Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
John Caverhill (Experiments on the cause of heat in living animals and the velocity of the nervous fluid. Lond. 1770. 8.) leitet die Wärme von der Wirkung der Nerven her. Er fand durch Verletzung des Rückenmarks bey einem Caninchen den Puls geschwächt und die Wärme beträchtlich vermindert. Diese Versuche beweisen jedoch nichts weiter, als daß durch solche Lähmungen überhaupt alle Phänomene des thierischen Lebens geschwächt werden, ohne zu entscheiden, ob eines dieser Phänomene die unmittelbare Wirkung des andern sey. Auch hat man die Wärme des thierischen Körpers der Elektricität desselben zuschreiben wollen, obgleich gewiß ist, das viele kaltblütige Thiere weit mehr Elektricität, als die warmblütigen, anzunehmen geschickt sind. Noch andere, z. B. D. Cullen, nehmen in der thierischen Oekonomie ein eignes Principium des Lebens (principium vitale) an, welches die Eigenschaft habe, in verschiedenen Körpern bey einerley Geschwindigkeit des Bluts eine verschiedene Wärme hervorzubringen. Diese Ableitung von einem Princip, das mit keiner sonst bekannten Sache Aehnlichkeit hat, kan, da sie weder chymische noch mechanische Mittel angiebt, den Namen einer physikalischen Erklärung nicht verdienen, und ist blos ein verdecktes Geständniß des Nichtwissens. Den sinnreichen Gedanken, daß alle thierische Wärme durch die Wirkung der Luft beym Athmen, mithin in den Lungen, erzeugt, und von da aus durch den Umlauf des Bluts dem ganzen übrigen Körper mitgetheilt werde, hat Stahl (Theor. medica. p. 288.) mit der Bemerkung geäußert, daß er ihm schon seit dem Jahre 1684 eigenthümlich zugehöre. Man machte nachher die Beobachtung, daß alle warmblütigen Thiere mit volltommnen Lungen, und die Vögel, als die wärmsten, mit vorzüglich großen Lungen athmen, und daß alles, was die Respiration beschleuniget,
John Caverhill (Experiments on the cauſe of heat in living animals and the velocity of the nervous fluid. Lond. 1770. 8.) leitet die Waͤrme von der Wirkung der Nerven her. Er fand durch Verletzung des Ruͤckenmarks bey einem Caninchen den Puls geſchwaͤcht und die Waͤrme betraͤchtlich vermindert. Dieſe Verſuche beweiſen jedoch nichts weiter, als daß durch ſolche Laͤhmungen uͤberhaupt alle Phaͤnomene des thieriſchen Lebens geſchwaͤcht werden, ohne zu entſcheiden, ob eines dieſer Phaͤnomene die unmittelbare Wirkung des andern ſey. Auch hat man die Waͤrme des thieriſchen Koͤrpers der Elektricitaͤt deſſelben zuſchreiben wollen, obgleich gewiß iſt, das viele kaltbluͤtige Thiere weit mehr Elektricitaͤt, als die warmbluͤtigen, anzunehmen geſchickt ſind. Noch andere, z. B. D. Cullen, nehmen in der thieriſchen Oekonomie ein eignes Principium des Lebens (principium vitale) an, welches die Eigenſchaft habe, in verſchiedenen Koͤrpern bey einerley Geſchwindigkeit des Bluts eine verſchiedene Waͤrme hervorzubringen. Dieſe Ableitung von einem Princip, das mit keiner ſonſt bekannten Sache Aehnlichkeit hat, kan, da ſie weder chymiſche noch mechaniſche Mittel angiebt, den Namen einer phyſikaliſchen Erklaͤrung nicht verdienen, und iſt blos ein verdecktes Geſtaͤndniß des Nichtwiſſens. Den ſinnreichen Gedanken, daß alle thieriſche Waͤrme durch die Wirkung der Luft beym Athmen, mithin in den Lungen, erzeugt, und von da aus durch den Umlauf des Bluts dem ganzen uͤbrigen Koͤrper mitgetheilt werde, hat Stahl (Theor. medica. p. 288.) mit der Bemerkung geaͤußert, daß er ihm ſchon ſeit dem Jahre 1684 eigenthuͤmlich zugehoͤre. Man machte nachher die Beobachtung, daß alle warmbluͤtigen Thiere mit volltommnen Lungen, und die Voͤgel, als die waͤrmſten, mit vorzuͤglich großen Lungen athmen, und daß alles, was die Reſpiration beſchleuniget, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0600" xml:id="P.4.590" n="590"/><lb/> daß die feinen Gefaͤße dieſer Thiere gerade eng genug ſind, um nur ein einziges Kuͤgelchen zu faſſen, welches noch dazu eine ovale Geſtalt annehmen muß, um durchzukommen, in welchem Falle alſo die Waͤrme ſehr betraͤchtlich ſeyn muͤſte, wenn ſie von dieſer Urſache herkaͤme.</p> <p><hi rendition="#b">John Caverhill</hi> (<hi rendition="#aq">Experiments on the cauſe of heat in living animals and the velocity of the nervous fluid. Lond. 1770. 