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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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der Lehre von der Verwandtschaft der Körper. Erfurt, 1780. 8.), Bergmann (De attractionibus electivis in Nov. Act. Vpsal. Vol. II. p. 159. sqq. und in Opusc. phys. et chem.) und Kirwan (Exp. and Obs. on the specisic gravities and attractive powers of various saline substances. London, 1781. 4. übers. von Crell. Berlin u. Stett. 1783. 8.) diese ganze Lehre ihrer Vollkommenheit näher gebracht, und viele in den vorigen Tabellen enthaltene Fehler und Mißverständnisse gehoben. Eine sehr vollständige Stufenleiter der Verwandtschaften, hauptsächlich aus Bergmann hat Herr Gren am Ende seines schätzbaren Handbuchs der Chemie mitgetheilt.

Die Lehre von den Verwandtschaften, und die Methode, ihre Stufenfolge in Tabellen zu bringen, hat unläugbar sehr große Schwierigkeiten. Sehr oft scheint die Ordnung, die man durch eine gewisse Reihe von Versuchen bestimmt hatte, durch andere fast eben so deutliche Versuche wieder umgestoßen zu werden. Daher hatte der Graf von Buffon (Supplement a l'hist. nat. To. I. Paris, 1775.) den Chymisten den Vorwurf gemacht, daß sie eben so viele besondere kleine Verwandtschaftsgesetzchen (petites loix d'affinite) annähmen, als es bey den Verbindungen und Trennungen der Körper besondere Fälle gäbe; und Monnet (Traite de la dissolution des metaux. Amsterd. et Paris, 1775. 8.) hatte das ganze System der Verwandtschaften ein schönes Hirngespinst genannt, das mehr zum Vergnügen der chymischen Scholastiker, Schwätzer und Tabellenmacher, als zur wahren Aufnahme der Wissenschaft diene-- in welchem Tone auch schon Baron in seinen Noten zu Lemery's Chymie (Cours de chymie. Paris. 1756. 4.) von den Verwandtschaften gesprochen hatte. Macquer macht sich ein eignes Geschäft daraus, das Unanständige dieses Tons zu zeigen, und die Verwandtschaftslehre zu vertheidigen; wiewohl nicht zu läugnen ist, daß in den ältern Tabellen viel willkührlich angenommene Sätze und überhaupt Begriffe herrschen, die den Qualitäten der Scholastiker nicht ganz unähnlich sind.


der Lehre von der Verwandtſchaft der Koͤrper. Erfurt, 1780. 8.), Bergmann (De attractionibus electivis in Nov. Act. Vpſal. Vol. II. p. 159. ſqq. und in Opuſc. phyſ. et chem.) und Kirwan (Exp. and Obſ. on the ſpeciſic gravities and attractive powers of various ſaline ſubſtances. London, 1781. 4. uͤberſ. von Crell. Berlin u. Stett. 1783. 8.) dieſe ganze Lehre ihrer Vollkommenheit naͤher gebracht, und viele in den vorigen Tabellen enthaltene Fehler und Mißverſtaͤndniſſe gehoben. Eine ſehr vollſtaͤndige Stufenleiter der Verwandtſchaften, hauptſaͤchlich aus Bergmann hat Herr Gren am Ende ſeines ſchaͤtzbaren Handbuchs der Chemie mitgetheilt.

