Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


man gewiß nicht für merklich elastisch ansehen kan, die Steine auf eine ähnliche Art abspringen.

Einen andern Beweis der Elasticität des Wassers hat man aus der Fortpflanzung des Schalles durch dasselbe hergenommen. Wenn man Kugeln, die an Fäden unter Wasser hängen, an einander schlägt, so hört man den Schall eben so deutlich, als wenn sie in der Luft zusammentreffen. Andere hieher gehörige Versuche sind bey dem Worte Schall (Th. III. S. 816.) angeführt. Man könnte gegen diesen Beweis einwenden, daß vielleicht nur die im Wasser enthaltene Luft das Mittel der Fortpflanzung des Schalles ausmache. Aber hiezu müßte man eine solche Stellung der Lufttheilchen annehmen, daß sich dieselben von dem Orte der Entstehung des Schalles an, bis zur Oberfläche des Wassers in ununterbrochner Reihe berührten, welche Stellung überaus unwahrscheinlich wäre, und durch jede Bewegung unfehlbar zerrüttet werden müßte. Um aber diesen Einwurf völlig zu heben, ließ Nollet (Mem. de l' acad. des sc. de Paris, 1743. p. 301--306.) einen Wecker unter solchem Wasser schlagen, welches er vorher mit möglichster Sorgfalt von aller Luft gereiniget hatte; er fand aber nicht die geringste Verminderung des Schalles. Musschenbroek (Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2267.) wiederholte diesen Versuch, und es gelang ihm selbiger nicht nur mit Wasser, sondern auch mit andern Liquoren; ob er gleich daraus keinen Schluß auf die Elasticität des Wassers macht, gegen die er vielmehr gänzlich eingenommen ist.

Endlich scheint auch das Zusammenziehen durch die Kälte eine Compressibilität des Wassers zu erweisen; denn wenn es an sich möglich ist, daß die Masse desselben einen geringern Raum einnehmen kan, so sieht man nicht, warum sie sich nicht durch zureichende äußere Kraft in eben denselben sollte zusammendrängen lassen. Dennoch wirkt die Kälte anders, als äußere Kräfte; es bleibt also noch immer nöthig, durch wirkliche Versuche zu erweisen, daß das Wasser einer Zusammendrückung durch hinlängliche Gewalt fähig sey.


man gewiß nicht fuͤr merklich elaſtiſch anſehen kan, die Steine auf eine aͤhnliche Art abſpringen.

Einen andern Beweis der Elaſticitaͤt des Waſſers hat man aus der Fortpflanzung des Schalles durch daſſelbe hergenommen. Wenn man Kugeln, die an Faͤden unter Waſſer haͤngen, an einander ſchlaͤgt, ſo hoͤrt man den Schall eben ſo deutlich, als wenn ſie in der Luft zuſammentreffen. Andere hieher gehoͤrige Verſuche ſind bey dem Worte Schall (Th. III. S. 816.) angefuͤhrt. Man koͤnnte gegen dieſen Beweis einwenden, daß vielleicht nur die im Waſſer enthaltene Luft das Mittel der Fortpflanzung des Schalles ausmache. Aber hiezu muͤßte man eine ſolche Stellung der Lufttheilchen annehmen, daß ſich dieſelben von dem Orte der Entſtehung des Schalles an, bis zur Oberflaͤche des Waſſers in ununterbrochner Reihe beruͤhrten, welche Stellung uͤberaus unwahrſcheinlich waͤre, und durch jede Bewegung unfehlbar zerruͤttet werden muͤßte. Um aber dieſen Einwurf voͤllig zu heben, ließ Nollet (Mém. de l' acad. des ſc. de Paris, 1743. p. 301—306.) einen Wecker unter ſolchem Waſſer ſchlagen, welches er vorher mit moͤglichſter Sorgfalt von aller Luft gereiniget hatte; er fand aber nicht die geringſte Verminderung des Schalles. Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2267.) wiederholte dieſen Verſuch, und es gelang ihm ſelbiger nicht nur mit Waſſer, ſondern auch mit andern Liquoren; ob er gleich daraus keinen Schluß auf die Elaſticitaͤt des Waſſers macht, gegen die er vielmehr gaͤnzlich eingenommen iſt.

