Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Die an Wetterschlägen selbst angestellten Erfahrungen aber lehren, daß der Blitz, wenn die metallische Leitung aufhört, sich an der Oberfläche der Erde endiget, und nicht einmal in Höhlen oder Keller eindringt, selbst unter hundert Fällen kaum einmal die Erde selbst beschädiget Selbst auf dem Wasser sieht man ihn nicht in die Tiefe fahren, sondern sich auf der Oberfläche mit heftiger Platzung verbreiten. Herr Reimarus hat die Fälle, wo Blitze tiefer eingeschlagen haben, sorgfältig aufgesucht; sie haben sich aber meistens auf freyem Felde ereignet, wo der Stoß der Luft schon dergleichen Wirkungen verursachen kan, auch sind die Löcher nie tief gewesen; in andern Fällen ist der Stral den Wurzeln der Bäume bis in die Erde gefolgt. Ein einziger Fall (Schwed. Abhandl. B. XI. S. 122.) kömmt vor, wo der Blitz in einer Kirche und zu beyden Seiten auf dem Kirchhofe die Erde aufgesprengt hatte. Dieser ist aber gerade so beschaffen, daß er keinen Bewegungsgrund abgeben kan, den Stral mit Vorsatz in den feuchten Boden zu sühren; denn hier war der Boden thonig und feucht; es war aber dennoch keine stille Vertheilung, sondern vielmehr eine heftige und ausgebreitete Platzung erfolgt. Zwar hat bey den meisten künstlichen Wetterleitern, die in die Erde giengen, der Blitz keine Aufsprengung des Bodens veranlasset, aber es ist daraus nichts weiter zu schließen, als daß er schon an der Oberfläche sein natürliches Ziel erreicht, und den Leiter verlassen habe, wie bey West's Ableiter (Philos. Trans. Vol. LIII. p. 94.) und an einem Wirthshause in Stockholm (Schwed. Abhandl. B. XXXII. S. 115.) aus dem Feuerscheine auf dem Pflaster offenbar zu ersehen war. Man findet dagegen bey eingesenkten Ableitungen immer noch mehr Beyspiele der Aussprengung des Bodens, als bey andern Wetterschlägen, wo sie überaus selten sind. Hr. R. führt fünf Beyspiele dieser Art an. Will man sagen, hier sey der Boden zu trocken oder der Ableiter nicht tief genug eingesenkt gewesen, so ist dieses nur grundlose Meinung. Man kan freylich den angenommenen Elektricitätsbehälter
Die an Wetterſchlaͤgen ſelbſt angeſtellten Erfahrungen aber lehren, daß der Blitz, wenn die metalliſche Leitung aufhoͤrt, ſich an der Oberflaͤche der Erde endiget, und nicht einmal in Hoͤhlen oder Keller eindringt, ſelbſt unter hundert Faͤllen kaum einmal die Erde ſelbſt beſchaͤdiget Selbſt auf dem Waſſer ſieht man ihn nicht in die Tiefe fahren, ſondern ſich auf der Oberflaͤche mit heftiger Platzung verbreiten. Herr Reimarus hat die Faͤlle, wo Blitze tiefer eingeſchlagen haben, ſorgfaͤltig aufgeſucht; ſie haben ſich aber meiſtens auf freyem Felde ereignet, wo der Stoß der Luft ſchon dergleichen Wirkungen verurſachen kan, auch ſind die Loͤcher nie tief geweſen; in andern Faͤllen iſt der Stral den Wurzeln der Baͤume bis in die Erde gefolgt. Ein einziger Fall (Schwed. Abhandl. B. XI. S. 122.) koͤmmt vor, wo der Blitz in einer Kirche und zu beyden Seiten auf dem Kirchhofe die Erde aufgeſprengt hatte. Dieſer iſt aber gerade ſo beſchaffen, daß er keinen Bewegungsgrund abgeben kan, den Stral mit Vorſatz in den feuchten Boden zu ſuͤhren; denn hier war der Boden thonig und feucht; es war aber dennoch keine ſtille Vertheilung, ſondern vielmehr eine heftige und ausgebreitete Platzung erfolgt. Zwar hat bey den meiſten kuͤnſtlichen Wetterleitern, die in die Erde giengen, der Blitz keine Aufſprengung des Bodens veranlaſſet, aber es iſt daraus nichts weiter zu ſchließen, als daß er ſchon an der Oberflaͤche ſein natuͤrliches Ziel erreicht, und den Leiter verlaſſen habe, wie bey Weſt's Ableiter (Philoſ. Trans. Vol. LIII. p. 94.) und an einem Wirthshauſe in Stockholm (Schwed. Abhandl. B. XXXII. S. 115.) aus dem Feuerſcheine auf dem Pflaſter offenbar zu erſehen war. Man findet dagegen bey eingeſenkten Ableitungen immer noch mehr Beyſpiele der Auſſprengung des Bodens, als bey andern Wetterſchlaͤgen, wo ſie uͤberaus ſelten ſind. Hr. R. fuͤhrt fuͤnf Beyſpiele dieſer Art an. Will man ſagen, hier ſey der Boden zu trocken oder der Ableiter nicht tief genug eingeſenkt geweſen, ſo iſt dieſes nur grundloſe Meinung. Man kan freylich den angenommenen Elektricitaͤtsbehaͤlter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0189" xml:id="P.5.177" n="177"/><lb/> ſtehenden Waſſer 135 Lachter oder uͤber 800 Fuß tief hinabgefuͤhrt ward.