2 Zoll weit von einander ab; die dicksten haben 2 Lin. im Durchmesser, die mittlern 1 1/2, und die dünnsten sind 1 Lin. stark. Sie liegen in der Mittagsfläche, machen mit dem Horizont einen Winkel von 20--30 Graden, und sind durch Walzen mit Stirnrädern und Sperrhaken stark gespannt. Bey jeder Veränderung des Wetters tönen diese Saiten; bald glaubt man den Ton eines Theekessels zu hören, ehe das Wasser in demselben zum Sieden kommt, bald eine Harmonika, bald ein fernes Geläute, bald eine Orgel. Oft wird das Getöne so stark, daß das Concert im Gartensaale dadurch gestört wird.
Der Erfinder dieses sonderbaren Wetterzeigers ist der P. Ventan, Probst zu Bürckli unweit Basel. Er schoß zuweilen aus dem Fenster nach der Scheibe, mochte aber nicht nach jedem Schusse zu der Scheibe gehen, hieng also dieselbe an einem langen Eisendrath auf, um sie daran herbey- und wieder zurückziehen zu können. Nun bemerkte er des Nachts zuweilen, daß sein Drath tönte. Er gab genauer Acht, und es zeigte sich, daß jeder Eisendrath, wenn er mit der Mittagslinie parallel gespannt wird, bey jeder Aenderung des Wetters dieses Getöne mache. Messingdrath tönte nicht, eben so wenig Eisendrath von Osten nach Westen gespannt. So weit die oben erwähnte Nachricht.
Herr Hofrath Lichtenberg, der dieselbe im Göttingischen Taschenbuche für 1789 mittheilt, sucht die Ursache dieses Phänomens entweder in Bewegung der Luft, oder in Veränderung der Dräthe durch Hitze und Kälte, oder in verschiedener Spannung derselben durch Feuchtigkeit, die auf das Gebäude wirkt, woran sie befestiget sind. Alle diese Ursachen, glaubt er, können stoßweise wirken. Das regelmäßige Knacken der Ofenplatten und der eisernen Ofenthüren beym Einheizen und Erkalten zeige, daß diese Ausdehnung beym Eisen ruckweise geschehe, wodurch ein Prallen und ein Ton entstehen könne, der bey dem empfindlichern Messing, dessen Ausdehnung steter sey, nicht statt finde. Vorzüglich müsse man die Bewegung der Luft in Betrachtung ziehen, welche auch kleine Zweige oder Hälmchen in Schwingungen bringe, mithin auch lange Saiten durch wellenförmige
2 Zoll weit von einander ab; die dickſten haben 2 Lin. im Durchmeſſer, die mittlern 1 1/2, und die duͤnnſten ſind 1 Lin. ſtark. Sie liegen in der Mittagsflaͤche, machen mit dem Horizont einen Winkel von 20—30 Graden, und ſind durch Walzen mit Stirnraͤdern und Sperrhaken ſtark geſpannt. Bey jeder Veraͤnderung des Wetters toͤnen dieſe Saiten; bald glaubt man den Ton eines Theekeſſels zu hoͤren, ehe das Waſſer in demſelben zum Sieden kommt, bald eine Harmonika, bald ein fernes Gelaͤute, bald eine Orgel. Oft wird das Getoͤne ſo ſtark, daß das Concert im Gartenſaale dadurch geſtoͤrt wird.
Der Erfinder dieſes ſonderbaren Wetterzeigers iſt der P. Ventan, Probſt zu Buͤrckli unweit Baſel. Er ſchoß zuweilen aus dem Fenſter nach der Scheibe, mochte aber nicht nach jedem Schuſſe zu der Scheibe gehen, hieng alſo dieſelbe an einem langen Eiſendrath auf, um ſie daran herbey- und wieder zuruͤckziehen zu koͤnnen. Nun bemerkte er des Nachts zuweilen, daß ſein Drath toͤnte. Er gab genauer Acht, und es zeigte ſich, daß jeder Eiſendrath, wenn er mit der Mittagslinie parallel geſpannt wird, bey jeder Aenderung des Wetters dieſes Getoͤne mache. Meſſingdrath toͤnte nicht, eben ſo wenig Eiſendrath von Oſten nach Weſten geſpannt. So weit die oben erwaͤhnte Nachricht.
