angewandte Kraft vermindert. Dieses scheint mit der im Wörterbuche gegebnen Erklärung sehr wohl übereinzustimmen: denn eine solche Verminderung der Kraft kan geschehen 1) durch Verwendung der Kraft selbst auf Hervorbringung von Wirkungen, 2) durch Hinzukommen einer neuen entgegengesetzten Kraft. In beyden Fällen wird die Kraft vermindert; in beyden wird sie auch so verwendet, daß sie andere Wirkungen ganz oder zum Theil nicht mehr äussern kan: beydemal scheint also, sowohl nach Herrn Gren, als nach der gewöhnlichen Erklärung, Widerstand vorhanden zu seyn.
Man pflegt sogar, wie ich S. 745. erinnert habe, dasjenige vorzüglich Widerstand zu nennen, was an sich keine Bewegung hervorbringt, sondern nur andere Bewegungen hindert, was also eigentlich nicht Kraft ist, sondern nur zum Behuf der Rechnung als Kraft betrachtet, und von Herrn Kästner so schicklich ein Wiederhall anderer Kräfte genannt wird. Eine entgegenwirkende Kraft, die selbst Bewegung hervorzubringen strebt, verhält sich ganz anders als dieser Widerstand; sie wirkt immer soviel, als ihrer Größe gemäß ist, da hingegen der Widerstand nur das thut, wozu er aufgefordert wird. In diesem Sinne redet man vom Widerstand träger Mittel, und schreibt der Trägheit Widerstand zu, nicht als ob man ihr damit eine Kraft beylegt, sondern eben darum, weil man sie von Kraft unterscheidet.
Herr Gren hingegen will gerade umgekehrt nur da Widerstand zugeben, wo eine Kraft durch Hinzukommen neuer entgegengesetzter Kräfte vermindert wird. In den angeführten Fällen hingegen, wo die bisherige Mechanik den Namen Widerstand vorzüglich brauchte, z. B. bey blos trägen Massen, will er die Idee von Widerstand gänzlich verbannen. Es ist nöthig, hierüber seine eignen Worte anzuführen.
"Aus dem Begriff der Trägheit fließt nicht, daß der "Körper, um aus Ruhe in Bewegung, oder aus Bewe"gung in Ruhe gebracht zu werden, Widerstand leiste. "Widerstand setzt Kraft voraus; die bloß trägen Kör"per müßten also, um bey Ruhe oder Bewegung zu wider"stehen,
angewandte Kraft vermindert. Dieſes ſcheint mit der im Woͤrterbuche gegebnen Erklaͤrung ſehr wohl uͤbereinzuſtimmen: denn eine ſolche Verminderung der Kraft kan geſchehen 1) durch Verwendung der Kraft ſelbſt auf Hervorbringung von Wirkungen, 2) durch Hinzukommen einer neuen entgegengeſetzten Kraft. In beyden Faͤllen wird die Kraft vermindert; in beyden wird ſie auch ſo verwendet, daß ſie andere Wirkungen ganz oder zum Theil nicht mehr aͤuſſern kan: beydemal ſcheint alſo, ſowohl nach Herrn Gren, als nach der gewoͤhnlichen Erklaͤrung, Widerſtand vorhanden zu ſeyn.
Man pflegt ſogar, wie ich S. 745. erinnert habe, dasjenige vorzuͤglich Widerſtand zu nennen, was an ſich keine Bewegung hervorbringt, ſondern nur andere Bewegungen hindert, was alſo eigentlich nicht Kraft iſt, ſondern nur zum Behuf der Rechnung als Kraft betrachtet, und von Herrn Kaͤſtner ſo ſchicklich ein Wiederhall anderer Kraͤfte genannt wird. Eine entgegenwirkende Kraft, die ſelbſt Bewegung hervorzubringen ſtrebt, verhaͤlt ſich ganz anders als dieſer Widerſtand; ſie wirkt immer ſoviel, als ihrer Groͤße gemaͤß iſt, da hingegen der Widerſtand nur das thut, wozu er aufgefordert wird. In dieſem Sinne redet man vom Widerſtand traͤger Mittel, und ſchreibt der Traͤgheit Widerſtand zu, nicht als ob man ihr damit eine Kraft beylegt, ſondern eben darum, weil man ſie von Kraft unterſcheidet.
Herr Gren hingegen will gerade umgekehrt nur da Widerſtand zugeben, wo eine Kraft durch Hinzukommen neuer entgegengeſetzter Kraͤfte vermindert wird. In den angefuͤhrten Faͤllen hingegen, wo die bisherige Mechanik den Namen Widerſtand vorzuͤglich brauchte, z. B. bey blos traͤgen Maſſen, will er die Idee von Widerſtand gaͤnzlich verbannen. Es iſt noͤthig, hieruͤber ſeine eignen Worte anzufuͤhren.
