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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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ist diese Theorie nur ein Zweig eines weit ausgebreitetern Systems, welches Herr de Luc über die Erscheinungen der sämmtlichen ausdehnbaren Flüßigkeiten entworfen, und auf die mechanisch-physischen Grundsätze seines Lehrers, des Herrn le Sage in Genf, gegründet hat, s. unten den Art. Expansible Flüßigkeiten. Diese Grundsätze, welche alles auf Stoß und Bewegung zurückführen, haben freylich ein sehr cartesianisches Ansehen, und können dem unbefangenen Physiker, dem es nach Newtons Beyspiele mehr um erwiesene Thatsachen und Gesetze, als um willkührliche Hypothesen zu thun ist, unmöglich gesallen. Inzwischen ist nicht zu läugnen, daß Herr de Luc durch eben diese mechanische Physik oft auf sehr scharssinnige und bisweilen auffallend glückliche Erklärungen schwieriger Phänomene geleitet wird -- noch mehr, es ist sonderbar, daß seine aus einem so ganz mechanischen Anfange hergeleiteten Theorien dennoch eine für die chemische Untersuchung ungemein günstige Wendung nehmen. Man muß sie also, da man einmal Hypothesen nicht entbehren kan, als scharfsinnig gewählte Vorstellungsarten betrachten, welche neben andern einen vorzüglichen Platz verdienen, die beobachteten Facta unter allgemeine Gesichtspunkte ordnen, und zu fernern Untersuchungen den Weg bahnen. In dieser Rücksicht hat auch die de Lucsche Theorie der Elektricität ihren unverkennbaren Werth. Obgleich zum Ausdruck der Phänomene und Gesetze selbst, die Symmerische Vorstellungsart von zwey verschiedenen elektrischen Materien, und die Lichtenbergische Bezeichnung derselben durch + E und -- E weit bequemer und schicklicher bleibt, so kan doch die de Lucsche Idee von Zusammensetzung und Zersetzung des elektrischen Fluidums, wenn die Erscheinungen in dieser Beziehung betrachtet werden, vielleicht zu einer nähern chemischen Kenntniß dieses räthselhaften Stoffs, und zu mancher glücklichen Erklärung der davon abhängenden Naturbegebenheiten verhelfen. Hier habe ich dem, was schon im Wörterbuche von dieser Theorie gesagt ist, nur noch etwas von der Aehnlichkeit beyzufügen, welche Hr. de Luc zwischen dem elektrischen Fluidum und den Wasserdünsten findet.


iſt dieſe Theorie nur ein Zweig eines weit ausgebreitetern Syſtems, welches Herr de Luc uͤber die Erſcheinungen der ſaͤmmtlichen ausdehnbaren Fluͤßigkeiten entworfen, und auf die mechaniſch-phyſiſchen Grundſaͤtze ſeines Lehrers, des Herrn le Sage in Genf, gegruͤndet hat, ſ. unten den Art. Expanſible Fluͤßigkeiten. Dieſe Grundſaͤtze, welche alles auf Stoß und Bewegung zuruͤckfuͤhren, haben freylich ein ſehr carteſianiſches Anſehen, und koͤnnen dem unbefangenen Phyſiker, dem es nach Newtons Beyſpiele mehr um erwieſene Thatſachen und Geſetze, als um willkuͤhrliche Hypotheſen zu thun iſt, unmoͤglich geſallen. Inzwiſchen iſt nicht zu laͤugnen, daß Herr de Luc durch eben dieſe mechaniſche Phyſik oft auf ſehr ſcharſſinnige und bisweilen auffallend gluͤckliche Erklaͤrungen ſchwieriger Phaͤnomene geleitet wird — noch mehr, es iſt ſonderbar, daß ſeine aus einem ſo ganz mechaniſchen Anfange hergeleiteten Theorien dennoch eine fuͤr die chemiſche Unterſuchung ungemein guͤnſtige Wendung nehmen. Man muß ſie alſo, da man einmal Hypotheſen nicht entbehren kan, als ſcharfſinnig gewaͤhlte Vorſtellungsarten betrachten, welche neben andern einen vorzuͤglichen Platz verdienen, die beobachteten Facta unter allgemeine Geſichtspunkte ordnen, und zu fernern Unterſuchungen den Weg bahnen. In dieſer Ruͤckſicht hat auch die de Lucſche Theorie der Elektricitaͤt ihren unverkennbaren Werth. Obgleich zum Ausdruck der Phaͤnomene und Geſetze ſelbſt, die Symmeriſche Vorſtellungsart von zwey verſchiedenen elektriſchen Materien, und die Lichtenbergiſche Bezeichnung derſelben durch + E und — E weit bequemer und ſchicklicher bleibt, ſo kan doch die de Lucſche Idee von Zuſammenſetzung und Zerſetzung des elektriſchen Fluidums, wenn die Erſcheinungen in dieſer Beziehung betrachtet werden, vielleicht zu einer naͤhern chemiſchen Kenntniß dieſes raͤthſelhaften Stoffs, und zu mancher gluͤcklichen Erklaͤrung der davon abhaͤngenden Naturbegebenheiten verhelfen. Hier habe ich dem, was ſchon im Woͤrterbuche von dieſer Theorie geſagt iſt, nur noch etwas von der Aehnlichkeit beyzufuͤgen, welche Hr. de Luc zwiſchen dem elektriſchen Fluidum und den Waſſerduͤnſten findet.

