Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die Eigenschaft, das Licht zu verschlucken, welche sich an den Oberflächen durchsichtiger Körper findet, ist, wie es scheint, vor Bouguer von Niemandem bemerkt worden. Dieser Gelehrte folgert daraus, daß Newton's Behauptung, als ob die Lichtstralen blos durch den Anstoß gegen die materiellen Theile der Körper verschluckt oder entkräftet würden, nicht gegründet sey. Denn solcher Theile, sagt er, müßten in einem langen Striche Wassers weit mehrere, als eben beym Ausgange aus Wasser in Luft, angetroffen werden. Er glaubt daher, daß dieses Verschlucken von einer blos an der Oberfläche befindlichen Kraft bewirkt werde, welche vermuthlich eben diejenige sey, die das Licht zurückwirft, bricht und beuget. Von dieser Eigenschaft der Oberflächen giebt Bouguer noch einen andern Beweiß. Er betrachtete ein Täfelchen durch ein längliches Stück Glas, und ein anderes durch vier ein wenig aus einander gerückte Stücken, die zusammen genau dieselbe Länge, wie jenes, hatten. Sie waren gegen die Täfelchen unter einem Winkel von 75° geneigt. Aus der Vergleichung der Entfernungen der Täfelchen von dem Lichte, das sie erleuchtete, fand er, daß das Licht durch die sechs Reflexionen an den drey letzten Glasstücken in dem Verhältnisse von 360000 zu 243049 geschwächt ward, also durch jedes in dem Verhältnisse von 1000 zu 877. Nun hatte er durch andere Versuche bestimmt, daß die Reflexion an der Vorderfläche dieser Glasstücken bey einem Neigungswinkel von 75° den 36sten Theil, die an der Hinterfläche den 27sten bis 28sten Theil des Lichts wegnehme. Jene ließ also von 1000 Stralen 972 übrig, welche durch diese
Die Eigenſchaft, das Licht zu verſchlucken, welche ſich an den Oberflaͤchen durchſichtiger Koͤrper findet, iſt, wie es ſcheint, vor Bouguer von Niemandem bemerkt worden. Dieſer Gelehrte folgert daraus, daß Newton's Behauptung, als ob die Lichtſtralen blos durch den Anſtoß gegen die materiellen Theile der Koͤrper verſchluckt oder entkraͤftet wuͤrden, nicht gegruͤndet ſey. Denn ſolcher Theile, ſagt er, muͤßten in einem langen Striche Waſſers weit mehrere, als eben beym Ausgange aus Waſſer in Luft, angetroffen werden. Er glaubt daher, daß dieſes Verſchlucken von einer blos an der Oberflaͤche befindlichen Kraft bewirkt werde, welche vermuthlich eben diejenige ſey, die das Licht zuruͤckwirft, bricht und beuget. Von dieſer Eigenſchaft der Oberflaͤchen giebt Bouguer noch einen andern Beweiß. Er betrachtete ein Taͤfelchen durch ein laͤngliches Stuͤck Glas, und ein anderes durch vier ein wenig aus einander geruͤckte Stuͤcken, die zuſammen genau dieſelbe Laͤnge, wie jenes, hatten. Sie waren gegen die Taͤfelchen unter einem Winkel von 75° geneigt. Aus der Vergleichung der Entfernungen der Taͤfelchen von dem Lichte, das ſie erleuchtete, fand er, daß das Licht durch die ſechs Reflexionen an den drey letzten Glasſtuͤcken in dem Verhaͤltniſſe von 360000 zu 243049 geſchwaͤcht ward, alſo durch jedes in dem Verhaͤltniſſe von 1000 zu 877. Nun hatte er durch andere Verſuche beſtimmt, daß die Reflexion an der Vorderflaͤche dieſer Glasſtuͤcken bey einem Neigungswinkel von 75° den 36ſten Theil, die an der Hinterflaͤche den 27ſten bis 28ſten Theil des Lichts wegnehme. Jene ließ alſo von 1000 Stralen 972 uͤbrig, welche durch dieſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0929" xml:id="P.4.919" n="919"/><lb/> von 10, 20 bis 30 Grad auf die gemeinſchaftliche Flaͤche des Glaſes und der Luft fallen, ſo iſt die Zuruͤckſtralung faſt ſo ſtark, als am Queckſilber, indem auf drey Viertel der Stralen reflectirt, und die uͤbrigen verſchluckt werden. Wird aber der Neigungswinkel groͤßer, als 49° 49′, ſo nimmt die Menge des reflectirten Lichts ploͤtzlich ab, und die Oberflaͤche wird mit einemmale durchſichtig. Im Waſſer iſt dieſer Winkel etwa 41° 32′, und in jedem Mittel haͤngt ſeine Groͤße von dem Brechungsverhaͤltniſſe ab.