Endlich ſcheint auch das Zuſammenziehen durch die Kaͤlte eine Compreſſibilitaͤt des Waſſers zu erweiſen; denn wenn es an ſich moͤglich iſt, daß die Maſſe deſſelben einen geringern Raum einnehmen kan, ſo ſieht man nicht, warum ſie ſich nicht durch zureichende aͤußere Kraft in eben denſelben ſollte zuſammendraͤngen laſſen. Dennoch wirkt die Kaͤlte anders, als aͤußere Kraͤfte; es bleibt alſo noch immer noͤthig, durch wirkliche Verſuche zu erweiſen, daß das Waſſer einer Zuſammendruͤckung durch hinlaͤngliche Gewalt faͤhig ſey.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0643" xml:id="P.4.633" n="633"/><lb/>
man gewiß nicht fu&#x0364;r merklich ela&#x017F;ti&#x017F;ch an&#x017F;ehen kan, die Steine auf eine a&#x0364;hnliche Art ab&#x017F;pringen.</p>
            <p>Einen andern Beweis der Ela&#x017F;ticita&#x0364;t des Wa&#x017F;&#x017F;ers hat man aus der Fortpflanzung des Schalles durch da&#x017F;&#x017F;elbe hergenommen. Wenn man Kugeln, die an Fa&#x0364;den unter Wa&#x017F;&#x017F;er ha&#x0364;ngen, an einander &#x017F;chla&#x0364;gt, &#x017F;o ho&#x0364;rt man den Schall eben &#x017F;o deutlich, als wenn &#x017F;ie in der Luft zu&#x017F;ammentreffen. Andere hieher geho&#x0364;rige Ver&#x017F;uche &#x017F;ind bey dem Worte <hi rendition="#b">Schall</hi> (Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> S. 816.) angefu&#x0364;hrt. Man ko&#x0364;nnte gegen die&#x017F;en Beweis einwenden, daß vielleicht nur die im Wa&#x017F;&#x017F;er enthaltene Luft das Mittel der Fortpflanzung des Schalles ausmache. Aber hiezu mu&#x0364;ßte man eine &#x017F;olche Stellung der Lufttheilchen annehmen, daß &#x017F;ich die&#x017F;elben von dem Orte der Ent&#x017F;tehung des Schalles an, bis zur Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers in ununterbrochner Reihe beru&#x0364;hrten, welche Stellung u&#x0364;beraus unwahr&#x017F;cheinlich wa&#x0364;re, und durch jede Bewegung unfehlbar zerru&#x0364;ttet werden mu&#x0364;ßte. Um aber die&#x017F;en Einwurf vo&#x0364;llig zu heben, ließ <hi rendition="#b">Nollet</hi> (<hi rendition="#aq">Mém. de l' acad. des &#x017F;c. de Paris, 1743. p. 301&#x2014;306.</hi>) einen Wecker unter &#x017F;olchem Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chlagen, welches er vorher mit mo&#x0364;glich&#x017F;ter Sorgfalt von aller Luft gereiniget hatte; er fand aber nicht die gering&#x017F;te Verminderung des Schalles. <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroek</hi> (<hi rendition="#aq">Introd. ad philo&#x017F;. nat. To. II. §. 2267.</hi>) wiederholte die&#x017F;en Ver&#x017F;uch, und es gelang ihm &#x017F;elbiger nicht nur mit Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ondern auch mit andern Liquoren; ob er gleich daraus keinen Schluß auf die Ela&#x017F;ticita&#x0364;t des Wa&#x017F;&#x017F;ers macht, gegen die er vielmehr ga&#x0364;nzlich eingenommen i&#x017F;t.</p>