Die Lehre von den Verwandtſchaften, und die Methode, ihre Stufenfolge in Tabellen zu bringen, hat unlaͤugbar ſehr große Schwierigkeiten. Sehr oft ſcheint die Ordnung, die man durch eine gewiſſe Reihe von Verſuchen beſtimmt hatte, durch andere faſt eben ſo deutliche Verſuche wieder umgeſtoßen zu werden. Daher hatte der Graf von Buffon (Supplément à l'hiſt. nat. To. I. Paris, 1775.) den Chymiſten den Vorwurf gemacht, daß ſie eben ſo viele beſondere kleine Verwandtſchaftsgeſetzchen (petites loix d'affinité) annaͤhmen, als es bey den Verbindungen und Trennungen der Koͤrper beſondere Faͤlle gaͤbe; und Monnet (Traité de la diſſolution des métaux. Amſterd. et Paris, 1775. 8.) hatte das ganze Syſtem der Verwandtſchaften ein ſchoͤnes Hirngeſpinſt genannt, das mehr zum Vergnuͤgen der chymiſchen Scholaſtiker, Schwaͤtzer und Tabellenmacher, als zur wahren Aufnahme der Wiſſenſchaft diene— in welchem Tone auch ſchon Baron in ſeinen Noten zu Lemery's Chymie (Cours de chymie. Paris. 1756. 4.) von den Verwandtſchaften geſprochen hatte. Macquer macht ſich ein eignes Geſchaͤft daraus, das Unanſtaͤndige dieſes Tons zu zeigen, und die Verwandtſchaftslehre zu vertheidigen; wiewohl nicht zu laͤugnen iſt, daß in den aͤltern Tabellen viel willkuͤhrlich angenommene Saͤtze und uͤberhaupt Begriffe herrſchen, die den Qualitaͤten der Scholaſtiker nicht ganz unaͤhnlich ſind.

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[478/0488] der Lehre von der Verwandtſchaft der Koͤrper. Erfurt, 1780. 8.), Bergmann (De attractionibus electivis in Nov. Act. Vpſal. Vol. II. p. 159. ſqq. und in Opuſc. phyſ. et chem.) und Kirwan (Exp. and Obſ. on the ſpeciſic gravities and attractive powers of various ſaline ſubſtances. London, 1781. 4. uͤberſ. von Crell. Berlin u. Stett. 1783. 8.) dieſe ganze Lehre ihrer Vollkommenheit naͤher gebracht, und viele in den vorigen Tabellen enthaltene Fehler und Mißverſtaͤndniſſe gehoben. Eine ſehr vollſtaͤndige Stufenleiter der Verwandtſchaften, hauptſaͤchlich aus Bergmann hat Herr Gren am Ende ſeines ſchaͤtzbaren Handbuchs der Chemie mitgetheilt. Die Lehre von den Verwandtſchaften, und die Methode, ihre Stufenfolge in Tabellen zu bringen, hat unlaͤugbar ſehr große Schwierigkeiten. Sehr oft ſcheint die Ordnung, die man durch eine gewiſſe Reihe von Verſuchen beſtimmt hatte, durch andere faſt eben ſo deutliche Verſuche wieder umgeſtoßen zu werden. Daher hatte der Graf von Buffon (Supplément à l'hiſt. nat. To. I. Paris, 1775.) den Chymiſten den Vorwurf gemacht, daß ſie eben ſo viele beſondere kleine Verwandtſchaftsgeſetzchen (petites loix d'affinité) annaͤhmen, als es bey den Verbindungen und Trennungen der Koͤrper beſondere Faͤlle gaͤbe; und Monnet (Traité de la diſſolution des métaux. Amſterd. et Paris, 1775. 8.) hatte das ganze Syſtem der Verwandtſchaften ein ſchoͤnes Hirngeſpinſt genannt, das mehr zum Vergnuͤgen der chymiſchen Scholaſtiker, Schwaͤtzer und Tabellenmacher, als zur wahren Aufnahme der Wiſſenſchaft diene— in welchem Tone auch ſchon Baron in ſeinen Noten zu Lemery's Chymie (Cours de chymie. Paris. 1756. 4.) von den Verwandtſchaften geſprochen hatte. Macquer macht ſich ein eignes Geſchaͤft daraus, das Unanſtaͤndige dieſes Tons zu zeigen, und die Verwandtſchaftslehre zu vertheidigen; wiewohl nicht zu laͤugnen iſt, daß in den aͤltern Tabellen viel willkuͤhrlich angenommene Saͤtze und uͤberhaupt Begriffe herrſchen, die den Qualitaͤten der Scholaſtiker nicht ganz unaͤhnlich ſind.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/488>, abgerufen am 22.11.2024.