Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Andere Beyspiele feiner Theilungen geben die Auflösungen und Niederschläge. Ein Gran Kupfer in Salmiakgeist aufgelöset, färbt 392 Cubikzoll Wasser mit einer sehr schönen blauen Farbe. Nimmt man an, in jedem Theilchen Liquor von der Größe eines Sandkorns, deren 1 Million auf den Cubikzoll gehen, befinde sich nur ein Theilchen Kupfer, so folgt, daß der Gran Kupfer in 392 Millionen Theile zertheilt sey. Man kan aber deren ohne Zweifel noch weit mehrere annehmen. Ein Gran Carmin färbt ebenfalls die vorige Menge Wasser roth, und zeigt also eine eben so feine Zertheilung. Aus einer sehr ansehnlichen Menge Wasser läßt sich die gerinste Menge von Eisenvitriol, welche etwa darinn enthalten ist, durch einen kleinen Zusatz von Galläpfeltinktur, oder andern zusammenziehenden Stoffen aus dem Pflanzenreiche, dergestalt niederschlagen, daß die ganze Masse trüb wird. Wenn sich der Niederschlag durch die Ruhe absondert, ist seine Masse oft so gering, daß man durch gehörige Rechnung seine Zertheilung in dem Zustande, da er das Wasser trübte, noch weit feiner, als in den vorigen Beyspielen, findet.

Von der Feinheit der Theilungen streckbarer Metalle, insbesondere des Goldes, s. Dehnbarkeit.

Ein einfacher Seidenfaden ist so dünn, daß er bey einer Länge von 360 Schuhen nur 1 Gran wiegt. Da nun der Zoll noch in 600, mithin der Schuh in 7200 Theile getheilt werden kan, deren jeder die Größe einer Haardicke hat, und also dem bloßen Auge noch sichtbar ist, so folgt, daß man durch Zerschneidung eines Fadens in solche Theile, einen Gran Seide im 360 X 7200 = 2592000 sichtbare Theile zertrennen könne.

In Wasser, das auf Pfeffer gegossen an der Sonne gestanden hatte, fand Leeuwenhoek durch seine Mikroskope Thierchen von dreyerley Größe, wovon die kleinsten nur den tausendsten Theil eines Sandkörnchens im Durchmesser hatten. Es giebt also Infusionsthierchen, deren körperlicher Inhalt nur den 1000000000sten Theil eines Sandkörnchens ausmacht. Dies sind demohnerachtet noch organisirte


Andere Beyſpiele feiner Theilungen geben die Aufloͤſungen und Niederſchlaͤge. Ein Gran Kupfer in Salmiakgeiſt aufgeloͤſet, faͤrbt 392 Cubikzoll Waſſer mit einer ſehr ſchoͤnen blauen Farbe. Nimmt man an, in jedem Theilchen Liquor von der Groͤße eines Sandkorns, deren 1 Million auf den Cubikzoll gehen, befinde ſich nur ein Theilchen Kupfer, ſo folgt, daß der Gran Kupfer in 392 Millionen Theile zertheilt ſey. Man kan aber deren ohne Zweifel noch weit mehrere annehmen. Ein Gran Carmin faͤrbt ebenfalls die vorige Menge Waſſer roth, und zeigt alſo eine eben ſo feine Zertheilung. Aus einer ſehr anſehnlichen Menge Waſſer laͤßt ſich die gerinſte Menge von Eiſenvitriol, welche etwa darinn enthalten iſt, durch einen kleinen Zuſatz von Gallaͤpfeltinktur, oder andern zuſammenziehenden Stoffen aus dem Pflanzenreiche, dergeſtalt niederſchlagen, daß die ganze Maſſe truͤb wird. Wenn ſich der Niederſchlag durch die Ruhe abſondert, iſt ſeine Maſſe oft ſo gering, daß man durch gehoͤrige Rechnung ſeine Zertheilung in dem Zuſtande, da er das Waſſer truͤbte, noch weit feiner, als in den vorigen Beyſpielen, findet.