”Aus dem Begriff der Traͤgheit fließt nicht, daß der ”Koͤrper, um aus Ruhe in Bewegung, oder aus Bewe”gung in Ruhe gebracht zu werden, Widerſtand leiſte. ”Widerſtand ſetzt Kraft voraus; die bloß traͤgen Koͤr”per muͤßten alſo, um bey Ruhe oder Bewegung zu wider”ſtehen,
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angewandte Kraft vermindert. Dieſes ſcheint mit der im Woͤrterbuche gegebnen Erklaͤrung ſehr wohl uͤbereinzuſtimmen: denn eine ſolche Verminderung der Kraft kan geſchehen 1) durch Verwendung der Kraft ſelbſt auf Hervorbringung von Wirkungen, 2) durch Hinzukommen einer neuen entgegengeſetzten Kraft. In beyden Faͤllen wird die Kraft vermindert; in beyden wird ſie auch ſo verwendet, daß ſie andere Wirkungen ganz oder zum Theil nicht mehr aͤuſſern kan: beydemal ſcheint alſo, ſowohl nach Herrn <hirendition="#b">Gren,</hi> als nach der gewoͤhnlichen Erklaͤrung, <hirendition="#b">Widerſtand</hi> vorhanden zu ſeyn.</p><p>Man pflegt ſogar, wie ich S. 745. erinnert habe, dasjenige vorzuͤglich <hirendition="#b">Widerſtand</hi> zu nennen, was an ſich keine Bewegung hervorbringt, ſondern nur andere Bewegungen hindert, was alſo eigentlich nicht <hirendition="#b">Kraft</hi> iſt, ſondern nur zum Behuf der Rechnung als Kraft betrachtet, und von Herrn <hirendition="#b">Kaͤſtner</hi>ſo ſchicklich ein Wiederhall anderer Kraͤfte genannt wird. Eine entgegenwirkende Kraft, die ſelbſt Bewegung hervorzubringen ſtrebt, verhaͤlt ſich ganz anders als dieſer Widerſtand; ſie wirkt immer ſoviel, als ihrer Groͤße gemaͤß iſt, da hingegen der Widerſtand nur das thut, wozu er aufgefordert wird. In dieſem Sinne redet man vom Widerſtand traͤger Mittel, und ſchreibt der Traͤgheit Widerſtand zu, nicht als ob man ihr damit eine Kraft beylegt, ſondern eben darum, weil man ſie von Kraft unterſcheidet.</p><p>Herr <hirendition="#b">Gren</hi> hingegen will gerade umgekehrt nur da Widerſtand zugeben, wo eine Kraft durch Hinzukommen neuer entgegengeſetzter Kraͤfte vermindert wird. In den angefuͤhrten Faͤllen hingegen, wo die bisherige Mechanik den Namen Widerſtand vorzuͤglich brauchte, z. B. bey blos traͤgen Maſſen, will er die Idee von Widerſtand gaͤnzlich verbannen. Es iſt noͤthig, hieruͤber ſeine eignen Worte anzufuͤhren.</p><p>”Aus dem Begriff der Traͤgheit fließt nicht, daß der ”Koͤrper, um aus Ruhe in Bewegung, oder aus Bewe”gung in Ruhe gebracht zu werden, Widerſtand leiſte. ”<hirendition="#b">Widerſtand ſetzt Kraft voraus;</hi> die bloß traͤgen Koͤr”per muͤßten alſo, um bey Ruhe oder Bewegung zu wider”ſtehen,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
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angewandte Kraft vermindert. Dieſes ſcheint mit der im Woͤrterbuche gegebnen Erklaͤrung ſehr wohl uͤbereinzuſtimmen: denn eine ſolche Verminderung der Kraft kan geſchehen 1) durch Verwendung der Kraft ſelbſt auf Hervorbringung von Wirkungen, 2) durch Hinzukommen einer neuen entgegengeſetzten Kraft. In beyden Faͤllen wird die Kraft vermindert; in beyden wird ſie auch ſo verwendet, daß ſie andere Wirkungen ganz oder zum Theil nicht mehr aͤuſſern kan: beydemal ſcheint alſo, ſowohl nach Herrn Gren, als nach der gewoͤhnlichen Erklaͤrung, Widerſtand vorhanden zu ſeyn.
Man pflegt ſogar, wie ich S. 745. erinnert habe, dasjenige vorzuͤglich Widerſtand zu nennen, was an ſich keine Bewegung hervorbringt, ſondern nur andere Bewegungen hindert, was alſo eigentlich nicht Kraft iſt, ſondern nur zum Behuf der Rechnung als Kraft betrachtet, und von Herrn Kaͤſtner ſo ſchicklich ein Wiederhall anderer Kraͤfte genannt wird. Eine entgegenwirkende Kraft, die ſelbſt Bewegung hervorzubringen ſtrebt, verhaͤlt ſich ganz anders als dieſer Widerſtand; ſie wirkt immer ſoviel, als ihrer Groͤße gemaͤß iſt, da hingegen der Widerſtand nur das thut, wozu er aufgefordert wird. In dieſem Sinne redet man vom Widerſtand traͤger Mittel, und ſchreibt der Traͤgheit Widerſtand zu, nicht als ob man ihr damit eine Kraft beylegt, ſondern eben darum, weil man ſie von Kraft unterſcheidet.
Herr Gren hingegen will gerade umgekehrt nur da Widerſtand zugeben, wo eine Kraft durch Hinzukommen neuer entgegengeſetzter Kraͤfte vermindert wird. In den angefuͤhrten Faͤllen hingegen, wo die bisherige Mechanik den Namen Widerſtand vorzuͤglich brauchte, z. B. bey blos traͤgen Maſſen, will er die Idee von Widerſtand gaͤnzlich verbannen. Es iſt noͤthig, hieruͤber ſeine eignen Worte anzufuͤhren.
”Aus dem Begriff der Traͤgheit fließt nicht, daß der ”Koͤrper, um aus Ruhe in Bewegung, oder aus Bewe”gung in Ruhe gebracht zu werden, Widerſtand leiſte. ”Widerſtand ſetzt Kraft voraus; die bloß traͤgen Koͤr”per muͤßten alſo, um bey Ruhe oder Bewegung zu wider”ſtehen,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1012. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1024>, abgerufen am 22.11.2024.
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