Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


oder ölichten Dünsten herleiten, so wie auch Bergmann nach Musschenbroek die niedrigern erklärt. Allein in den beträchtlichen Höhen, aus welchen die Feuerkugeln herabkommen, können solche Zusammenhäufungen von Dünsten nicht mehr statt finden; lockere Dünste würden eine so schnelle Bewegung ohne Zerstreuung nicht aushalten, auch in so dünner Luft nicht anhaltend und heftig brennen, noch weniger im Stande seyn, beym Zerspringen in der dünnen, der Ver breitung des Schalles ungünstigen Luft einen alles erschütternden Knall, über 20 deutsche Meilen weit hörbar, hervorzubringen.

Toaldo hat sie (in den angeführten Lettere fisico-meteorologiche) für Entzündungen einer langen Strecke von brennbarer Luft gehalten. Aber zu geschweigen, daß brennbare Luft sich nicht in Massen von begrenzter Gestalt zusammenballen, oder diese Gestalt durch eine über ganze Länder hinweggehende Strecke behalten kan, würde auch in so dünner Luft das brennbare Gas nicht mit dem blendend weißen und dichten Lichte brennen, die Bahn keine parabolische Gestalt zeigen, die Explosion gleich im Anfange der Erscheinung und nicht erst am Ende derselben erfolgen, und im Sommer, wo aus faulenden thierischen und Pflanzenstoffen mehr brennbare Luft entwickelt wird, würden die Feuerkugeln häufiger, als in andern Jahrszeiten, fallen, welches doch die Erfahrung nicht bestätiget.

Nach Maskelyne's Vermuthung sind die Feuerkugeln bleibende dichte Körper, die sich um die Sonne bewegen. Schon Hevel, sagt Hr. Chladni, habe sie für kometenartige Körper angesehen. Aber die Worte dieses Astronomen (Cometographia. Gedan. 1668. fol. L. VII. p. 356.) sind: Bolis etc. Haec meteora omnia non nisi ex vaporibus exhalationibusque globi terreni nascuntur; die angenommene Aehnlichkeit mit den Kometen bezieht sich also nur darauf, daß Hevel auch die letztern durch ähnliche Ausflüsse aus den übrigen Weltkörpern (effluvia aetherea) zu erklären suchte. Wallis (Philos. Trans. no. 135. p. 368.) hält ein Meteor, das am 20. Sept. 1676 in ganz England gesehen ward, für einen kleinen nahe bey der Erde vorbeygegangenen


oder oͤlichten Duͤnſten herleiten, ſo wie auch Bergmann nach Muſſchenbroek die niedrigern erklaͤrt. Allein in den betraͤchtlichen Hoͤhen, aus welchen die Feuerkugeln herabkommen, koͤnnen ſolche Zuſammenhaͤufungen von Duͤnſten nicht mehr ſtatt finden; lockere Duͤnſte wuͤrden eine ſo ſchnelle Bewegung ohne Zerſtreuung nicht aushalten, auch in ſo duͤnner Luft nicht anhaltend und heftig brennen, noch weniger im Stande ſeyn, beym Zerſpringen in der duͤnnen, der Ver breitung des Schalles unguͤnſtigen Luft einen alles erſchuͤtternden Knall, uͤber 20 deutſche Meilen weit hoͤrbar, hervorzubringen.

Toaldo hat ſie (in den angefuͤhrten Lettere fiſico-meteorologiche) fuͤr Entzuͤndungen einer langen Strecke von brennbarer Luft gehalten. Aber zu geſchweigen, daß brennbare Luft ſich nicht in Maſſen von begrenzter Geſtalt zuſammenballen, oder dieſe Geſtalt durch eine uͤber ganze Laͤnder hinweggehende Strecke behalten kan, wuͤrde auch in ſo duͤnner Luft das brennbare Gas nicht mit dem blendend weißen und dichten Lichte brennen, die Bahn keine paraboliſche Geſtalt zeigen, die Exploſion gleich im Anfange der Erſcheinung und nicht erſt am Ende derſelben erfolgen, und im Sommer, wo aus faulenden thieriſchen und Pflanzenſtoffen mehr brennbare Luft entwickelt wird, wuͤrden die Feuerkugeln haͤufiger, als in andern Jahrszeiten, fallen, welches doch die Erfahrung nicht beſtaͤtiget.

