Die copernikanische Weltordnung stellt die Sonne ins Mittel, und läßt um dieselbe Merkur, Venus, die Erde, Mars, Jupiter und Saturn in eccentrischen Kreisen laufen, deren Halbmesser der Ordnung nach fast, wie die Zahlen 4, 7, 10, 15, 52, 95 wachsen müssen. Alle diese Bahnen werden nach einerley Richtung, die kleinern in kürzern, die größern in längern Zeiten durchlaufen. Die Erde, indem sie die ihrige in einem Jahre zurücklegt, dreht sich zugleich täglich um eine sich immer parallel bleibende Axe, welche mit jeder auf die Ebene der Bahn lothrechten Linie einen Winkel von 23 1/2° macht. Sie wird in ihrem Laufe vom Monde begleitet, welcher um sie monatlich einen Kreis nach eben der Richtung beschreibt, dessen Halbmesser im Verhältnisse mit den obigen Zahlen etwa (1/40) betragen würde. Auch fallen alle diese Bahnen nicht vollkommen in einerley Ebene, obgleich die Winkel, um welche sie sich gegen einander neigen, nur wenige Grade betragen.
Ich halte für unnöthig, hievon eine Abbildung beyzufügen. Die wahren Verhältnisse darinn auszudrücken, wäre ohne Verschwendung des Raums nicht möglich; ohne diese Verhältnisse aber bleibt jedes Bild weit hinter dem zurück, was schon die bloßen Worte viel deutlicher sagen. Die Erklärungen der Phänomene aus diesem System werde ich unten in einem eignen Abschnitte zusammenstellen.
Des Copernikus Werk ward zwar von einigen der besten Astronomen mit Beyfall aufgenommen. Rhäticus besorgte zu Basel (1566. fol.) eine neue Auflage desselben. Erasmus Reinhold, Professor zu Wittenberg, berechnete nach dem System und den Beobachtungen des Copernikus neue Tafeln (Tabulae Prutenicae caelestium motuum. Wittemb. 1551. 4.), Christoph Rothmann verbesserte in seiner Astronomie die ptolemäischen Hypothesen nach diesem System, und Mästlin soll nach Weidlers Anführen (Hist. astr. p. 396.) durch eine in Italien gehaltene Rede selbst den großen Galilei zuerst zum Copernikaner gemacht haben. Auf diese wenigen Namen aber schränkt sich auch das ganze Verzeichniß der Copernikaner des 16ten Jahrhunderts ein, und selbst Mästlin trägt in
Die copernikaniſche Weltordnung ſtellt die Sonne ins Mittel, und laͤßt um dieſelbe Merkur, Venus, die Erde, Mars, Jupiter und Saturn in eccentriſchen Kreiſen laufen, deren Halbmeſſer der Ordnung nach faſt, wie die Zahlen 4, 7, 10, 15, 52, 95 wachſen muͤſſen. Alle dieſe Bahnen werden nach einerley Richtung, die kleinern in kuͤrzern, die groͤßern in laͤngern Zeiten durchlaufen. Die Erde, indem ſie die ihrige in einem Jahre zuruͤcklegt, dreht ſich zugleich taͤglich um eine ſich immer parallel bleibende Axe, welche mit jeder auf die Ebene der Bahn lothrechten Linie einen Winkel von 23 1/2° macht. Sie wird in ihrem Laufe vom Monde begleitet, welcher um ſie monatlich einen Kreis nach eben der Richtung beſchreibt, deſſen Halbmeſſer im Verhaͤltniſſe mit den obigen Zahlen etwa (1/40) betragen wuͤrde. Auch fallen alle dieſe Bahnen nicht vollkommen in einerley Ebene, obgleich die Winkel, um welche ſie ſich gegen einander neigen, nur wenige Grade betragen.
Ich halte fuͤr unnoͤthig, hievon eine Abbildung beyzufuͤgen. Die wahren Verhaͤltniſſe darinn auszudruͤcken, waͤre ohne Verſchwendung des Raums nicht moͤglich; ohne dieſe Verhaͤltniſſe aber bleibt jedes Bild weit hinter dem zuruͤck, was ſchon die bloßen Worte viel deutlicher ſagen. Die Erklaͤrungen der Phaͤnomene aus dieſem Syſtem werde ich unten in einem eignen Abſchnitte zuſammenſtellen.