Herr Hofrath Lichtenberg, der dieſelbe im Goͤttingiſchen Taſchenbuche fuͤr 1789 mittheilt, ſucht die Urſache dieſes Phaͤnomens entweder in Bewegung der Luft, oder in Veraͤnderung der Draͤthe durch Hitze und Kaͤlte, oder in verſchiedener Spannung derſelben durch Feuchtigkeit, die auf das Gebaͤude wirkt, woran ſie befeſtiget ſind. Alle dieſe Urſachen, glaubt er, koͤnnen ſtoßweiſe wirken. Das regelmaͤßige Knacken der Ofenplatten und der eiſernen Ofenthuͤren beym Einheizen und Erkalten zeige, daß dieſe Ausdehnung beym Eiſen ruckweiſe geſchehe, wodurch ein Prallen und ein Ton entſtehen koͤnne, der bey dem empfindlichern Meſſing, deſſen Ausdehnung ſteter ſey, nicht ſtatt finde. Vorzuͤglich muͤſſe man die Bewegung der Luft in Betrachtung ziehen, welche auch kleine Zweige oder Haͤlmchen in Schwingungen bringe, mithin auch lange Saiten durch wellenfoͤrmige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f1020"xml:id="P.5.1008"n="1008"/><lb/>
2 Zoll weit von einander ab; die dickſten haben 2 Lin. im Durchmeſſer, die mittlern 1 1/2, und die duͤnnſten ſind 1 Lin. ſtark. Sie liegen in der Mittagsflaͤche, machen mit dem Horizont einen Winkel von 20—30 Graden, und ſind durch Walzen mit Stirnraͤdern und Sperrhaken ſtark geſpannt. Bey jeder Veraͤnderung des Wetters toͤnen dieſe Saiten; bald glaubt man den Ton eines Theekeſſels zu hoͤren, ehe das Waſſer in demſelben zum Sieden kommt, bald eine Harmonika, bald ein fernes Gelaͤute, bald eine Orgel. Oft wird das Getoͤne ſo ſtark, daß das Concert im Gartenſaale dadurch geſtoͤrt wird.</p><p>Der Erfinder dieſes ſonderbaren Wetterzeigers iſt der <hirendition="#b">P. Ventan,</hi> Probſt zu Buͤrckli unweit Baſel. Er ſchoß zuweilen aus dem Fenſter nach der Scheibe, mochte aber nicht nach jedem Schuſſe zu der Scheibe gehen, hieng alſo dieſelbe an einem langen Eiſendrath auf, um ſie daran herbey- und wieder zuruͤckziehen zu koͤnnen. Nun bemerkte er des Nachts zuweilen, daß ſein Drath toͤnte. Er gab genauer Acht, und es zeigte ſich, daß jeder <hirendition="#b">Eiſendrath,</hi> wenn er mit der Mittagslinie parallel geſpannt wird, bey jeder Aenderung des Wetters dieſes Getoͤne mache. Meſſingdrath toͤnte nicht, eben ſo wenig Eiſendrath von Oſten nach Weſten geſpannt. So weit die oben erwaͤhnte Nachricht.</p><p>Herr Hofrath <hirendition="#b">Lichtenberg,</hi> der dieſelbe im Goͤttingiſchen Taſchenbuche fuͤr 1789 mittheilt, ſucht die Urſache dieſes Phaͤnomens entweder in Bewegung der Luft, oder in Veraͤnderung der Draͤthe durch Hitze und Kaͤlte, oder in verſchiedener Spannung derſelben durch Feuchtigkeit, die auf das Gebaͤude wirkt, woran ſie befeſtiget ſind. Alle dieſe Urſachen, glaubt er, koͤnnen ſtoßweiſe wirken. Das regelmaͤßige Knacken der Ofenplatten und der eiſernen Ofenthuͤren