Glas auf einer Seite, nach Art der elektrischen Ladungsplatten belegte, so ward es nicht mehr bethaut. Hieraus schloß auch du Fay, daß der Thau nur aufsteige, und vermuthete, daß er mit der Elektricität in Verbindung stehe.
Musschenbroek (Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2344. sqq.) bringt noch mehr Versuche bey, die er selbst zu Utrecht und Leiden über den Thau angestellt hat. Er glaubt, es gebe sowohl aufsteigenden, als fallenden Thau; doch jenen in größerer Menge. Diesen aufsteigenden Thau nennt er mit Boerhaave eine Ausdünstung der Erde und ein wahres Chaos aller Körper (terrarum halitum, et verum chaos omnium corporum). Henshaw (Philos. Trans. num. 3. p. 33.) hatte frisch gesammelten und durch ein leinenes Tuch gedrückten Maythau nicht ganz durchsichtig und von gelblicher Farbe gefunden; in gläsernen Gefäßen der Sonne oder Wärme ausgesetzt faulte er nicht; in hölzernen Gefäßen aber eher, als das Regenwasser. Musschenbroek hob Thauwasser in einer gläsernen Phiole 24 Jahr lang auf, und ließ es alle Winter frieren, ohne daß es seine Reinigkeit und Durchsichtigkeit verlohr, oder seinen Geschmack und Geruch änderte. Sonst sind die Nachrichten der Chymiker von den Bestandtheilen des Thaues sehr verschieden. Bergmann versichert doch, vorsichtig gesammelter Thau komme an Farbe, Geschmack und Geruch mit dem Regenwasser überein, zeige aber Spuren von Kochsalz und Salpetersäure. Daher dürfe man sich nicht wundern, daß das Gold bisweilen davon angegriffen werde, ob es gleich jetzt nicht mehr glücken wolle, das im Thaue gesuchte allgemeine Auflösungsmittel daraus zu erhalten.
Musschenbroeks Versuche lehren auch, daß mancher Thau auf alle Körper ohne Unterschied, mancher nur auf gewisse Körper, fällt. Glas und Porcellan werden naß, wenn polirtes Metall und Steine daneben trocken bleiben. Unter verschiedenen Arten von Leder nahmen das rohe Kalbfell, auch rother und gelber Saffian immer den meisten, blaues und schwarzes Leder den wenigsten Thau an. Voneiner Tafel, die halb von Glas, halb von Metall war, ward
Glas auf einer Seite, nach Art der elektriſchen Ladungsplatten belegte, ſo ward es nicht mehr bethaut. Hieraus ſchloß auch du Fay, daß der Thau nur aufſteige, und vermuthete, daß er mit der Elektricitaͤt in Verbindung ſtehe.
Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2344. ſqq.) bringt noch mehr Verſuche bey, die er ſelbſt zu Utrecht und Leiden uͤber den Thau angeſtellt hat. Er glaubt, es gebe ſowohl aufſteigenden, als fallenden Thau; doch jenen in groͤßerer Menge. Dieſen aufſteigenden Thau nennt er mit Boerhaave eine Ausduͤnſtung der Erde und ein wahres Chaos aller Koͤrper (terrarum halitum, et verum chaos omnium corporum). Henſhaw (Philoſ. Trans. num. 3. p. 33.) hatte friſch geſammelten und durch ein leinenes Tuch gedruͤckten Maythau nicht ganz durchſichtig und von gelblicher Farbe gefunden; in glaͤſernen Gefaͤßen der Sonne oder Waͤrme ausgeſetzt faulte er nicht; in hoͤlzernen Gefaͤßen aber eher, als das Regenwaſſer. Muſſchenbroek hob Thauwaſſer in einer glaͤſernen Phiole 24 Jahr lang auf, und ließ es alle Winter frieren, ohne daß es ſeine Reinigkeit und Durchſichtigkeit verlohr, oder ſeinen Geſchmack und Geruch aͤnderte. Sonſt ſind die Nachrichten der Chymiker von den Beſtandtheilen des Thaues ſehr verſchieden. Bergmann verſichert doch, vorſichtig geſammelter Thau komme an Farbe, Geſchmack und Geruch mit dem Regenwaſſer uͤberein, zeige aber Spuren von Kochſalz und Salpeterſaͤure. Daher duͤrfe man ſich nicht wundern, daß das Gold bisweilen davon angegriffen werde, ob es gleich jetzt nicht mehr gluͤcken wolle, das im Thaue geſuchte allgemeine Aufloͤſungsmittel daraus zu erhalten.