Des Copernikus Werk ward zwar von einigen der beſten Aſtronomen mit Beyfall aufgenommen. Rhaͤticus beſorgte zu Baſel (1566. fol.) eine neue Auflage deſſelben. Erasmus Reinhold, Profeſſor zu Wittenberg, berechnete nach dem Syſtem und den Beobachtungen des Copernikus neue Tafeln (Tabulae Prutenicae caeleſtium motuum. Wittemb. 1551. 4.), Chriſtoph Rothmann verbeſſerte in ſeiner Aſtronomie die ptolemaͤiſchen Hypotheſen nach dieſem Syſtem, und Maͤſtlin ſoll nach Weidlers Anfuͤhren (Hiſt. aſtr. p. 396.) durch eine in Italien gehaltene Rede ſelbſt den großen Galilei zuerſt zum Copernikaner gemacht haben. Auf dieſe wenigen Namen aber ſchraͤnkt ſich auch das ganze Verzeichniß der Copernikaner des 16ten Jahrhunderts ein, und ſelbſt Maͤſtlin traͤgt in
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Die copernikaniſche Weltordnung ſtellt die Sonne ins Mittel, und laͤßt um dieſelbe Merkur, Venus, die Erde, Mars, Jupiter und Saturn in eccentriſchen Kreiſen laufen, deren Halbmeſſer der Ordnung nach faſt, wie die Zahlen 4, 7, 10, 15, 52, 95 wachſen muͤſſen. Alle dieſe Bahnen werden nach einerley Richtung, die kleinern in kuͤrzern, die groͤßern in laͤngern Zeiten durchlaufen. Die Erde, indem ſie die ihrige in einem Jahre zuruͤcklegt, dreht ſich zugleich taͤglich um eine ſich immer parallel bleibende Axe, welche mit jeder auf die Ebene der Bahn lothrechten Linie einen Winkel von 23 1/2° macht. Sie wird in ihrem Laufe vom Monde begleitet, welcher um ſie monatlich einen Kreis nach eben der Richtung beſchreibt, deſſen Halbmeſſer im Verhaͤltniſſe mit den obigen Zahlen etwa (1/40) betragen wuͤrde. Auch fallen alle dieſe Bahnen nicht vollkommen in einerley Ebene, obgleich die Winkel, um welche ſie ſich gegen einander neigen, nur wenige Grade betragen.
Ich halte fuͤr unnoͤthig, hievon eine Abbildung beyzufuͤgen. Die wahren Verhaͤltniſſe darinn auszudruͤcken, waͤre ohne Verſchwendung des Raums nicht moͤglich; ohne dieſe Verhaͤltniſſe aber bleibt jedes Bild weit hinter dem zuruͤck, was ſchon die bloßen Worte viel deutlicher ſagen. Die Erklaͤrungen der Phaͤnomene aus dieſem Syſtem werde ich unten in einem eignen Abſchnitte zuſammenſtellen.
Des Copernikus Werk ward zwar von einigen der beſten Aſtronomen mit Beyfall aufgenommen. Rhaͤticus beſorgte zu Baſel (1566. fol.) eine neue Auflage deſſelben. Erasmus Reinhold, Profeſſor zu Wittenberg, berechnete nach dem Syſtem und den Beobachtungen des Copernikus neue Tafeln (Tabulae Prutenicae caeleſtium motuum. Wittemb. 1551. 4.), Chriſtoph Rothmann verbeſſerte in ſeiner Aſtronomie die ptolemaͤiſchen Hypotheſen nach dieſem Syſtem, und Maͤſtlin ſoll nach Weidlers Anfuͤhren (Hiſt. aſtr. p. 396.) durch eine in Italien gehaltene Rede ſelbſt den großen Galilei zuerſt zum Copernikaner gemacht haben. Auf dieſe wenigen Namen aber ſchraͤnkt ſich auch das ganze Verzeichniß der Copernikaner des 16ten Jahrhunderts ein, und ſelbſt Maͤſtlin traͤgt in
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 712. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/722>, abgerufen am 16.02.2025.
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