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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Diese Lehren sind unbeschreiblich fruchtbar an nützlichen Anwendungen. Der Raum würde fehlen, um auch nur die vornehmsten derselben hier auszuführen. Ich will nur einiger wenigen, gleichsam zur Probe, gedenken, und bemerken, daß man etwas mehreres und vollständigeres hievon beym Musschenbroek (Introd. ad philos. nat. To. I. §. 572 sqq.) findet.

Würde z. B. ein Schiff in einer gegebenen Zeit vom Strome allein durch MV, vom Winde allein durch MT getrieben, so führen es beyde zusammen in eben der Zeit durch MC. Wird dem Winde ein Segel entgegengestellt, auf dessen größere Fläche er mit mehr Macht wirken kan, so wird die Bewegung durch MT verstärkt, und dadurch die Diagonale MC sowohl der Richtung als der Größe nach geändert. Stellt man das Segel dem Winde schief entgegen, wie CE, Taf. XXVII. Fig. 104. gegen die Richtung des Windes VD gestellt ist, so läßt sich erstlich die Kraft des Windes in zwo zerlegen, deren eine mit CE parallel läuft, und gar nicht aufs Segel wirkt, die andere aber auf CE senkrecht steht, und durch das Perpendikel DG ausgedrückt werden mag. Diese letztere Kraft wirkt allein, und würde das Schiff, wenn das Wasser gar nicht widerstünde, seitwärts nach der Richtung DG forttreiben. Es läßt sich aber DG wiederum nach zwo Richtungen zerlegen, deren eine DF auf die durch den Schwerpunkt D gehende Axe des Schiffs oder den Kiel AB senkrecht ist, die andere FG mit dem Kiele parallel läuft. Nun kan man den Widerstand des Wassers so ansehen, als ob er gegen die große Seitenfläche AE, mit der sich das Schiff gegen das Wasser stemmt, gerichtet, und also der Kraft oder Bewegung nach DF gerade entgegengesetzt wäre. Ist also dieser Widerstand so stark, daß er die Bewegung nach DF gerade aufhebt, so bleibt ganz allein die Kraft FG übrig, welche das Schiff parallel mit dem Kiele BA forttreibt, nach welcher Richtung das Wasser wegen der keilförmigen Gestalt des Schifss wenig oder gar keinen Widerstand thun kan. Weil aber in der That DF nur zum Theil, nicht ganz, aufgehoben, auch gegen FG noch einiger Widerstand vom Wasser ausgeübt


Dieſe Lehren ſind unbeſchreiblich fruchtbar an nuͤtzlichen Anwendungen. Der Raum wuͤrde fehlen, um auch nur die vornehmſten derſelben hier auszufuͤhren. Ich will nur einiger wenigen, gleichſam zur Probe, gedenken, und bemerken, daß man etwas mehreres und vollſtaͤndigeres hievon beym Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. §. 572 ſqq.) findet.

