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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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werden, woran er sich, weil diese Materien durchscheinend sind, auf der obern Seite ebenfalls darstellt, also bequem von außen betrachtet und abgezeichnet werden kan. Diese tragbaren dunkeln Kammern werden von den Künstlern häufig gebraucht, um Landschaften und Aussichten nach der Natur zu zeichnen, oder auch genaue Abbildungen von einzelnen Dingen zu verfertigen, so wie sich Cheselden derselben bedient hat, um richtige anatomische Zeichnungen der Knochen zu machen.

Inzwischen erinnert hiebey Herr Büsch (Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften. Hamburg, 1775. 8. S. 118.), die im Ganzen nützliche Camera obscura könne doch den Maler verführen, indem der, der sich blindlings daran halte, wirklich schlecht zeichne, und das Auge nicht gehörig täusche. Die Camera obscura entwerfe die Objecte blos nach dem Verhältnisse der Gesichtswinkel; die Seele aber beurtheile das Gesehene nicht nach den Gesichtswinkeln allein, sondern zugleich nach andern Datis. Wer also richtig zeichnen wolle, müsse die Gegenstände nicht so ausführen, wie sie sich in der Camera obscura entwerfen, sendern so groß, wie sie der Seele nach ihrem aus allen Datis zusammen bestimmten Urtheile vorkommen. Er müsse das Bild blos nützen, die Lage und Ordnung der Objecte zu bestimmen; nachher müsse er die Natur selbst studiren, um ihr das Bild in allem ähnlich zu machen. Herr Klügel ließ in der Camera obscura eine Anzahl kleiner Gärten mit einer dahinter liegenden Reihe hoher Häuser sich abbilden. Dabey schien alles dicht hinter einander zu liegen, die Häuser viel zu nahe, zu deutlich in den kleinen Theilen, z. B. den Dachziegeln, zu lebhaft in den Farben, und wie es ihm vorkam, auch zu groß. Das Helldunkle des Baumschlags hingegen fiel sehr natürlich aus.

Einzelne Gegenstände abzubilden, bleibt die Camera obscura immer ein sehr brauchbares Werkzeug. Will man dabey starke Vergrößerungen haben, so läßt sie sich leicht mit dem Sonnenmikroskop verbinden, s. Sonnenmikroskop (oben S. 101.).


werden, woran er ſich, weil dieſe Materien durchſcheinend ſind, auf der obern Seite ebenfalls darſtellt, alſo bequem von außen betrachtet und abgezeichnet werden kan. Dieſe tragbaren dunkeln Kammern werden von den Kuͤnſtlern haͤufig gebraucht, um Landſchaften und Ausſichten nach der Natur zu zeichnen, oder auch genaue Abbildungen von einzelnen Dingen zu verfertigen, ſo wie ſich Cheſelden derſelben bedient hat, um richtige anatomiſche Zeichnungen der Knochen zu machen.

Inzwiſchen erinnert hiebey Herr Buͤſch (Encyklopaͤdie der mathematiſchen Wiſſenſchaften. Hamburg, 1775. 8. S. 118.), die im Ganzen nuͤtzliche Camera obſcura koͤnne doch den Maler verfuͤhren, indem der, der ſich blindlings daran halte, wirklich ſchlecht zeichne, und das Auge nicht gehoͤrig taͤuſche. Die Camera obſcura entwerfe die Objecte blos nach dem Verhaͤltniſſe der Geſichtswinkel; die Seele aber beurtheile das Geſehene nicht nach den Geſichtswinkeln allein, ſondern zugleich nach andern Datis. Wer alſo richtig zeichnen wolle, muͤſſe die Gegenſtaͤnde nicht ſo ausfuͤhren, wie ſie ſich in der Camera obſcura entwerfen, ſendern ſo groß, wie ſie der Seele nach ihrem aus allen Datis zuſammen beſtimmten Urtheile vorkommen. Er muͤſſe das Bild blos nuͤtzen, die Lage und Ordnung der Objecte zu beſtimmen; nachher muͤſſe er die Natur ſelbſt ſtudiren, um ihr das Bild in allem aͤhnlich zu machen. Herr Kluͤgel ließ in der Camera obſcura eine Anzahl kleiner Gaͤrten mit einer dahinter liegenden Reihe hoher Haͤuſer ſich abbilden. Dabey ſchien alles dicht hinter einander zu liegen, die Haͤuſer viel zu nahe, zu deutlich in den kleinen Theilen, z. B. den Dachziegeln, zu lebhaft in den Farben, und wie es ihm vorkam, auch zu groß. Das Helldunkle des Baumſchlags hingegen fiel ſehr natuͤrlich aus.

