Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Dies wird nun schon hinlänglich zeigen, wie ängstlich man sich bemüht habe, die mechanischen Erklärungen des Descartes beyzubehalten, und mit den Naturgesetzen zu vereinigen. Die Cartesianer mußten das Gezwungene solcher Hypothesen wohl selbst sühlen; Bülfinger gesteht auch von seinen doppelten wider einander laufenden Wirbeln ganz aufrichtig: Dissicile remedium, fateor, et quo lubens carerem. Sed praestat hoc, quam nihil, dicere. Allen Systemen, welche die Schwere aus dem Stoße oder Drucke schwermachender Materien erklären, läßt sich überhaupt entgegensetzen, daß solche Materien blos angenommen, und durch keine Erfahrung bestätigt sind; daß dabey immer noch keine letzte Ursache angegeben wird, weil man weiter nach der Ursache der Bewegung des Wirbels oder des Stroms der Materie fragen kann, daß man also durch die ganze Erklärung eigentlich nicht viel gewinnt; daß ein Stoß unmöglich in bewegte Körper eben so, wie in ruhende, wirken kan, welches doch die Schwere thut; daß endlich das Gewicht der Körper sich nicht nach der Oberfläche, sondern nach der Masse richtet, daher der Stoß jeden einzelnen Theil der Masse treffen, und also die schwermachende Materie in die Körper selbst eindringen müßte. Daß dieses Letztere geschehe, nahmen auch die Cartesianer wirklich an: es läßt sich aber dabey schwer einsehen, wie ein Stof, der die Körper durchdringt, zugleich auf sie wirken und sie bewegen soll. Indeß hat es Newton selbst nicht für unmöglich gehalten, daß Gravitation und Schwere durch Stoß bewirkt werden könnten, s. Aether. Er fand es aber rathsamer, die Gesetze der Schwere zu untersuchen, als sich auf Hypothesen über ihren Mechanismus einzulassen.
Dies wird nun ſchon hinlaͤnglich zeigen, wie aͤngſtlich man ſich bemuͤht habe, die mechaniſchen Erklaͤrungen des Descartes beyzubehalten, und mit den Naturgeſetzen zu vereinigen. Die Carteſianer mußten das Gezwungene ſolcher Hypotheſen wohl ſelbſt ſuͤhlen; Buͤlfinger geſteht auch von ſeinen doppelten wider einander laufenden Wirbeln ganz aufrichtig: Diſſicile remedium, fateor, et quo lubens carerem. Sed praeſtat hoc, quam nihil, dicere. Allen Syſtemen, welche die Schwere aus dem Stoße oder Drucke ſchwermachender Materien erklaͤren, laͤßt ſich uͤberhaupt entgegenſetzen, daß ſolche Materien blos angenommen, und durch keine Erfahrung beſtaͤtigt ſind; daß dabey immer noch keine letzte Urſache angegeben wird, weil man weiter nach der Urſache der Bewegung des Wirbels oder des Stroms der Materie fragen kann, daß man alſo durch die ganze Erklaͤrung eigentlich nicht viel gewinnt; daß ein Stoß unmoͤglich in bewegte Koͤrper eben ſo, wie in ruhende, wirken kan, welches doch die Schwere thut; daß endlich das Gewicht der Koͤrper ſich nicht nach der Oberflaͤche, ſondern nach der Maſſe richtet, daher der Stoß jeden einzelnen Theil der Maſſe treffen, und alſo die ſchwermachende Materie in die Koͤrper ſelbſt eindringen muͤßte. Daß dieſes Letztere geſchehe, nahmen auch die Carteſianer wirklich an: es laͤßt ſich aber dabey ſchwer einſehen, wie ein Stof, der die Koͤrper durchdringt, zugleich auf ſie wirken und ſie bewegen ſoll. Indeß hat es Newton ſelbſt nicht fuͤr unmoͤglich gehalten, daß Gravitation und Schwere durch Stoß bewirkt werden koͤnnten, ſ. Aether. Er fand es aber rathſamer, die Geſetze der Schwere zu unterſuchen, als ſich auf Hypotheſen uͤber ihren Mechanismus einzulaſſen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i"><pb facs="#f0905" xml:id="P.3.899" n="899"/><lb/> tons</hi>)</hi> von 3, 4 und mehrern Kuͤgelchen zuſammen, zuruͤckkehrt. Dieſe Flocken bilden einen <hi rendition="#b">Centralſtrom</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">torrent central</hi>)</hi>, und da ſie wegen ihrer Groͤße die Poren der Koͤrper nicht frey durchdringen koͤnnen, ſo ſtoßen ſie gegen die kleinſten Theile derſelben an, und treiben dieſe gegen den Mittelpunkt, oder gegen die Centralſonne nieder.