Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Im Grunde kan man aus den Wirkungen der Sonnenstralen in die Erdkörper ganz und gar nicht auf die Beschaffenheit der Sonne selbst schließen. Wenn die Sonnenstralen erwärmen, so sind sie darum nicht selbst warm. Sie haben blos ein Vermögen, den Wärmestof in den Körpern, die sie antreffen, zu entwickeln. Sie wärmen da gar nicht, wo sie keinen Wärmestof finden, und nur sehr wenig, wo sie wenig davon antreffen, z. B. in der dünnern Luft auf den Bergen, und in den höhern Gegenden der Atmosphäre. So liegt die unmittelbare Ursache der Wärme in den Erdkörpern, nicht in den Sonnenstralen. Seitdem Herr de Lüc (System über die Wärme, in seinen Briefen über die Geschichte der Erde und des Menschen, der deutschen Uebers. II. B. S. 491 u. f. auch in den leipz. Sammlungen zur Physik und Naturg. II. B. 6tes St. S. 643 u. f.) diese Sätze in ihr gehöriges Licht gestellt hat, steht es sehr mißlich um die Berechnungen der gewaltigen Erhitzung des Merkurs, der Kometen u. dergl. durch die Stralen der nahen Sonne, und noch schlimmer um den so oft nachgesprochenen Satz, daß die Sonne ein wirkliches Feuer sey. Andere stellen sich die Sonne als eine elektrische Kugel vor, die durch ihren schnellen Umlauf elektrisches Licht hervorbringe und durch das ganze Sonnensystem verbreite. Diese Hypothese schreibt sich von einigen französischen Schriftstellern her, welche vor nicht gar langer Zeit die ganze Natur aus Elektricität erklärten. Schmidt (Von den Weltkörpern, S. 120 u. f.) erwähnt dabey eines Problems, welches der Professor der Mathemak zu Caen, Herr Adam, in einem Briefe an Linguet 1775 als bereits aufgelöset anführe, nemlich zween oder mehrere Körper so zu ordnen, daß sie durch Elektricität um einander nach den keplerischen Gesetzen umlaufen, wobey der umlaufende Körper einen Lichtschweif, wie ein Komet, nach sich ziehe; man hat aber seitdem nichts weiter von einem solchen Versuche gehört. Für die Cartesianer, welche Licht und Elektricität beyde aus subtiler Materie oder Aether erklären, ist eine solche Hypothese ganz brauchbar; auch kommen Eulers Gedanken in seinen Briefen an eine deutsche Prinzessin Im Grunde kan man aus den Wirkungen der Sonnenſtralen in die Erdkoͤrper ganz und gar nicht auf die Beſchaffenheit der Sonne ſelbſt ſchließen. Wenn die Sonnenſtralen erwaͤrmen, ſo ſind ſie darum nicht ſelbſt warm. Sie haben blos ein Vermoͤgen, den Waͤrmeſtof in den Koͤrpern, die ſie antreffen, zu entwickeln. Sie waͤrmen da gar nicht, wo ſie keinen Waͤrmeſtof finden, und nur ſehr wenig, wo ſie wenig davon antreffen, z. B. in der duͤnnern Luft auf den Bergen, und in den hoͤhern Gegenden der Atmoſphaͤre. So liegt die unmittelbare Urſache der Waͤrme in den Erdkoͤrpern, nicht in den Sonnenſtralen. Seitdem Herr de Luͤc (Syſtem uͤber die Waͤrme, in ſeinen Briefen uͤber die Geſchichte der Erde und des Menſchen, der deutſchen Ueberſ. II. B. S. 491 u. f. auch in den leipz. Sammlungen zur Phyſik und Naturg. II. B. 6tes St. S. 643 u. f.) dieſe Saͤtze in ihr gehoͤriges Licht geſtellt hat, ſteht es ſehr mißlich um die Berechnungen