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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Die Säuren bestehen aus Verbindungen von Basen mit Saurrstoff, so wie die Gasarten aus Verbindungen von Basen mit Wärmestoff. So sind die meisten Substanzen, die man im alten System für einfach ansahe, in dieser neuen Chemie zusammengesetzt. Dagegen werden hier andere Substanzen, die man sonst für zusammengesetzt hielt, theils als einfache, theils als unzerlegte Körper betrachtet. Die einfachen lassen sich gar nicht, die unzerlegten nur durch bekannte Mittel nicht, zerlegen.

Einfach sind Lichtstoff, Wärmestoff, Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Kohlenstoff, Schwefel, Phosphor, Basis der Kochsalzsäure (Radical muriatique), Basis der Flußspathsäure (Radical fluorique), und der Boraxsäure (Radical boracique).

Zu den unzerlegten Körpern rechnet man die beyden fixen Laugensalze (Potasse und Soude); die Basis des flüchtigen (Ammoniac) ist aus Stickstoff und Wasserstoff zusammengesetzt. Ferner die Erden und die Metalle (wiewohl Lavoisier selbst diese für einfach hält), unter welchen einige, z. B. Zinn, Arsenik, Wasserbley, Wolframmetall, mit dem Sauerstoff so gesättiget werden können, daß sie eigne Säuren bilden (metaux oxygenes), daher man eben dieses auch von den übrigen Metallen annimmt.

Durch Zusammensetzung der einfachen und unzerlegten Stoffe entstehen zusammengesetzte Körper. Dahin gehören die Säuren mit zusammengesetzten Grundlagen, wie alle Säuren und Halbsäuren des Pflanzen- und Thierreichs. Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff sind die drey allgemeinen Bestandtheile aller organischen Körper. Sie verlieren unter gewissen Umständen das Gleichgewicht, in dem sie standen, von selbst, und verbinden sich durch die verschiedenen Stufen der Gährung zu neuen Producten, dergleichen das Alkohol, der Essig, und die verschiedenen durch Fäulniß erzeugten Gasarten sind. Die künstlichen Zerlegungen organischer Körper liefern mancherley zusammengesetzte Stoffe, unter andern die Oele, wovon die riechenden mehr Wasserstoff, die fetten mehr Kohlenstoff enthalten.


Die Saͤuren beſtehen aus Verbindungen von Baſen mit Saurrſtoff, ſo wie die Gasarten aus Verbindungen von Baſen mit Waͤrmeſtoff. So ſind die meiſten Subſtanzen, die man im alten Syſtem fuͤr einfach anſahe, in dieſer neuen Chemie zuſammengeſetzt. Dagegen werden hier andere Subſtanzen, die man ſonſt fuͤr zuſammengeſetzt hielt, theils als einfache, theils als unzerlegte Koͤrper betrachtet. Die einfachen laſſen ſich gar nicht, die unzerlegten nur durch bekannte Mittel nicht, zerlegen.

Einfach ſind Lichtſtoff, Waͤrmeſtoff, Sauerſtoff, Waſſerſtoff, Stickſtoff, Kohlenſtoff, Schwefel, Phosphor, Baſis der Kochſalzſaͤure (Radical muriatique), Baſis der Flußſpathſaͤure (Radical fluorique), und der Boraxſaͤure (Radical boracique).

Zu den unzerlegten Koͤrpern rechnet man die beyden fixen Laugenſalze (Potaſſe und Soude); die Baſis des fluͤchtigen (Ammoniac) iſt aus Stickſtoff und Waſſerſtoff zuſammengeſetzt. Ferner die Erden und die Metalle (wiewohl Lavoiſier ſelbſt dieſe fuͤr einfach haͤlt), unter welchen einige, z. B. Zinn, Arſenik, Waſſerbley, Wolframmetall, mit dem Sauerſtoff ſo geſaͤttiget werden koͤnnen, daß ſie eigne Saͤuren bilden (metaux oxygènés), daher man eben dieſes auch von den uͤbrigen Metallen annimmt.

