wenig diejenigen Materien, die in der Hitze stark ausdünsten, sich proportional mit den Vermehrungen der Wärme selbst ausdehnen können. Denn was auch die Ursache der Ausdehnung beym Gefrieren sey, so fängt ihre Wirkung nicht erst im Augenblicke des Gefrierens selbst an; sondern ihr Einfluß zeigt sich schon lange vorher, und ist von dem ersten Grade der Verdichtung an merklich. Die Verdichtungen solcher Materien werden abnehmend gesunden, wenn man sie mit Verdichtungen anderer Materien, welche erst später gefrieren, vergleicht. So wird z. B. reines Wasser von gleicher Kälte weniger verdichtet, als gesättigtes Salzwasser, welches später gefriert; Baumöl, das sich beym Gerinnen zusammenzieht, wird stärker verdichter, als rectificirter Weingeist, der sich im Gefrieren ausdehnt. Dagegen muß auch die Ursache, welche zuletzt das Verdünsten und Kochen bewirkt, schon einige Zeit vor dem Verdünsten selbst wirken, und ihr Einfluß muß die Ausdehnungen durch gleiche Grade der Wärme stärker machen, als sie sonst seyn würden. So sind auch wirklich die Ausdehnungen der Oele zunehmend, in Vergleichung mit den Ausdehnungen des Quecksilbers, welches später kocht und verdünstet.
Aus diesen Betrachtungen wird gefolgert, daß eine Materie, welche sehr spät verdünstet und kocht, sehr spät gefriert, und sich beym Gesrieren nicht ausdehnt, sehr geschickt zum Maaße der Wärme sey, nicht blos daraum, weil sie sich länger im Stande befindet, große Grade der Hitze und Kälte anzunehmen, sondern vorzüglich deshalb, weil sie mehr und länger, als andere Materien, von den Einflüssen frey bleibt, welche in der Hitze und Kälte den Gang unregelmäßig machen, und sein richtiges Verhältniß zu den eigentlichen Veränderungen der Wärme selbst stören.
Nun ist es bekannt, daß das Quecksilber später verdünstet und kocht, als alle andern gewöhnlich flüßigen Materien; und was sein Gefrieren betrift, so leitet Herr de Lüc aus Brauns Versuchen die Folgerungen ab, daß es sich 1) dabey nicht ausdehne, 2) erst bey einer ungemein großen Kälte gefriere, 3) bis zum Gesrieren selbst sich regelmäßig verdichte.
wenig diejenigen Materien, die in der Hitze ſtark ausduͤnſten, ſich proportional mit den Vermehrungen der Waͤrme ſelbſt ausdehnen koͤnnen. Denn was auch die Urſache der Ausdehnung beym Gefrieren ſey, ſo faͤngt ihre Wirkung nicht erſt im Augenblicke des Gefrierens ſelbſt an; ſondern ihr Einfluß zeigt ſich ſchon lange vorher, und iſt von dem erſten Grade der Verdichtung an merklich. Die Verdichtungen ſolcher Materien werden abnehmend geſunden, wenn man ſie mit Verdichtungen anderer Materien, welche erſt ſpaͤter gefrieren, vergleicht. So wird z. B. reines Waſſer von gleicher Kaͤlte weniger verdichtet, als geſaͤttigtes Salzwaſſer, welches ſpaͤter gefriert; Baumoͤl, das ſich beym Gerinnen zuſammenzieht, wird ſtaͤrker verdichter, als rectificirter Weingeiſt, der ſich im Gefrieren ausdehnt. Dagegen muß auch die Urſache, welche zuletzt das Verduͤnſten und Kochen bewirkt, ſchon einige Zeit vor dem Verduͤnſten ſelbſt wirken, und ihr Einfluß muß die Ausdehnungen durch gleiche Grade der Waͤrme ſtaͤrker machen, als ſie ſonſt ſeyn wuͤrden. So ſind auch wirklich die Ausdehnungen der Oele zunehmend, in Vergleichung mit den Ausdehnungen des Queckſilbers, welches ſpaͤter kocht und verduͤnſtet.
Aus dieſen Betrachtungen wird gefolgert, daß eine Materie, welche ſehr ſpaͤt verduͤnſtet und kocht, ſehr ſpaͤt gefriert, und ſich beym Geſrieren nicht ausdehnt, ſehr geſchickt zum Maaße der Waͤrme ſey, nicht blos daraum, weil ſie ſich laͤnger im Stande befindet, große Grade der Hitze und Kaͤlte anzunehmen, ſondern vorzuͤglich deshalb, weil ſie mehr und laͤnger, als andere Materien, von den Einfluͤſſen frey bleibt, welche in der Hitze und Kaͤlte den Gang unregelmaͤßig machen, und ſein richtiges Verhaͤltniß zu den eigentlichen Veraͤnderungen der Waͤrme ſelbſt ſtoͤren.
Nun iſt es bekannt, daß das Queckſilber ſpaͤter verduͤnſtet und kocht, als alle andern gewoͤhnlich fluͤßigen Materien; und was ſein Gefrieren betrift, ſo leitet Herr de Luͤc aus Brauns Verſuchen die Folgerungen ab, daß es ſich 1) dabey nicht ausdehne, 2) erſt bey einer ungemein großen Kaͤlte gefriere, 3) bis zum Geſrieren ſelbſt ſich regelmaͤßig verdichte.
