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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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sammensetzung.
Werden gleichartige oder mechanische Theile durch bloßes Nebeneinanderlegen und Cohäsion so verbunden, daß das Ganze mit den Theilen selbst einerley Natur und Beschaffenheit behält, so heißt dies eine Zusammenhäufung (aggregatio, synthesis mechanica); werden hingegen ungleichartige oder chymische Bestandtheile durch wechselseitige Verwandschaft so vereiniget, daß sie einander auflösen, und ein neues Product von ganz anderer Beschaffenheit erzeugen, so heißt dies eine Mischung (mixtio, synthesis chymica).

Einige Schriftsteller brauchen das Wort Zusammensetzung nur für Mischung allein, und setzen es der Zusammenhäufung oder Mengung entgegen.

Zusammensetzung der Kräfte und Bewegungen, Compositio virium et motus, Composition des forces et du mouvement. Aus dem Zusammenkommen mehrerer Bewegungen, deren Richtungen Winkel mit einander machen, entsteht eine Bewegung nach einer andern zwischen die vorigen fallenden Richtung, welche man eine zusammengesetzte Bewegung nennt. Und weil man sich jede Bewegung als Wirkung einer Kraft gedenken kan, so folgt hieraus ganz natürlich, daß es Fälle giebt, wo zwo oder mehr zusammenkommende Kräfte, welche nach verschiedenen Richtungen treiben, gerade so wirken, wie eine einzige Kraft, welche nach einer gewissen zwischen jene fallenden Richtung wirkte.

Wenn z. B. im Körper A, Taf. IV. Fig. 60. zwo gleichförmige Bewegungen zugleich hervorgebracht und unterhalten werden, deren eine ihn in einer gewissen Zeit durch den Raum AB die andere in eben der Zeit durch AC führen würde, so entstehet aus beyden zusammen eine neue ebenfalls geradlinichte Bewegung, die ihn in eben der Zeit durch AD, die Diagonallinie des Parallelogramms ABCD, führet, s. Bewegung, zusammengesetzte (Th. I. S. 348.). Stellt man sich nun die Bewegungen durch AB und AC als Wirkungen von Kräften vor, deren Richtungen nach AB und AC gehen, und deren Größen sich, wie


ſammenſetzung.
Werden gleichartige oder mechaniſche Theile durch bloßes Nebeneinanderlegen und Cohaͤſion ſo verbunden, daß das Ganze mit den Theilen ſelbſt einerley Natur und Beſchaffenheit behaͤlt, ſo heißt dies eine Zuſammenhaͤufung (aggregatio, ſyntheſis mechanica); werden hingegen ungleichartige oder chymiſche Beſtandtheile durch wechſelſeitige Verwandſchaft ſo vereiniget, daß ſie einander aufloͤſen, und ein neues Product von ganz anderer Beſchaffenheit erzeugen, ſo heißt dies eine Miſchung (mixtio, ſyntheſis chymica).

Einige Schriftſteller brauchen das Wort Zuſammenſetzung nur fuͤr Miſchung allein, und ſetzen es der Zuſammenhaͤufung oder Mengung entgegen.

Zuſammenſetzung der Kraͤfte und Bewegungen, Compoſitio virium et motus, Compoſition des forces et du mouvement. Aus dem Zuſammenkommen mehrerer Bewegungen, deren Richtungen Winkel mit einander machen, entſteht eine Bewegung nach einer andern zwiſchen die vorigen fallenden Richtung, welche man eine zuſammengeſetzte Bewegung nennt. Und weil man ſich jede Bewegung als Wirkung einer Kraft gedenken kan, ſo folgt hieraus ganz natuͤrlich, daß es Faͤlle giebt, wo zwo oder mehr zuſammenkommende Kraͤfte, welche nach verſchiedenen Richtungen treiben, gerade ſo wirken, wie eine einzige Kraft, welche nach einer gewiſſen zwiſchen jene fallenden Richtung wirkte.

Wenn z. B. im Koͤrper A, Taf. IV. Fig. 60. zwo gleichfoͤrmige Bewegungen zugleich hervorgebracht und unterhalten werden, deren eine ihn in einer gewiſſen Zeit durch den Raum AB die andere in eben der Zeit durch AC fuͤhren wuͤrde, ſo entſtehet aus beyden zuſammen eine neue ebenfalls geradlinichte Bewegung, die ihn in eben der Zeit durch AD, die Diagonallinie des Parallelogramms ABCD, fuͤhret, ſ. Bewegung, zuſammengeſetzte (Th. I. S. 348.). Stellt man ſich nun die Bewegungen durch AB und AC als Wirkungen von Kraͤften vor, deren Richtungen nach AB und AC gehen, und deren Groͤßen ſich, wie

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[927/0937] ſammenſetzung. Werden gleichartige oder mechaniſche Theile durch bloßes Nebeneinanderlegen und Cohaͤſion ſo verbunden, daß das Ganze mit den Theilen ſelbſt einerley Natur und Beſchaffenheit behaͤlt, ſo heißt dies eine Zuſammenhaͤufung (aggregatio, ſyntheſis mechanica); werden hingegen ungleichartige oder chymiſche Beſtandtheile durch wechſelſeitige Verwandſchaft ſo vereiniget, daß ſie einander aufloͤſen, und ein neues Product von ganz anderer Beſchaffenheit erzeugen, ſo heißt dies eine Miſchung (mixtio, ſyntheſis chymica). Einige Schriftſteller brauchen das Wort Zuſammenſetzung nur fuͤr Miſchung allein, und ſetzen es der Zuſammenhaͤufung oder Mengung entgegen. Zuſammenſetzung der Kraͤfte und Bewegungen, Compoſitio virium et motus, Compoſition des forces et du mouvement. Aus dem Zuſammenkommen mehrerer Bewegungen, deren Richtungen Winkel mit einander machen, entſteht eine Bewegung nach einer andern zwiſchen die vorigen fallenden Richtung, welche man eine zuſammengeſetzte Bewegung nennt. Und weil man ſich jede Bewegung als Wirkung einer Kraft gedenken kan, ſo folgt hieraus ganz natuͤrlich, daß es Faͤlle giebt, wo zwo oder mehr zuſammenkommende Kraͤfte, welche nach verſchiedenen Richtungen treiben, gerade ſo wirken, wie eine einzige Kraft, welche nach einer gewiſſen zwiſchen jene fallenden Richtung wirkte. Wenn z. B. im Koͤrper A, Taf. IV. Fig. 60. zwo gleichfoͤrmige Bewegungen zugleich hervorgebracht und unterhalten werden, deren eine ihn in einer gewiſſen Zeit durch den Raum AB die andere in eben der Zeit durch AC fuͤhren wuͤrde, ſo entſtehet aus beyden zuſammen eine neue ebenfalls geradlinichte Bewegung, die ihn in eben der Zeit durch AD, die Diagonallinie des Parallelogramms ABCD, fuͤhret, ſ. Bewegung, zuſammengeſetzte (Th. I. S. 348.). Stellt man ſich nun die Bewegungen durch AB und AC als Wirkungen von Kraͤften vor, deren Richtungen nach AB und AC gehen, und deren Groͤßen ſich, wie

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 927. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/937>, abgerufen am 22.11.2024.