beym Einheizen und Erkalten zeige, daß dieſe Ausdehnung beym Eiſen ruckweiſe geſchehe, wodurch ein Prallen und ein Ton entſtehen koͤnne, der bey dem empfindlichern Meſſing, deſſen Ausdehnung ſteter ſey, nicht ſtatt finde. Vorzuͤglich muͤſſe man die Bewegung der Luft in Betrachtung ziehen, welche auch kleine Zweige oder Haͤlmchen in Schwingungen bringe, mithin auch lange Saiten durch wellenfoͤrmige<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[1008/1020]
2 Zoll weit von einander ab; die dickſten haben 2 Lin. im Durchmeſſer, die mittlern 1 1/2, und die duͤnnſten ſind 1 Lin. ſtark. Sie liegen in der Mittagsflaͤche, machen mit dem Horizont einen Winkel von 20—30 Graden, und ſind durch Walzen mit Stirnraͤdern und Sperrhaken ſtark geſpannt. Bey jeder Veraͤnderung des Wetters toͤnen dieſe Saiten; bald glaubt man den Ton eines Theekeſſels zu hoͤren, ehe das Waſſer in demſelben zum Sieden kommt, bald eine Harmonika, bald ein fernes Gelaͤute, bald eine Orgel. Oft wird das Getoͤne ſo ſtark, daß das Concert im Gartenſaale dadurch geſtoͤrt wird.
Der Erfinder dieſes ſonderbaren Wetterzeigers iſt der P. Ventan, Probſt zu Buͤrckli unweit Baſel. Er ſchoß zuweilen aus dem Fenſter nach der Scheibe, mochte aber nicht nach jedem Schuſſe zu der Scheibe gehen, hieng alſo dieſelbe an einem langen Eiſendrath auf, um ſie daran herbey- und wieder zuruͤckziehen zu koͤnnen. Nun bemerkte er des Nachts zuweilen, daß ſein Drath toͤnte. Er gab genauer Acht, und es zeigte ſich, daß jeder Eiſendrath, wenn er mit der Mittagslinie parallel geſpannt wird, bey jeder Aenderung des Wetters dieſes Getoͤne mache. Meſſingdrath toͤnte nicht, eben ſo wenig Eiſendrath von Oſten nach Weſten geſpannt. So weit die oben erwaͤhnte Nachricht.
Herr Hofrath Lichtenberg, der dieſelbe im Goͤttingiſchen Taſchenbuche fuͤr 1789 mittheilt, ſucht die Urſache dieſes Phaͤnomens entweder in Bewegung der Luft, oder in Veraͤnderung der Draͤthe durch Hitze und Kaͤlte, oder in verſchiedener Spannung derſelben durch Feuchtigkeit, die auf das Gebaͤude wirkt, woran ſie befeſtiget ſind. Alle dieſe Urſachen, glaubt er, koͤnnen ſtoßweiſe wirken. Das regelmaͤßige Knacken der Ofenplatten und der eiſernen Ofenthuͤren beym Einheizen und Erkalten zeige, daß dieſe Ausdehnung beym Eiſen ruckweiſe geſchehe, wodurch ein Prallen und ein Ton entſtehen koͤnne, der bey dem empfindlichern Meſſing, deſſen Ausdehnung ſteter ſey, nicht ſtatt finde. Vorzuͤglich muͤſſe man die Bewegung der Luft in Betrachtung ziehen, welche auch kleine Zweige oder Haͤlmchen in Schwingungen bringe, mithin auch lange Saiten durch wellenfoͤrmige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1008. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1020>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.