Mittel, schlechte Weine zu veredeln, dieses, daß man dem Moste vor der Gährung Zucker zusetzt, indem der zuckerartige Stoff die wahre Quelle der geistigen Gährung, und aller Zucker des Pflanzenreichs von einer und eben derselben Beschaffenheit ist. Macquer hat dieses durch Theorie und Erfahrung vortreflich bestätiget. Abrauchen des Mostes, Beschleunigung der Gährung durch Wärme, Ausfrieren u. s. w. macht schlechte Weine zwar geistreicher, aber nicht milder und angenehmer. Trüb gewordene Weine kan man durch Umrühren mit gekochter Hausenblase oder Eyweiß abklären.
Hat die erste Gährung zu lang gedauert, so ist schon ein unmerklicher Uebergang zur zwoten Stufe der Essiggährung vorhanden, welche nun zwar langsam, aber doch ununterbrochen fortgeht, daher ein solcher Wein unvermeidlich von Zeit zu Zeit saurer wird. Dieses ist nun eben der Fehler, der sich durch die Vermischung der Weine mit Glötte und andern Bleykalken heben läßt, indem diese die entstandne Essigsäure einschlucken und mit ihr einen angenehm schmeckenden Bleyzucker bilden, dessen Wirkungen aber für den Körper verderblich und oft tödtlich sind, so daß man diejenigen, die dergleichen Verfälschungen aus Gewinnsucht und mit Kenntniß der Sache unternehmen, aufs gerechteste als vorsetzliche Giftmischer behandeln kan. Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts entstand im Würtembergischen und andern Gegenden hieraus die sogenannte Weinkrankheit, welche zu den ersten gesetzlichen Verordnungen über diesen Gegenstand Anlaß gab (s. Gockels Beschreibung des durch Silberglötte versüßten sauren Weins, und der daher von 1694 - 1696 entstandenen vormals unerhörten Weinkrankheit. Ulm, 1697. 8.).
Ob ein Wein durch Bleyzusätze verfälscht sey, erkennt man am sichersten, wenn man eine ansehnliche Menge davon bis zur Trockne abraucht, und den Rückstand in einem Schmelztiegel schmelzt, da sich denn das reducirte Bleykorn auf dem Boden des Tiegels findet. Leichter und geschwinder sind die Prüfungen durch flüßige Schwefellebern, z. B. durch die würtembergische Weinprobe (liquor probatorius)
Mittel, ſchlechte Weine zu veredeln, dieſes, daß man dem Moſte vor der Gaͤhrung Zucker zuſetzt, indem der zuckerartige Stoff die wahre Quelle der geiſtigen Gaͤhrung, und aller Zucker des Pflanzenreichs von einer und eben derſelben Beſchaffenheit iſt. Macquer hat dieſes durch Theorie und Erfahrung vortreflich beſtaͤtiget. Abrauchen des Moſtes, Beſchleunigung der Gaͤhrung durch Waͤrme, Ausfrieren u. ſ. w. macht ſchlechte Weine zwar geiſtreicher, aber nicht milder und angenehmer. Truͤb gewordene Weine kan man durch Umruͤhren mit gekochter Hauſenblaſe oder Eyweiß abklaͤren.
Hat die erſte Gaͤhrung zu lang gedauert, ſo iſt ſchon ein unmerklicher Uebergang zur zwoten Stufe der Eſſiggaͤhrung vorhanden, welche nun zwar langſam, aber doch ununterbrochen fortgeht, daher ein ſolcher Wein unvermeidlich von Zeit zu Zeit ſaurer wird. Dieſes iſt nun eben der Fehler, der ſich durch die Vermiſchung der Weine mit Gloͤtte und andern Bleykalken heben laͤßt, indem dieſe die entſtandne Eſſigſaͤure einſchlucken und mit ihr einen angenehm ſchmeckenden Bleyzucker bilden, deſſen Wirkungen aber fuͤr den Koͤrper verderblich und oft toͤdtlich ſind, ſo daß man diejenigen, die dergleichen Verfaͤlſchungen aus Gewinnſucht und mit Kenntniß der Sache unternehmen, aufs gerechteſte als vorſetzliche Giftmiſcher behandeln kan. Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts entſtand im Wuͤrtembergiſchen und andern Gegenden hieraus die ſogenannte Weinkrankheit, welche zu den erſten geſetzlichen Verordnungen uͤber dieſen Gegenſtand Anlaß gab (ſ. Gockels Beſchreibung des durch Silbergloͤtte verſuͤßten ſauren Weins, und der daher von 1694 - 1696 entſtandenen vormals unerhoͤrten Weinkrankheit. Ulm, 1697. 8.).
