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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Temperatur der Mischung. Hiebey gieng der sonderbare Fehler vor, daß man zu finden glaubte, die Wärme der Mischung sey die halbe Differenz der beyden Temperaturen der vermischten Massen, da sie doch in der That ihre halbe Summe ist. Inzwischen war dies blos ein Fehler der Versuche oder sonst ein Mißverständniß, und Richmann fand nachher die wahre Regel durch seine Versuche so, wie sie beym Worte Feuer (Th. II. S. 219.) angegeben ist. Boerhaave ließ unter andern auch Quecksilber und Wasser (unter gleichem Volumen) vermischen, um die Vertheilung der Wärme unter beyde zu erfahren. Daraus ergab sich, daß 3 Maaß Quecksilber und 2 Maaß Wasser zusammengegossen eben die Wärme geben, die gleiche Theile Wasser zusammengegossen geben, es mag das Quecksilber oder das Wasser wärmer seyn. Hierinn liegt deutlich die Entdeckung, daß 3 Maaß Quecksilber eben so viel Wärme mittheilen, als 2 Maaß Wasser. Boerhaave aber begnügte sich, daraus zu folgern, daß sich das Feuer nicht nach der Dichte der Körper vertheile, und fand am Ende in diesem Versuche sogar eine Bestätigung seines Satzes, daß die Vertheilung nach den Räumen geschehe.

Das Verdienst, die Gesetze der Vertheilung freyer Wärme unter verschiedene Stoffe zuerst genau untersucht, und daraus den bestimmten Begrif von specifischer Wärme hergeleitet zu haben, gehört unstreitig Herrn Wilke. Dieser scharfsinnige Naturforscher, der auf diese Entdeckung im Jahre 1772 bey seinen Versuchen über die Kälte des Schnees beym Schmelzen gekommen war, giebt zur Bestimmung der specifischen Wärme (Neue Schwed. Abhandl. II. B. Leipzig, 1784. 8. S. 48.) folgende Methode an. Er taucht einen auf bestimmten Grad erwärmten Körper in ein genau gleiches Gewicht eiskalten Wassers, und erforscht mit dem Thermometer die Wärme der Mischung. Nun berechnet er durch Richmanns Regel, wie viel gleichwarmes Wasser nöthig gewesen wäre, dem eiskalten Wasser eben den Wärmegrad zu geben, woraus sich denn ergiebt, wie viel mehr oder weniger Wärme der Körper unter gleichem Gewichte und bey gleicher Temperatur mit dem Wasser


Temperatur der Miſchung. Hiebey gieng der ſonderbare Fehler vor, daß man zu finden glaubte, die Waͤrme der Miſchung ſey die halbe Differenz der beyden Temperaturen der vermiſchten Maſſen, da ſie doch in der That ihre halbe Summe iſt. Inzwiſchen war dies blos ein Fehler der Verſuche oder ſonſt ein Mißverſtaͤndniß, und Richmann fand nachher die wahre Regel durch ſeine Verſuche ſo, wie ſie beym Worte Feuer (Th. II. S. 219.) angegeben iſt. Boerhaave ließ unter andern auch Queckſilber und Waſſer (unter gleichem Volumen) vermiſchen, um die Vertheilung der Waͤrme unter beyde zu erfahren. Daraus ergab ſich, daß 3 Maaß Queckſilber und 2 Maaß Waſſer zuſammengegoſſen eben die Waͤrme geben, die gleiche Theile Waſſer zuſammengegoſſen geben, es mag das Queckſilber oder das Waſſer waͤrmer ſeyn. Hierinn liegt deutlich die Entdeckung, daß 3 Maaß Queckſilber eben ſo viel Waͤrme mittheilen, als 2 Maaß Waſſer. Boerhaave aber begnuͤgte ſich, daraus zu folgern, daß ſich das Feuer nicht nach der Dichte der Koͤrper vertheile, und fand am Ende in dieſem Verſuche ſogar eine Beſtaͤtigung ſeines Satzes, daß die Vertheilung nach den Raͤumen geſchehe.

