Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Thau, Ros, Rosee. So nennt man diejenige Feuchtigkeit, welche sich sehr oft Abends nach Untergang und früh vor Aufgang der Sonne, an die Pflanzen in Gestalt von Tropfen anlegt, auch die Flächen anderer der Luft ausgesetzten Körper überzieht. Diese Erscheinung ist besonders in den Sommermonaten, nach heißen Tagen, und bey stillem heitern Himmel, bey uns sehr gemein. Die Alten glaubten, der Thau komme von den Sternen, oder werde doch sehr hoch in der Luft erzeugt. Vossius setzt den Ursprung desselben in die Höhe einer deutschen Meile. Wegen dieses vermeinten astralischen Ursprungs haben die Alchymisten im Thaue große Geheimnisse gesucht. Daher kömmt auch die angenommene Redensart, daß der Thau falle, welches keinesweges in buchstäblichem Sinne zu nehmen ist. Christian Ludwig Gersten, Professor zu Gießen, (Diss. Roris decidui errorem antiquum et vulgarem per obs. et exp. nova excutiens bey s. Tentam. syst. novi ad mutationes barometri ex natura elateris aerii demonstr. Frf. 1733. 8.) bewies zuerst durch viele Versuche, daß wenigstens in Hessen der Thau fast immer aufsteige. Jede Pflanze thaut nach ihrer eignen Art und Structur der Gefäße: bey vielen sammeln sich die Tropfen an den äußersten Spitzen und an den Rändern der Blätter, welches bey herabfallenden Tropfen unbegreiflich wäre: Pflanzen mit Glocken bedeckt, werden eben sowohl vom Thaue benetzt, als freystehende. Körper, die auf Metallblechen lagen, wurden bey Gerstens Versuchen vom Thaue nicht naß. Aehnliche und noch sorgfältigere Versuche machte dü Fay (Sur la rosee in den Mem. de Paris, 1736.) bekannt. Er hieng Glasplatten in verschiedenen Höhen über dem Boden wagrecht auf, und fand immer, daß nur ihre untere Fläche benetzt ward. Auch wurden die untern Platten eher naß, als die obern, und die Feuchtigkeit schien die, welche 31 Schuh hoch über dem Boden hiengen, erst in einer halben Stunde zu erreichen. Gewisse Körper, z. B. Glas und Porcellan, traf der Thau weit stärker, als andere; auch gewisse Farben mehr, als andere. Wenn er Thau, Ros, Roſée. So nennt man diejenige Feuchtigkeit, welche ſich ſehr oft Abends nach Untergang und fruͤh vor Aufgang der Sonne, an die Pflanzen in Geſtalt von Tropfen anlegt, auch die Flaͤchen anderer der Luft ausgeſetzten Koͤrper uͤberzieht. Dieſe Erſcheinung iſt beſonders in den Sommermonaten, nach heißen Tagen, und bey ſtillem heitern Himmel, bey uns ſehr gemein. Die Alten glaubten, der Thau komme von den Sternen, oder werde doch ſehr hoch in der Luft erzeugt. Voſſius ſetzt den Urſprung deſſelben in die Hoͤhe einer deutſchen Meile. Wegen dieſes vermeinten aſtraliſchen Urſprungs haben die Alchymiſten im Thaue große Geheimniſſe geſucht. Daher koͤmmt auch die angenommene Redensart, daß der Thau falle, welches keinesweges in buchſtaͤblichem Sinne zu nehmen iſt. Chriſtian Ludwig Gerſten, Profeſſor zu Gießen, (Diſſ. Roris decidui errorem antiquum et vulgarem per obſ. et exp. nova excutiens bey ſ. Tentam. ſyſt. novi ad mutationes barometri ex natura elateris aërii demonſtr. Frf. 1733. 