Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


eine Tabelle findet, die den Zustand der Schwere auf der Erdfläche deutlich vor Augen legt, indem sich die Schweren an den darinn benannten Orten, wie die angegebnen Längen des Secundenpendels, verhalten.

Veränderungen der Schwere an einerley Orte der Erde sind nie bemerkt worden. Der Stand des Monds und der Sonne hat zwar unläugbar Einfluß auf Schwere und Gewicht der Erdkörper, wie die Bewegungen des Meeres unwidersprechlich beweisen, s. Ebbe und Fluth; aber diese Wirkungen sind zu gering, und können nie anders, als in sehr großen flüßigen Massen, sichtbar werden. Außerdem sallen die Körper überall noch eben so geschwind, als sie ehedem sielen, und man bemerkt keine Aenderungen in der Länge des Secundenpendels.

Die Schwere wirkt unaufhörlich, und ohne irgend eine merkliche Pause in die Körper, in welchem Zustande sich auch dieselben befinden mögen. Der ruhende Körper übt gegen die Hindernisse, die seinen Fall verhüten, einen ununterbrochenen, seinem Gewichte gleichen, Druck aus; der bewegte Körper wird keinen Augenblick von der Schwere verlassen, welche seine Bewegung ununterbrochen verändert, sie müßte denn durch die Festigkeit einer Unterlage gerade aufgehoben werden. Aus diesen Veränderungen der Bewegung durch die Schwere lassen sich die Gesetze fallender, und geworfener Körper erklären, s. Fall der Körper, Wurf, wobey man der Erfahrung gemäß annehmen muß, die Schwere wirke, wie eine absolute Kraft, in bewegte Körper noch eben so, wie in ruhende, und mit vollkommner Sterigkeit ohne bemerkbare Pausen oder Stöße. Beym Drucke wird in jedem Augenblicke die ganze Wirkung aufgehoben, im folgenden Zeitpunkte aber mit gleicher Stärke wieder erneuert, daher bleibt der Druck eines ruhenden Körpers immer gleich: beym Falle hingegen erhält sich die in jedem Augenblicke erzeugte Geschwindigkeit wegen der Trägheit bleibend, und wird im folgenden Augenblicke durch einen neuen Zusatz von gleicher Stärke vermehrt; mithin wird die Geschwindigkeit des fallenden Körpers immer größer, und wächst in gleichem


eine Tabelle findet, die den Zuſtand der Schwere auf der Erdflaͤche deutlich vor Augen legt, indem ſich die Schweren an den darinn benannten Orten, wie die angegebnen Laͤngen des Secundenpendels, verhalten.

Veraͤnderungen der Schwere an einerley Orte der Erde ſind nie bemerkt worden. Der Stand des Monds und der Sonne hat zwar unlaͤugbar Einfluß auf Schwere und Gewicht der Erdkoͤrper, wie die Bewegungen des Meeres unwiderſprechlich beweiſen, ſ. Ebbe und Fluth; aber dieſe Wirkungen ſind zu gering, und koͤnnen nie anders, als in ſehr großen fluͤßigen Maſſen, ſichtbar werden. Außerdem ſallen die Koͤrper uͤberall noch eben ſo geſchwind, als ſie ehedem ſielen, und man bemerkt keine Aenderungen in der Laͤnge des Secundenpendels.

