wird, dergleichen man Kraft nennt, d. i. eine Ursache, welche Bewegung hervorzubringen oder zu ändern strebt, s. Kraft. Ist keine solche Ursache vorhanden, so beharrt der ruhende Körper in seiner Ruhe, und der bewegte setzt seine Bewegung ungeändert nach der vorigen Richtung und mit der vorigen Geschwindigkeit fort. Diese allgemeine Eigenschast, oder besser, dieses allgemeine Phänomen der Körper nennt man ihre Trägheit.
Die Wahrnehmung hievon entspringt eigentlich so. Wenn wir Körper mit unsern Gliedmaßen bewegen und aufhalten, so fühlen wir in uns eine gewisse hierauf zu verwendende Anstrengung, die ganz eigentlich Kraft heißt. Dies macht, daß wir uns auch in allen andern Fällen, wo Ruhe und Bewegung ohne unser Zuthun geändert wird, eine dieser Krast ähnliche Ursache gedenken, und in den Begrif, den wir uns vom Körper überhaupt bilden, die Vorstellung legen, er ändere seinen Zustand nie ohne eine solche Ursache. Wir sehen dies also als ein Merkmal der Körper an. Eine Erscheinung, die wir ohne Anwendung einiger Kraft, etwa blos durch einen Gedanken oder Machtspruch aufhalten, vor uns hertreiben und an andere Orte versetzen könnten, würden wir für nichts Körperliches erkennen.
So ist die Vorstellung von Trägheit nichts anders, als der Satz des zureichenden Grundes auf die Veränderung des Zustands der Körper angewandt. Unter Zustand versteht man hiebey Ruhe, wenn der Körper ruht, Richtung und Geschwindigkeit, wenn er sich bewegt. Erfolgen solche Aenderungen, so erfordern wir allemal das Daseyn einer Ursache: denn wenn wir selbst sie hervorbringen wollen, so fühlen wir diese Ursache in uns, und sehen auch in andern Fällen, daß Ursachen dazu verwendet werden, die sonst etwas anders, z. B. Druck, Spannung u. dergl. bewirkten, die aber dies zu bewirken augenblicklich aufhören, so bald sie sich auf solche Aenderungen verwenden. Ist keine solche Ursache da, so sehen wir auch die Körper in ihrem vorigen Zustande beharren. Diese Art, sich die Trägheit vorzustellen, welche Herr Kästner (De inertia corporum, in s. Diss. math. et phys. n. X. p. 75. und Anfangsgr.
wird, dergleichen man Kraft nennt, d. i. eine Urſache, welche Bewegung hervorzubringen oder zu aͤndern ſtrebt, ſ. Kraft. Iſt keine ſolche Urſache vorhanden, ſo beharrt der ruhende Koͤrper in ſeiner Ruhe, und der bewegte ſetzt ſeine Bewegung ungeaͤndert nach der vorigen Richtung und mit der vorigen Geſchwindigkeit fort. Dieſe allgemeine Eigenſchaſt, oder beſſer, dieſes allgemeine Phaͤnomen der Koͤrper nennt man ihre Traͤgheit.
Die Wahrnehmung hievon entſpringt eigentlich ſo. Wenn wir Koͤrper mit unſern Gliedmaßen bewegen und aufhalten, ſo fuͤhlen wir in uns eine gewiſſe hierauf zu verwendende Anſtrengung, die ganz eigentlich Kraft heißt. Dies macht, daß wir uns auch in allen andern Faͤllen, wo Ruhe und Bewegung ohne unſer Zuthun geaͤndert wird, eine dieſer Kraſt aͤhnliche Urſache gedenken, und in den Begrif, den wir uns vom Koͤrper uͤberhaupt bilden, die Vorſtellung legen, er aͤndere ſeinen Zuſtand nie ohne eine ſolche Urſache. Wir ſehen dies alſo als ein Merkmal der Koͤrper an. Eine Erſcheinung, die wir ohne Anwendung einiger Kraft, etwa blos durch einen Gedanken oder Machtſpruch aufhalten, vor uns hertreiben und an andere Orte verſetzen koͤnnten, wuͤrden wir fuͤr nichts Koͤrperliches erkennen.