8.) bewies zuerſt durch viele Verſuche, daß wenigſtens in Heſſen der Thau faſt immer aufſteige. Jede Pflanze thaut nach ihrer eignen Art und Structur der Gefaͤße: bey vielen ſammeln ſich die Tropfen an den aͤußerſten Spitzen und an den Raͤndern der Blaͤtter, welches bey herabfallenden Tropfen unbegreiflich waͤre: Pflanzen mit Glocken bedeckt, werden eben ſowohl vom Thaue benetzt, als freyſtehende. Koͤrper, die auf Metallblechen lagen, wurden bey Gerſtens Verſuchen vom Thaue nicht naß. Aehnliche und noch ſorgfaͤltigere Verſuche machte duͤ Fay (Sur la roſée in den Mém. de Paris, 1736.) bekannt. Er hieng Glasplatten in verſchiedenen Hoͤhen uͤber dem Boden wagrecht auf, und fand immer, daß nur ihre untere Flaͤche benetzt ward. Auch wurden die untern Platten eher naß, als die obern, und die Feuchtigkeit ſchien die, welche 31 Schuh hoch uͤber dem Boden hiengen, erſt in einer halben Stunde zu erreichen. Gewiſſe Koͤrper, z. B. Glas und Porcellan, traf der Thau weit ſtaͤrker, als andere; auch gewiſſe Farben mehr, als andere. Wenn er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0299" xml:id="P.4.289" n="289"/><lb/> </p> <p><hi rendition="#b">Thau,</hi><hi rendition="#aq">Ros, <hi rendition="#i">Roſée.</hi></hi> So nennt man diejenige Feuchtigkeit, welche ſich ſehr oft Abends nach Untergang und fruͤh vor Aufgang der Sonne, an die Pflanzen in Geſtalt von Tropfen anlegt, auch die Flaͤchen anderer der Luft ausgeſetzten Koͤrper uͤberzieht. 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Thau, Ros, Roſée. So nennt man diejenige Feuchtigkeit, welche ſich ſehr oft Abends nach Untergang und fruͤh vor Aufgang der Sonne, an die Pflanzen in Geſtalt von Tropfen anlegt, auch die Flaͤchen anderer der Luft ausgeſetzten Koͤrper uͤberzieht. Dieſe Erſcheinung iſt beſonders in den Sommermonaten, nach heißen Tagen, und bey ſtillem heitern Himmel, bey uns ſehr gemein.
Die Alten glaubten, der Thau komme von den Sternen, oder werde doch ſehr hoch in der Luft erzeugt. Voſſius ſetzt den Urſprung deſſelben in die Hoͤhe einer deutſchen Meile. Wegen dieſes vermeinten aſtraliſchen Urſprungs haben die Alchymiſten im Thaue große Geheimniſſe geſucht. Daher koͤmmt auch die angenommene Redensart, daß der Thau falle, welches keinesweges in buchſtaͤblichem Sinne zu nehmen iſt.
Chriſtian Ludwig Gerſten, Profeſſor zu Gießen, (Diſſ. Roris decidui errorem antiquum et vulgarem per obſ. et exp. nova excutiens bey ſ. Tentam. ſyſt. novi ad mutationes barometri ex natura elateris aërii demonſtr. Frf. 1733. 8.) bewies zuerſt durch viele Verſuche, daß wenigſtens in Heſſen der Thau faſt immer aufſteige. Jede Pflanze thaut nach ihrer eignen Art und Structur der Gefaͤße: bey vielen ſammeln ſich die Tropfen an den aͤußerſten Spitzen und an den Raͤndern der Blaͤtter, welches bey herabfallenden Tropfen unbegreiflich waͤre: Pflanzen mit Glocken bedeckt, werden eben ſowohl vom Thaue benetzt, als freyſtehende. Koͤrper, die auf Metallblechen lagen, wurden bey Gerſtens Verſuchen vom Thaue nicht naß. Aehnliche und noch ſorgfaͤltigere Verſuche machte duͤ Fay (Sur la roſée in den Mém. de Paris, 1736.) bekannt. Er hieng Glasplatten in verſchiedenen Hoͤhen uͤber dem Boden wagrecht auf, und fand immer, daß nur ihre untere Flaͤche benetzt ward. Auch wurden die untern Platten eher naß, als die obern, und die Feuchtigkeit ſchien die, welche 31 Schuh hoch uͤber dem Boden hiengen, erſt in einer halben Stunde zu erreichen. Gewiſſe Koͤrper, z. B. Glas und Porcellan, traf der Thau weit ſtaͤrker, als andere; auch gewiſſe Farben mehr, als andere. Wenn er
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