Durch Zuſammenſetzung der einfachen und unzerlegten Stoffe entſtehen zuſammengeſetzte Koͤrper. Dahin gehoͤren die Saͤuren mit zuſammengeſetzten Grundlagen, wie alle Saͤuren und Halbſaͤuren des Pflanzen- und Thierreichs. Sauerſtoff, Waſſerſtoff und Kohlenſtoff ſind die drey allgemeinen Beſtandtheile aller organiſchen Koͤrper. Sie verlieren unter gewiſſen Umſtaͤnden das Gleichgewicht, in dem ſie ſtanden, von ſelbſt, und verbinden ſich durch die verſchiedenen Stufen der Gaͤhrung zu neuen Producten, dergleichen das Alkohol, der Eſſig, und die verſchiedenen durch Faͤulniß erzeugten Gasarten ſind. Die kuͤnſtlichen Zerlegungen organiſcher Koͤrper liefern mancherley zuſammengeſetzte Stoffe, unter andern die Oele, wovon die riechenden mehr Waſſerſtoff, die fetten mehr Kohlenſtoff enthalten.

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[34/0046] Die Saͤuren beſtehen aus Verbindungen von Baſen mit Saurrſtoff, ſo wie die Gasarten aus Verbindungen von Baſen mit Waͤrmeſtoff. So ſind die meiſten Subſtanzen, die man im alten Syſtem fuͤr einfach anſahe, in dieſer neuen Chemie zuſammengeſetzt. Dagegen werden hier andere Subſtanzen, die man ſonſt fuͤr zuſammengeſetzt hielt, theils als einfache, theils als unzerlegte Koͤrper betrachtet. Die einfachen laſſen ſich gar nicht, die unzerlegten nur durch bekannte Mittel nicht, zerlegen. Einfach ſind Lichtſtoff, Waͤrmeſtoff, Sauerſtoff, Waſſerſtoff, Stickſtoff, Kohlenſtoff, Schwefel, Phosphor, Baſis der Kochſalzſaͤure (Radical muriatique), Baſis der Flußſpathſaͤure (Radical fluorique), und der Boraxſaͤure (Radical boracique). Zu den unzerlegten Koͤrpern rechnet man die beyden fixen Laugenſalze (Potaſſe und Soude); die Baſis des fluͤchtigen (Ammoniac) iſt aus Stickſtoff und Waſſerſtoff zuſammengeſetzt. Ferner die Erden und die Metalle (wiewohl Lavoiſier ſelbſt dieſe fuͤr einfach haͤlt), unter welchen einige, z. B. Zinn, Arſenik, Waſſerbley, Wolframmetall, mit dem Sauerſtoff ſo geſaͤttiget werden koͤnnen, daß ſie eigne Saͤuren bilden (metaux oxygènés), daher man eben dieſes auch von den uͤbrigen Metallen annimmt. Durch Zuſammenſetzung der einfachen und unzerlegten Stoffe entſtehen zuſammengeſetzte Koͤrper. Dahin gehoͤren die Saͤuren mit zuſammengeſetzten Grundlagen, wie alle Saͤuren und Halbſaͤuren des Pflanzen- und Thierreichs. Sauerſtoff, Waſſerſtoff und Kohlenſtoff ſind die drey allgemeinen Beſtandtheile aller organiſchen Koͤrper. Sie verlieren unter gewiſſen Umſtaͤnden das Gleichgewicht, in dem ſie ſtanden, von ſelbſt, und verbinden ſich durch die verſchiedenen Stufen der Gaͤhrung zu neuen Producten, dergleichen das Alkohol, der Eſſig, und die verſchiedenen durch Faͤulniß erzeugten Gasarten ſind. Die kuͤnſtlichen Zerlegungen organiſcher Koͤrper liefern mancherley zuſammengeſetzte Stoffe, unter andern die Oele, wovon die riechenden mehr Waſſerſtoff, die fetten mehr Kohlenſtoff enthalten.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/46>, abgerufen am 24.11.2024.