Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


immer seyn mögen, zu erklären. Denkt man sich eine große in den innern Hölungen und Gängen der Erde entzündete oder geschmolzene Masse, zu welcher durch ofne Canäle Luft und Wasser Zutritt haben, so ist keine Wirkung so groß, daß man sie nicht von einem so heftigen, und doch gewissermaßen eingeschloßnen Brande mit Grunde herleiten könnte. Die Chymie giebt uns tausend Beyspiele von Erzeugungen elastischer Dämpfe und plötzlichen Entwickelungen von Luftarten, die fast allemal die Wirkung des Feuers begleiten. Das Wasser wird bey Berührung glühender oder schmelzender Massen gewaltsam umher geworfen und verdampft, und die Glühhitze dehnt nicht nur die atmosphärische Luft beträchtlich aus, sondern entbindet auch fast aus allen mineralischen Körpern und ihren Vermischungen eine Menge höchst elastischer Gasarten, deren Daseyn bey den Vulkanen durch die in ihrer Nachbarschaft vorhandnen Moffeten, durch den Geruch und die heftige Flamme ihrer Ausbrüche unläugbar bewiesen wird. Wie groß die Gewalt solcher Dämpfe und elastischen Materien bey der geringsten Sperrung des freyen Ausgangs, zumal bey plötzlicher Entstehung und beym Mitwirken der Hitze sey, beweisen die Erscheinungen des Schießpulvers, Knallpulvers, papinischen Digestors u. s. w. zur Gnüge. Diese Macht der Elasticität löset alle Bande der Schwere und Cohäsion, und kan ohne Widerspruch stark genug gedacht werden, um einen ansehnlichen Theil der Erdfläche, gleich einer Mine, zu erschüttern und zu zersprengen.

Wie man nun die Erdbeben sehr wahrscheinlich aus dem in Gängen und Höhlen gesperrten unterirdischen Feuer herleitet, so scheinen die Vulkane gleichsam die Schorsteine zu seyn, durch welche die Flammen dieses Feuers hervorbrechen und die Dämpfe nebst allen im Wege stehenden Materien auswerfen. Die Erdbeben, welche die Gegenden um den Vesuv und Aetna erschütterten, hörten gewöhnlich auf, sobald ein hinlänglicher Ausbruch der Berge oder Ausfluß der Lava erfolgte, und nie fürchtet man mehr von ihnen, als wenn die Vulkane dabey ganz still sind. Die elastischen Materien, welche vielleicht an mehrern zerstreuten


immer ſeyn moͤgen, zu erklaͤren. Denkt man ſich eine große in den innern Hoͤlungen und Gaͤngen der Erde entzuͤndete oder geſchmolzene Maſſe, zu welcher durch ofne Canaͤle Luft und Waſſer Zutritt haben, ſo iſt keine Wirkung ſo groß, daß man ſie nicht von einem ſo heftigen, und doch gewiſſermaßen eingeſchloßnen Brande mit Grunde herleiten koͤnnte. Die Chymie giebt uns tauſend Beyſpiele von Erzeugungen elaſtiſcher Daͤmpfe und ploͤtzlichen Entwickelungen von Luftarten, die faſt allemal die Wirkung des Feuers begleiten. Das Waſſer wird bey Beruͤhrung gluͤhender oder ſchmelzender Maſſen gewaltſam umher geworfen und verdampft, und die Gluͤhhitze dehnt nicht nur die atmoſphaͤriſche Luft betraͤchtlich aus, ſondern entbindet auch faſt aus allen mineraliſchen Koͤrpern und ihren Vermiſchungen eine Menge hoͤchſt elaſtiſcher Gasarten, deren Daſeyn bey den Vulkanen durch die in ihrer Nachbarſchaft vorhandnen Moffeten, durch den Geruch und die heftige Flamme ihrer Ausbruͤche unlaͤugbar bewieſen wird. Wie groß die Gewalt ſolcher Daͤmpfe und elaſtiſchen Materien bey der geringſten Sperrung des freyen Ausgangs, zumal bey ploͤtzlicher Entſtehung und beym Mitwirken der Hitze ſey, beweiſen die Erſcheinungen des Schießpulvers, Knallpulvers, papiniſchen Digeſtors u. ſ. w. zur Gnuͤge. Dieſe Macht der Elaſticitaͤt loͤſet alle Bande der Schwere und Cohaͤſion, und kan ohne Widerſpruch ſtark genug gedacht werden, um einen anſehnlichen Theil der Erdflaͤche, gleich einer Mine, zu erſchuͤttern und zu zerſprengen.