8.</hi>) leitet die Waͤrme von der Wirkung der Nerven her. Er fand durch Verletzung des Ruͤckenmarks bey einem Caninchen den Puls geſchwaͤcht und die Waͤrme betraͤchtlich vermindert. Dieſe Verſuche beweiſen jedoch nichts weiter, als daß durch ſolche Laͤhmungen uͤberhaupt alle Phaͤnomene des thieriſchen Lebens geſchwaͤcht werden, ohne zu entſcheiden, ob eines dieſer Phaͤnomene die unmittelbare Wirkung des andern ſey. Auch hat man die Waͤrme des thieriſchen Koͤrpers der Elektricitaͤt deſſelben zuſchreiben wollen, obgleich gewiß iſt, das viele kaltbluͤtige Thiere weit mehr Elektricitaͤt, als die warmbluͤtigen, anzunehmen geſchickt ſind. Noch andere, z. B. <hi rendition="#b">D. Cullen,</hi> nehmen in der thieriſchen Oekonomie ein eignes Principium des Lebens (<hi rendition="#aq">principium vitale</hi>) an, welches die Eigenſchaft habe, in verſchiedenen Koͤrpern bey einerley Geſchwindigkeit des Bluts eine verſchiedene Waͤrme hervorzubringen. Dieſe Ableitung von einem Princip, das mit keiner ſonſt bekannten Sache Aehnlichkeit hat, kan, da ſie weder chymiſche noch mechaniſche Mittel angiebt, den Namen einer phyſikaliſchen Erklaͤrung nicht verdienen, und iſt blos ein verdecktes Geſtaͤndniß des Nichtwiſſens.</p> <p>Den ſinnreichen Gedanken, daß alle thieriſche Waͤrme durch die Wirkung der <hi rendition="#b">Luft</hi> beym Athmen, mithin in den Lungen, erzeugt, und von da aus durch den Umlauf des Bluts dem ganzen uͤbrigen Koͤrper mitgetheilt werde, hat <hi rendition="#b">Stahl</hi> (<hi rendition="#aq">Theor. medica. p. 288.</hi>) mit der Bemerkung geaͤußert, daß er ihm ſchon ſeit dem Jahre 1684 eigenthuͤmlich zugehoͤre. Man machte nachher die Beobachtung, daß alle warmbluͤtigen Thiere mit volltommnen Lungen, und die Voͤgel, als die waͤrmſten, mit vorzuͤglich großen Lungen athmen, und daß alles, was die Reſpiration beſchleuniget,<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [590/0600]
daß die feinen Gefaͤße dieſer Thiere gerade eng genug ſind, um nur ein einziges Kuͤgelchen zu faſſen, welches noch dazu eine ovale Geſtalt annehmen muß, um durchzukommen, in welchem Falle alſo die Waͤrme ſehr betraͤchtlich ſeyn muͤſte, wenn ſie von dieſer Urſache herkaͤme.
John Caverhill (Experiments on the cauſe of heat in living animals and the velocity of the nervous fluid. Lond. 1770. 8.) leitet die Waͤrme von der Wirkung der Nerven her. Er fand durch Verletzung des Ruͤckenmarks bey einem Caninchen den Puls geſchwaͤcht und die Waͤrme betraͤchtlich vermindert. Dieſe Verſuche beweiſen jedoch nichts weiter, als daß durch ſolche Laͤhmungen uͤberhaupt alle Phaͤnomene des thieriſchen Lebens geſchwaͤcht werden, ohne zu entſcheiden, ob eines dieſer Phaͤnomene die unmittelbare Wirkung des andern ſey. Auch hat man die Waͤrme des thieriſchen Koͤrpers der Elektricitaͤt deſſelben zuſchreiben wollen, obgleich gewiß iſt, das viele kaltbluͤtige Thiere weit mehr Elektricitaͤt, als die warmbluͤtigen, anzunehmen geſchickt ſind. Noch andere, z. B. D. Cullen, nehmen in der thieriſchen Oekonomie ein eignes Principium des Lebens (principium vitale) an, welches die Eigenſchaft habe, in verſchiedenen Koͤrpern bey einerley Geſchwindigkeit des Bluts eine verſchiedene Waͤrme hervorzubringen. Dieſe Ableitung von einem Princip, das mit keiner ſonſt bekannten Sache Aehnlichkeit hat, kan, da ſie weder chymiſche noch mechaniſche Mittel angiebt, den Namen einer phyſikaliſchen Erklaͤrung nicht verdienen, und iſt blos ein verdecktes Geſtaͤndniß des Nichtwiſſens.
Den ſinnreichen Gedanken, daß alle thieriſche Waͤrme durch die Wirkung der Luft beym Athmen, mithin in den Lungen, erzeugt, und von da aus durch den Umlauf des Bluts dem ganzen uͤbrigen Koͤrper mitgetheilt werde, hat Stahl (Theor. medica. p. 288.) mit der Bemerkung geaͤußert, daß er ihm ſchon ſeit dem Jahre 1684 eigenthuͤmlich zugehoͤre. Man machte nachher die Beobachtung, daß alle warmbluͤtigen Thiere mit volltommnen Lungen, und die Voͤgel, als die waͤrmſten, mit vorzuͤglich großen Lungen athmen, und daß alles, was die Reſpiration beſchleuniget,
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