Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Wenn man nun ABCD durch I mit Wasser füllt, das Loch wieder verstopft, und Wasser in die Schüssel AB gießt, so läuft dieses durch OP in das untere Gefäß. Hier muß ihm die Luft ausweichen; diese tritt also durch die Röhre NM bey M in das obere Gefäß, und verdrängt dadurch eben so viel Wasser aus seiner Stelle, als durch die Oefnung P ausgeflossen ist. Dieses verdrängte Wasser kan nirgends, als durch das Springrohr LK ausweichen; es springt also bey K heraus, fällt in die Schüssel AB zurück, und ersetzt dadurch den Abfluß, der durch OP ins untere Gefäß gegangen ist. Also dauert die Wirkung immer fort, und der Brunnen springt bey K so lange, bis alles Wasser aus ABCD herausgetrieben, und durch OP ins untere Gefäß gelaufen ist.

Von dieser sinnreichen Vorrichtung, die auf den ersten Blick nur Belustigung zur Absicht zu haben scheint, hat Joseph Carl Höll im Jahre 1753 eine sehr wichtige Anwendung auf die Förderung der Grubenwasser, in Bergwerken gemacht, wovon Poda (Kurzgef. Beschreibung der bey dem Bergbau zu Schemnitz in Nieder-Hungarn errichteten Maschine, herausgeg. durch von Born. Prag, 1771.), Delius (Anleit. zu der Bergbaukunst. Wien, 1773. 4. S. 389.) und Meister (De Heronis fonte educendis ex puteo aquis adhibitos. de Hydraulo pnevmatico Schemnizensi, in Nov. Comm. Soc. R. Gotting. To. IV. 1773. p. 169.) handeln.

Wie man den unterbrochnen Heber zum Springbrunnen einrichten könne, s. beym Worte Heber (Th. II. S. 584). Diese Einrichtung läßt sich unter mannigfaltigen Gestalten abändern, und Comiers beym Wolf (Elem. Hydraul. Probl. 39.) beschriebene Fontäne, bey der das Wasser in einer gläsernen Kugel springt, ist nichts anders, als eben dieser unterbrochne Heber. Das Wasser läuft aus der Kugel durch ein langes Rohr aus, dadurch wird die Luft über demselben verdünnt, und der Druck der Atmosphäre treibt durch das Springrohr mehr Wasser aus einem offenstehenden Gefäße in die Kugel. Auch Kircher hat einen solchen Springbrunnen angegeben, den


Wenn man nun ABCD durch I mit Waſſer fuͤllt, das Loch wieder verſtopft, und Waſſer in die Schuͤſſel AB gießt, ſo laͤuft dieſes durch OP in das untere Gefaͤß. Hier muß ihm die Luft ausweichen; dieſe tritt alſo durch die Roͤhre NM bey M in das obere Gefaͤß, und verdraͤngt dadurch eben ſo viel Waſſer aus ſeiner Stelle, als durch die Oefnung P ausgefloſſen iſt. Dieſes verdraͤngte Waſſer kan nirgends, als durch das Springrohr LK ausweichen; es ſpringt alſo bey K heraus, faͤllt in die Schuͤſſel AB zuruͤck, und erſetzt dadurch den Abfluß, der durch OP ins untere Gefaͤß gegangen iſt. Alſo dauert die Wirkung immer fort, und der Brunnen ſpringt bey K ſo lange, bis alles Waſſer aus ABCD herausgetrieben, und durch OP ins untere Gefaͤß gelaufen iſt.

Von dieſer ſinnreichen Vorrichtung, die auf den erſten Blick nur Beluſtigung zur Abſicht zu haben ſcheint, hat Joſeph Carl Hoͤll im Jahre 1753 eine ſehr wichtige Anwendung auf die Foͤrderung der Grubenwaſſer, in Bergwerken gemacht, wovon Poda (Kurzgef. Beſchreibung der bey dem Bergbau zu Schemnitz in Nieder-Hungarn errichteten Maſchine, herausgeg. durch von Born. Prag, 1771.), Delius (Anleit. zu der Bergbaukunſt. Wien, 1773. 4. S. 389.) und Meiſter (De Heronis fonte educendis ex puteo aquis adhibitoſ. de Hydraulo pnevmatico Schemnizenſi, in Nov. Comm. Soc. R. Gotting. To. IV. 1773. p. 169.) handeln.