Einzelne Gegenſtaͤnde abzubilden, bleibt die Camera obſcura immer ein ſehr brauchbares Werkzeug. Will man dabey ſtarke Vergroͤßerungen haben, ſo laͤßt ſie ſich leicht mit dem Sonnenmikroſkop verbinden, ſ. Sonnenmikroſkop (oben S. 101.).

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[866/0876] werden, woran er ſich, weil dieſe Materien durchſcheinend ſind, auf der obern Seite ebenfalls darſtellt, alſo bequem von außen betrachtet und abgezeichnet werden kan. Dieſe tragbaren dunkeln Kammern werden von den Kuͤnſtlern haͤufig gebraucht, um Landſchaften und Ausſichten nach der Natur zu zeichnen, oder auch genaue Abbildungen von einzelnen Dingen zu verfertigen, ſo wie ſich Cheſelden derſelben bedient hat, um richtige anatomiſche Zeichnungen der Knochen zu machen. Inzwiſchen erinnert hiebey Herr Buͤſch (Encyklopaͤdie der mathematiſchen Wiſſenſchaften. Hamburg, 1775. 8. S. 118.), die im Ganzen nuͤtzliche Camera obſcura koͤnne doch den Maler verfuͤhren, indem der, der ſich blindlings daran halte, wirklich ſchlecht zeichne, und das Auge nicht gehoͤrig taͤuſche. Die Camera obſcura entwerfe die Objecte blos nach dem Verhaͤltniſſe der Geſichtswinkel; die Seele aber beurtheile das Geſehene nicht nach den Geſichtswinkeln allein, ſondern zugleich nach andern Datis. Wer alſo richtig zeichnen wolle, muͤſſe die Gegenſtaͤnde nicht ſo ausfuͤhren, wie ſie ſich in der Camera obſcura entwerfen, ſendern ſo groß, wie ſie der Seele nach ihrem aus allen Datis zuſammen beſtimmten Urtheile vorkommen. Er muͤſſe das Bild blos nuͤtzen, die Lage und Ordnung der Objecte zu beſtimmen; nachher muͤſſe er die Natur ſelbſt ſtudiren, um ihr das Bild in allem aͤhnlich zu machen. Herr Kluͤgel ließ in der Camera obſcura eine Anzahl kleiner Gaͤrten mit einer dahinter liegenden Reihe hoher Haͤuſer ſich abbilden. Dabey ſchien alles dicht hinter einander zu liegen, die Haͤuſer viel zu nahe, zu deutlich in den kleinen Theilen, z. B. den Dachziegeln, zu lebhaft in den Farben, und wie es ihm vorkam, auch zu groß. Das Helldunkle des Baumſchlags hingegen fiel ſehr natuͤrlich aus. Einzelne Gegenſtaͤnde abzubilden, bleibt die Camera obſcura immer ein ſehr brauchbares Werkzeug. Will man dabey ſtarke Vergroͤßerungen haben, ſo laͤßt ſie ſich leicht mit dem Sonnenmikroſkop verbinden, ſ. Sonnenmikroſkop (oben S. 101.).

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/876>, abgerufen am 23.11.2024.