Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Forste des Daches nahe liegen, so muß man der äußern Ableitung einen desto reichlichern Umfang geben, oder an verschiedenen Enden Ableitungen herunterführen.

Retten leiten zwar nicht mit vollkommner Continuität, thun aber doch, wenn sie nur frey hängen und nicht allzu dünn sind, im Nothfall noch Dienste. Nur, wo kleine Funken in der Nähe schaden können, sind sie zu vermeiden.

Eine dicke Uebermalung mit Oelfarbe oder Rienruß beschützt zwar auch die darunter gelegenen Theile; inzwischen ist die Leitung von Metall immer überwiegend vorzuziehen. Die Erfahrungen zeigen, daß der Stral von solchen Ueberzügen auf nahe Metalle abspringt, oder den Ueberzug abwirft, daher man sich auf eine sichere Leitung dabey nicht verlassen kan.

Was das untere Ende der Ableitung betrift, so stellte man sich sonst im Innern der Erde gleichsam einen allgemeinen Elektricitätsbehälter vor, oder einen eignen Sammelplatz, zu welchem man dem Blitze den Zugang erleichtern und denselben daher tief in die Erde führen müsse. Nach den elektrischen Versuchen aber sollten wir vielmehr schließen, daß die Wetterwolke nur einen verhältnißmäßigen Theil der Oberfläche und der darauf hervorragenden Körper in eine gegenseitige Elektricität versetze, die sich wieder verliert, wenn die Wolke ohne Schlag vorbeygeht, wie bey den elektrisirten Tafeln. Man müßte also beweisen, daß die gegenseitige Elektricität tief unter der Erde sey, welches unwahrscheinlich ist. Herr Reimarus hält es sogar für unnöthig, den Ableiter bis in feuchte Erde oder Wasser zu führen, da doch die Feuchtigkeit nur ein schlechter Leiter sey, und ein Schlag durch kleine Zwischenräume von Feuchtigkeit nicht anders, als mit Explosion gehe, und dieselbe in Dunst verwandle. Eine solche Explosion werde denn auch statt finden, wenn der Stral aus dem Metalle, dem er bis ans Ende folge, in feuchtes Erdreich übergehe. Herr Lempe (Magazin für die Bergbaukunde, Th. V. S. 150. u. f.) beschreibt einen Wetterschlag, der am 16. Jun. 1787 auf Bescheert-Glück-Fundgrube in Freyberger Refier an dem Klingeldrathe des Huthauses hinab bis zur dritten Gezeugstrecke in die im Treibeschachts-Tiefsten


Forſte des Daches nahe liegen, ſo muß man der aͤußern Ableitung einen deſto reichlichern Umfang geben, oder an verſchiedenen Enden Ableitungen herunterfuͤhren.

Retten leiten zwar nicht mit vollkommner Continuitaͤt, thun aber doch, wenn ſie nur frey haͤngen und nicht allzu duͤnn ſind, im Nothfall noch Dienſte. Nur, wo kleine Funken in der Naͤhe ſchaden koͤnnen, ſind ſie zu vermeiden.

Eine dicke Uebermalung mit Oelfarbe oder Rienruß beſchuͤtzt zwar auch die darunter gelegenen Theile; inzwiſchen iſt die Leitung von Metall immer uͤberwiegend vorzuziehen. Die Erfahrungen zeigen, daß der Stral von ſolchen Ueberzuͤgen auf nahe Metalle abſpringt, oder den Ueberzug abwirft, daher man ſich auf eine ſichere Leitung dabey nicht verlaſſen kan.

