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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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Karsten Lehrbegrif der gesammten Mathem. Dritter Theil. Greifsw. 1769. 8. Aerostatik. §. 10.

Tavtochronisch, Tavtochrona, Tautochrones. So nennt man Wirkungen, die in gleich langen Zeiten erfolgen, daß also das Wort eben so viel, als isochronisch bedeutet, s. Isochronisch.

Tavtochronische Linien (Linien von einerley Zeiten des Falles) heißen in der höhern Mechanik diejenigen, in welchen ein Körper, von einer gegebnen Kraft getrieben, gleichviel Zeit braucht, um an eine gegebne Stelle zu gelangen, an welchem Punkte der Curve auch die Bewegung anfangen mag. Für Kräste, die immer gleich stark und nach parallelen Richtungen wirken, wie z. B. die Schwere der Erdkörper, ist die Cykloide eine solche Curve: der fallende Körper erreicht ihren tiefsten Punkt in gleich langer Zeit, er mag nun durch einen größern oder kleinern Bogen fallen. Für Centralkräste, die immer nach einem Punkte treiben, sind es Epicykloiden, logarithmische Spirallinien u. s. w. Euler (Comm. Acad. Petrop. To. VII. p. 49. sqq. ingl. Mechan. To. II. prop. 46. sqq) hat von diesen Linien in der größten Allgemeinheit gehandelt.

Teleologie, Teleologia, Teleologie. Die Lehre von dem Zweckmäßigen in der Einrichtung der Welt.

Bey der Untersuchung der Natur bieten sich von selbst, in nicht geringer Menge, Betrachtungen über die wohlthätigen Folgen der wirklichen Einrichtung der Welt und ihrer Gesetze an. Es fällt unmöglich, diese Folgen einem zwecklosen Ungefähr zuzuschreiben. In allem zeigt sich weiser Plan und Anlage zu Beförderung des Wohls unzählbarer empfindenden Wesen, insbesondere der Menschen, für deren fortdaurende Ausbildung zu höherer Vollkommenheit vorzüglich gesorgt zu seyn scheint. Sehr wahrscheinlich erstreckt sich dieses weit über die Grenzen unsers Erdballs hinaus auf eine zahllose Menge denkender, empfindender und mannigfaltiger Glückseligkeit fähiger Geschöpfe, und selbst für uns Erdbewohner scheint es weiter, als


Karſten Lehrbegrif der geſammten Mathem. Dritter Theil. Greifsw. 1769. 8. Aeroſtatik. §. 10.

Tavtochroniſch, Tavtochrona, Tautochrones. So nennt man Wirkungen, die in gleich langen Zeiten erfolgen, daß alſo das Wort eben ſo viel, als iſochroniſch bedeutet, ſ. Iſochroniſch.

Tavtochroniſche Linien (Linien von einerley Zeiten des Falles) heißen in der hoͤhern Mechanik diejenigen, in welchen ein Koͤrper, von einer gegebnen Kraft getrieben, gleichviel Zeit braucht, um an eine gegebne Stelle zu gelangen, an welchem Punkte der Curve auch die Bewegung anfangen mag. Fuͤr Kraͤſte, die immer gleich ſtark und nach parallelen Richtungen wirken, wie z. B. die Schwere der Erdkoͤrper, iſt die Cykloide eine ſolche Curve: der fallende Koͤrper erreicht ihren tiefſten Punkt in gleich langer Zeit, er mag nun durch einen groͤßern oder kleinern Bogen fallen. Fuͤr Centralkraͤſte, die immer nach einem Punkte treiben, ſind es Epicykloiden, logarithmiſche Spirallinien u. ſ. w. Euler (Comm. Acad. Petrop. To. VII. p. 49. ſqq. ingl. Mechan. To. II. prop. 46. ſqq) hat von dieſen Linien in der groͤßten Allgemeinheit gehandelt.