Die Schwere wirkt unaufhoͤrlich, und ohne irgend eine merkliche Pauſe in die Koͤrper, in welchem Zuſtande ſich auch dieſelben befinden moͤgen. Der ruhende Koͤrper uͤbt gegen die Hinderniſſe, die ſeinen Fall verhuͤten, einen ununterbrochenen, ſeinem Gewichte gleichen, Druck aus; der bewegte Koͤrper wird keinen Augenblick von der Schwere verlaſſen, welche ſeine Bewegung ununterbrochen veraͤndert, ſie muͤßte denn durch die Feſtigkeit einer Unterlage gerade aufgehoben werden. Aus dieſen Veraͤnderungen der Bewegung durch die Schwere laſſen ſich die Geſetze fallender, und geworfener Koͤrper erklaͤren, ſ. Fall der Koͤrper, Wurf, wobey man der Erfahrung gemaͤß annehmen muß, die Schwere wirke, wie eine abſolute Kraft, in bewegte Koͤrper noch eben ſo, wie in ruhende, und mit vollkommner Sterigkeit ohne bemerkbare Pauſen oder Stoͤße. Beym Drucke wird in jedem Augenblicke die ganze Wirkung aufgehoben, im folgenden Zeitpunkte aber mit gleicher Staͤrke wieder erneuert, daher bleibt der Druck eines ruhenden Koͤrpers immer gleich: beym Falle hingegen erhaͤlt ſich die in jedem Augenblicke erzeugte Geſchwindigkeit wegen der Traͤgheit bleibend, und wird im folgenden Augenblicke durch einen neuen Zuſatz von gleicher Staͤrke vermehrt; mithin wird die Geſchwindigkeit des fallenden Koͤrpers immer groͤßer, und waͤchſt in gleichem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0898" xml:id="P.3.892" n="892"/><lb/>
eine Tabelle findet, die den Zu&#x017F;tand der Schwere auf der Erdfla&#x0364;che deutlich vor Augen legt, indem &#x017F;ich die Schweren an den darinn benannten Orten, wie die angegebnen La&#x0364;ngen des Secundenpendels, verhalten.</p>
            <p>Vera&#x0364;nderungen der Schwere an einerley Orte der Erde &#x017F;ind nie bemerkt worden. Der Stand des Monds und der Sonne hat zwar unla&#x0364;ugbar Einfluß auf Schwere und Gewicht der Erdko&#x0364;rper, wie die Bewegungen des Meeres unwider&#x017F;prechlich bewei&#x017F;en, &#x017F;. <hi rendition="#b">Ebbe und Fluth;</hi> aber die&#x017F;e Wirkungen &#x017F;ind zu gering, und ko&#x0364;nnen nie anders, als in &#x017F;ehr großen flu&#x0364;ßigen Ma&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ichtbar werden. Außerdem &#x017F;allen die Ko&#x0364;rper u&#x0364;berall noch eben &#x017F;o ge&#x017F;chwind, als &#x017F;ie ehedem &#x017F;ielen, und man bemerkt keine Aenderungen in der La&#x0364;nge des Secundenpendels.</p>
            <p>Die Schwere wirkt unaufho&#x0364;rlich, und ohne irgend eine merkliche Pau&#x017F;e in die Ko&#x0364;rper, in welchem Zu&#x017F;tande &#x017F;ich auch die&#x017F;elben befinden mo&#x0364;gen. Der ruhende Ko&#x0364;rper u&#x0364;bt gegen die Hinderni&#x017F;&#x017F;e, die &#x017F;einen Fall verhu&#x0364;ten, einen ununterbrochenen, &#x017F;einem Gewichte gleichen, Druck aus; der bewegte Ko&#x0364;rper wird keinen Augenblick von der Schwere verla&#x017F;&#x017F;en, welche &#x017F;eine Bewegung ununterbrochen vera&#x0364;ndert, &#x017F;ie mu&#x0364;ßte denn durch die Fe&#x017F;tigkeit einer Unterlage gerade aufgehoben werden. Aus die&#x017F;en Vera&#x0364;nderungen der Bewegung durch die Schwere la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Ge&#x017F;etze fallender, und geworfener Ko&#x0364;rper erkla&#x0364;ren, &#x017F;. <hi