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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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da sie hingegen in den absteigenden: [Abbildung] , sich wieder von demselben entfernt. Für die südliche Helfte der Erdkugel sind diejenigen Zeichen aufsteigend, welche für uns absteigend sind, und umgekehrt.

Zeit, Tempus, Temps.

Wir bezeichnen mit diesem Worte eine Vorstellung, die wir allemal mit dem Begriffe vom Aufeinanderfolgen der Zustände und Veränderungen verbinden. Wir stellen uns nemlich die Folge aller in und außer uns selst vorgehenden Begebenheiten und Veränderungen als eine zusammenhängende Reihe vor, in welcher es Stellen giebt, die einander näher oder von einander entfernter sind, so daß hier Begriffe vom Mehrerm und Minderm statt finden, und Verhältnisse betrachtet werden können.

So sehen wir die Sonne am Morgen aufgehen, am Mittage ihren höchsten Stand erreichen, am Abende wiederum unter den Horizont hinabsinken. Indem dieses geschieht, gehen zugleich in und um uns tausenderley Dinge vor, die sich auf eben die Art, wie die verschiedenen Stände der Sonne, folgen: Wir bilden aus allen diesen Dingen in unserer Vorstellung eine zusammenhängende Reihe, in welcher jedes der Ordnung nach seine bestimmte Stelle hat, und, was zusammen geschieht, auf einerley Stelle trift. Jede einzelne Stelle dieser Reihe heißt ein Zeitpunkt, ein Moment, Augenblick (momentum temporis); was auf einerley Zeitpunkt trift, wird gleichzeitig oder coexistirend (simultaneum), was auf verschiedene Zeitpunkte fällt, succedirend (successivum) genannt; der Abstand oder Zwischenraum zweener Zeitpunkte heißt ein Zeitraum (intervallum temporis), und die ganze Vorstellung dieser Folge oder Reihe, die Zeit.

Es ist also die Zeit nichts an sich oder außer uns existirendes, sondern lediglich eine Vorstellungsart oder Denkform, nach der wir unsere Ideen von succedirenden Dingen ordnen. Wir nehmen bey den Abständen der Zeitpunkte oder bey den Zeiträumen Größen und Verhältnisse wahr, und erkennen z. B., daß der Zeitraum vom Aufgange bis


da ſie hingegen in den abſteigenden: [Abbildung] , ſich wieder von demſelben entfernt. Fuͤr die ſuͤdliche Helfte der Erdkugel ſind diejenigen Zeichen aufſteigend, welche fuͤr uns abſteigend ſind, und umgekehrt.

Zeit, Tempus, Temps.

Wir bezeichnen mit dieſem Worte eine Vorſtellung, die wir allemal mit dem Begriffe vom Aufeinanderfolgen der Zuſtaͤnde und Veraͤnderungen verbinden. Wir ſtellen uns nemlich die Folge aller in und außer uns ſelſt vorgehenden Begebenheiten und Veraͤnderungen als eine zuſammenhaͤngende Reihe vor, in welcher es Stellen giebt, die einander naͤher oder von einander entfernter ſind, ſo daß hier Begriffe vom Mehrerm und Minderm ſtatt finden, und Verhaͤltniſſe betrachtet werden koͤnnen.

So ſehen wir die Sonne am Morgen aufgehen, am Mittage ihren hoͤchſten Stand erreichen, am Abende wiederum unter den Horizont hinabſinken. Indem dieſes geſchieht, gehen zugleich in und um uns tauſenderley Dinge vor, die ſich auf eben die Art, wie die verſchiedenen Staͤnde der Sonne, folgen: Wir bilden aus allen dieſen Dingen in unſerer Vorſtellung eine zuſammenhaͤngende Reihe, in welcher jedes der Ordnung nach ſeine beſtimmte Stelle hat, und, was zuſammen geſchieht, auf einerley Stelle trift. Jede einzelne Stelle dieſer Reihe heißt ein Zeitpunkt, ein Moment, Augenblick (momentum temporis); was auf einerley Zeitpunkt trift, wird gleichzeitig oder coexiſtirend (ſimultaneum), was auf verſchiedene Zeitpunkte faͤllt, ſuccedirend (ſucceſſivum) genannt; der Abſtand oder Zwiſchenraum zweener Zeitpunkte heißt ein Zeitraum (intervallum temporis), und die ganze Vorſtellung dieſer Folge oder Reihe, die Zeit.

Es iſt alſo die Zeit nichts an ſich oder außer uns exiſtirendes, ſondern lediglich eine Vorſtellungsart oder Denkform, nach der wir unſere Ideen von ſuccedirenden Dingen ordnen. Wir nehmen bey den Abſtaͤnden der Zeitpunkte oder bey den Zeitraͤumen Groͤßen und Verhaͤltniſſe wahr, und erkennen z. B., daß der Zeitraum vom Aufgange bis

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[849/0859] da ſie hingegen in den abſteigenden: [Abbildung] , ſich wieder von demſelben entfernt. Fuͤr die ſuͤdliche Helfte der Erdkugel ſind diejenigen Zeichen aufſteigend, welche fuͤr uns abſteigend ſind, und umgekehrt. Zeit, Tempus, Temps. Wir bezeichnen mit dieſem Worte eine Vorſtellung, die wir allemal mit dem Begriffe vom Aufeinanderfolgen der Zuſtaͤnde und Veraͤnderungen verbinden. Wir ſtellen uns nemlich die Folge aller in und außer uns ſelſt vorgehenden Begebenheiten und Veraͤnderungen als eine zuſammenhaͤngende Reihe vor, in welcher es Stellen giebt, die einander naͤher oder von einander entfernter ſind, ſo daß hier Begriffe vom Mehrerm und Minderm ſtatt finden, und Verhaͤltniſſe betrachtet werden koͤnnen. So ſehen wir die Sonne am Morgen aufgehen, am Mittage ihren hoͤchſten Stand erreichen, am Abende wiederum unter den Horizont hinabſinken. Indem dieſes geſchieht, gehen zugleich in und um uns tauſenderley Dinge vor, die ſich auf eben die Art, wie die verſchiedenen Staͤnde der Sonne, folgen: Wir bilden aus allen dieſen Dingen in unſerer Vorſtellung eine zuſammenhaͤngende Reihe, in welcher jedes der Ordnung nach ſeine beſtimmte Stelle hat, und, was zuſammen geſchieht, auf einerley Stelle trift. Jede einzelne Stelle dieſer Reihe heißt ein Zeitpunkt, ein Moment, Augenblick (momentum temporis); was auf einerley Zeitpunkt trift, wird gleichzeitig oder coexiſtirend (ſimultaneum), was auf verſchiedene Zeitpunkte faͤllt, ſuccedirend (ſucceſſivum) genannt; der Abſtand oder Zwiſchenraum zweener Zeitpunkte heißt ein Zeitraum (intervallum temporis), und die ganze Vorſtellung dieſer Folge oder Reihe, die Zeit. Es iſt alſo die Zeit nichts an ſich oder außer uns exiſtirendes, ſondern lediglich eine Vorſtellungsart oder Denkform, nach der wir unſere Ideen von ſuccedirenden Dingen ordnen. Wir nehmen bey den Abſtaͤnden der Zeitpunkte oder bey den Zeitraͤumen Groͤßen und Verhaͤltniſſe wahr, und erkennen z. B., daß der Zeitraum vom Aufgange bis

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/859>, abgerufen am 23.11.2024.