Wuͤrde z. B. ein Schiff in einer gegebenen Zeit vom Strome allein durch MV, vom Winde allein durch MT getrieben, ſo fuͤhren es beyde zuſammen in eben der Zeit durch MC. Wird dem Winde ein Segel entgegengeſtellt, auf deſſen groͤßere Flaͤche er mit mehr Macht wirken kan, ſo wird die Bewegung durch MT verſtaͤrkt, und dadurch die Diagonale MC ſowohl der Richtung als der Groͤße nach geaͤndert. Stellt man das Segel dem Winde ſchief entgegen, wie CE, Taf. XXVII. Fig. 104. gegen die Richtung des Windes VD geſtellt iſt, ſo laͤßt ſich erſtlich die Kraft des Windes in zwo zerlegen, deren eine mit CE parallel laͤuft, und gar nicht aufs Segel wirkt, die andere aber auf CE ſenkrecht ſteht, und durch das Perpendikel DG ausgedruͤckt werden mag. Dieſe letztere Kraft wirkt allein, und wuͤrde das Schiff, wenn das Waſſer gar nicht widerſtuͤnde, ſeitwaͤrts nach der Richtung DG forttreiben. Es laͤßt ſich aber DG wiederum nach zwo Richtungen zerlegen, deren eine DF auf die durch den Schwerpunkt D gehende Axe des Schiffs oder den Kiel AB ſenkrecht iſt, die andere FG mit dem Kiele parallel laͤuft. Nun kan man den Widerſtand des Waſſers ſo anſehen, als ob er gegen die große Seitenflaͤche AE, mit der ſich das Schiff gegen das Waſſer ſtemmt, gerichtet, und alſo der Kraft oder Bewegung nach DF gerade entgegengeſetzt waͤre. Iſt alſo dieſer Widerſtand ſo ſtark, daß er die Bewegung nach DF gerade aufhebt, ſo bleibt ganz allein die Kraft FG uͤbrig, welche das Schiff parallel mit dem Kiele BA forttreibt, nach welcher Richtung das Waſſer wegen der keilfoͤrmigen Geſtalt des Schifſs wenig oder gar keinen Widerſtand thun kan. Weil aber in der That DF nur zum Theil, nicht ganz, aufgehoben, auch gegen FG noch einiger Widerſtand vom Waſſer ausgeuͤbt

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[936/0946] Dieſe Lehren ſind unbeſchreiblich fruchtbar an nuͤtzlichen Anwendungen. Der Raum wuͤrde fehlen, um auch nur die vornehmſten derſelben hier auszufuͤhren. Ich will nur einiger wenigen, gleichſam zur Probe, gedenken, und bemerken, daß man etwas mehreres und vollſtaͤndigeres hievon beym Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. I. §. 572 ſqq.) findet. Wuͤrde z. B. ein Schiff in einer gegebenen Zeit vom Strome allein durch MV, vom Winde allein durch MT getrieben, ſo fuͤhren es beyde zuſammen in eben der Zeit durch MC. Wird dem Winde ein Segel entgegengeſtellt, auf deſſen groͤßere Flaͤche er mit mehr Macht wirken kan, ſo wird die Bewegung durch MT verſtaͤrkt, und dadurch die Diagonale MC ſowohl der Richtung als der Groͤße nach geaͤndert. Stellt man das Segel dem Winde ſchief entgegen, wie CE, Taf. XXVII. Fig. 104. gegen die Richtung des Windes VD geſtellt iſt, ſo laͤßt ſich erſtlich die Kraft des Windes in zwo zerlegen, deren eine mit CE parallel laͤuft, und gar nicht aufs Segel wirkt, die andere aber auf CE ſenkrecht ſteht, und durch das Perpendikel DG ausgedruͤckt werden mag. Dieſe letztere Kraft wirkt allein, und wuͤrde das Schiff, wenn das Waſſer gar nicht widerſtuͤnde, ſeitwaͤrts nach der Richtung DG forttreiben. Es laͤßt ſich aber DG wiederum nach zwo Richtungen zerlegen, deren eine DF auf die durch den Schwerpunkt D gehende Axe des Schiffs oder den Kiel AB ſenkrecht iſt, die andere FG mit dem Kiele parallel laͤuft. Nun kan man den Widerſtand des Waſſers ſo anſehen, als ob er gegen die große Seitenflaͤche AE, mit der ſich das Schiff gegen das Waſſer ſtemmt, gerichtet, und alſo der Kraft oder Bewegung nach DF gerade entgegengeſetzt waͤre. Iſt alſo dieſer Widerſtand ſo ſtark, daß er die Bewegung nach DF gerade aufhebt, ſo bleibt ganz allein die Kraft FG uͤbrig, welche das Schiff parallel mit dem Kiele BA forttreibt, nach welcher Richtung das Waſſer wegen der keilfoͤrmigen Geſtalt des Schifſs wenig oder gar keinen Widerſtand thun kan. Weil aber in der That DF nur zum Theil, nicht ganz, aufgehoben, auch gegen FG noch einiger Widerſtand vom Waſſer ausgeuͤbt

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 936. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/946>, abgerufen am 22.11.2024.