Ob ein Wein durch Bleyzuſaͤtze verfaͤlſcht ſey, erkennt man am ſicherſten, wenn man eine anſehnliche Menge davon bis zur Trockne abraucht, und den Ruͤckſtand in einem Schmelztiegel ſchmelzt, da ſich denn das reducirte Bleykorn auf dem Boden des Tiegels findet. Leichter und geſchwinder ſind die Pruͤfungen durch fluͤßige Schwefellebern, z. B. durch die wuͤrtembergiſche Weinprobe (liquor probatorius)
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Mittel, ſchlechte Weine zu veredeln, dieſes, daß man dem Moſte vor der Gaͤhrung Zucker zuſetzt, indem der zuckerartige Stoff die wahre Quelle der geiſtigen Gaͤhrung, und aller Zucker des Pflanzenreichs von einer und eben derſelben Beſchaffenheit iſt. Macquer hat dieſes durch Theorie und Erfahrung vortreflich beſtaͤtiget. Abrauchen des Moſtes, Beſchleunigung der Gaͤhrung durch Waͤrme, Ausfrieren u. ſ. w. macht ſchlechte Weine zwar geiſtreicher, aber nicht milder und angenehmer. Truͤb gewordene Weine kan man durch Umruͤhren mit gekochter Hauſenblaſe oder Eyweiß abklaͤren.
Hat die erſte Gaͤhrung zu lang gedauert, ſo iſt ſchon ein unmerklicher Uebergang zur zwoten Stufe der Eſſiggaͤhrung vorhanden, welche nun zwar langſam, aber doch ununterbrochen fortgeht, daher ein ſolcher Wein unvermeidlich von Zeit zu Zeit ſaurer wird. Dieſes iſt nun eben der Fehler, der ſich durch die Vermiſchung der Weine mit Gloͤtte und andern Bleykalken heben laͤßt, indem dieſe die entſtandne Eſſigſaͤure einſchlucken und mit ihr einen angenehm ſchmeckenden Bleyzucker bilden, deſſen Wirkungen aber fuͤr den Koͤrper verderblich und oft toͤdtlich ſind, ſo daß man diejenigen, die dergleichen Verfaͤlſchungen aus Gewinnſucht und mit Kenntniß der Sache unternehmen, aufs gerechteſte als vorſetzliche Giftmiſcher behandeln kan. Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts entſtand im Wuͤrtembergiſchen und andern Gegenden hieraus die ſogenannte Weinkrankheit, welche zu den erſten geſetzlichen Verordnungen uͤber dieſen Gegenſtand Anlaß gab (ſ. Gockels Beſchreibung des durch Silbergloͤtte verſuͤßten ſauren Weins, und der daher von 1694 - 1696 entſtandenen vormals unerhoͤrten Weinkrankheit. Ulm, 1697. 8.).
Ob ein Wein durch Bleyzuſaͤtze verfaͤlſcht ſey, erkennt man am ſicherſten, wenn man eine anſehnliche Menge davon bis zur Trockne abraucht, und den Ruͤckſtand in einem Schmelztiegel ſchmelzt, da ſich denn das reducirte Bleykorn auf dem Boden des Tiegels findet. Leichter und geſchwinder ſind die Pruͤfungen durch fluͤßige Schwefellebern, z. B. durch die wuͤrtembergiſche Weinprobe (liquor probatorius)
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/684>, abgerufen am 16.02.2025.
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