Was das untere Ende der Ableitung betrift, ſo ſtellte man ſich ſonſt im Innern der Erde gleichſam einen allgemeinen Elektricitaͤtsbehaͤlter vor, oder einen eignen Sammelplatz, zu welchem man dem Blitze den Zugang erleichtern und denſelben daher tief in die Erde fuͤhren muͤſſe. Nach den elektriſchen Verſuchen aber ſollten wir vielmehr ſchließen, daß die Wetterwolke nur einen verhaͤltnißmaͤßigen Theil der Oberflaͤche und der darauf hervorragenden Koͤrper in eine gegenſeitige Elektricitaͤt verſetze, die ſich wieder verliert, wenn die Wolke ohne Schlag vorbeygeht, wie bey den elektriſirten Tafeln. Man muͤßte alſo beweiſen, daß die gegenſeitige Elektricitaͤt tief unter der Erde ſey, welches unwahrſcheinlich iſt. Herr Reimarus haͤlt es ſogar fuͤr unnoͤthig, den Ableiter bis in feuchte Erde oder Waſſer zu fuͤhren, da doch die Feuchtigkeit nur ein ſchlechter Leiter ſey, und ein Schlag durch kleine Zwiſchenraͤume von Feuchtigkeit nicht anders, als mit Exploſion gehe, und dieſelbe in Dunſt verwandle. Eine ſolche Exploſion werde denn auch ſtatt finden, wenn der Stral aus dem Metalle, dem er bis ans Ende folge, in feuchtes Erdreich uͤbergehe. Herr Lempe (Magazin fuͤr die Bergbaukunde, Th. V. S. 150. u. f.) beſchreibt einen Wetterſchlag, der am 16. Jun. 1787 auf Beſcheert-Gluͤck-Fundgrube in Freyberger Refier an dem Klingeldrathe des Huthauſes hinab bis zur dritten Gezeugſtrecke in die im Treibeſchachts-Tiefſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0188" xml:id="P.5.176" n="176"/><lb/>
For&#x017F;te des Daches nahe liegen, &#x017F;o muß man der a&#x0364;ußern Ableitung einen de&#x017F;to reichlichern Umfang geben, oder an ver&#x017F;chiedenen Enden Ableitungen herunterfu&#x0364;hren.</p>
              <p><hi rendition="#b">Retten</hi> leiten zwar nicht mit vollkommner Continuita&#x0364;t, thun aber doch, wenn &#x017F;ie nur frey ha&#x0364;ngen und nicht allzu du&#x0364;nn &#x017F;ind, im Nothfall noch Dien&#x017F;te. Nur, wo kleine Funken in der Na&#x0364;he &#x017F;chaden ko&#x0364;nnen, &#x017F;ind &#x017F;ie zu vermeiden.</p>
              <p>Eine dicke Uebermalung mit <hi rendition="#b">Oelfarbe</hi> oder <hi rendition="#b">Rienruß</hi> be&#x017F;chu&#x0364;tzt zwar auch die darunter gelegenen Theile; inzwi&#x017F;chen i&#x017F;t die Leitung von Metall immer u&#x0364;berwiegend vorzuziehen. Die Erfahrungen zeigen, daß der Stral von &#x017F;olchen Ueberzu&#x0364;gen auf nahe Metalle ab&#x017F;pringt, oder den Ueberzug abwirft, daher man &#x017F;ich auf eine &#x017F;ichere Leitung dabey nicht verla&#x017F;&#x017F;en kan.</p>
              <p>Was das <hi rendition="#b">untere Ende</hi> der Ableitung betrift, &#x017F;o &#x017F;tellte man &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t im Innern der Erde gleich&#x017F;am einen allgemeinen Elektricita&#x0364;tsbeha&#x0364;lter vor, oder einen eignen Sammelplatz, zu welchem man dem Blitze den Zugang erleichtern und den&#x017F;elben daher tief in die Erde fu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Nach den elektri&#x017F;chen Ver&#x017F;uchen aber &#x017F;ollten wir vielmehr &#x017F;chließen, daß die Wetterwolke nur einen verha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßigen Theil der Oberfla&#x0364;che und der darauf hervorragenden Ko&#x0364;rper in eine gegen&#x017F;eitige Elektricita&#x0364;t ver&#x017F;etze, die &#x017F;ich wieder verliert, wenn die Wolke ohne Schlag vorbeygeht, wie bey den elektri&#x017F;irten Tafeln. Man mu&#x0364;ßte al&#x017F;o bewei&#x017F;en, daß die