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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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gebrannten oder erloschenen Vulkane
(Volcans eteints), wiewohl manche zu weit gehen, wenn sie jeden kegelförmigen Berg für einen ehemaligen Vulkan erklären.

Hieraus erhellet nun, daß der Ausbruch des Feuers, selbst wenn er im platten Lande geschieht, dennoch um sich her einen höhern oder niedrigern Berg bildet, daher alle fortdaurende Ausbrüche dieser Art aus Bergen geschehen, von welchen ich nun einige der vornehmsten beschreiben will.

Der Vesuv, nahe bey Neapel, giebt durch seine Gestalt ein deutliches Beyspiel des angeführten. Er besteht aus einer von den Apenninen ganz abgesonderten Masse vulkanischer Berge, die sich ringsum gleichförmig mitten aus einer Pläne erhebt, und augenscheinlich das Werk einer einzigen Oefnung ist, weiche ehedem im Mittel gestanden hat. Eine große Katastrophe, vielleicht die im Jahre 79 n. C. G., die Herculanum und Pompeji verschüttete und dem ältern Plinius das Leben kostete, hat den alten Gipfel eingestürzt, und es ist nur ein Theil des Randes von dem ehemaligen großen Crater stehen geblieben. Dies sind die Berge Somma und Ottajano, welche den jetzigen Vesuv auf der Nordseite in Form eines Halbkreises umgeben, und von ihm durch das halbkreisförmige Thal Atrio del Cavallo abgesondert sind. Der jetzige Kegel in diesem Thale ist erst seit Entstehung der neuen Oefnung gebildet worden. Man findet noch eine Menge kleiner Kegel an der Seite, und fast jeder neue Ausbruch verändert die Gestalt dieses merkwürdigen Berges.

Die Städte Herculanum und Pompeji waren erst 16 Jahr vorher durch ein fürchterliches Erdbeben erschüttert worden, als sie durch den schrecklichen Ausbruch des Vesuvs am 24. Aug. 79 von einer unglaublichen Menge schwarzgrauer Asche, mit Bimstein- und Kaiksteinstücken untermengt, verschüttet wurden. Dio Cassius erzählt, es sey eben zu der Zeit geschehen, da man im Schauspiele gewesen, die Asche habe die Sonne verdunkelt, und sey bis Rom, ja bis Syrien und Egypten geflogen, womit man auch die Erzählung des jüngern Plinius von dem Tode seines Mutterbruders bey Stabiä (Epist. VI. 16. 20.) vergleichen kan.


gebrannten oder erloſchenen Vulkane
(Volcans éteints), wiewohl manche zu weit gehen, wenn ſie jeden kegelfoͤrmigen Berg fuͤr einen ehemaligen Vulkan erklaͤren.

Hieraus erhellet nun, daß der Ausbruch des Feuers, ſelbſt wenn er im platten Lande geſchieht, dennoch um ſich her einen hoͤhern oder niedrigern Berg bildet, daher alle fortdaurende Ausbruͤche dieſer Art aus Bergen geſchehen, von welchen ich nun einige der vornehmſten beſchreiben will.

Der Veſuv, nahe bey Neapel, giebt durch ſeine Geſtalt ein deutliches Beyſpiel des angefuͤhrten. Er beſteht aus einer von den Apenninen ganz abgeſonderten Maſſe vulkaniſcher Berge, die ſich ringsum gleichfoͤrmig mitten aus einer Plaͤne erhebt, und augenſcheinlich das Werk einer einzigen Oefnung iſt, weiche ehedem im Mittel geſtanden hat. Eine große Kataſtrophe, vielleicht die im Jahre 79 n. C. G., die Herculanum und Pompeji verſchuͤttete und dem aͤltern Plinius das Leben koſtete, hat den alten Gipfel eingeſtuͤrzt, und es iſt nur ein Theil des Randes von dem ehemaligen großen Crater ſtehen geblieben. Dies ſind die Berge Somma und Ottajano, welche den jetzigen Veſuv auf der Nordſeite in Form eines Halbkreiſes umgeben, und von ihm durch das halbkreisfoͤrmige Thal Atrio del Cavallo abgeſondert ſind. Der jetzige Kegel in dieſem Thale iſt erſt ſeit Entſtehung der neuen Oefnung gebildet worden. Man findet noch eine Menge kleiner Kegel an der Seite, und faſt jeder neue Ausbruch veraͤndert die Geſtalt dieſes merkwuͤrdigen Berges.

