Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


erst nach und nach in die Mitte führten. Dadurch entdeckte der Sohn Flecken, und schloß aus ihrer Bewegung sogleich die Umdrehung der Sonne um ihre Axe. Es ist zu bedauern, daß er den Tag der ersten Beobachtung nicht angiebt; seine Schrift aber, die er im Junius 1611 zu Wittenberg drucken ließ, ist unter allen, die von diesem Gegenstande handeln, unbezweifelt die erste. (Io. Fabricii Phrysii de maculis in Sole observatis, et apparente earum cum Sole conversione narratio. Witeb. 1611. 5 1/2 plag. 4.) Auch gesteht ihm Kepler in der Vorrede der Ephemeriden von 1616 den Ruhm der ersten Entdeckung entscheidend zu. Fabricius erwähnt in seiner Schrift, daß er noch vor seiner Reise nach Wittenberg allein einen grossen Sonnenflecken entdeckt, seinen Vater dazu gerufen, und sich seit dem Anfange des Jahres 1611 die Umwälzungen der Flecken angemerkt habe, daher man die Zeit der Entdeckung gegen das Ende des Jahres 1610 zu setzen hat.

Im März 1611 wurden diese Flecken zu Ingolstadt von dem dasigen Professor der Mathematik, dem Jesuiten Christoph Scheiner, wahrgenommen, welcher die Sonne, wenn sie hinter dunnen Wolken stand, durch ein Fernrohr beobachtete. Er zeigte diese Erscheinung seinem Collegen dem P. Cysatus am 21. März und bediente sich in der Folge blauer Gläser, um den Glanz der Sonne zu schwächen, bis er endlich die im Artikel Helioskop beschriebene Vorrichtung erfand. Diese setzte ihn in Stand, die Erscheinung mehreren seiner Ordensbrüder zu zeigen, so daß sich der Ruf davon bald verbreitete. Weil man aber die Sonne nach der damaligen aristotelischen Physik für den vollkommensten Körper und das reinste Feuer hielt, so wollte der Provincial des Ordens Theodor Busäus die Entdeckung von Flecken in derselben nicht ohne Behutsamkeit bekannt machen lassen. Scheiner schickte daher die Nachricht von seinen ersten Beobachtungen an den gelehrten Patricier in Augspurg Marcus Welser, der sie ohne Mitwirkung des Verfassers drucken ließ (Tres epistolae de maculis solaribus scriptae ad Marc. Velserum, cum observationum iconismis. Aug. Vindel. 1612. 2 plag. 4.).


erſt nach und nach in die Mitte fuͤhrten. Dadurch entdeckte der Sohn Flecken, und ſchloß aus ihrer Bewegung ſogleich die Umdrehung der Sonne um ihre Axe. Es iſt zu bedauern, daß er den Tag der erſten Beobachtung nicht angiebt; ſeine Schrift aber, die er im Junius 1611 zu Wittenberg drucken ließ, iſt unter allen, die von dieſem Gegenſtande handeln, unbezweifelt die erſte. (Io. Fabricii Phryſii de maculis in Sole obſervatis, et apparente earum cum Sole converſione narratio. Witeb. 1611. 5 1/2 plag. 4.) Auch geſteht ihm Kepler in der Vorrede der Ephemeriden von 1616 den Ruhm der erſten Entdeckung entſcheidend zu. Fabricius erwaͤhnt in ſeiner Schrift, daß er noch vor ſeiner Reiſe nach Wittenberg allein einen groſſen Sonnenflecken entdeckt, ſeinen Vater dazu gerufen, und ſich ſeit dem Anfange des Jahres 1611 die Umwaͤlzungen der Flecken angemerkt habe, daher man die Zeit der Entdeckung gegen das Ende des Jahres 1610 zu ſetzen hat.