</p> <p>Die an Wetterſchlaͤgen ſelbſt angeſtellten Erfahrungen aber lehren, daß der Blitz, wenn die metalliſche Leitung aufhoͤrt, ſich an der Oberflaͤche der Erde endiget, und nicht einmal in Hoͤhlen oder Keller eindringt, ſelbſt unter hundert Faͤllen kaum einmal die Erde ſelbſt beſchaͤdiget Selbſt auf dem Waſſer ſieht man ihn nicht in die Tiefe fahren, ſondern ſich auf der Oberflaͤche mit heftiger Platzung verbreiten. Herr <hi rendition="#b">Reimarus</hi> hat die Faͤlle, wo Blitze tiefer eingeſchlagen haben, ſorgfaͤltig aufgeſucht; ſie haben ſich aber meiſtens auf freyem Felde ereignet, wo der Stoß der Luft ſchon dergleichen Wirkungen verurſachen kan, auch ſind die Loͤcher nie tief geweſen; in andern Faͤllen iſt der Stral den Wurzeln der Baͤume bis in die Erde gefolgt. Ein einziger Fall (Schwed. Abhandl. B. <hi rendition="#aq">XI.</hi> S. 122.) koͤmmt vor, wo der Blitz in einer Kirche und zu beyden Seiten auf dem Kirchhofe die Erde aufgeſprengt hatte. Dieſer iſt aber gerade ſo beſchaffen, daß er keinen Bewegungsgrund abgeben kan, den Stral mit Vorſatz in den feuchten Boden zu ſuͤhren; denn hier war der Boden thonig und feucht; es war aber dennoch keine ſtille Vertheilung, ſondern vielmehr eine heftige und ausgebreitete Platzung erfolgt.</p> <p>Zwar hat bey den meiſten kuͤnſtlichen Wetterleitern, die in die Erde giengen, der Blitz keine Aufſprengung des Bodens veranlaſſet, aber es iſt daraus nichts weiter zu ſchließen, als daß er ſchon an der Oberflaͤche ſein natuͤrliches Ziel erreicht, und den Leiter verlaſſen habe, wie bey <hi rendition="#b">Weſt's</hi> Ableiter <hi rendition="#aq">(Philoſ. Trans. Vol. LIII. p. 94.)</hi> und an einem Wirthshauſe in Stockholm (Schwed. Abhandl. B. <hi rendition="#aq">XXXII.</hi> S. 115.) aus dem Feuerſcheine auf dem Pflaſter offenbar zu erſehen war. Man findet dagegen bey eingeſenkten Ableitungen immer noch mehr Beyſpiele der Auſſprengung des Bodens, als bey andern Wetterſchlaͤgen, wo ſie uͤberaus ſelten ſind. Hr. R. fuͤhrt fuͤnf Beyſpiele dieſer Art an. Will man ſagen, hier ſey der Boden zu trocken oder der Ableiter nicht tief genug eingeſenkt geweſen, ſo iſt dieſes nur grundloſe Meinung. Man kan freylich den angenommenen Elektricitaͤtsbehaͤlter<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [177/0189]
ſtehenden Waſſer 135 Lachter oder uͤber 800 Fuß tief hinabgefuͤhrt ward.
Die an Wetterſchlaͤgen ſelbſt angeſtellten Erfahrungen aber lehren, daß der Blitz, wenn die metalliſche Leitung aufhoͤrt, ſich an der Oberflaͤche der Erde endiget, und nicht einmal in Hoͤhlen oder Keller eindringt, ſelbſt unter hundert Faͤllen kaum einmal die Erde ſelbſt beſchaͤdiget Selbſt auf dem Waſſer ſieht man ihn nicht in die Tiefe fahren, ſondern ſich auf der Oberflaͤche mit heftiger Platzung verbreiten. Herr Reimarus hat die Faͤlle, wo Blitze tiefer eingeſchlagen haben, ſorgfaͤltig aufgeſucht; ſie haben ſich aber meiſtens auf freyem Felde ereignet, wo der Stoß der Luft ſchon dergleichen Wirkungen verurſachen kan, auch ſind die Loͤcher nie tief geweſen; in andern Faͤllen iſt der Stral den Wurzeln der Baͤume bis in die Erde gefolgt. Ein einziger Fall (Schwed. Abhandl. B. XI. S. 122.) koͤmmt vor, wo der Blitz in einer Kirche und zu beyden Seiten auf dem Kirchhofe die Erde aufgeſprengt hatte. Dieſer iſt aber gerade ſo beſchaffen, daß er keinen Bewegungsgrund abgeben kan, den Stral mit Vorſatz in den feuchten Boden zu ſuͤhren; denn hier war der Boden thonig und feucht; es war aber dennoch keine ſtille Vertheilung, ſondern vielmehr eine heftige und ausgebreitete Platzung erfolgt.
Zwar hat bey den meiſten kuͤnſtlichen Wetterleitern, die in die Erde giengen, der Blitz keine Aufſprengung des Bodens veranlaſſet, aber es iſt daraus nichts weiter zu ſchließen, als daß er ſchon an der Oberflaͤche ſein natuͤrliches Ziel erreicht, und den Leiter verlaſſen habe, wie bey Weſt's Ableiter (Philoſ. Trans. Vol. LIII. p. 94.) und an einem Wirthshauſe in Stockholm (Schwed. Abhandl. B. XXXII. S. 115.) aus dem Feuerſcheine auf dem Pflaſter offenbar zu erſehen war. Man findet dagegen bey eingeſenkten Ableitungen immer noch mehr Beyſpiele der Auſſprengung des Bodens, als bey andern Wetterſchlaͤgen, wo ſie uͤberaus ſelten ſind. Hr. R. fuͤhrt fuͤnf Beyſpiele dieſer Art an. Will man ſagen, hier ſey der Boden zu trocken oder der Ableiter nicht tief genug eingeſenkt geweſen, ſo iſt dieſes nur grundloſe Meinung. Man kan freylich den angenommenen Elektricitaͤtsbehaͤlter
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