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[254/0266] iſt dieſe Theorie nur ein Zweig eines weit ausgebreitetern Syſtems, welches Herr de Luc uͤber die Erſcheinungen der ſaͤmmtlichen ausdehnbaren Fluͤßigkeiten entworfen, und auf die mechaniſch-phyſiſchen Grundſaͤtze ſeines Lehrers, des Herrn le Sage in Genf, gegruͤndet hat, ſ. unten den Art. Expanſible Fluͤßigkeiten. Dieſe Grundſaͤtze, welche alles auf Stoß und Bewegung zuruͤckfuͤhren, haben freylich ein ſehr carteſianiſches Anſehen, und koͤnnen dem unbefangenen Phyſiker, dem es nach Newtons Beyſpiele mehr um erwieſene Thatſachen und Geſetze, als um willkuͤhrliche Hypotheſen zu thun iſt, unmoͤglich geſallen. Inzwiſchen iſt nicht zu laͤugnen, daß Herr de Luc durch eben dieſe mechaniſche Phyſik oft auf ſehr ſcharſſinnige und bisweilen auffallend gluͤckliche Erklaͤrungen ſchwieriger Phaͤnomene geleitet wird — noch mehr, es iſt ſonderbar, daß ſeine aus einem ſo ganz mechaniſchen Anfange hergeleiteten Theorien dennoch eine fuͤr die chemiſche Unterſuchung ungemein guͤnſtige Wendung nehmen. Man muß ſie alſo, da man einmal Hypotheſen nicht entbehren kan, als ſcharfſinnig gewaͤhlte Vorſtellungsarten betrachten, welche neben andern einen vorzuͤglichen Platz verdienen, die beobachteten Facta unter allgemeine Geſichtspunkte ordnen, und zu fernern Unterſuchungen den Weg bahnen. In dieſer Ruͤckſicht hat auch die de Lucſche Theorie der Elektricitaͤt ihren unverkennbaren Werth. Obgleich zum Ausdruck der Phaͤnomene und Geſetze ſelbſt, die Symmeriſche Vorſtellungsart von zwey verſchiedenen elektriſchen Materien, und die Lichtenbergiſche Bezeichnung derſelben durch + E und — E weit bequemer und ſchicklicher bleibt, ſo kan doch die de Lucſche Idee von Zuſammenſetzung und Zerſetzung des elektriſchen Fluidums, wenn die Erſcheinungen in dieſer Beziehung betrachtet werden, vielleicht zu einer naͤhern chemiſchen Kenntniß dieſes raͤthſelhaften Stoffs, und zu mancher gluͤcklichen Erklaͤrung der davon abhaͤngenden Naturbegebenheiten verhelfen. Hier habe ich dem, was ſchon im Woͤrterbuche von dieſer Theorie geſagt iſt, nur noch etwas von der Aehnlichkeit beyzufuͤgen, welche Hr. de Luc zwiſchen dem elektriſchen Fluidum und den Waſſerduͤnſten findet.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/266>, abgerufen am 22.11.2024.