickluft enthaͤlt. In der aus dem Salpeter gezognen dephlogiſtiſirten Luft leuchtete der Phosphor ein wenig, blos weil ſie unrein und mit einem Antheil Stickluft vermiſcht war. Merkwuͤrdig iſt es hiebey, daß das Leuchten in atmoſphaͤriſcher Luft mit Waͤrme verbunden, alſo wirklich ein ſchwaches Verbrennen, in Stickluft hingegen, wo es ſich doch weit ſtaͤrker zeigt, ohne alle Waͤrme iſt — eine neue Beſtaͤtigung des Satzes, daß das Licht nicht die unmittelbare Urſache der Waͤrme ſeyn kan.
Noch unerwarteter war die Entdeckung, daß durch dieſes Leuchten der Phosphor ſowohl, als die Stickluft, vermindert, und eine Saͤure hervorgebracht ward. Ließ man nemlich den Phosphor eine Zeitlang in der Stickluft haͤngen, ſo ward das Leuchten nach und nach ſchwaͤcher, und hoͤrte endlich gar auf; zuglelch ward der Phosphor mit einer Feuchtigkeit umgeben. Befreyte man ihn davon mit einem Papiere, und brachte ihn dann wieder in die vorige Stickluft, ſo fieng er wieder an zu leuchten, und uͤberzog ſich aufs neue mit Feuchtigkeit. Das Papier, womit man ihn abwiſchte, bekam einen ſehr ſauern Geſchmack. Wenn Hr. Goͤttling ein ſolches Glas unter Waſſer oͤfnete, ſo trat etwas Waſſer hinein. Reinigte er hierauf den Phosphor|von der Feuchtigkeit, brachte ihn wieder in das Glas, und ließ ihn leuchten, bis er aufhoͤrte, ſo ſtieg nun nach dem Oefnen unter Waſſer noch mehr Waſſer hinein. Nachdem er dieſes Verfahren einige Wochen lang fortgeſetzt hatte, ſo hatte ſich nach und nach das Glas uͤber die Haͤlfte mit Waſſer gefuͤllt, und in dem noch uͤbrigen Luftraume leuchtete der Phosphor noch eben ſo gut, als vorher. Oſfenbar muß ſo die ganze Stickluft nach und nach zerſetzt werden. Die uͤbrige Luft war reine Stickluft; das Waſſer im Glaſe hatte einen ſauern Geſchmack,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f0467"xml:id="P.5.455"n="455"/><lb/>
hat. Man hielt dieſes Leuchten ſonſt fuͤr ein ſchwaches Verbrennen, und glaubte daher, es muͤſſe ſich in Lebensluft ſtaͤrker, als in gemeiner Luft, und im Stickgas gar nicht zeigen. Allein Hr. <hirendition="#b">Goͤttling</hi> fand, daß der Phosphor in reiner Lebensluft gar nicht, im Stickgas dagegen deſto lebhafter leuchte. Die Verſuche noͤthigen ihn ſogar zu ſchließen, daß ſelbſt in atmoſphaͤriſcher Luft das Leuchten nur in ſofern ſtatt finde, als ſie Stickluft enthaͤlt. In der aus dem Salpeter gezognen dephlogiſtiſirten Luft leuchtete der Phosphor ein wenig, blos weil ſie unrein und mit einem Antheil Stickluft vermiſcht war. Merkwuͤrdig iſt es hiebey, daß das Leuchten in atmoſphaͤriſcher Luft mit Waͤrme verbunden, alſo wirklich ein ſchwaches Verbrennen, in Stickluft hingegen, wo es ſich doch weit ſtaͤrker zeigt, ohne alle Waͤrme iſt — eine neue Beſtaͤtigung des Satzes, daß das Licht nicht die unmittelbare Urſache der Waͤrme ſeyn kan.