Wie man den unterbrochnen Heber zum Springbrunnen einrichten koͤnne, ſ. beym Worte Heber (Th. II. S. 584). Dieſe Einrichtung laͤßt ſich unter mannigfaltigen Geſtalten abaͤndern, und Comiers beym Wolf (Elem. Hydraul. Probl. 39.) beſchriebene Fontaͤne, bey der das Waſſer in einer glaͤſernen Kugel ſpringt, iſt nichts anders, als eben dieſer unterbrochne Heber. Das Waſſer laͤuft aus der Kugel durch ein langes Rohr aus, dadurch wird die Luft uͤber demſelben verduͤnnt, und der Druck der Atmoſphaͤre treibt durch das Springrohr mehr Waſſer aus einem offenſtehenden Gefaͤße in die Kugel. Auch Kircher hat einen ſolchen Springbrunnen angegeben, den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0186" xml:id="P.4.176" n="176"/><lb/>
            </p>
            <p>Wenn man nun <hi rendition="#aq">ABCD</hi> durch <hi rendition="#aq">I</hi> mit Wa&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;llt, das Loch wieder ver&#x017F;topft, und Wa&#x017F;&#x017F;er in die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el <hi rendition="#aq">AB</hi> gießt, &#x017F;o la&#x0364;uft die&#x017F;es durch <hi rendition="#aq">OP</hi> in das untere Gefa&#x0364;ß. Hier muß ihm die Luft ausweichen; die&#x017F;e tritt al&#x017F;o durch die Ro&#x0364;hre <hi rendition="#aq">NM</hi> bey <hi rendition="#aq">M</hi> in das obere Gefa&#x0364;ß, und verdra&#x0364;ngt dadurch eben &#x017F;o viel Wa&#x017F;&#x017F;er aus &#x017F;einer Stelle, als durch die Oefnung <hi rendition="#aq">P</hi> ausgeflo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t. Die&#x017F;es verdra&#x0364;ngte Wa&#x017F;&#x017F;er kan nirgends, als durch das Springrohr <hi rendition="#aq">LK</hi> ausweichen; es &#x017F;pringt al&#x017F;o bey <hi rendition="#aq">K</hi> heraus, fa&#x0364;llt in die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el <hi rendition="#aq">AB</hi> zuru&#x0364;ck, und er&#x017F;etzt dadurch den Abfluß, der durch <hi rendition="#aq">OP</hi> ins untere Gefa&#x0364;ß gegangen i&#x017F;t. Al&#x017F;o dauert die Wirkung immer fort, und der Brunnen &#x017F;pringt bey <hi rendition="#aq">K</hi> &#x017F;o lange, bis alles Wa&#x017F;&#x017F;er aus <hi rendition="#aq">ABCD</hi> herausgetrieben, und durch <hi rendition="#aq">OP</hi> ins untere Gefa&#x0364;ß gelaufen i&#x017F;t.</p>
            <p>Von die&#x017F;er &#x017F;innreichen Vorrichtung, die auf den er&#x017F;ten Blick nur Belu&#x017F;tigung zur Ab&#x017F;icht zu haben &#x017F;cheint, hat <hi rendition="#b">Jo&#x017F;eph Carl Ho&#x0364;ll</hi> im Jahre 1753 eine &#x017F;ehr wichtige Anwendung auf die Fo&#x0364;rderung der Grubenwa&#x017F;&#x017F;er, in Bergwerken gemacht, wovon <hi rendition="#b">Poda</hi> (Kurzgef. Be&#x017F;chreibung der bey dem Bergbau zu Schemnitz in Nieder-Hungarn errichteten Ma&#x017F;chine, herausgeg. durch <hi rendition="#b">von Born.</hi> Prag, 1771.), <hi rendition="#b">Delius</hi> (Anleit. zu der Bergbaukun&#x017F;t. Wien, 1773. 4. S. 389.) und <hi rendition="#b">Mei&#x017F;ter</hi> (<hi rendition="#aq">De Heronis fonte educendis ex puteo aquis adhibito&#x017F;. de Hydraulo pnevmatico Schemnizen&#x017F;i, in Nov. Comm. Soc. R. Gotting. To. IV. 1773. p. 169.</hi>) handeln.</p>