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wenig diejenigen Materien, die in der Hitze ſtark ausduͤnſten, ſich proportional mit den Vermehrungen der Waͤrme ſelbſt ausdehnen koͤnnen. Denn was auch die Urſache der Ausdehnung beym Gefrieren ſey, ſo faͤngt ihre Wirkung nicht erſt im Augenblicke des Gefrierens ſelbſt an; ſondern ihr Einfluß zeigt ſich ſchon lange vorher, und iſt von dem erſten Grade der Verdichtung an merklich. Die Verdichtungen ſolcher Materien werden <hirendition="#b">abnehmend</hi> geſunden, wenn man ſie mit Verdichtungen anderer Materien, welche erſt ſpaͤter gefrieren, vergleicht. So wird z. B. reines Waſſer von gleicher Kaͤlte <hirendition="#b">weniger</hi> verdichtet, als geſaͤttigtes Salzwaſſer, welches ſpaͤter gefriert; Baumoͤl, das ſich beym Gerinnen zuſammenzieht, wird <hirendition="#b">ſtaͤrker</hi> verdichter, als rectificirter Weingeiſt, der ſich im Gefrieren ausdehnt. Dagegen muß auch die Urſache, welche zuletzt das Verduͤnſten und Kochen bewirkt, ſchon einige Zeit vor dem Verduͤnſten ſelbſt wirken, und ihr Einfluß muß die Ausdehnungen durch gleiche Grade der Waͤrme ſtaͤrker machen, als ſie ſonſt ſeyn wuͤrden. So ſind auch wirklich die Ausdehnungen der Oele <hirendition="#b">zunehmend,</hi> in Vergleichung mit den Ausdehnungen des Queckſilbers, welches ſpaͤter kocht und verduͤnſtet.</p><p>Aus dieſen Betrachtungen wird gefolgert, daß eine Materie, welche ſehr ſpaͤt verduͤnſtet und kocht, ſehr ſpaͤt gefriert, und ſich beym Geſrieren nicht ausdehnt, ſehr geſchickt zum Maaße der Waͤrme ſey, nicht blos daraum, weil ſie ſich laͤnger im Stande befindet, große Grade der Hitze und Kaͤlte anzunehmen, ſondern vorzuͤglich deshalb, weil ſie mehr und laͤnger, als andere Materien, von den Einfluͤſſen frey bleibt, welche in der Hitze und Kaͤlte den Gang unregelmaͤßig machen, und ſein richtiges Verhaͤltniß zu den eigentlichen Veraͤnderungen der Waͤrme ſelbſt ſtoͤren.</p><p>Nun iſt es bekannt, daß das Queckſilber ſpaͤter verduͤnſtet und kocht, als alle andern gewoͤhnlich fluͤßigen Materien; und was ſein Gefrieren betrift, ſo leitet Herr <hirendition="#b">de Luͤc</hi> aus <hirendition="#b">Brauns</hi> Verſuchen die Folgerungen ab, daß es ſich 1) dabey nicht ausdehne, 2) erſt bey einer ungemein großen Kaͤlte gefriere, 3) bis zum Geſrieren ſelbſt ſich regelmaͤßig verdichte.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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wenig diejenigen Materien, die in der Hitze ſtark ausduͤnſten, ſich proportional mit den Vermehrungen der Waͤrme ſelbſt ausdehnen koͤnnen. Denn was auch die Urſache der Ausdehnung beym Gefrieren ſey, ſo faͤngt ihre Wirkung nicht erſt im Augenblicke des Gefrierens ſelbſt an; ſondern ihr Einfluß zeigt ſich ſchon lange vorher, und iſt von dem erſten Grade der Verdichtung an merklich. Die Verdichtungen ſolcher Materien werden abnehmend geſunden, wenn man ſie mit Verdichtungen anderer Materien, welche erſt ſpaͤter gefrieren, vergleicht. So wird z. B. reines Waſſer von gleicher Kaͤlte weniger verdichtet, als geſaͤttigtes Salzwaſſer, welches ſpaͤter gefriert; Baumoͤl, das ſich beym Gerinnen zuſammenzieht, wird ſtaͤrker verdichter, als rectificirter Weingeiſt, der ſich im Gefrieren ausdehnt. Dagegen muß auch die Urſache, welche zuletzt das Verduͤnſten und Kochen bewirkt, ſchon einige Zeit vor dem Verduͤnſten ſelbſt wirken, und ihr Einfluß muß die Ausdehnungen durch gleiche Grade der Waͤrme ſtaͤrker machen, als ſie ſonſt ſeyn wuͤrden. So ſind auch wirklich die Ausdehnungen der Oele zunehmend, in Vergleichung mit den Ausdehnungen des Queckſilbers, welches ſpaͤter kocht und verduͤnſtet.
Aus dieſen Betrachtungen wird gefolgert, daß eine Materie, welche ſehr ſpaͤt verduͤnſtet und kocht, ſehr ſpaͤt gefriert, und ſich beym Geſrieren nicht ausdehnt, ſehr geſchickt zum Maaße der Waͤrme ſey, nicht blos daraum, weil ſie ſich laͤnger im Stande befindet, große Grade der Hitze und Kaͤlte anzunehmen, ſondern vorzuͤglich deshalb, weil ſie mehr und laͤnger, als andere Materien, von den Einfluͤſſen frey bleibt, welche in der Hitze und Kaͤlte den Gang unregelmaͤßig machen, und ſein richtiges Verhaͤltniß zu den eigentlichen Veraͤnderungen der Waͤrme ſelbſt ſtoͤren.
Nun iſt es bekannt, daß das Queckſilber ſpaͤter verduͤnſtet und kocht, als alle andern gewoͤhnlich fluͤßigen Materien; und was ſein Gefrieren betrift, ſo leitet Herr de Luͤc aus Brauns Verſuchen die Folgerungen ab, daß es ſich 1) dabey nicht ausdehne, 2) erſt bey einer ungemein großen Kaͤlte gefriere, 3) bis zum Geſrieren ſelbſt ſich regelmaͤßig verdichte.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/338>, abgerufen am 22.11.2024.
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