der gewaltigen Erhitzung des Merkurs, der Kometen u. dergl. durch die Stralen der nahen Sonne, und noch ſchlimmer um den ſo oft nachgeſprochenen Satz, daß die Sonne ein wirkliches Feuer ſey. Andere ſtellen ſich die Sonne als eine elektriſche Kugel vor, die durch ihren ſchnellen Umlauf elektriſches Licht hervorbringe und durch das ganze Sonnenſyſtem verbreite. Dieſe Hypotheſe ſchreibt ſich von einigen franzoͤſiſchen Schriftſtellern her, welche vor nicht gar langer Zeit die ganze Natur aus Elektricitaͤt erklaͤrten. Schmidt (Von den Weltkoͤrpern, S. 120 u. f.) erwaͤhnt dabey eines Problems, welches der Profeſſor der Mathemak zu Caen, Herr Adam, in einem Briefe an Linguet 1775 als bereits aufgeloͤſet anfuͤhre, nemlich zween oder mehrere Koͤrper ſo zu ordnen, daß ſie durch Elektricitaͤt um einander nach den kepleriſchen Geſetzen umlaufen, wobey der umlaufende Koͤrper einen Lichtſchweif, wie ein Komet, nach ſich ziehe; man hat aber ſeitdem nichts weiter von einem ſolchen Verſuche gehoͤrt. Fuͤr die Carteſianer, welche Licht und Elektricitaͤt beyde aus ſubtiler Materie oder Aether erklaͤren, iſt eine ſolche Hypotheſe ganz brauchbar; auch kommen Eulers Gedanken in ſeinen Briefen an eine deutſche Prinzeſſin <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0087" xml:id="P.4.77" n="77"/><lb/> </p> <p>Im Grunde kan man aus den Wirkungen der Sonnenſtralen in die Erdkoͤrper ganz und gar nicht auf die Beſchaffenheit der Sonne ſelbſt ſchließen. Wenn die Sonnenſtralen <hi rendition="#b">erwaͤrmen,</hi> ſo ſind ſie darum nicht ſelbſt <hi rendition="#b">warm.</hi> Sie haben blos ein Vermoͤgen, den Waͤrmeſtof in den Koͤrpern, die ſie antreffen, zu entwickeln. Sie waͤrmen da gar nicht, wo ſie keinen Waͤrmeſtof finden, und nur ſehr wenig, wo ſie wenig davon antreffen, z. B. in der duͤnnern Luft auf den Bergen, und in den hoͤhern Gegenden der Atmoſphaͤre. So liegt die unmittelbare Urſache der Waͤrme in den Erdkoͤrpern, nicht in den Sonnenſtralen. 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Andere ſtellen ſich die Sonne als eine elektriſche Kugel vor, die durch ihren ſchnellen Umlauf elektriſches Licht hervorbringe und durch das ganze Sonnenſyſtem verbreite. Dieſe Hypotheſe ſchreibt ſich von einigen franzoͤſiſchen Schriftſtellern her, welche vor nicht gar langer Zeit die ganze Natur aus Elektricitaͤt erklaͤrten. Schmidt (Von den Weltkoͤrpern, S. 120 u. f.) erwaͤhnt dabey eines Problems, welches der Profeſſor der Mathemak zu Caen, Herr Adam, in einem Briefe an Linguet 1775 als bereits aufgeloͤſet anfuͤhre, nemlich zween oder mehrere Koͤrper ſo zu ordnen, daß ſie durch Elektricitaͤt um einander nach den kepleriſchen Geſetzen umlaufen, wobey der umlaufende Koͤrper einen Lichtſchweif, wie ein Komet, nach ſich ziehe; man hat aber ſeitdem nichts weiter von einem ſolchen Verſuche gehoͤrt. Fuͤr die Carteſianer, welche Licht und Elektricitaͤt beyde aus ſubtiler Materie oder Aether erklaͤren, iſt eine ſolche Hypotheſe ganz brauchbar; auch kommen Eulers Gedanken in ſeinen Briefen an eine deutſche Prinzeſſin
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