</p> <p>Dies wird nun ſchon hinlaͤnglich zeigen, wie aͤngſtlich man ſich bemuͤht habe, die mechaniſchen Erklaͤrungen des Descartes beyzubehalten, und mit den Naturgeſetzen zu vereinigen. Die Carteſianer mußten das Gezwungene ſolcher Hypotheſen wohl ſelbſt ſuͤhlen; <hi rendition="#b">Buͤlfinger</hi> geſteht auch von ſeinen doppelten wider einander laufenden Wirbeln ganz aufrichtig: <hi rendition="#aq">Diſſicile remedium, fateor, et quo lubens carerem. Sed praeſtat hoc, quam nihil, dicere.</hi></p> <p>Allen Syſtemen, welche die Schwere aus dem Stoße oder Drucke ſchwermachender Materien erklaͤren, laͤßt ſich uͤberhaupt entgegenſetzen, daß ſolche Materien blos angenommen, und durch keine Erfahrung beſtaͤtigt ſind; daß dabey immer noch keine letzte Urſache angegeben wird, weil man weiter nach der Urſache der Bewegung des Wirbels oder des Stroms der Materie fragen kann, daß man alſo durch die ganze Erklaͤrung eigentlich nicht viel gewinnt; daß ein Stoß unmoͤglich in bewegte Koͤrper eben ſo, wie in ruhende, wirken kan, welches doch die Schwere thut; daß endlich das Gewicht der Koͤrper ſich nicht nach der Oberflaͤche, ſondern nach der Maſſe richtet, daher der Stoß jeden einzelnen Theil der Maſſe treffen, und alſo die ſchwermachende Materie in die Koͤrper ſelbſt eindringen muͤßte. Daß dieſes Letztere geſchehe, nahmen auch die Carteſianer wirklich an: es laͤßt ſich aber dabey ſchwer einſehen, wie ein Stof, der die Koͤrper durchdringt, zugleich auf ſie wirken und ſie bewegen ſoll. Indeß hat es <hi rendition="#b">Newton</hi> ſelbſt nicht fuͤr unmoͤglich gehalten, daß Gravitation und Schwere durch Stoß bewirkt werden koͤnnten, ſ. <hi rendition="#b">Aether.</hi> Er fand es aber rathſamer, die Geſetze der Schwere zu unterſuchen, als ſich auf Hypotheſen uͤber ihren Mechanismus einzulaſſen.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [899/0905]
tons) von 3, 4 und mehrern Kuͤgelchen zuſammen, zuruͤckkehrt. Dieſe Flocken bilden einen Centralſtrom (torrent central), und da ſie wegen ihrer Groͤße die Poren der Koͤrper nicht frey durchdringen koͤnnen, ſo ſtoßen ſie gegen die kleinſten Theile derſelben an, und treiben dieſe gegen den Mittelpunkt, oder gegen die Centralſonne nieder.
Dies wird nun ſchon hinlaͤnglich zeigen, wie aͤngſtlich man ſich bemuͤht habe, die mechaniſchen Erklaͤrungen des Descartes beyzubehalten, und mit den Naturgeſetzen zu vereinigen. Die Carteſianer mußten das Gezwungene ſolcher Hypotheſen wohl ſelbſt ſuͤhlen; Buͤlfinger geſteht auch von ſeinen doppelten wider einander laufenden Wirbeln ganz aufrichtig: Diſſicile remedium, fateor, et quo lubens carerem. Sed praeſtat hoc, quam nihil, dicere.
Allen Syſtemen, welche die Schwere aus dem Stoße oder Drucke ſchwermachender Materien erklaͤren, laͤßt ſich uͤberhaupt entgegenſetzen, daß ſolche Materien blos angenommen, und durch keine Erfahrung beſtaͤtigt ſind; daß dabey immer noch keine letzte Urſache angegeben wird, weil man weiter nach der Urſache der Bewegung des Wirbels oder des Stroms der Materie fragen kann, daß man alſo durch die ganze Erklaͤrung eigentlich nicht viel gewinnt; daß ein Stoß unmoͤglich in bewegte Koͤrper eben ſo, wie in ruhende, wirken kan, welches doch die Schwere thut; daß endlich das Gewicht der Koͤrper ſich nicht nach der Oberflaͤche, ſondern nach der Maſſe richtet, daher der Stoß jeden einzelnen Theil der Maſſe treffen, und alſo die ſchwermachende Materie in die Koͤrper ſelbſt eindringen muͤßte. Daß dieſes Letztere geſchehe, nahmen auch die Carteſianer wirklich an: es laͤßt ſich aber dabey ſchwer einſehen, wie ein Stof, der die Koͤrper durchdringt, zugleich auf ſie wirken und ſie bewegen ſoll. Indeß hat es Newton ſelbſt nicht fuͤr unmoͤglich gehalten, daß Gravitation und Schwere durch Stoß bewirkt werden koͤnnten, ſ. Aether. Er fand es aber rathſamer, die Geſetze der Schwere zu unterſuchen, als ſich auf Hypotheſen uͤber ihren Mechanismus einzulaſſen.
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