So iſt die Vorſtellung von Traͤgheit nichts anders, als der Satz des zureichenden Grundes auf die Veraͤnderung des Zuſtands der Koͤrper angewandt. Unter Zuſtand verſteht man hiebey Ruhe, wenn der Koͤrper ruht, Richtung und Geſchwindigkeit, wenn er ſich bewegt. Erfolgen ſolche Aenderungen, ſo erfordern wir allemal das Daſeyn einer Urſache: denn wenn wir ſelbſt ſie hervorbringen wollen, ſo fuͤhlen wir dieſe Urſache in uns, und ſehen auch in andern Faͤllen, daß Urſachen dazu verwendet werden, die ſonſt etwas anders, z. B. Druck, Spannung u. dergl. bewirkten, die aber dies zu bewirken augenblicklich aufhoͤren, ſo bald ſie ſich auf ſolche Aenderungen verwenden. Iſt keine ſolche Urſache da, ſo ſehen wir auch die Koͤrper in ihrem vorigen Zuſtande beharren. Dieſe Art, ſich die Traͤgheit vorzuſtellen, welche Herr Kaͤſtner (De inertia corporum, in ſ. Diſſ. math. et phyſ. n. X. p. 75. und Anfangsgr.
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wird, dergleichen man Kraft nennt, d. i. eine Urſache, welche Bewegung hervorzubringen oder zu aͤndern ſtrebt, ſ. Kraft. Iſt keine ſolche Urſache vorhanden, ſo beharrt der ruhende Koͤrper in ſeiner Ruhe, und der bewegte ſetzt ſeine Bewegung ungeaͤndert nach der vorigen Richtung und mit der vorigen Geſchwindigkeit fort. Dieſe allgemeine Eigenſchaſt, oder beſſer, dieſes allgemeine Phaͤnomen der Koͤrper nennt man ihre Traͤgheit.
Die Wahrnehmung hievon entſpringt eigentlich ſo. Wenn wir Koͤrper mit unſern Gliedmaßen bewegen und aufhalten, ſo fuͤhlen wir in uns eine gewiſſe hierauf zu verwendende Anſtrengung, die ganz eigentlich Kraft heißt. Dies macht, daß wir uns auch in allen andern Faͤllen, wo Ruhe und Bewegung ohne unſer Zuthun geaͤndert wird, eine dieſer Kraſt aͤhnliche Urſache gedenken, und in den Begrif, den wir uns vom Koͤrper uͤberhaupt bilden, die Vorſtellung legen, er aͤndere ſeinen Zuſtand nie ohne eine ſolche Urſache. Wir ſehen dies alſo als ein Merkmal der Koͤrper an. Eine Erſcheinung, die wir ohne Anwendung einiger Kraft, etwa blos durch einen Gedanken oder Machtſpruch aufhalten, vor uns hertreiben und an andere Orte verſetzen koͤnnten, wuͤrden wir fuͤr nichts Koͤrperliches erkennen.
So iſt die Vorſtellung von Traͤgheit nichts anders, als der Satz des zureichenden Grundes auf die Veraͤnderung des Zuſtands der Koͤrper angewandt. Unter Zuſtand verſteht man hiebey Ruhe, wenn der Koͤrper ruht, Richtung und Geſchwindigkeit, wenn er ſich bewegt. Erfolgen ſolche Aenderungen, ſo erfordern wir allemal das Daſeyn einer Urſache: denn wenn wir ſelbſt ſie hervorbringen wollen, ſo fuͤhlen wir dieſe Urſache in uns, und ſehen auch in andern Faͤllen, daß Urſachen dazu verwendet werden, die ſonſt etwas anders, z. B. Druck, Spannung u. dergl. bewirkten, die aber dies zu bewirken augenblicklich aufhoͤren, ſo bald ſie ſich auf ſolche Aenderungen verwenden. Iſt keine ſolche Urſache da, ſo ſehen wir auch die Koͤrper in ihrem vorigen Zuſtande beharren. Dieſe Art, ſich die Traͤgheit vorzuſtellen, welche Herr Kaͤſtner (De inertia corporum, in ſ. Diſſ. math. et phyſ. n. X. p. 75. und Anfangsgr.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/400>, abgerufen am 16.02.2025.
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