Von der Feinheit der Theilungen ſtreckbarer Metalle, insbeſondere des Goldes, ſ. Dehnbarkeit.

Ein einfacher Seidenfaden iſt ſo duͤnn, daß er bey einer Laͤnge von 360 Schuhen nur 1 Gran wiegt. Da nun der Zoll noch in 600, mithin der Schuh in 7200 Theile getheilt werden kan, deren jeder die Groͤße einer Haardicke hat, und alſo dem bloßen Auge noch ſichtbar iſt, ſo folgt, daß man durch Zerſchneidung eines Fadens in ſolche Theile, einen Gran Seide im 360 X 7200 = 2592000 ſichtbare Theile zertrennen koͤnne.

In Waſſer, das auf Pfeffer gegoſſen an der Sonne geſtanden hatte, fand Leeuwenhoek durch ſeine Mikroſkope Thierchen von dreyerley Groͤße, wovon die kleinſten nur den tauſendſten Theil eines Sandkoͤrnchens im Durchmeſſer hatten. Es giebt alſo Infuſionsthierchen, deren koͤrperlicher Inhalt nur den 1000000000ſten Theil eines Sandkoͤrnchens ausmacht. Dies ſind demohnerachtet noch organiſirte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0313" xml:id="P.4.303" n="303"/><lb/>
            </p>
            <p>Andere Bey&#x017F;piele feiner Theilungen geben die Auflo&#x0364;&#x017F;ungen und Nieder&#x017F;chla&#x0364;ge. Ein Gran Kupfer in Salmiakgei&#x017F;t aufgelo&#x0364;&#x017F;et, fa&#x0364;rbt 392 Cubikzoll Wa&#x017F;&#x017F;er mit einer &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;nen blauen Farbe. Nimmt man an, in jedem Theilchen Liquor von der Gro&#x0364;ße eines Sandkorns, deren 1 Million auf den Cubikzoll gehen, befinde &#x017F;ich nur ein Theilchen Kupfer, &#x017F;o folgt, daß der Gran Kupfer in 392 Millionen Theile zertheilt &#x017F;ey. Man kan aber deren ohne Zweifel noch weit mehrere annehmen. Ein Gran Carmin fa&#x0364;rbt ebenfalls die vorige Menge Wa&#x017F;&#x017F;er roth, und zeigt al&#x017F;o eine eben &#x017F;o feine Zertheilung. Aus einer &#x017F;ehr an&#x017F;ehnlichen Menge Wa&#x017F;&#x017F;er la&#x0364;ßt &#x017F;ich die gerin&#x017F;te Menge von Ei&#x017F;envitriol, welche etwa darinn enthalten i&#x017F;t, durch einen kleinen Zu&#x017F;atz von Galla&#x0364;pfeltinktur, oder andern zu&#x017F;ammenziehenden Stoffen aus dem Pflanzenreiche, derge&#x017F;talt nieder&#x017F;chlagen, daß die ganze Ma&#x017F;&#x017F;e tru&#x0364;b wird. Wenn &#x017F;ich der Nieder&#x017F;chlag durch die Ruhe ab&#x017F;ondert, i&#x017F;t &#x017F;eine Ma&#x017F;&#x017F;e oft &#x017F;o gering, daß man durch geho&#x0364;rige Rechnung &#x017F;eine Zertheilung in dem Zu&#x017F;tande, da er das Wa&#x017F;&#x017F;er tru&#x0364;bte, noch weit feiner, als in den vorigen Bey&#x017F;pielen, findet.</p>
            <p>Von der Feinheit der Theilungen &#x017F;treckbarer Metalle, insbe&#x017F;ondere des Goldes, <hi rendition="#b">&#x017F;. Dehnbarkeit.</hi></p>
            <p>Ein einfacher Seidenfaden i&#x017F;t &#x017F;o du&#x0364;nn, daß er bey einer La&#x0364;nge von 360 Schuhen nur 1 Gran wiegt. Da nun der Zoll noch in 600, mithin der Schuh in 7200 Theile getheilt werden kan, deren jeder die Gro&#x0364;ße einer Haardicke hat, und al&#x017F;o dem bloßen Auge noch &#x017F;ichtbar i&#x017F;t, &#x017F;o folgt, daß man durch Zer&#x017F;chneidung eines Fadens in &#x017F;olche Theile, einen Gran Seide im 360 X 7200 = 2592000 &#x017F;ichtbare Theile zertrennen ko&#x0364;nne.</p>