Wie man nun die Erdbeben ſehr wahrſcheinlich aus dem in Gaͤngen und Hoͤhlen geſperrten unterirdiſchen Feuer herleitet, ſo ſcheinen die Vulkane gleichſam die Schorſteine zu ſeyn, durch welche die Flammen dieſes Feuers hervorbrechen und die Daͤmpfe nebſt allen im Wege ſtehenden Materien auswerfen. Die Erdbeben, welche die Gegenden um den Veſuv und Aetna erſchuͤtterten, hoͤrten gewoͤhnlich auf, ſobald ein hinlaͤnglicher Ausbruch der Berge oder Ausfluß der Lava erfolgte, und nie fuͤrchtet man mehr von ihnen, als wenn die Vulkane dabey ganz ſtill ſind. Die elaſtiſchen Materien, welche vielleicht an mehrern zerſtreuten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0529" xml:id="P.4.519" n="519"/><lb/>
immer &#x017F;eyn mo&#x0364;gen, zu erkla&#x0364;ren. Denkt man &#x017F;ich eine große in den innern Ho&#x0364;lungen und Ga&#x0364;ngen der Erde entzu&#x0364;ndete oder ge&#x017F;chmolzene Ma&#x017F;&#x017F;e, zu welcher durch ofne Cana&#x0364;le Luft und Wa&#x017F;&#x017F;er Zutritt haben, &#x017F;o i&#x017F;t keine Wirkung &#x017F;o groß, daß man &#x017F;ie nicht von einem &#x017F;o heftigen, und doch gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen einge&#x017F;chloßnen Brande mit Grunde herleiten ko&#x0364;nnte. Die Chymie giebt uns tau&#x017F;end Bey&#x017F;piele von Erzeugungen ela&#x017F;ti&#x017F;cher Da&#x0364;mpfe und plo&#x0364;tzlichen Entwickelungen von Luftarten, die fa&#x017F;t allemal die Wirkung des Feuers begleiten. Das Wa&#x017F;&#x017F;er wird bey Beru&#x0364;hrung glu&#x0364;hender oder &#x017F;chmelzender Ma&#x017F;&#x017F;en gewalt&#x017F;am umher geworfen und verdampft, und die Glu&#x0364;hhitze dehnt nicht nur die atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che Luft betra&#x0364;chtlich aus, &#x017F;ondern entbindet auch fa&#x017F;t aus allen minerali&#x017F;chen Ko&#x0364;rpern und ihren Vermi&#x017F;chungen eine Menge ho&#x0364;ch&#x017F;t ela&#x017F;ti&#x017F;cher Gasarten, deren Da&#x017F;eyn bey den Vulkanen durch die in ihrer Nachbar&#x017F;chaft vorhandnen Moffeten, durch den Geruch und die heftige Flamme ihrer Ausbru&#x0364;che unla&#x0364;ugbar bewie&#x017F;en wird. Wie groß die Gewalt &#x017F;olcher Da&#x0364;mpfe und ela&#x017F;ti&#x017F;chen Materien bey der gering&#x017F;ten Sperrung des freyen Ausgangs, zumal bey plo&#x0364;tzlicher Ent&#x017F;tehung und beym Mitwirken der Hitze &#x017F;ey, bewei&#x017F;en die Er&#x017F;cheinungen des Schießpulvers, Knallpulvers, papini&#x017F;chen Dige&#x017F;tors u. &#x017F;. w. zur Gnu&#x0364;ge. Die&#x017F;e Macht der Ela&#x017F;ticita&#x0364;t lo&#x0364;&#x017F;et alle Bande der Schwere und Coha&#x0364;&#x017F;ion, und kan ohne Wider&#x017F;pruch &#x017F;tark genug gedacht werden, um einen an&#x017F;ehnlichen Theil der Erdfla&#x0364;che, gleich einer Mine, zu er&#x017F;chu&#x0364;ttern und zu zer&#x017F;prengen.</p>