Nach Maſkelyne's Vermuthung ſind die Feuerkugeln bleibende dichte Koͤrper, die ſich um die Sonne bewegen. Schon Hevel, ſagt Hr. Chladni, habe ſie fuͤr kometenartige Koͤrper angeſehen. Aber die Worte dieſes Aſtronomen (Cometographia. Gedan. 1668. fol. L. VII. p. 356.) ſind: Bolis etc. Haec meteora omnia non niſi ex vaporibus exhalationibusque globi terreni naſcuntur; die angenommene Aehnlichkeit mit den Kometen bezieht ſich alſo nur darauf, daß Hevel auch die letztern durch aͤhnliche Ausfluͤſſe aus den uͤbrigen Weltkoͤrpern (effluvia aetherea) zu erklaͤren ſuchte. Wallis (Philoſ. Trans. no. 135. p. 368.) haͤlt ein Meteor, das am 20. Sept. 1676 in ganz England geſehen ward, fuͤr einen kleinen nahe bey der Erde vorbeygegangenen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0411" xml:id="P.5.399" n="399"/><lb/>
oder o&#x0364;lichten Du&#x0364;n&#x017F;ten herleiten, &#x017F;o wie auch <hi rendition="#b">Bergmann</hi> nach <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> die niedrigern erkla&#x0364;rt. Allein in den betra&#x0364;chtlichen Ho&#x0364;hen, aus welchen die Feuerkugeln herabkommen, ko&#x0364;nnen &#x017F;olche Zu&#x017F;ammenha&#x0364;ufungen von Du&#x0364;n&#x017F;ten nicht mehr &#x017F;tatt finden; lockere Du&#x0364;n&#x017F;te wu&#x0364;rden eine &#x017F;o &#x017F;chnelle Bewegung ohne Zer&#x017F;treuung nicht aushalten, auch in &#x017F;o du&#x0364;nner Luft nicht anhaltend und heftig brennen, noch weniger im Stande &#x017F;eyn, beym Zer&#x017F;pringen in der du&#x0364;nnen, der Ver breitung des Schalles ungu&#x0364;n&#x017F;tigen Luft einen alles er&#x017F;chu&#x0364;tternden Knall, u&#x0364;ber 20 deut&#x017F;che Meilen weit ho&#x0364;rbar, hervorzubringen.</p>
              <p><hi rendition="#b">Toaldo</hi> hat &#x017F;ie (in den angefu&#x0364;hrten <hi rendition="#aq">Lettere fi&#x017F;ico-meteorologiche)</hi> fu&#x0364;r Entzu&#x0364;ndungen einer langen Strecke von brennbarer Luft gehalten. Aber zu ge&#x017F;chweigen, daß brennbare Luft &#x017F;ich nicht in Ma&#x017F;&#x017F;en von begrenzter Ge&#x017F;talt zu&#x017F;ammenballen, oder die&#x017F;e Ge&#x017F;talt durch eine u&#x0364;ber ganze La&#x0364;nder hinweggehende Strecke behalten kan, wu&#x0364;rde auch in &#x017F;o du&#x0364;nner Luft das brennbare Gas nicht mit dem blendend weißen und dichten Lichte brennen, die Bahn keine paraboli&#x017F;che Ge&#x017F;talt zeigen, die Explo&#x017F;ion gleich im Anfange der Er&#x017F;cheinung und nicht er&#x017F;t am Ende der&#x017F;elben erfolgen, und im Sommer, wo aus faulenden thieri&#x017F;chen und Pflanzen&#x017F;toffen mehr brennbare Luft entwickelt wird, wu&#x0364;rden die Feuerkugeln ha&#x0364;ufiger, als in andern Jahrszeiten, fallen, welches doch die Erfahrung nicht be&#x017F;ta&#x0364;tiget.</p>