            <p>In Wa&#x017F;&#x017F;er, das auf Pfeffer gego&#x017F;&#x017F;en an der Sonne ge&#x017F;tanden hatte, fand <hi rendition="#b">Leeuwenhoek</hi> durch &#x017F;eine Mikro&#x017F;kope Thierchen von dreyerley Gro&#x0364;ße, wovon die klein&#x017F;ten nur den tau&#x017F;end&#x017F;ten Theil eines Sandko&#x0364;rnchens im Durchme&#x017F;&#x017F;er hatten. Es giebt al&#x017F;o Infu&#x017F;ionsthierchen, deren ko&#x0364;rperlicher Inhalt nur den 1000000000&#x017F;ten Theil eines Sandko&#x0364;rnchens ausmacht. Dies &#x017F;ind demohnerachtet noch organi&#x017F;irte<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0313] Andere Beyſpiele feiner Theilungen geben die Aufloͤſungen und Niederſchlaͤge. Ein Gran Kupfer in Salmiakgeiſt aufgeloͤſet, faͤrbt 392 Cubikzoll Waſſer mit einer ſehr ſchoͤnen blauen Farbe. Nimmt man an, in jedem Theilchen Liquor von der Groͤße eines Sandkorns, deren 1 Million auf den Cubikzoll gehen, befinde ſich nur ein Theilchen Kupfer, ſo folgt, daß der Gran Kupfer in 392 Millionen Theile zertheilt ſey. Man kan aber deren ohne Zweifel noch weit mehrere annehmen. Ein Gran Carmin faͤrbt ebenfalls die vorige Menge Waſſer roth, und zeigt alſo eine eben ſo feine Zertheilung. Aus einer ſehr anſehnlichen Menge Waſſer laͤßt ſich die gerinſte Menge von Eiſenvitriol, welche etwa darinn enthalten iſt, durch einen kleinen Zuſatz von Gallaͤpfeltinktur, oder andern zuſammenziehenden Stoffen aus dem Pflanzenreiche, dergeſtalt niederſchlagen, daß die ganze Maſſe truͤb wird. Wenn ſich der Niederſchlag durch die Ruhe abſondert, iſt ſeine Maſſe oft ſo gering, daß man durch gehoͤrige Rechnung ſeine Zertheilung in dem Zuſtande, da er das Waſſer truͤbte, noch weit feiner, als in den vorigen Beyſpielen, findet. Von der Feinheit der Theilungen ſtreckbarer Metalle, insbeſondere des Goldes, ſ. Dehnbarkeit. Ein einfacher Seidenfaden iſt ſo duͤnn, daß er bey einer Laͤnge von 360 Schuhen nur 1 Gran wiegt. Da nun der Zoll noch in 600, mithin der Schuh in 7200 Theile getheilt werden kan, deren jeder die Groͤße einer Haardicke hat, und alſo dem bloßen Auge noch ſichtbar iſt, ſo folgt, daß man durch Zerſchneidung eines Fadens in ſolche Theile, einen Gran Seide im 360 X 7200 = 2592000 ſichtbare Theile zertrennen koͤnne. In Waſſer, das auf Pfeffer gegoſſen an der Sonne geſtanden hatte, fand Leeuwenhoek durch ſeine Mikroſkope Thierchen von dreyerley Groͤße, wovon die kleinſten nur den tauſendſten Theil eines Sandkoͤrnchens im Durchmeſſer hatten. Es giebt alſo Infuſionsthierchen, deren koͤrperlicher Inhalt nur den 1000000000ſten Theil eines Sandkoͤrnchens ausmacht. Dies ſind demohnerachtet noch organiſirte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/313
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/313>, abgerufen am 25.11.2024.