Im Maͤrz 1611 wurden dieſe Flecken zu Ingolſtadt von dem daſigen Profeſſor der Mathematik, dem Jeſuiten Chriſtoph Scheiner, wahrgenommen, welcher die Sonne, wenn ſie hinter dunnen Wolken ſtand, durch ein Fernrohr beobachtete. Er zeigte dieſe Erſcheinung ſeinem Collegen dem P. Cyſatus am 21. Maͤrz und bediente ſich in der Folge blauer Glaͤſer, um den Glanz der Sonne zu ſchwaͤchen, bis er endlich die im Artikel Helioſkop beſchriebene Vorrichtung erfand. Dieſe ſetzte ihn in Stand, die Erſcheinung mehreren ſeiner Ordensbruͤder zu zeigen, ſo daß ſich der Ruf davon bald verbreitete. Weil man aber die Sonne nach der damaligen ariſtoteliſchen Phyſik fuͤr den vollkommenſten Koͤrper und das reinſte Feuer hielt, ſo wollte der Provincial des Ordens Theodor Buſaͤus die Entdeckung von Flecken in derſelben nicht ohne Behutſamkeit bekannt machen laſſen. Scheiner ſchickte daher die Nachricht von ſeinen erſten Beobachtungen an den gelehrten Patricier in Augſpurg Marcus Welſer, der ſie ohne Mitwirkung des Verfaſſers drucken ließ (Tres epiſtolae de maculis ſolaribus ſcriptae ad Marc. Velſerum, cum obſervationum iconiſmis. Aug. Vindel. 1612. 2 plag. 4.).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0094" xml:id="P.4.84" n="84"/><lb/>
er&#x017F;t nach und nach in die Mitte fu&#x0364;hrten. Dadurch entdeckte der Sohn Flecken, und &#x017F;chloß aus ihrer Bewegung &#x017F;ogleich die Umdrehung der Sonne um ihre Axe. Es i&#x017F;t zu bedauern, daß er den Tag der er&#x017F;ten Beobachtung nicht angiebt; &#x017F;eine Schrift aber, die er im Junius 1611 zu Wittenberg drucken ließ, i&#x017F;t unter allen, die von die&#x017F;em Gegen&#x017F;tande handeln, unbezweifelt die er&#x017F;te. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Io. Fabricii</hi> Phry&#x017F;ii de maculis in Sole ob&#x017F;ervatis, et apparente earum cum Sole conver&#x017F;ione narratio. Witeb. 1611. 5 1/2 plag. 4.</hi>) Auch ge&#x017F;teht ihm <hi rendition="#b">Kepler</hi> in der Vorrede der Ephemeriden von 1616 den Ruhm der er&#x017F;ten Entdeckung ent&#x017F;cheidend zu. <hi rendition="#b">Fabricius</hi> erwa&#x0364;hnt in &#x017F;einer Schrift, daß er noch vor &#x017F;einer Rei&#x017F;e nach Wittenberg <hi rendition="#b">allein</hi> einen gro&#x017F;&#x017F;en Sonnenflecken entdeckt, &#x017F;einen Vater dazu gerufen, und &#x017F;ich &#x017F;eit dem Anfange des Jahres 1611 die Umwa&#x0364;lzungen der Flecken angemerkt habe, daher man die Zeit der Entdeckung gegen das Ende des Jahres 1610 zu &#x017F;etzen hat.</p>
            <p>Im Ma&#x0364;rz 1611 wurden die&#x017F;e Flecken zu Ingol&#x017F;tadt von dem da&#x017F;igen Profe&#x017F;&#x017F;or der Mathematik, dem Je&#x017F;uiten <hi rendition="#b">Chri&#x017F;toph Scheiner,</hi> wahrgenommen, welcher die Sonne, wenn &#x017F;ie hinter dunnen Wolken &#x017F;tand, durch ein Fernrohr beobachtete. Er zeigte die&#x017F;e Er&#x017F;cheinung &#x017F;einem Collegen dem <hi rendition="#b">P. Cy&#x017F;atus</hi> am 21. Ma&#x0364;rz und bediente &#x017F;ich in der Folge blauer Gla&#x0364;&#x017F;er, um den Glanz der Sonne zu &#x017F;chwa&#x0364;chen, bis er endlich die im Artikel <hi rendition="#b">Helio&#x017F;kop</hi> be&#x017F;chriebene Vorrichtung erfand. Die&#x017F;e &#x017F;etzte ihn in Stand, die Er&#x017F;cheinung mehreren &#x017F;einer Ordensbru&#x0364;der zu zeigen, &#x017F;o daß &#x017F;ich der Ruf davon bald verbreitete. Weil man aber die Sonne nach der damaligen ari&#x017F;toteli&#x017F;chen Phy&#x017F;ik fu&#x0364;r den vollkommen&#x017F;ten Ko&#x0364;rper und das rein&#x017F;te Feuer hielt, &#x017F;o wollte der Provincial des Ordens <hi rendition="#b">Theodor Bu&#x017F;a&#x0364;us</hi> die Entdeckung von Flecken in der&#x017F;elben nicht ohne Behut&#x017F;amkeit bekannt machen la&#x017F;&#x017F;en. <hi rendition="#b">Scheiner</hi> &#x017F;chickte daher die Nachricht von &#x017F;einen er&#x017F;ten Beobachtungen an den gelehrten Patricier in Aug&#x017F;purg <hi rendition="#b">Marcus Wel&#x017F;er,</hi> der &#x017F;ie ohne Mitwirkung des Verfa&#x017F;&#x017F;ers drucken ließ (<hi rendition="#aq">Tres epi&#x017F;tolae de maculis &#x017F;olaribus &#x017F;criptae ad <hi rendition="#i">Marc. Vel&#x017F;erum,</hi> cum ob&#x017F;ervationum iconi&#x017F;mis. Aug. Vindel. 1612. 2 plag. 4.</hi>).<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0094] erſt nach und nach in die Mitte fuͤhrten. Dadurch entdeckte der Sohn Flecken, und ſchloß aus ihrer Bewegung ſogleich die Umdrehung der Sonne um ihre Axe. Es iſt zu bedauern, daß er den Tag der erſten Beobachtung nicht angiebt; ſeine Schrift aber, die er im Junius 1611 zu Wittenberg drucken ließ, iſt unter allen, die von dieſem Gegenſtande handeln, unbezweifelt die erſte. (Io. Fabricii Phryſii de maculis in Sole obſervatis, et apparente earum cum Sole converſione narratio. Witeb. 1611. 5 1/2 plag. 4.) Auch geſteht ihm Kepler in der Vorrede der Ephemeriden von 1616 den Ruhm der erſten Entdeckung entſcheidend zu. Fabricius erwaͤhnt in ſeiner Schrift, daß er noch vor ſeiner Reiſe nach Wittenberg allein einen groſſen Sonnenflecken entdeckt, ſeinen Vater dazu gerufen, und ſich ſeit dem Anfange des Jahres 1611 die Umwaͤlzungen der Flecken angemerkt habe, daher man die Zeit der Entdeckung gegen das Ende des Jahres 1610 zu ſetzen hat. Im Maͤrz 1611 wurden dieſe Flecken zu Ingolſtadt von dem daſigen Profeſſor der Mathematik, dem Jeſuiten Chriſtoph Scheiner, wahrgenommen, welcher die Sonne, wenn ſie hinter dunnen Wolken ſtand, durch ein Fernrohr beobachtete. Er zeigte dieſe Erſcheinung ſeinem Collegen dem P. Cyſatus am 21. Maͤrz und bediente ſich in der Folge blauer Glaͤſer, um den Glanz der Sonne zu ſchwaͤchen, bis er endlich die im Artikel Helioſkop beſchriebene Vorrichtung erfand. Dieſe ſetzte ihn in Stand, die Erſcheinung mehreren ſeiner Ordensbruͤder zu zeigen, ſo daß ſich der Ruf davon bald verbreitete. Weil man aber die Sonne nach der damaligen ariſtoteliſchen Phyſik fuͤr den vollkommenſten Koͤrper und das reinſte Feuer hielt, ſo wollte der Provincial des Ordens Theodor Buſaͤus die Entdeckung von Flecken in derſelben nicht ohne Behutſamkeit bekannt machen laſſen. Scheiner ſchickte daher die Nachricht von ſeinen erſten Beobachtungen an den gelehrten Patricier in Augſpurg Marcus Welſer, der ſie ohne Mitwirkung des Verfaſſers drucken ließ (Tres epiſtolae de maculis ſolaribus ſcriptae ad Marc. Velſerum, cum obſervationum iconiſmis. Aug. Vindel. 1612. 2 plag. 4.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/94
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/94>, abgerufen am 25.11.2024.