Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Abschnitt VIII.) ab, und findet, wenn die Luft 100mal mehr, als natürlich, verdichtet, die Länge des Laufs 4 Fuß, der Durchmesser der Kugel 3/8 Zoll, die Länge des Raums, der anfangs die verdichtete Luft enthält, 2 Zoll ist, so werde die Bleykugel mit einer Geschwindigkeit von 654 pariser Fuß in einer Secunde aus dem Laufe getrieben, welche Angabe aber wegen des Gegendrucks und Widerstands der Atmosphäre auf 628 Fuß herabzusetzen ist.

Nollet (Lecons de phys. exper. To. III. Lec. X. Sect. I. Cap. 7.) erklärt die Windbüchse für ein bloßes Spielwerk, weil sie nicht so bequem, so sicher zum Gebrauch und so dauerhaft, als anderes Schießgewehr sey; auch tadelt er sie, wegen ihrer Wirkung im Stillen, als ein gefährliches Werkzeug. Dieser letzte Grund betrift blos den Mißbrauch der Sache, und in Absicht des ersten hängt alles von der Geschicklichkeit des Künstlers ab. Man erwartet von Windbüchsen nicht völlig gleiche Wirkung mit andern Gewehren, und so ist es immer Vortheil genug, wenn sie dienen, schädliche Thiere an Orten zu tödten, wo man wegen Feuersgefahr Pulvergeschütz zu brauchen Bedenken trägt.

v. Musschenbroek Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2111 sqq.

Karsten Lehrbegrif der gesamten Math. a. a. O. §. 152. 153.

Winde, s. Rad an der Welle.

Windkugel, Dampfkugel, Aeolipile

Aeolipila, Eolipile. Ein hohles metallnes Gefäß in Gestalt einer Kugel oder Birne, woran sich eine lange, bisweilen umgebogne, Röhre oder Schnabel mit einer engen Oefnung befindet. Wenn man etwas Wasser in diesem hohlen Gefäße über Kohlen bringt, und bis zum Kochen erhitzt, so dringt der daraus entstandne Dampf aus der engen Oefnung des Schnabels hervor, und verursacht einen sehr lebhaften und anhaltenden Wind.

Diese Windkugeln waren schon bey den Alten bekannt. Vitruv (De architectura, L. I. c. 6.) führt sie an, um aus ihnen den Ursprung der Winde zu erklären, zu welcher Absicht sie auch Descartes (Meteor. Cap. IV. §. 3.) gebraucht.


Abſchnitt VIII.) ab, und findet, wenn die Luft 100mal mehr, als natuͤrlich, verdichtet, die Laͤnge des Laufs 4 Fuß, der Durchmeſſer der Kugel 3/8 Zoll, die Laͤnge des Raums, der anfangs die verdichtete Luft enthaͤlt, 2 Zoll iſt, ſo werde die Bleykugel mit einer Geſchwindigkeit von 654 pariſer Fuß in einer Secunde aus dem Laufe getrieben, welche Angabe aber wegen des Gegendrucks und Widerſtands der Atmoſphaͤre auf 628 Fuß herabzuſetzen iſt.

Nollet (Leçons de phyſ. exper. To. III. Leç. X. Sect. I. Cap. 7.) erklaͤrt die Windbuͤchſe fuͤr ein bloßes Spielwerk, weil ſie nicht ſo bequem, ſo ſicher zum Gebrauch und ſo dauerhaft, als anderes Schießgewehr ſey; auch tadelt er ſie, wegen ihrer Wirkung im Stillen, als ein gefaͤhrliches Werkzeug. Dieſer letzte Grund betrift blos den Mißbrauch der Sache, und in Abſicht des erſten haͤngt alles von der Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers ab. Man erwartet von Windbuͤchſen nicht voͤllig gleiche Wirkung mit andern Gewehren, und ſo iſt es immer Vortheil genug, wenn ſie dienen, ſchaͤdliche Thiere an Orten zu toͤdten, wo man wegen Feuersgefahr Pulvergeſchuͤtz zu brauchen Bedenken traͤgt.

v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2111 ſqq.