</p> <p>Die Eigenſchaft, das Licht zu verſchlucken, welche ſich an den Oberflaͤchen durchſichtiger Koͤrper findet, iſt, wie es ſcheint, vor <hi rendition="#b">Bouguer</hi> von Niemandem bemerkt worden. Dieſer Gelehrte folgert daraus, daß <hi rendition="#b">Newton's</hi> Behauptung, als ob die Lichtſtralen blos durch den Anſtoß gegen die materiellen Theile der Koͤrper verſchluckt oder entkraͤftet wuͤrden, nicht gegruͤndet ſey. Denn ſolcher Theile, ſagt er, muͤßten in einem langen Striche Waſſers weit mehrere, als eben beym Ausgange aus Waſſer in Luft, angetroffen werden. Er glaubt daher, daß dieſes Verſchlucken von einer blos an der Oberflaͤche befindlichen Kraft bewirkt werde, welche vermuthlich eben diejenige ſey, die das Licht zuruͤckwirft, bricht und beuget.</p> <p>Von dieſer Eigenſchaft der Oberflaͤchen giebt Bouguer noch einen andern Beweiß. Er betrachtete ein Taͤfelchen durch ein laͤngliches Stuͤck Glas, und ein anderes durch vier ein wenig aus einander geruͤckte Stuͤcken, die zuſammen genau dieſelbe Laͤnge, wie jenes, hatten. Sie waren gegen die Taͤfelchen unter einem Winkel von 75° geneigt. Aus der Vergleichung der Entfernungen der Taͤfelchen von dem Lichte, das ſie erleuchtete, fand er, daß das Licht durch die ſechs Reflexionen an den drey letzten Glasſtuͤcken in dem Verhaͤltniſſe von 360000 zu 243049 geſchwaͤcht ward, alſo durch jedes in dem Verhaͤltniſſe von 1000 zu 877. Nun hatte er durch andere Verſuche beſtimmt, daß die Reflexion an der Vorderflaͤche dieſer Glasſtuͤcken bey einem Neigungswinkel von 75° den 36ſten Theil, die an der Hinterflaͤche den 27ſten bis 28ſten Theil des Lichts wegnehme. Jene ließ alſo von 1000 Stralen 972 uͤbrig, welche durch dieſe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [919/0929]
von 10, 20 bis 30 Grad auf die gemeinſchaftliche Flaͤche des Glaſes und der Luft fallen, ſo iſt die Zuruͤckſtralung faſt ſo ſtark, als am Queckſilber, indem auf drey Viertel der Stralen reflectirt, und die uͤbrigen verſchluckt werden. Wird aber der Neigungswinkel groͤßer, als 49° 49′, ſo nimmt die Menge des reflectirten Lichts ploͤtzlich ab, und die Oberflaͤche wird mit einemmale durchſichtig. Im Waſſer iſt dieſer Winkel etwa 41° 32′, und in jedem Mittel haͤngt ſeine Groͤße von dem Brechungsverhaͤltniſſe ab.
Die Eigenſchaft, das Licht zu verſchlucken, welche ſich an den Oberflaͤchen durchſichtiger Koͤrper findet, iſt, wie es ſcheint, vor Bouguer von Niemandem bemerkt worden. Dieſer Gelehrte folgert daraus, daß Newton's Behauptung, als ob die Lichtſtralen blos durch den Anſtoß gegen die materiellen Theile der Koͤrper verſchluckt oder entkraͤftet wuͤrden, nicht gegruͤndet ſey. Denn ſolcher Theile, ſagt er, muͤßten in einem langen Striche Waſſers weit mehrere, als eben beym Ausgange aus Waſſer in Luft, angetroffen werden. Er glaubt daher, daß dieſes Verſchlucken von einer blos an der Oberflaͤche befindlichen Kraft bewirkt werde, welche vermuthlich eben diejenige ſey, die das Licht zuruͤckwirft, bricht und beuget.
Von dieſer Eigenſchaft der Oberflaͤchen giebt Bouguer noch einen andern Beweiß. Er betrachtete ein Taͤfelchen durch ein laͤngliches Stuͤck Glas, und ein anderes durch vier ein wenig aus einander geruͤckte Stuͤcken, die zuſammen genau dieſelbe Laͤnge, wie jenes, hatten. Sie waren gegen die Taͤfelchen unter einem Winkel von 75° geneigt. Aus der Vergleichung der Entfernungen der Taͤfelchen von dem Lichte, das ſie erleuchtete, fand er, daß das Licht durch die ſechs Reflexionen an den drey letzten Glasſtuͤcken in dem Verhaͤltniſſe von 360000 zu 243049 geſchwaͤcht ward, alſo durch jedes in dem Verhaͤltniſſe von 1000 zu 877. Nun hatte er durch andere Verſuche beſtimmt, daß die Reflexion an der Vorderflaͤche dieſer Glasſtuͤcken bey einem Neigungswinkel von 75° den 36ſten Theil, die an der Hinterflaͤche den 27ſten bis 28ſten Theil des Lichts wegnehme. Jene ließ alſo von 1000 Stralen 972 uͤbrig, welche durch dieſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |