wenn er bis dahin reichte, für 1000 an. Er untersuchte durch ein sehr sinnreiches Verfahren, wobey Kugel und Röhre vermittelst kleiner gläserner Maaße mit Wasser gefüllt wurden, wie viel jedes Tausendtheilchen dieses Volumens in der Röhre Raum einnehme. Weil er nun gefunden hatte, daß sich sein verdünnter Weingeist bis zur größten Hitze, die er im siedenden Wasser anzunehmen fähig war, um 80 Tausendtheile des gedachten Volumens ausdehne, so erstreckte er sein Thermometer bis auf den 80sten Grad über Null, füllte es in gefrierendem Wasser bis an den Eispunkt an, ließ den Liquor in siedendem Wasser bis zum 80sten Grade steigen, und bließ in diesem Zustande das obere Ende der Röhre an einer Lampe zu.
Dieses Thermometer ward mit großem Beyfall aufgenommen. Nollet (Lecons de phys. exp. ed. Paris, 1753. To. IV. p. 397.) erhebt es mit ausgezeichneten Lobsprüchen; es bleibt auch wegen der wichtigen Beobachtungen, zu denen man es gebraucht hat, auf immer merkwürdig. Dem Fehler der unbequemen Größe (weil die Maaße zum Füllen nicht so gar klein seyn dürfen) wäre wohl abzuhelfen, weil man kleinere Thermometer ohne Gebrauch der Maaße nach einem richtigen großen graduiren kan. Aber es haben Martine (Essay medical and philosophical. Lond. 1740. 8. p. 200. sqq.), Desaguliers (Course of exp. phil. Lond. 1744. 4. Vol. II. p. 292.), Musschenbroek (Essai de phys. Leid. 1751. To. I. p. 457. u. Introd. To. II. §. 1573.), Haubold (Diss. de therm. Reaumuriano. Lips. 1771. 4.) und vorzüglich de Lüc (Unters. über die Atmosph. Th. I. S. 554. u. f.) weit wichtigere Mängel an diesem Werkzeuge entdeckt, die es, so wie die Weingeistthermometer überhaupt, zu richtigen Bestimmungen untauglich, oder wenigstens sehr unbequem machen.
Es ist ausgemacht, daß der Weingeist ohne besondere Veranstaltungen nie die Hitze des kochenden Wassers selbst annimmt; auch gefriert der verdünnte nach Maupertuis Erfahrungen schon bey natürlichen Graden der Kälte. Man kan nicht immer Weingeist von gleicher Güte haben, und mit der Zeit ändert derselbe nach Halleys (Phil. Trans.
wenn er bis dahin reichte, fuͤr 1000 an. Er unterſuchte durch ein ſehr ſinnreiches Verfahren, wobey Kugel und Roͤhre vermittelſt kleiner glaͤſerner Maaße mit Waſſer gefuͤllt wurden, wie viel jedes Tauſendtheilchen dieſes Volumens in der Roͤhre Raum einnehme. Weil er nun gefunden hatte, daß ſich ſein verduͤnnter Weingeiſt bis zur groͤßten Hitze, die er im ſiedenden Waſſer anzunehmen faͤhig war, um 80 Tauſendtheile des gedachten Volumens ausdehne, ſo erſtreckte er ſein Thermometer bis auf den 80ſten Grad uͤber Null, fuͤllte es in gefrierendem Waſſer bis an den Eispunkt an, ließ den Liquor in ſiedendem Waſſer bis zum 80ſten Grade ſteigen, und bließ in dieſem Zuſtande das obere Ende der Roͤhre an einer Lampe zu.
Dieſes Thermometer ward mit großem Beyfall aufgenommen. Nollet (Leçons de phyſ. exp. ed. Paris, 1753. To. IV. p. 397.) erhebt es mit ausgezeichneten Lobſpruͤchen; es bleibt auch wegen der wichtigen Beobachtungen, zu denen man es gebraucht hat, auf immer merkwuͤrdig. Dem Fehler der unbequemen Groͤße (weil die Maaße zum Fuͤllen nicht ſo gar klein ſeyn duͤrfen) waͤre wohl abzuhelfen, weil man kleinere Thermometer ohne Gebrauch der Maaße nach einem richtigen großen graduiren kan. Aber es haben Martine (Eſſay medical and philoſophical. Lond. 1740. 8. p. 200. ſqq.), Deſaguliers (Courſe of exp. phil. Lond. 1744. 4. Vol. II. p. 292.), Muſſchenbroek (Eſſai de phyſ. Leid. 1751. To. I. p. 457. u. Introd. To. II. §. 1573.), Haubold (Diſſ. de therm. Reaumuriano. Lipſ. 1771. 4.) und vorzuͤglich de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. I. S. 554. u. f.) weit wichtigere Maͤngel an dieſem Werkzeuge entdeckt, die es, ſo wie die Weingeiſtthermometer uͤberhaupt, zu richtigen Beſtimmungen untauglich, oder wenigſtens ſehr unbequem machen.
Es iſt ausgemacht, daß der Weingeiſt ohne beſondere Veranſtaltungen nie die Hitze des kochenden Waſſers ſelbſt annimmt; auch gefriert der verduͤnnte nach Maupertuis Erfahrungen ſchon bey natuͤrlichen Graden der Kaͤlte. Man kan nicht immer Weingeiſt von gleicher Guͤte haben, und mit der Zeit aͤndert derſelbe nach Halleys (Phil. Trans.
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wenn er bis dahin reichte, fuͤr 1000 an. Er unterſuchte durch ein ſehr ſinnreiches Verfahren, wobey Kugel und Roͤhre vermittelſt kleiner glaͤſerner Maaße mit Waſſer gefuͤllt wurden, wie viel jedes Tauſendtheilchen dieſes Volumens in der Roͤhre Raum einnehme. Weil er nun gefunden hatte, daß ſich ſein verduͤnnter Weingeiſt bis zur groͤßten Hitze, die er im ſiedenden Waſſer anzunehmen faͤhig war, um 80 Tauſendtheile des gedachten Volumens ausdehne, ſo erſtreckte er ſein Thermometer bis auf den 80ſten Grad uͤber Null, fuͤllte es in gefrierendem Waſſer bis an den Eispunkt an, ließ den Liquor in ſiedendem Waſſer bis zum 80ſten Grade ſteigen, und bließ in dieſem Zuſtande das obere Ende der Roͤhre an einer Lampe zu.
Dieſes Thermometer ward mit großem Beyfall aufgenommen. Nollet (Leçons de phyſ. exp. ed. Paris, 1753. To. IV. p. 397.) erhebt es mit ausgezeichneten Lobſpruͤchen; es bleibt auch wegen der wichtigen Beobachtungen, zu denen man es gebraucht hat, auf immer merkwuͤrdig. Dem Fehler der unbequemen Groͤße (weil die Maaße zum Fuͤllen nicht ſo gar klein ſeyn duͤrfen) waͤre wohl abzuhelfen, weil man kleinere Thermometer ohne Gebrauch der Maaße nach einem richtigen großen graduiren kan. Aber es haben Martine (Eſſay medical and philoſophical. Lond. 1740. 8. p. 200. ſqq.), Deſaguliers (Courſe of exp. phil. Lond. 1744. 4. Vol. II. p. 292.), Muſſchenbroek (Eſſai de phyſ. Leid. 1751. To. I. p. 457. u. Introd. To. II. §. 1573.), Haubold (Diſſ. de therm. Reaumuriano. Lipſ. 1771. 4.) und vorzuͤglich de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. I. S. 554. u. f.) weit wichtigere Maͤngel an dieſem Werkzeuge entdeckt, die es, ſo wie die Weingeiſtthermometer uͤberhaupt, zu richtigen Beſtimmungen untauglich, oder wenigſtens ſehr unbequem machen.
Es iſt ausgemacht, daß der Weingeiſt ohne beſondere Veranſtaltungen nie die Hitze des kochenden Waſſers ſelbſt annimmt; auch gefriert der verduͤnnte nach Maupertuis Erfahrungen ſchon bey natuͤrlichen Graden der Kaͤlte. Man kan nicht immer Weingeiſt von gleicher Guͤte haben, und mit der Zeit aͤndert derſelbe nach Halleys (Phil. Trans.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/327>, abgerufen am 25.11.2024.
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