Karſten Lehrbegrif der geſamten Math. a. a. O. §. 152. 153.

Winde, ſ. Rad an der Welle.

Windkugel, Dampfkugel, Aeolipile

Aeolipila, Eolipile. Ein hohles metallnes Gefaͤß in Geſtalt einer Kugel oder Birne, woran ſich eine lange, bisweilen umgebogne, Roͤhre oder Schnabel mit einer engen Oefnung befindet. Wenn man etwas Waſſer in dieſem hohlen Gefaͤße uͤber Kohlen bringt, und bis zum Kochen erhitzt, ſo dringt der daraus entſtandne Dampf aus der engen Oefnung des Schnabels hervor, und verurſacht einen ſehr lebhaften und anhaltenden Wind.

Dieſe Windkugeln waren ſchon bey den Alten bekannt. Vitruv (De architectura, L. I. c. 6.) fuͤhrt ſie an, um aus ihnen den Urſprung der Winde zu erklaͤren, zu welcher Abſicht ſie auch Descartes (Meteor. Cap. IV. §. 3.) gebraucht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0781" xml:id="P.4.771" n="771"/><lb/>
Ab&#x017F;chnitt <hi rendition="#aq">VIII.</hi>) ab, und findet, wenn die Luft 100mal mehr, als natu&#x0364;rlich, verdichtet, die La&#x0364;nge des Laufs 4 Fuß, der Durchme&#x017F;&#x017F;er der Kugel 3/8 Zoll, die La&#x0364;nge des Raums, der anfangs die verdichtete Luft entha&#x0364;lt, 2 Zoll i&#x017F;t, &#x017F;o werde die Bleykugel mit einer Ge&#x017F;chwindigkeit von 654 pari&#x017F;er Fuß in einer Secunde aus dem Laufe getrieben, welche Angabe aber wegen des Gegendrucks und Wider&#x017F;tands der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re auf 628 Fuß herabzu&#x017F;etzen i&#x017F;t.</p>
            <p><hi rendition="#b">Nollet</hi> (<hi rendition="#aq">Leçons de phy&#x017F;. exper. To. III. Leç. X. Sect. I. Cap. 7.</hi>) erkla&#x0364;rt die Windbu&#x0364;ch&#x017F;e fu&#x0364;r ein bloßes Spielwerk, weil &#x017F;ie nicht &#x017F;o bequem, &#x017F;o &#x017F;icher zum Gebrauch und &#x017F;o dauerhaft, als anderes Schießgewehr &#x017F;ey; auch tadelt er &#x017F;ie, wegen ihrer Wirkung im Stillen, als ein gefa&#x0364;hrliches Werkzeug. Die&#x017F;er letzte Grund betrift blos den Mißbrauch der Sache, und in Ab&#x017F;icht des er&#x017F;ten ha&#x0364;ngt alles von der Ge&#x017F;chicklichkeit des Ku&#x0364;n&#x017F;tlers ab. Man erwartet von Windbu&#x0364;ch&#x017F;en nicht vo&#x0364;llig gleiche Wirkung mit andern Gewehren, und &#x017F;o i&#x017F;t es immer Vortheil genug, wenn &#x017F;ie dienen, &#x017F;cha&#x0364;dliche Thiere an Orten zu to&#x0364;dten, wo man wegen Feuersgefahr Pulverge&#x017F;chu&#x0364;tz zu brauchen Bedenken tra&#x0364;gt.</p>
            <p> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">v. Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> Introd. ad philo&#x017F;. nat. To. II. §. 2111 &#x017F;qq.</hi> </p>
            <p>Kar&#x017F;ten Lehrbegrif der ge&#x017F;amten Math. a. a. O. §. 152. 153.</p>