            <p>Wie man nun die Erdbeben &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich aus dem in Ga&#x0364;ngen und Ho&#x0364;hlen ge&#x017F;perrten unterirdi&#x017F;chen Feuer herleitet, &#x017F;o &#x017F;cheinen die Vulkane gleich&#x017F;am die Schor&#x017F;teine zu &#x017F;eyn, durch welche die Flammen die&#x017F;es Feuers hervorbrechen und die Da&#x0364;mpfe neb&#x017F;t allen im Wege &#x017F;tehenden Materien auswerfen. Die Erdbeben, welche die Gegenden um den Ve&#x017F;uv und Aetna er&#x017F;chu&#x0364;tterten, ho&#x0364;rten gewo&#x0364;hnlich auf, &#x017F;obald ein hinla&#x0364;nglicher Ausbruch der Berge oder Ausfluß der Lava erfolgte, und nie fu&#x0364;rchtet man mehr von ihnen, als wenn die Vulkane dabey ganz &#x017F;till &#x017F;ind. Die ela&#x017F;ti&#x017F;chen Materien, welche vielleicht an mehrern zer&#x017F;treuten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[519/0529] immer ſeyn moͤgen, zu erklaͤren. Denkt man ſich eine große in den innern Hoͤlungen und Gaͤngen der Erde entzuͤndete oder geſchmolzene Maſſe, zu welcher durch ofne Canaͤle Luft und Waſſer Zutritt haben, ſo iſt keine Wirkung ſo groß, daß man ſie nicht von einem ſo heftigen, und doch gewiſſermaßen eingeſchloßnen Brande mit Grunde herleiten koͤnnte. Die Chymie giebt uns tauſend Beyſpiele von Erzeugungen elaſtiſcher Daͤmpfe und ploͤtzlichen Entwickelungen von Luftarten, die faſt allemal die Wirkung des Feuers begleiten. Das Waſſer wird bey Beruͤhrung gluͤhender oder ſchmelzender Maſſen gewaltſam umher geworfen und verdampft, und die Gluͤhhitze dehnt nicht nur die atmoſphaͤriſche Luft betraͤchtlich aus, ſondern entbindet auch faſt aus allen mineraliſchen Koͤrpern und ihren Vermiſchungen eine Menge hoͤchſt elaſtiſcher Gasarten, deren Daſeyn bey den Vulkanen durch die in ihrer Nachbarſchaft vorhandnen Moffeten, durch den Geruch und die heftige Flamme ihrer Ausbruͤche unlaͤugbar bewieſen wird. Wie groß die Gewalt ſolcher Daͤmpfe und elaſtiſchen Materien bey der geringſten Sperrung des freyen Ausgangs, zumal bey ploͤtzlicher Entſtehung und beym Mitwirken der Hitze ſey, beweiſen die Erſcheinungen des Schießpulvers, Knallpulvers, papiniſchen Digeſtors u. ſ. w. zur Gnuͤge. Dieſe Macht der Elaſticitaͤt loͤſet alle Bande der Schwere und Cohaͤſion, und kan ohne Widerſpruch ſtark genug gedacht werden, um einen anſehnlichen Theil der Erdflaͤche, gleich einer Mine, zu erſchuͤttern und zu zerſprengen. Wie man nun die Erdbeben ſehr wahrſcheinlich aus dem in Gaͤngen und Hoͤhlen geſperrten unterirdiſchen Feuer herleitet, ſo ſcheinen die Vulkane gleichſam die Schorſteine zu ſeyn, durch welche die Flammen dieſes Feuers hervorbrechen und die Daͤmpfe nebſt allen im Wege ſtehenden Materien auswerfen. Die Erdbeben, welche die Gegenden um den Veſuv und Aetna erſchuͤtterten, hoͤrten gewoͤhnlich auf, ſobald ein hinlaͤnglicher Ausbruch der Berge oder Ausfluß der Lava erfolgte, und nie fuͤrchtet man mehr von ihnen, als wenn die Vulkane dabey ganz ſtill ſind. Die elaſtiſchen Materien, welche vielleicht an mehrern zerſtreuten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/529
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/529>, abgerufen am 22.11.2024.