Die Staͤdte Herculanum und Pompeji waren erſt 16 Jahr vorher durch ein fuͤrchterliches Erdbeben erſchuͤttert worden, als ſie durch den ſchrecklichen Ausbruch des Veſuvs am 24. Aug. 79 von einer unglaublichen Menge ſchwarzgrauer Aſche, mit Bimſtein- und Kaikſteinſtuͤcken untermengt, verſchuͤttet wurden. Dio Caſſius erzaͤhlt, es ſey eben zu der Zeit geſchehen, da man im Schauſpiele geweſen, die Aſche habe die Sonne verdunkelt, und ſey bis Rom, ja bis Syrien und Egypten geflogen, womit man auch die Erzaͤhlung des juͤngern Plinius von dem Tode ſeines Mutterbruders bey Stabiaͤ (Epiſt. VI. 16. 20.) vergleichen kan.

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[503/0513] gebrannten oder erloſchenen Vulkane (Volcans éteints), wiewohl manche zu weit gehen, wenn ſie jeden kegelfoͤrmigen Berg fuͤr einen ehemaligen Vulkan erklaͤren. Hieraus erhellet nun, daß der Ausbruch des Feuers, ſelbſt wenn er im platten Lande geſchieht, dennoch um ſich her einen hoͤhern oder niedrigern Berg bildet, daher alle fortdaurende Ausbruͤche dieſer Art aus Bergen geſchehen, von welchen ich nun einige der vornehmſten beſchreiben will. Der Veſuv, nahe bey Neapel, giebt durch ſeine Geſtalt ein deutliches Beyſpiel des angefuͤhrten. Er beſteht aus einer von den Apenninen ganz abgeſonderten Maſſe vulkaniſcher Berge, die ſich ringsum gleichfoͤrmig mitten aus einer Plaͤne erhebt, und augenſcheinlich das Werk einer einzigen Oefnung iſt, weiche ehedem im Mittel geſtanden hat. Eine große Kataſtrophe, vielleicht die im Jahre 79 n. C. G., die Herculanum und Pompeji verſchuͤttete und dem aͤltern Plinius das Leben koſtete, hat den alten Gipfel eingeſtuͤrzt, und es iſt nur ein Theil des Randes von dem ehemaligen großen Crater ſtehen geblieben. Dies ſind die Berge Somma und Ottajano, welche den jetzigen Veſuv auf der Nordſeite in Form eines Halbkreiſes umgeben, und von ihm durch das halbkreisfoͤrmige Thal Atrio del Cavallo abgeſondert ſind. Der jetzige Kegel in dieſem Thale iſt erſt ſeit Entſtehung der neuen Oefnung gebildet worden. Man findet noch eine Menge kleiner Kegel an der Seite, und faſt jeder neue Ausbruch veraͤndert die Geſtalt dieſes merkwuͤrdigen Berges. Die Staͤdte Herculanum und Pompeji waren erſt 16 Jahr vorher durch ein fuͤrchterliches Erdbeben erſchuͤttert worden, als ſie durch den ſchrecklichen Ausbruch des Veſuvs am 24. Aug. 79 von einer unglaublichen Menge ſchwarzgrauer Aſche, mit Bimſtein- und Kaikſteinſtuͤcken untermengt, verſchuͤttet wurden. Dio Caſſius erzaͤhlt, es ſey eben zu der Zeit geſchehen, da man im Schauſpiele geweſen, die Aſche habe die Sonne verdunkelt, und ſey bis Rom, ja bis Syrien und Egypten geflogen, womit man auch die Erzaͤhlung des juͤngern Plinius von dem Tode ſeines Mutterbruders bey Stabiaͤ (Epiſt. VI. 16. 20.) vergleichen kan.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/513>, abgerufen am 22.11.2024.