rendition="#b">Fall der Ko&#x0364;rper, Wurf,</hi> wobey man der Erfahrung gema&#x0364;ß annehmen muß, die Schwere wirke, wie eine ab&#x017F;olute <hi rendition="#b">Kraft,</hi> in bewegte Ko&#x0364;rper noch eben &#x017F;o, wie in ruhende, und mit vollkommner <hi rendition="#b">Sterigkeit</hi> ohne bemerkbare Pau&#x017F;en oder Sto&#x0364;ße. Beym Drucke wird in jedem Augenblicke die ganze Wirkung aufgehoben, im folgenden Zeitpunkte aber mit gleicher Sta&#x0364;rke wieder erneuert, daher bleibt der Druck eines ruhenden Ko&#x0364;rpers immer gleich: beym Falle hingegen erha&#x0364;lt &#x017F;ich die in jedem Augenblicke erzeugte Ge&#x017F;chwindigkeit wegen der Tra&#x0364;gheit bleibend, und wird im folgenden Augenblicke durch einen neuen Zu&#x017F;atz von gleicher Sta&#x0364;rke vermehrt; mithin wird die Ge&#x017F;chwindigkeit des fallenden Ko&#x0364;rpers immer gro&#x0364;ßer, und wa&#x0364;ch&#x017F;t in gleichem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[892/0898] eine Tabelle findet, die den Zuſtand der Schwere auf der Erdflaͤche deutlich vor Augen legt, indem ſich die Schweren an den darinn benannten Orten, wie die angegebnen Laͤngen des Secundenpendels, verhalten. Veraͤnderungen der Schwere an einerley Orte der Erde ſind nie bemerkt worden. Der Stand des Monds und der Sonne hat zwar unlaͤugbar Einfluß auf Schwere und Gewicht der Erdkoͤrper, wie die Bewegungen des Meeres unwiderſprechlich beweiſen, ſ. Ebbe und Fluth; aber dieſe Wirkungen ſind zu gering, und koͤnnen nie anders, als in ſehr großen fluͤßigen Maſſen, ſichtbar werden. Außerdem ſallen die Koͤrper uͤberall noch eben ſo geſchwind, als ſie ehedem ſielen, und man bemerkt keine Aenderungen in der Laͤnge des Secundenpendels. Die Schwere wirkt unaufhoͤrlich, und ohne irgend eine merkliche Pauſe in die Koͤrper, in welchem Zuſtande ſich auch dieſelben befinden moͤgen. Der ruhende Koͤrper uͤbt gegen die Hinderniſſe, die ſeinen Fall verhuͤten, einen ununterbrochenen, ſeinem Gewichte gleichen, Druck aus; der bewegte Koͤrper wird keinen Augenblick von der Schwere verlaſſen, welche ſeine Bewegung ununterbrochen veraͤndert, ſie muͤßte denn durch die Feſtigkeit einer Unterlage gerade aufgehoben werden. Aus dieſen Veraͤnderungen der Bewegung durch die Schwere laſſen ſich die Geſetze fallender, und geworfener Koͤrper erklaͤren, ſ. Fall der Koͤrper, Wurf, wobey man der Erfahrung gemaͤß annehmen muß, die Schwere wirke, wie eine abſolute Kraft, in bewegte Koͤrper noch eben ſo, wie in ruhende, und mit vollkommner Sterigkeit ohne bemerkbare Pauſen oder Stoͤße. Beym Drucke wird in jedem Augenblicke die ganze Wirkung aufgehoben, im folgenden Zeitpunkte aber mit gleicher Staͤrke wieder erneuert, daher bleibt der Druck eines ruhenden Koͤrpers immer gleich: beym Falle hingegen erhaͤlt ſich die in jedem Augenblicke erzeugte Geſchwindigkeit wegen der Traͤgheit bleibend, und wird im folgenden Augenblicke durch einen neuen Zuſatz von gleicher Staͤrke vermehrt; mithin wird die Geſchwindigkeit des fallenden Koͤrpers immer groͤßer, und waͤchſt in gleichem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/898
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 892. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/898>, abgerufen am 22.11.2024.