            <p>Endlich &#x017F;cheint auch das Zu&#x017F;ammenziehen durch die Ka&#x0364;lte eine Compre&#x017F;&#x017F;ibilita&#x0364;t des Wa&#x017F;&#x017F;ers zu erwei&#x017F;en; denn wenn es an &#x017F;ich mo&#x0364;glich i&#x017F;t, daß die Ma&#x017F;&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;elben einen geringern Raum einnehmen kan, &#x017F;o &#x017F;ieht man nicht, warum &#x017F;ie &#x017F;ich nicht durch zureichende a&#x0364;ußere Kraft in eben den&#x017F;elben &#x017F;ollte zu&#x017F;ammendra&#x0364;ngen la&#x017F;&#x017F;en. Dennoch wirkt die Ka&#x0364;lte anders, als a&#x0364;ußere Kra&#x0364;fte; es bleibt al&#x017F;o noch immer no&#x0364;thig, durch wirkliche Ver&#x017F;uche zu erwei&#x017F;en, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er einer Zu&#x017F;ammendru&#x0364;ckung durch hinla&#x0364;ngliche Gewalt fa&#x0364;hig &#x017F;ey.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[633/0643] man gewiß nicht fuͤr merklich elaſtiſch anſehen kan, die Steine auf eine aͤhnliche Art abſpringen. Einen andern Beweis der Elaſticitaͤt des Waſſers hat man aus der Fortpflanzung des Schalles durch daſſelbe hergenommen. Wenn man Kugeln, die an Faͤden unter Waſſer haͤngen, an einander ſchlaͤgt, ſo hoͤrt man den Schall eben ſo deutlich, als wenn ſie in der Luft zuſammentreffen. Andere hieher gehoͤrige Verſuche ſind bey dem Worte Schall (Th. III. S. 816.) angefuͤhrt. Man koͤnnte gegen dieſen Beweis einwenden, daß vielleicht nur die im Waſſer enthaltene Luft das Mittel der Fortpflanzung des Schalles ausmache. Aber hiezu muͤßte man eine ſolche Stellung der Lufttheilchen annehmen, daß ſich dieſelben von dem Orte der Entſtehung des Schalles an, bis zur Oberflaͤche des Waſſers in ununterbrochner Reihe beruͤhrten, welche Stellung uͤberaus unwahrſcheinlich waͤre, und durch jede Bewegung unfehlbar zerruͤttet werden muͤßte. Um aber dieſen Einwurf voͤllig zu heben, ließ Nollet (Mém. de l' acad. des ſc. de Paris, 1743. p. 301—306.) einen Wecker unter ſolchem Waſſer ſchlagen, welches er vorher mit moͤglichſter Sorgfalt von aller Luft gereiniget hatte; er fand aber nicht die geringſte Verminderung des Schalles. Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2267.) wiederholte dieſen Verſuch, und es gelang ihm ſelbiger nicht nur mit Waſſer, ſondern auch mit andern Liquoren; ob er gleich daraus keinen Schluß auf die Elaſticitaͤt des Waſſers macht, gegen die er vielmehr gaͤnzlich eingenommen iſt. Endlich ſcheint auch das Zuſammenziehen durch die Kaͤlte eine Compreſſibilitaͤt des Waſſers zu erweiſen; denn wenn es an ſich moͤglich iſt, daß die Maſſe deſſelben einen geringern Raum einnehmen kan, ſo ſieht man nicht, warum ſie ſich nicht durch zureichende aͤußere Kraft in eben denſelben ſollte zuſammendraͤngen laſſen. Dennoch wirkt die Kaͤlte anders, als aͤußere Kraͤfte; es bleibt alſo noch immer noͤthig, durch wirkliche Verſuche zu erweiſen, daß das Waſſer einer Zuſammendruͤckung durch hinlaͤngliche Gewalt faͤhig ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/643
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/643>, abgerufen am 25.11.2024.