              <p>Nach <hi rendition="#b">Ma&#x017F;kelyne's</hi> Vermuthung &#x017F;ind die Feuerkugeln bleibende dichte Ko&#x0364;rper, die &#x017F;ich um die Sonne bewegen. Schon <hi rendition="#b">Hevel,</hi> &#x017F;agt Hr. <hi rendition="#b">Chladni,</hi> habe &#x017F;ie fu&#x0364;r kometenartige Ko&#x0364;rper ange&#x017F;ehen. Aber die Worte die&#x017F;es A&#x017F;tronomen <hi rendition="#aq">(Cometographia. Gedan. 1668. fol. L. VII. p. 356.)</hi> &#x017F;ind: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Bolis</hi> etc. Haec meteora <hi rendition="#i">omnia</hi> non ni&#x017F;i ex vaporibus exhalationibusque globi terreni na&#x017F;cuntur;</hi> die angenommene Aehnlichkeit mit den Kometen bezieht &#x017F;ich al&#x017F;o nur darauf, daß <hi rendition="#b">Hevel</hi> auch die letztern durch a&#x0364;hnliche Ausflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e aus den u&#x0364;brigen Weltko&#x0364;rpern <hi rendition="#aq">(effluvia aetherea)</hi> zu erkla&#x0364;ren &#x017F;uchte. <hi rendition="#b">Wallis</hi> <hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Trans. no. 135. p. 368.)</hi> ha&#x0364;lt ein Meteor, das am 20. Sept. 1676 in ganz England ge&#x017F;ehen ward, fu&#x0364;r einen kleinen nahe bey der Erde vorbeygegangenen<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[399/0411] oder oͤlichten Duͤnſten herleiten, ſo wie auch Bergmann nach Muſſchenbroek die niedrigern erklaͤrt. Allein in den betraͤchtlichen Hoͤhen, aus welchen die Feuerkugeln herabkommen, koͤnnen ſolche Zuſammenhaͤufungen von Duͤnſten nicht mehr ſtatt finden; lockere Duͤnſte wuͤrden eine ſo ſchnelle Bewegung ohne Zerſtreuung nicht aushalten, auch in ſo duͤnner Luft nicht anhaltend und heftig brennen, noch weniger im Stande ſeyn, beym Zerſpringen in der duͤnnen, der Ver breitung des Schalles unguͤnſtigen Luft einen alles erſchuͤtternden Knall, uͤber 20 deutſche Meilen weit hoͤrbar, hervorzubringen. Toaldo hat ſie (in den angefuͤhrten Lettere fiſico-meteorologiche) fuͤr Entzuͤndungen einer langen Strecke von brennbarer Luft gehalten. Aber zu geſchweigen, daß brennbare Luft ſich nicht in Maſſen von begrenzter Geſtalt zuſammenballen, oder dieſe Geſtalt durch eine uͤber ganze Laͤnder hinweggehende Strecke behalten kan, wuͤrde auch in ſo duͤnner Luft das brennbare Gas nicht mit dem blendend weißen und dichten Lichte brennen, die Bahn keine paraboliſche Geſtalt zeigen, die Exploſion gleich im Anfange der Erſcheinung und nicht erſt am Ende derſelben erfolgen, und im Sommer, wo aus faulenden thieriſchen und Pflanzenſtoffen mehr brennbare Luft entwickelt wird, wuͤrden die Feuerkugeln haͤufiger, als in andern Jahrszeiten, fallen, welches doch die Erfahrung nicht beſtaͤtiget. Nach Maſkelyne's Vermuthung ſind die Feuerkugeln bleibende dichte Koͤrper, die ſich um die Sonne bewegen. Schon Hevel, ſagt Hr. Chladni, habe ſie fuͤr kometenartige Koͤrper angeſehen. Aber die Worte dieſes Aſtronomen (Cometographia. Gedan. 1668. fol. L. VII. p. 356.) ſind: Bolis etc. Haec meteora omnia non niſi ex vaporibus exhalationibusque globi terreni naſcuntur; die angenommene Aehnlichkeit mit den Kometen bezieht ſich alſo nur darauf, daß Hevel auch die letztern durch aͤhnliche Ausfluͤſſe aus den uͤbrigen Weltkoͤrpern (effluvia aetherea) zu erklaͤren ſuchte. Wallis (Philoſ. Trans. no. 135. p. 368.) haͤlt ein Meteor, das am 20. Sept. 1676 in ganz England geſehen ward, fuͤr einen kleinen nahe bey der Erde vorbeygegangenen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/411
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/411>, abgerufen am 22.11.2024.