</p><p>Noch unerwarteter war die Entdeckung, daß durch dieſes Leuchten der Phosphor ſowohl, als die Stickluft, vermindert, und eine Saͤure hervorgebracht ward. Ließ man nemlich den Phosphor eine Zeitlang in der Stickluft haͤngen, ſo ward das Leuchten nach und nach ſchwaͤcher, und hoͤrte endlich gar auf; zuglelch ward der Phosphor mit einer Feuchtigkeit umgeben. Befreyte man ihn davon mit einem Papiere, und brachte ihn dann wieder in die vorige Stickluft, ſo fieng er wieder an zu leuchten, und uͤberzog ſich aufs neue mit Feuchtigkeit. Das Papier, womit man ihn abwiſchte, bekam einen ſehr ſauern Geſchmack. Wenn Hr. Goͤttling ein ſolches Glas unter Waſſer oͤfnete, ſo trat etwas Waſſer hinein. Reinigte er hierauf den Phosphor|von der Feuchtigkeit, brachte ihn wieder in das Glas, und ließ ihn leuchten, bis er aufhoͤrte, ſo ſtieg nun nach dem Oefnen unter Waſſer noch mehr Waſſer hinein. Nachdem er dieſes Verfahren einige Wochen lang fortgeſetzt hatte, ſo hatte ſich nach und nach das Glas uͤber die Haͤlfte mit Waſſer gefuͤllt, und in dem noch uͤbrigen Luftraume leuchtete der Phosphor noch eben ſo gut, als vorher. Oſfenbar muß ſo die ganze Stickluft nach und nach zerſetzt werden. Die uͤbrige Luft war reine Stickluft; das Waſſer im Glaſe hatte einen ſauern Geſchmack,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[455/0467]
hat. Man hielt dieſes Leuchten ſonſt fuͤr ein ſchwaches Verbrennen, und glaubte daher, es muͤſſe ſich in Lebensluft ſtaͤrker, als in gemeiner Luft, und im Stickgas gar nicht zeigen. Allein Hr. Goͤttling fand, daß der Phosphor in reiner Lebensluft gar nicht, im Stickgas dagegen deſto lebhafter leuchte. Die Verſuche noͤthigen ihn ſogar zu ſchließen, daß ſelbſt in atmoſphaͤriſcher Luft das Leuchten nur in ſofern ſtatt finde, als ſie Stickluft enthaͤlt. In der aus dem Salpeter gezognen dephlogiſtiſirten Luft leuchtete der Phosphor ein wenig, blos weil ſie unrein und mit einem Antheil Stickluft vermiſcht war. Merkwuͤrdig iſt es hiebey, daß das Leuchten in atmoſphaͤriſcher Luft mit Waͤrme verbunden, alſo wirklich ein ſchwaches Verbrennen, in Stickluft hingegen, wo es ſich doch weit ſtaͤrker zeigt, ohne alle Waͤrme iſt — eine neue Beſtaͤtigung des Satzes, daß das Licht nicht die unmittelbare Urſache der Waͤrme ſeyn kan.
Noch unerwarteter war die Entdeckung, daß durch dieſes Leuchten der Phosphor ſowohl, als die Stickluft, vermindert, und eine Saͤure hervorgebracht ward. Ließ man nemlich den Phosphor eine Zeitlang in der Stickluft haͤngen, ſo ward das Leuchten nach und nach ſchwaͤcher, und hoͤrte endlich gar auf; zuglelch ward der Phosphor mit einer Feuchtigkeit umgeben. Befreyte man ihn davon mit einem Papiere, und brachte ihn dann wieder in die vorige Stickluft, ſo fieng er wieder an zu leuchten, und uͤberzog ſich aufs neue mit Feuchtigkeit. Das Papier, womit man ihn abwiſchte, bekam einen ſehr ſauern Geſchmack. Wenn Hr. Goͤttling ein ſolches Glas unter Waſſer oͤfnete, ſo trat etwas Waſſer hinein. Reinigte er hierauf den Phosphor|von der Feuchtigkeit, brachte ihn wieder in das Glas, und ließ ihn leuchten, bis er aufhoͤrte, ſo ſtieg nun nach dem Oefnen unter Waſſer noch mehr Waſſer hinein. Nachdem er dieſes Verfahren einige Wochen lang fortgeſetzt hatte, ſo hatte ſich nach und nach das Glas uͤber die Haͤlfte mit Waſſer gefuͤllt, und in dem noch uͤbrigen Luftraume leuchtete der Phosphor noch eben ſo gut, als vorher. Oſfenbar muß ſo die ganze Stickluft nach und nach zerſetzt werden. Die uͤbrige Luft war reine Stickluft; das Waſſer im Glaſe hatte einen ſauern Geſchmack,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/467>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.