            <p>Wie man den unterbrochnen Heber zum Springbrunnen einrichten ko&#x0364;nne, &#x017F;. beym Worte <hi rendition="#b">Heber</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 584). Die&#x017F;e Einrichtung la&#x0364;ßt &#x017F;ich unter mannigfaltigen Ge&#x017F;talten aba&#x0364;ndern, und <hi rendition="#b">Comiers</hi> beym <hi rendition="#b">Wolf</hi> (<hi rendition="#aq">Elem. Hydraul. Probl. 39.</hi>) be&#x017F;chriebene Fonta&#x0364;ne, bey der das Wa&#x017F;&#x017F;er in einer gla&#x0364;&#x017F;ernen Kugel &#x017F;pringt, i&#x017F;t nichts anders, als eben die&#x017F;er unterbrochne Heber. Das Wa&#x017F;&#x017F;er la&#x0364;uft aus der Kugel durch ein langes Rohr aus, dadurch wird die Luft u&#x0364;ber dem&#x017F;elben verdu&#x0364;nnt, und der Druck der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re treibt durch das Springrohr mehr Wa&#x017F;&#x017F;er aus einem offen&#x017F;tehenden Gefa&#x0364;ße in die Kugel. Auch <hi rendition="#b">Kircher</hi> hat einen &#x017F;olchen Springbrunnen angegeben, den<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0186] Wenn man nun ABCD durch I mit Waſſer fuͤllt, das Loch wieder verſtopft, und Waſſer in die Schuͤſſel AB gießt, ſo laͤuft dieſes durch OP in das untere Gefaͤß. Hier muß ihm die Luft ausweichen; dieſe tritt alſo durch die Roͤhre NM bey M in das obere Gefaͤß, und verdraͤngt dadurch eben ſo viel Waſſer aus ſeiner Stelle, als durch die Oefnung P ausgefloſſen iſt. Dieſes verdraͤngte Waſſer kan nirgends, als durch das Springrohr LK ausweichen; es ſpringt alſo bey K heraus, faͤllt in die Schuͤſſel AB zuruͤck, und erſetzt dadurch den Abfluß, der durch OP ins untere Gefaͤß gegangen iſt. Alſo dauert die Wirkung immer fort, und der Brunnen ſpringt bey K ſo lange, bis alles Waſſer aus ABCD herausgetrieben, und durch OP ins untere Gefaͤß gelaufen iſt. Von dieſer ſinnreichen Vorrichtung, die auf den erſten Blick nur Beluſtigung zur Abſicht zu haben ſcheint, hat Joſeph Carl Hoͤll im Jahre 1753 eine ſehr wichtige Anwendung auf die Foͤrderung der Grubenwaſſer, in Bergwerken gemacht, wovon Poda (Kurzgef. Beſchreibung der bey dem Bergbau zu Schemnitz in Nieder-Hungarn errichteten Maſchine, herausgeg. durch von Born. Prag, 1771.), Delius (Anleit. zu der Bergbaukunſt. Wien, 1773. 4. S. 389.) und Meiſter (De Heronis fonte educendis ex puteo aquis adhibitoſ. de Hydraulo pnevmatico Schemnizenſi, in Nov. Comm. Soc. R. Gotting. To. IV. 1773. p. 169.) handeln. Wie man den unterbrochnen Heber zum Springbrunnen einrichten koͤnne, ſ. beym Worte Heber (Th. II. S. 584). Dieſe Einrichtung laͤßt ſich unter mannigfaltigen Geſtalten abaͤndern, und Comiers beym Wolf (Elem. Hydraul. Probl. 39.) beſchriebene Fontaͤne, bey der das Waſſer in einer glaͤſernen Kugel ſpringt, iſt nichts anders, als eben dieſer unterbrochne Heber. Das Waſſer laͤuft aus der Kugel durch ein langes Rohr aus, dadurch wird die Luft uͤber demſelben verduͤnnt, und der Druck der Atmoſphaͤre treibt durch das Springrohr mehr Waſſer aus einem offenſtehenden Gefaͤße in die Kugel. Auch Kircher hat einen ſolchen Springbrunnen angegeben, den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/186
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/186>, abgerufen am 24.11.2024.