Teleologie, Teleologia, Teleologie. Die Lehre von dem Zweckmaͤßigen in der Einrichtung der Welt.

Bey der Unterſuchung der Natur bieten ſich von ſelbſt, in nicht geringer Menge, Betrachtungen uͤber die wohlthaͤtigen Folgen der wirklichen Einrichtung der Welt und ihrer Geſetze an. Es faͤllt unmoͤglich, dieſe Folgen einem zweckloſen Ungefaͤhr zuzuſchreiben. In allem zeigt ſich weiſer Plan und Anlage zu Befoͤrderung des Wohls unzaͤhlbarer empfindenden Weſen, insbeſondere der Menſchen, fuͤr deren fortdaurende Ausbildung zu hoͤherer Vollkommenheit vorzuͤglich geſorgt zu ſeyn ſcheint. Sehr wahrſcheinlich erſtreckt ſich dieſes weit uͤber die Grenzen unſers Erdballs hinaus auf eine zahlloſe Menge denkender, empfindender und mannigfaltiger Gluͤckſeligkeit faͤhiger Geſchoͤpfe, und ſelbſt fuͤr uns Erdbewohner ſcheint es weiter, als

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[284/0294] Karſten Lehrbegrif der geſammten Mathem. Dritter Theil. Greifsw. 1769. 8. Aeroſtatik. §. 10. Tavtochroniſch, Tavtochrona, Tautochrones. So nennt man Wirkungen, die in gleich langen Zeiten erfolgen, daß alſo das Wort eben ſo viel, als iſochroniſch bedeutet, ſ. Iſochroniſch. Tavtochroniſche Linien (Linien von einerley Zeiten des Falles) heißen in der hoͤhern Mechanik diejenigen, in welchen ein Koͤrper, von einer gegebnen Kraft getrieben, gleichviel Zeit braucht, um an eine gegebne Stelle zu gelangen, an welchem Punkte der Curve auch die Bewegung anfangen mag. Fuͤr Kraͤſte, die immer gleich ſtark und nach parallelen Richtungen wirken, wie z. B. die Schwere der Erdkoͤrper, iſt die Cykloide eine ſolche Curve: der fallende Koͤrper erreicht ihren tiefſten Punkt in gleich langer Zeit, er mag nun durch einen groͤßern oder kleinern Bogen fallen. Fuͤr Centralkraͤſte, die immer nach einem Punkte treiben, ſind es Epicykloiden, logarithmiſche Spirallinien u. ſ. w. Euler (Comm. Acad. Petrop. To. VII. p. 49. ſqq. ingl. Mechan. To. II. prop. 46. ſqq) hat von dieſen Linien in der groͤßten Allgemeinheit gehandelt. Teleologie, Teleologia, Teleologie. Die Lehre von dem Zweckmaͤßigen in der Einrichtung der Welt. Bey der Unterſuchung der Natur bieten ſich von ſelbſt, in nicht geringer Menge, Betrachtungen uͤber die wohlthaͤtigen Folgen der wirklichen Einrichtung der Welt und ihrer Geſetze an. Es faͤllt unmoͤglich, dieſe Folgen einem zweckloſen Ungefaͤhr zuzuſchreiben. In allem zeigt ſich weiſer Plan und Anlage zu Befoͤrderung des Wohls unzaͤhlbarer empfindenden Weſen, insbeſondere der Menſchen, fuͤr deren fortdaurende Ausbildung zu hoͤherer Vollkommenheit vorzuͤglich geſorgt zu ſeyn ſcheint. Sehr wahrſcheinlich erſtreckt ſich dieſes weit uͤber die Grenzen unſers Erdballs hinaus auf eine zahlloſe Menge denkender, empfindender und mannigfaltiger Gluͤckſeligkeit faͤhiger Geſchoͤpfe, und ſelbſt fuͤr uns Erdbewohner ſcheint es weiter, als

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/294>, abgerufen am 22.11.2024.