Das Verdienſt, die Geſetze der Vertheilung freyer Waͤrme unter verſchiedene Stoffe zuerſt genau unterſucht, und daraus den beſtimmten Begrif von ſpecifiſcher Waͤrme hergeleitet zu haben, gehoͤrt unſtreitig Herrn Wilke. Dieſer ſcharfſinnige Naturforſcher, der auf dieſe Entdeckung im Jahre 1772 bey ſeinen Verſuchen uͤber die Kaͤlte des Schnees beym Schmelzen gekommen war, giebt zur Beſtimmung der ſpecifiſchen Waͤrme (Neue Schwed. Abhandl. II. B. Leipzig, 1784. 8. S. 48.) folgende Methode an. Er taucht einen auf beſtimmten Grad erwaͤrmten Koͤrper in ein genau gleiches Gewicht eiskalten Waſſers, und erforſcht mit dem Thermometer die Waͤrme der Miſchung. Nun berechnet er durch Richmanns Regel, wie viel gleichwarmes Waſſer noͤthig geweſen waͤre, dem eiskalten Waſſer eben den Waͤrmegrad zu geben, woraus ſich denn ergiebt, wie viel mehr oder weniger Waͤrme der Koͤrper unter gleichem Gewichte und bey gleicher Temperatur mit dem Waſſer

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[570/0580] Temperatur der Miſchung. Hiebey gieng der ſonderbare Fehler vor, daß man zu finden glaubte, die Waͤrme der Miſchung ſey die halbe Differenz der beyden Temperaturen der vermiſchten Maſſen, da ſie doch in der That ihre halbe Summe iſt. Inzwiſchen war dies blos ein Fehler der Verſuche oder ſonſt ein Mißverſtaͤndniß, und Richmann fand nachher die wahre Regel durch ſeine Verſuche ſo, wie ſie beym Worte Feuer (Th. II. S. 219.) angegeben iſt. Boerhaave ließ unter andern auch Queckſilber und Waſſer (unter gleichem Volumen) vermiſchen, um die Vertheilung der Waͤrme unter beyde zu erfahren. Daraus ergab ſich, daß 3 Maaß Queckſilber und 2 Maaß Waſſer zuſammengegoſſen eben die Waͤrme geben, die gleiche Theile Waſſer zuſammengegoſſen geben, es mag das Queckſilber oder das Waſſer waͤrmer ſeyn. Hierinn liegt deutlich die Entdeckung, daß 3 Maaß Queckſilber eben ſo viel Waͤrme mittheilen, als 2 Maaß Waſſer. Boerhaave aber begnuͤgte ſich, daraus zu folgern, daß ſich das Feuer nicht nach der Dichte der Koͤrper vertheile, und fand am Ende in dieſem Verſuche ſogar eine Beſtaͤtigung ſeines Satzes, daß die Vertheilung nach den Raͤumen geſchehe. Das Verdienſt, die Geſetze der Vertheilung freyer Waͤrme unter verſchiedene Stoffe zuerſt genau unterſucht, und daraus den beſtimmten Begrif von ſpecifiſcher Waͤrme hergeleitet zu haben, gehoͤrt unſtreitig Herrn Wilke. Dieſer ſcharfſinnige Naturforſcher, der auf dieſe Entdeckung im Jahre 1772 bey ſeinen Verſuchen uͤber die Kaͤlte des Schnees beym Schmelzen gekommen war, giebt zur Beſtimmung der ſpecifiſchen Waͤrme (Neue Schwed. Abhandl. II. B. Leipzig, 1784. 8. S. 48.) folgende Methode an. Er taucht einen auf beſtimmten Grad erwaͤrmten Koͤrper in ein genau gleiches Gewicht eiskalten Waſſers, und erforſcht mit dem Thermometer die Waͤrme der Miſchung. Nun berechnet er durch Richmanns Regel, wie viel gleichwarmes Waſſer noͤthig geweſen waͤre, dem eiskalten Waſſer eben den Waͤrmegrad zu geben, woraus ſich denn ergiebt, wie viel mehr oder weniger Waͤrme der Koͤrper unter gleichem Gewichte und bey gleicher Temperatur mit dem Waſſer

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/580>, abgerufen am 25.11.2024.