Muſſchenbroeks Verſuche lehren auch, daß mancher Thau auf alle Koͤrper ohne Unterſchied, mancher nur auf gewiſſe Koͤrper, faͤllt. Glas und Porcellan werden naß, wenn polirtes Metall und Steine daneben trocken bleiben. Unter verſchiedenen Arten von Leder nahmen das rohe Kalbfell, auch rother und gelber Saffian immer den meiſten, blaues und ſchwarzes Leder den wenigſten Thau an. Voneiner Tafel, die halb von Glas, halb von Metall war, ward
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Glas auf einer Seite, nach Art der elektriſchen Ladungsplatten belegte, ſo ward es nicht mehr bethaut. Hieraus ſchloß auch du Fay, daß der Thau nur aufſteige, und vermuthete, daß er mit der Elektricitaͤt in Verbindung ſtehe.
Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2344. ſqq.) bringt noch mehr Verſuche bey, die er ſelbſt zu Utrecht und Leiden uͤber den Thau angeſtellt hat. Er glaubt, es gebe ſowohl aufſteigenden, als fallenden Thau; doch jenen in groͤßerer Menge. Dieſen aufſteigenden Thau nennt er mit Boerhaave eine Ausduͤnſtung der Erde und ein wahres Chaos aller Koͤrper (terrarum halitum, et verum chaos omnium corporum). Henſhaw (Philoſ. Trans. num. 3. p. 33.) hatte friſch geſammelten und durch ein leinenes Tuch gedruͤckten Maythau nicht ganz durchſichtig und von gelblicher Farbe gefunden; in glaͤſernen Gefaͤßen der Sonne oder Waͤrme ausgeſetzt faulte er nicht; in hoͤlzernen Gefaͤßen aber eher, als das Regenwaſſer. Muſſchenbroek hob Thauwaſſer in einer glaͤſernen Phiole 24 Jahr lang auf, und ließ es alle Winter frieren, ohne daß es ſeine Reinigkeit und Durchſichtigkeit verlohr, oder ſeinen Geſchmack und Geruch aͤnderte. Sonſt ſind die Nachrichten der Chymiker von den Beſtandtheilen des Thaues ſehr verſchieden. Bergmann verſichert doch, vorſichtig geſammelter Thau komme an Farbe, Geſchmack und Geruch mit dem Regenwaſſer uͤberein, zeige aber Spuren von Kochſalz und Salpeterſaͤure. Daher duͤrfe man ſich nicht wundern, daß das Gold bisweilen davon angegriffen werde, ob es gleich jetzt nicht mehr gluͤcken wolle, das im Thaue geſuchte allgemeine Aufloͤſungsmittel daraus zu erhalten.
Muſſchenbroeks Verſuche lehren auch, daß mancher Thau auf alle Koͤrper ohne Unterſchied, mancher nur auf gewiſſe Koͤrper, faͤllt. Glas und Porcellan werden naß, wenn polirtes Metall und Steine daneben trocken bleiben. Unter verſchiedenen Arten von Leder nahmen das rohe Kalbfell, auch rother und gelber Saffian immer den meiſten, blaues und ſchwarzes Leder den wenigſten Thau an. Voneiner Tafel, die halb von Glas, halb von Metall war, ward
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/300>, abgerufen am 27.07.2024.
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