            <p> <hi rendition="#b">Winde, &#x017F;. Rad an der Welle.</hi> </p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Windkugel, Dampfkugel, Aeolipile</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Aeolipila, <hi rendition="#i">Eolipile.</hi></hi> Ein hohles metallnes Gefa&#x0364;ß in Ge&#x017F;talt einer Kugel oder Birne, woran &#x017F;ich eine lange, bisweilen umgebogne, Ro&#x0364;hre oder Schnabel mit einer engen Oefnung befindet. Wenn man etwas Wa&#x017F;&#x017F;er in die&#x017F;em hohlen Gefa&#x0364;ße u&#x0364;ber Kohlen bringt, und bis zum Kochen erhitzt, &#x017F;o dringt der daraus ent&#x017F;tandne Dampf aus der engen Oefnung des Schnabels hervor, und verur&#x017F;acht einen &#x017F;ehr lebhaften und anhaltenden Wind.</p>
            <p>Die&#x017F;e Windkugeln waren &#x017F;chon bey den Alten bekannt. <hi rendition="#b">Vitruv</hi> (<hi rendition="#aq">De architectura, L. I. c. 6.</hi>) fu&#x0364;hrt &#x017F;ie an, um aus ihnen den Ur&#x017F;prung der Winde zu erkla&#x0364;ren, zu welcher Ab&#x017F;icht &#x017F;ie auch <hi rendition="#b">Descartes</hi> (<hi rendition="#aq">Meteor. Cap. IV. §. 3.</hi>) gebraucht.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[771/0781] Abſchnitt VIII.) ab, und findet, wenn die Luft 100mal mehr, als natuͤrlich, verdichtet, die Laͤnge des Laufs 4 Fuß, der Durchmeſſer der Kugel 3/8 Zoll, die Laͤnge des Raums, der anfangs die verdichtete Luft enthaͤlt, 2 Zoll iſt, ſo werde die Bleykugel mit einer Geſchwindigkeit von 654 pariſer Fuß in einer Secunde aus dem Laufe getrieben, welche Angabe aber wegen des Gegendrucks und Widerſtands der Atmoſphaͤre auf 628 Fuß herabzuſetzen iſt. Nollet (Leçons de phyſ. exper. To. III. Leç. X. Sect. I. Cap. 7.) erklaͤrt die Windbuͤchſe fuͤr ein bloßes Spielwerk, weil ſie nicht ſo bequem, ſo ſicher zum Gebrauch und ſo dauerhaft, als anderes Schießgewehr ſey; auch tadelt er ſie, wegen ihrer Wirkung im Stillen, als ein gefaͤhrliches Werkzeug. Dieſer letzte Grund betrift blos den Mißbrauch der Sache, und in Abſicht des erſten haͤngt alles von der Geſchicklichkeit des Kuͤnſtlers ab. Man erwartet von Windbuͤchſen nicht voͤllig gleiche Wirkung mit andern Gewehren, und ſo iſt es immer Vortheil genug, wenn ſie dienen, ſchaͤdliche Thiere an Orten zu toͤdten, wo man wegen Feuersgefahr Pulvergeſchuͤtz zu brauchen Bedenken traͤgt. v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2111 ſqq. Karſten Lehrbegrif der geſamten Math. a. a. O. §. 152. 153. Winde, ſ. Rad an der Welle. Windkugel, Dampfkugel, Aeolipile Aeolipila, Eolipile. Ein hohles metallnes Gefaͤß in Geſtalt einer Kugel oder Birne, woran ſich eine lange, bisweilen umgebogne, Roͤhre oder Schnabel mit einer engen Oefnung befindet. Wenn man etwas Waſſer in dieſem hohlen Gefaͤße uͤber Kohlen bringt, und bis zum Kochen erhitzt, ſo dringt der daraus entſtandne Dampf aus der engen Oefnung des Schnabels hervor, und verurſacht einen ſehr lebhaften und anhaltenden Wind. Dieſe Windkugeln waren ſchon bey den Alten bekannt. Vitruv (De architectura, L. I. c. 6.) fuͤhrt ſie an, um aus ihnen den Urſprung der Winde zu erklaͤren, zu welcher Abſicht ſie auch Descartes (Meteor. Cap. IV. §. 3.) gebraucht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/781
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/781>, abgerufen am 25.11.2024.