Dieser Liquor enthält den berauschenden Theil des Weins, vermischt sich in jedem Verhältnisse mit dem Wasser, und hat also alle Eigenschaften eines Geistes, s. Geist. Er entzündet sich, ohne erst Erhitzung durch einen Dacht nöthig zu haben, und brennt mit einer schwachen am Rande bläulichen Flamme still dahin, ohne Rauch, Ruß und Dämpfe zu bilden, oder außer wenigem Wasser einen Rückstand zu lassen.
Man destillirt diesen Geist nicht blos aus dem Weine, sondern auch aus andern in Gährung gesetzten Substanzen, z. B. aus Weintrestern den Franzbrantwein, aus Getraide den Kornbrantwein, aus Reiß den Arak, aus dem Saft des Zuckerrohrs den Rum u. s. w. Die schnell und mit wenig Mäßigung destillirten Sorten, welche viel Wasser, auch wohl saure und brenzliche Theile bey sich führen, heißen überhaupt Brantwein, (vinum adustum), und werden erst durch wiederhohlte gelinde Destillation zu Weingeist geläutert oder rectificirt, wovon der allerreinste von allem außerwesentlichen Wasser befreyte, höchst rectificirter Weingeist oder Alkohol heißt.
Dieser reine Weingeist ist leichter, als Wasser. Sein eigenthümliches Gewicht giebt Musschenbroek=0,815, Bergmann=0,82, Brisson (Mem. de Paris, 1768.) =0,837 an. Mit Wasser vermischt erzeugt er Wärme, und gleiche Theile von beyden ziehen sich bey der Vermischung um (1/34) des Raumes zusammen; in andern Verhältnissen ist die Zusammenziehung geringer, und am schwächsten bey 1 Theil Weingeist mit 2 Theilen Wasser. Er verdünstet leicht, bewirkt dabey ansehnliche Kälte, und kocht schon bey 174 Grad nach Fahrenheit (63 nach Reaumür). Herr von Reaumür, welcher Pulver zündenden Weingeist noch mit 1/5 Wasser mischte, hat doch dadurch den Siedpunkt seines Thermometers nicht höher, als auf 66 2/3 Grad des Queckfilberthermometers von 80 Graden gebracht, s. Thermometer (oben S. 320.). Diese frühere Verdampfung enthält den Grund, warum sich der Weingeist durch gelinde Destillation entwässern läßt. In der Vorlage giebt er eigne, gleichsam fett oder ölicht aussehende
Dieſer Liquor enthaͤlt den berauſchenden Theil des Weins, vermiſcht ſich in jedem Verhaͤltniſſe mit dem Waſſer, und hat alſo alle Eigenſchaften eines Geiſtes, ſ. Geiſt. Er entzuͤndet ſich, ohne erſt Erhitzung durch einen Dacht noͤthig zu haben, und brennt mit einer ſchwachen am Rande blaͤulichen Flamme ſtill dahin, ohne Rauch, Ruß und Daͤmpfe zu bilden, oder außer wenigem Waſſer einen Ruͤckſtand zu laſſen.
Man deſtillirt dieſen Geiſt nicht blos aus dem Weine, ſondern auch aus andern in Gaͤhrung geſetzten Subſtanzen, z. B. aus Weintreſtern den Franzbrantwein, aus Getraide den Kornbrantwein, aus Reiß den Arak, aus dem Saft des Zuckerrohrs den Rum u. ſ. w. Die ſchnell und mit wenig Maͤßigung deſtillirten Sorten, welche viel Waſſer, auch wohl ſaure und brenzliche Theile bey ſich fuͤhren, heißen uͤberhaupt Brantwein, (vinum aduſtum), und werden erſt durch wiederhohlte gelinde Deſtillation zu Weingeiſt gelaͤutert oder rectificirt, wovon der allerreinſte von allem außerweſentlichen Waſſer befreyte, hoͤchſt rectificirter Weingeiſt oder Alkohol heißt.