gegen&#x017F;eitige Elektricita&#x0364;t tief unter der Erde &#x017F;ey, welches unwahr&#x017F;cheinlich i&#x017F;t. Herr <hi rendition="#b">Reimarus</hi> ha&#x0364;lt es &#x017F;ogar fu&#x0364;r unno&#x0364;thig, den Ableiter bis in <hi rendition="#b">feuchte Erde</hi> oder <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;er</hi> zu fu&#x0364;hren, da doch die Feuchtigkeit nur ein &#x017F;chlechter Leiter &#x017F;ey, und ein Schlag durch kleine Zwi&#x017F;chenra&#x0364;ume von Feuchtigkeit nicht anders, als mit Explo&#x017F;ion gehe, und die&#x017F;elbe in Dun&#x017F;t verwandle. Eine &#x017F;olche Explo&#x017F;ion werde denn auch &#x017F;tatt finden, wenn der Stral aus dem Metalle, dem er bis ans Ende folge, in feuchtes Erdreich u&#x0364;bergehe. Herr <hi rendition="#b">Lempe</hi> (Magazin fu&#x0364;r die Bergbaukunde, Th. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 150. u. f.) be&#x017F;chreibt einen Wetter&#x017F;chlag, der am 16. Jun. 1787 auf Be&#x017F;cheert-Glu&#x0364;ck-Fundgrube in Freyberger Refier an dem Klingeldrathe des Huthau&#x017F;es hinab bis zur dritten Gezeug&#x017F;trecke in die im Treibe&#x017F;chachts-Tief&#x017F;ten<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0188] Forſte des Daches nahe liegen, ſo muß man der aͤußern Ableitung einen deſto reichlichern Umfang geben, oder an verſchiedenen Enden Ableitungen herunterfuͤhren. Retten leiten zwar nicht mit vollkommner Continuitaͤt, thun aber doch, wenn ſie nur frey haͤngen und nicht allzu duͤnn ſind, im Nothfall noch Dienſte. Nur, wo kleine Funken in der Naͤhe ſchaden koͤnnen, ſind ſie zu vermeiden. Eine dicke Uebermalung mit Oelfarbe oder Rienruß beſchuͤtzt zwar auch die darunter gelegenen Theile; inzwiſchen iſt die Leitung von Metall immer uͤberwiegend vorzuziehen. Die Erfahrungen zeigen, daß der Stral von ſolchen Ueberzuͤgen auf nahe Metalle abſpringt, oder den Ueberzug abwirft, daher man ſich auf eine ſichere Leitung dabey nicht verlaſſen kan. Was das untere Ende der Ableitung betrift, ſo ſtellte man ſich ſonſt im Innern der Erde gleichſam einen allgemeinen Elektricitaͤtsbehaͤlter vor, oder einen eignen Sammelplatz, zu welchem man dem Blitze den Zugang erleichtern und denſelben daher tief in die Erde fuͤhren muͤſſe. Nach den elektriſchen Verſuchen aber ſollten wir vielmehr ſchließen, daß die Wetterwolke nur einen verhaͤltnißmaͤßigen Theil der Oberflaͤche und der darauf hervorragenden Koͤrper in eine gegenſeitige Elektricitaͤt verſetze, die ſich wieder verliert, wenn die Wolke ohne Schlag vorbeygeht, wie bey den elektriſirten Tafeln. Man muͤßte alſo beweiſen, daß die gegenſeitige Elektricitaͤt tief unter der Erde ſey, welches unwahrſcheinlich iſt. Herr Reimarus haͤlt es ſogar fuͤr unnoͤthig, den Ableiter bis in feuchte Erde oder Waſſer zu fuͤhren, da doch die Feuchtigkeit nur ein ſchlechter Leiter ſey, und ein Schlag durch kleine Zwiſchenraͤume von Feuchtigkeit nicht anders, als mit Exploſion gehe, und dieſelbe in Dunſt verwandle. Eine ſolche Exploſion werde denn auch ſtatt finden, wenn der Stral aus dem Metalle, dem er bis ans Ende folge, in feuchtes Erdreich uͤbergehe. Herr Lempe (Magazin fuͤr die Bergbaukunde, Th. V. S. 150. u. f.) beſchreibt einen Wetterſchlag, der am 16. Jun. 1787 auf Beſcheert-Gluͤck-Fundgrube in Freyberger Refier an dem Klingeldrathe des Huthauſes hinab bis zur dritten Gezeugſtrecke in die im Treibeſchachts-Tiefſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/188
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/188>, abgerufen am 25.11.2024.