Dieſer reine Weingeiſt iſt leichter, als Waſſer. Sein eigenthuͤmliches Gewicht giebt Muſſchenbroek=0,815, Bergmann=0,82, Briſſon (Mém. de Paris, 1768.) =0,837 an. Mit Waſſer vermiſcht erzeugt er Waͤrme, und gleiche Theile von beyden ziehen ſich bey der Vermiſchung um (1/34) des Raumes zuſammen; in andern Verhaͤltniſſen iſt die Zuſammenziehung geringer, und am ſchwaͤchſten bey 1 Theil Weingeiſt mit 2 Theilen Waſſer. Er verduͤnſtet leicht, bewirkt dabey anſehnliche Kaͤlte, und kocht ſchon bey 174 Grad nach Fahrenheit (63 nach Reaumuͤr). Herr von Reaumuͤr, welcher Pulver zuͤndenden Weingeiſt noch mit 1/5 Waſſer miſchte, hat doch dadurch den Siedpunkt ſeines Thermometers nicht hoͤher, als auf 66 2/3 Grad des Queckfilberthermometers von 80 Graden gebracht, ſ. Thermometer (oben S. 320.). Dieſe fruͤhere Verdampfung enthaͤlt den Grund, warum ſich der Weingeiſt durch gelinde Deſtillation entwaͤſſern laͤßt. In der Vorlage giebt er eigne, gleichſam fett oder oͤlicht ausſehende
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Dieſer Liquor enthaͤlt den berauſchenden Theil des Weins, vermiſcht ſich in jedem Verhaͤltniſſe mit dem Waſſer, und hat alſo alle Eigenſchaften eines Geiſtes, ſ. Geiſt. Er entzuͤndet ſich, ohne erſt Erhitzung durch einen Dacht noͤthig zu haben, und brennt mit einer ſchwachen am Rande blaͤulichen Flamme ſtill dahin, ohne Rauch, Ruß und Daͤmpfe zu bilden, oder außer wenigem Waſſer einen Ruͤckſtand zu laſſen.
Man deſtillirt dieſen Geiſt nicht blos aus dem Weine, ſondern auch aus andern in Gaͤhrung geſetzten Subſtanzen, z. B. aus Weintreſtern den Franzbrantwein, aus Getraide den Kornbrantwein, aus Reiß den Arak, aus dem Saft des Zuckerrohrs den Rum u. ſ. w. Die ſchnell und mit wenig Maͤßigung deſtillirten Sorten, welche viel Waſſer, auch wohl ſaure und brenzliche Theile bey ſich fuͤhren, heißen uͤberhaupt Brantwein, (vinum aduſtum), und werden erſt durch wiederhohlte gelinde Deſtillation zu Weingeiſt gelaͤutert oder rectificirt, wovon der allerreinſte von allem außerweſentlichen Waſſer befreyte, hoͤchſt rectificirter Weingeiſt oder Alkohol heißt.
Dieſer reine Weingeiſt iſt leichter, als Waſſer. Sein eigenthuͤmliches Gewicht giebt Muſſchenbroek=0,815, Bergmann=0,82, Briſſon (Mém. de Paris, 1768.) =0,837 an. Mit Waſſer vermiſcht erzeugt er Waͤrme, und gleiche Theile von beyden ziehen ſich bey der Vermiſchung um (1/34) des Raumes zuſammen; in andern Verhaͤltniſſen iſt die Zuſammenziehung geringer, und am ſchwaͤchſten bey 1 Theil Weingeiſt mit 2 Theilen Waſſer. Er verduͤnſtet leicht, bewirkt dabey anſehnliche Kaͤlte, und kocht ſchon bey 174 Grad nach Fahrenheit (63 nach Reaumuͤr). Herr von Reaumuͤr, welcher Pulver zuͤndenden Weingeiſt noch mit 1/5 Waſſer miſchte, hat doch dadurch den Siedpunkt ſeines Thermometers nicht hoͤher, als auf 66 2/3 Grad des Queckfilberthermometers von 80 Graden gebracht, ſ. Thermometer (oben S. 320.). Dieſe fruͤhere Verdampfung enthaͤlt den Grund, warum ſich der Weingeiſt durch gelinde Deſtillation entwaͤſſern laͤßt. In der Vorlage giebt er eigne, gleichſam fett oder oͤlicht ausſehende
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 676. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/686>, abgerufen am 28.07.2024.
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